Reparatur von ca. 2500 Euro ?

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Lufti

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13. Sep. 2008
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Hallo Freunde der Klaviatur,

besitze ein über 100 Jahre altes Klavier. (Datierung war Dank Herr Gocht und Klaviermacher hier im Forum möglich :-) )
Da es sich relativ schnell verstimmt habe ich das Klavier von meinem Stimmer, welcher auch eine Reparaturwerkstatt besitzt, genauer untersuchen lassen.

Seine Diagnose:
- Stimmblock OK, Stimmwirbel halten jedoch nicht mehr richtig im Block, daher sollten komplett neue Wirbel (größerer Durchmesser) eingedreht werden.
- Resonanzboden hat 2 Risse
- Filze sind ziemlich eingespielt, könnten aber noch abgeschliffen werden
- Auf einer Taste ist das Elfenbein abgeplatzt, sollte erneuert werden.

Reparatur, d.h. => neue Wirbel, neue Saiten, Ausbessern der Risse, schmirgeln der Hämmer und eben die eine Taste mit neuem Kunstoff anstelle von Elfenbein besetzen, Reinigung der Mechanik mit Pressluft, nachziehen aller Schrauben = 2.500 Euro

Meine Frage an Euch:
1 - Ist dieser Preis in Ordnung oder würdet Ihr mir raten noch weitere Angebote einzuholen?
2 - Ist es ratsam den Resonanzboden auszubessern. Bin momentan mit dem Klang zufrieden.
3 - Des weiteren wurde mir geraten alle Saiten im Zuge der Wirbelerneuerung zu tauschen. Sollte das Klavier auf Kammerton A gestimmt werden, sind Saitendefekte lauf Fachmann abzusehen. Evtl. weiter mit alten Saiten spielbar wenn tiefer gestimmt.

4 - Zum Kammerton A => Im Moment ist das Klavier wohl tiefer gestimmt. Ist davon auszugehen, daß sich durch die Stimmung auf Kammerton A und neue Saiten auch die Charakteristik des Klangs ändert? Vorteil der Kammerton A ist daß ich mit anderen Instrumenten harmoniere, auf der anderen Seite gefällt mir der Klang und Charakter im Moment eigentlich super. (Wenngleich auch verufen handelt es sich um einen Oberdämpfer :?)

Bin gespannt was Eure Meinung zur den aufgeführten Punkten ist.
Mir ist wichtig, daß ich ein zuverlässiges Klavier besitze welches die Stimmung hält. Ausgeben möchte ich hierfür nur das Nötigste.
Des weiteren hänge ich an diesem Instrument und seinem speziellen Sound.

Besten Dank vorab für Eure Infos

Gruß
Lufti
 
Kann dir zwar nicht helfen, aber in diesem Zusammenhang würde mich mal interressieren obs für die Tasten kein ( Alt- ) Elfenbein mehr gibt?
 
Wenn die Resonanzbodenrisse keine Auswirkung auf die Stimmbarkeit und den Klang des Instruments haben, können Sie geschlossen werden, müssen aber nicht. Jedoch wäre es sicher zu empfehlen, wenn dann alles zu machen, wenn man eh schon einmal dabei ist und das Klavier in die Werkstatt transportiert hat. Da man ja für solch eine Reparatur den Gussrahmen und alle Saiten entfernen muss. Demnach bietet es sich dann auch noch an, die Saiten und Wirbel auch zu erneuern. Neue Saiten klingen sauberer und klarer. Denke mal, dass Instrument klingt dannach wesentlich besser.

Hol auf jedenfall noch weitere Angebote ein. Jedoch finde ich das Angebot garnicht so schlecht!
 
Hallo Lufti,
der Preis für die Reparatur scheint gerechtfertigt, allerdings würde ich das an einem Oberdämpferklavier als reine Jux und Tollerei machen. Das Klavier ist hinterher nicht um den Reparaturaufwand mehr Wert. Das heißt "Liebhaber" .

Ab so wie ich Dich verstanden habe, liebst Du Dein Klavier. Eine Neubesaitung ist normalerweise ein Garant für einen schöneren sauberen Klang. Allerdings würde ich bei einem 100 jährigen Klavier zu Pure Sound Saiten raten. Stimmnägel tauschen ohne die 100 jährigen Saiten gleich mit zu machen ist wohl möglich, aber ein Unsinn. Wenn man nun wirklich neu besaitet, dann macht das ein halbwegs vernünftiger Klavierbauer nicht, ohne auch den Resonanzboden in Ordnung zu bringen, also Risse spanten. Hinterher wird der Saitendruck verbessert und eine neue Saitenberechnung gemacht, ehe man besaitet, damit das Instrument auf Normalton stimmbar ist.

Eine Taste mit Kunststoff zu belegen, wenn alle anderen aus Elfenbein sind ist nicht schön und wirklich nicht fachmännisch. Ich habe da immer Reserven, wie wohl jede Werstatt das ein oder andere Tastenplättchen mit (alten) Elfenbein belegen kann - auch wenn farbliche Differenzen sind, ist das immer noch viel schöner als Kunststoff.

