Scarlatti Sonate K87

Coda

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Hallo!

Beim Durchlesen verschiedener Themen hier im Forum fiel mir auf, dass viele hier die Scarlatti Sonate K87 sehr schätzen. Ich liebe das Stück besonders, seitdem ich sie als Jugendliche zufällig auf einer alten Kassette hörte; zum Glück wusste meine Klavierlehrerin, was das für ein Stück ist. Seitdem spiele ich die Sonate immer wieder sehr gerne, sie ist einfach wunderschön und hat so ihren ganz eigenen Zauber...

Manuell nicht schwierig, finde ich die Sonate dennoch tückisch, in Bezug auf Tempo, Pedal, Dynamik, Stimmenführung und so fort. Es gibt ja viele unterschiedliche Interpretationen. Unten mal Horowitz. Er spielt sie für mich überraschend schnell, es gibt auch sehr langsame Aufnahmen und ich schwanke, was mir nun besser gefällt. Die Nutzung des Pedals ist für mich auch ein Rätsel, darin wurde ich aber auch nicht gut ausgebildet. Ich durfte es im Unterricht nur ohne spielen, was für mich als Schülerin wahnsinnig schwierig war, weil ich gerade bei den Doppelgriffen Probleme hatte, ein schönes Legato hinzubekommen, man hört dann jeden Patzer. Dabei soll es für mich zart, ein wenig transparent klingen. Zuviel Pedal wiederum geht natürlich auch gar nicht. Ich versuche derzeit, es sehr fein zu dosieren, puh ist das schwer.

Ich hörte auch recht "romantische" Interpretationen mit vielen Rubati und ausgeprägter Dynamik, die so im Stück nicht drin steht. Hat auch was. Ich glaube, ich würde aber das ganz Schlichte, Einfache bevorzugen, auch wenn ich das noch nicht befriedigend hinbekomme.

Dann noch eine Frage: Horowitz spielt die ersten beiden Töne gemeinsam. Bei mir steht in der linken Hand eine Achtel Pause. Gibt's da unterschiedliche Notationen, oder macht Horowitz das einfach, weils schöner klingt?

Meinungen, Anregungen, Geschmäcker zu diesem wunderschönen Stück?


View: https://www.youtube.com/watch?v=Bd0TRy41Fxg


Es grüßt
Coda
 
Von K 87 gibt es verschiedene Ausgaben, die sich wohl einerseits auf unterschiedliche Quellen beziehen, andererseits (Longo) haben Herausgeber Scarlatti 'verbessert'.
 
Fast alle Pianisten spielen im Diskant in Takt 6, ZZ. 3 a' statt fis', obwohl das harmonisch und von der Stimmführung reichlich unlogisch ist. Das a' geht wohl auf einen Übertragungsfehler Alessandro Longos zurück, der dann bedauerlicherweise in viele Editionen übernommen wurde. Ich wundere mich, wieso das kaum jemand von den großen Pianisten mal hinterfragt hat, so auffällig falsch, wie das klingt...

Hier ist eine zeitgenössische Abschrift mit fis':

1608391538317.png
 
Ja, das ist der richtige Abschnitt. Man beachte die Schlüssel (Diskant- bzw. Tenorschlüssel).
 
Sehr interessant. Bei mir steht da (natürlich) auch das a'. Möchtest du ausführen, @mick , warum die Stimmführung + Harmonik "reichlich unlogisch" sei? Das verstehe ich nicht. Hätte den 6. Takt in der rechten Hand als Version des Motivs in Takt 1 gesehen, und deshalb das 'a als passend, oder ist das völlig falsch? Ich muss das gleich bei Gelegenheit mal am Klavier ausprobieren.

Ich überlege gerade, ob ich dieses Stück in einer bald anstehenden Prüfung spielen soll. Eine Frage stellt sich mir da aber immer noch: bei den Achtel-Doppelgriffen ein sauberes Legato hinzubekommen, ist für mich echt schwer, irgendwo ist dann immer ein Luftloch drinne. Wenn ich an diesen Stellen ganz sachte das Pedal nutzen würde (auf jeder Achtel wechseln), und sonst nicht, wäre das akzeptabel?
 
Mit a' schreitet der Diskant in einem unsanglichen Intervall (verminderte Quarte) fort. Das wirkt in diesem streng linearen Satz wie ein Fremdkörper. Zudem bekommt man in Takt 7 einen Quartsextakkord ohne Grundton, aber mit doppelter Terz. Sowas komponiert man (wenn überhaupt!) nur in der allergrößten Not. Und auch harmonisch passt ein a' hier nicht: die Kadenz endet in fis-Moll, in Takt 6 auf ZZ. 3+ haben wir mit fis' eine Sixte ajoutée, der dann ein Vorhaltsquartsextakkord folgt, der sich wiederum zur neuen Tonika auflöst. Eine mustergültige Vollkadenz. Es ist zwar möglich, in einer Sixte ajoutée die Sexte mit einer Septe vorzuhalten, aber dann darf ebendiese Sexte (das gis) nicht gleichzeitig in einer anderen Stimme erscheinen, was sie hier aber tut. Im Tenor müsste also beispielsweise fis statt gis stehen. Gis wäre höchstens als Durchgangsdissonanz möglich - dann müsste man auf dem letzten Viertel des Taktes im Tenor 2 Achtel fis-gis bringen.

Probier die Varianten einfach aus und höre genau hin, dann wirst du die Unlogik dieser Stelle mit a' sicher selbst erkennen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Besten Dank für die ausführliche Erkärung. Während es im theoretischen Verständnis noch mangelt (hab jetzt schon eine Weile gebraucht, um das nachzuvollziehen, haha), täuscht mich mein Gehör nun nach dem Hinweis nicht: hab es gespielt, und muss sagen, es stimmt! Man hört es total. Nur auf die Erklärung wär ich nun im Leben nicht gekommen... :015:
 

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