Den Zustand der Hammerköpfe kann ich nicht beurteilen, aber wenn er meint man könne noch abschleifen, dann wird das hoffe ich stimmen.
Ich nehme an, Dein Klavierstimmer ist auch Klavierbauer mit Referenzen, sonst würde ich eher zu der ganzen Aktion abraten, da schon die Beurteilung falsch sein könnte und die Arbeit womöglich miserabel durchgeführt. Leider erlebt man das doch hin und wieder.

Wenn Du schon mal sehen willst, um welchen Aufwand es sich da handelt, hier ist mein Film dazu:http://www.youtube.com/watch?v=bapTqwlIBgk

LG
Klaviermacher
 
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Hallo Tastencherge,

PureSound ist historisches Saitenmaterial, wie man es bis etwa 1900 verwendete. Der Unterschied ist, dass die optimale Spannung bei geringeren Zugkräften -etwa 60kg/p.Saite und sogar tiefer hergestellt ist. Die Bruchgrenze ist ebenfalls tiefer. Eine moderne Saite würde nur eiern und kaum schön stimmbar/haltbar sein bei einer 60kg Berechnung. Pure Sound Saiten haben einen etwas silbrigeren, obertonreicheren Charakter im Vergleich zu modernen Saitendraht. Man kann bei der Berechnung mit weniger Gesamtspannung ein altes Klavier vorzüglich beziehen, und unnötige Tonnen Zug auf den alten Stimmstock einsparen, und somit die Lebensdauer erhöhen.

http://www.pianoteile-baumgaertel.d...8KP24&ecskey=hndku7hipa6jt94vkr05fg0btid7adto

Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht - auch für jüngere Instrumente bis etwa 1930.

LG
Klaviermacher
 
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alles klar, danke für die Info, hatte ich noch nie gehört. Allerdings habe ich auch schon seit 15 Jahren kein Klavier mehr neu besaitet :(
 
Besten Dank für die Informationen.

Vorab möchte ich zur Verteidigung des Klavierstimmers und seiner Reparaturwerkstätte sagen daß wir bei den Möglichkeiten der Kostenminimierung letztlich auch auf ein Kunstoffbelegung der Taste gekommen sind. Stimme aber zu daß dies ein echter Stilbruch wäre - also sofort wieder vergessen!

Nach lesen Eurer Beiträge denke ich daß ich die 2500 wohl investieren werde und das rundum sorglos Packet buchen werde wie vom Fachmann vorgeschlagen mit allem drum und dran. Vielen Dank auch für den Tip mit den PureSound Saiten, werden wir sicherlich verbauen.

Jetzt nochmal kurz zum Oberdämpfer, -

(Ich muß kurz ausholen und erzählen, daß ich auf eben diesem alten Klavier als Steppke das Spielen lernte und viele Jahre daran geübt hatte bis unsere Familie ein "neues" Sauter gekauft hat auf dem ich auch noch etwas spielen durfte. Letztlich bin ich beruflich irgendwann in die Welt gezogen und habe praktisch kein Klavier mehr gespielt, abgesehen von sporadischen Besuchen zuhause. Da ich jetzt jahre später umziehe und auch endlich wieder Platz für ein Klavier habe bin ich auf die Idee gekommen mein altes Schätzchen aus dem Keller zu entrumpeln und wieder zu reanimieren, da mir sein Klang nach wie vor am aller besten gefällt.)

- Soweit zu Klaviermachers Aussage man muß schon Liebhaber zu sein um sein Geld in einen Oberdämpfer zu investieren ;).

Bin relativer laie was Klaviere angeht, habe hier im Forum schon gelesen daß der Oberdämpfer nicht so schnell und effektiv dämpft wie neuere Bauformen.

Wo liegt der Haken beim bespielen eines Oberdämpfers, ist es nur das dezente nachhallen was mir als mäßiger Pianist oder eben weil so aufgewachsen keine Probleme macht, oder äußert sich die schwäche der Mechanik erst wenn man einem flotten Anschlag fröhnt wie ein Star-Pianist.

Wenn es nicht zuviel mühe macht wäre ich interessiert mehr über die Schwächen eines Oberdämpfers und deren Äußerungen zu erfahren um daraus ableiten zu können inwieweit mich mit meinem Können diese Bauform tangiert.

Dank vorab !

Gruß
Lufti
 
Hallo Lufti - die einzige "schwäche" des Oberdämpfers ist das Nachhallverhalten, es gibt keine weiteren.

Was es aber gibt, aus der Zeit wo Oberdämpfer üblicherweise gebaut wurden - also um 1860 bis 1900 sind einfach viel Klaviere, die nie richtig restauriert wurden, und von da her grundsätzlich schon in sehr schlechtem Zustand - gebrochene oder losgeleimte Stimmstöcke und Gehäuse vollkommen durchgedrückte Resonanzböden etc. und die Liste ist lang. Nachhall kam um 1900 ganz aus der Mode und heute sind Klaviere noch einmal trockener im Dämpfungsverhalten als noch vor ein paar Jahrzehnten.

Es gibt sogar einen Pluspunkt in der Oberdämpfer-Mechanik: Die Schwerkraft wird für die Dämpfung elegant genutzt wie beim Flügel und die höchst lästige Feder von heutigen Unterdämpfermechaniken entfällt - dadurch ist der Anschlag bei guter Regulierung einfach angenehmer.

LG
Klaviermacher
 

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