Quattrochord Superflügel von August Förster

Freut mich, dass ihr mir zuguckt bei der Arbeit!

Jensen1, die Mechanik wurde vor 20 Jahren umgebaut und dabei hat man die Hebel verändert. Das konnte ich nicht ausgleichen mit regulieren bzw. trat erst so richtig zu Tage bei den Einstellarbeiten. Ja, ich werde mal ein paar Hebegliedsättel und Piloten versetzen und gucken, ob sich die Spielweise ordentlich verbessern lässt. Mark, ja Du hast es richtig erkannt. Das passiert ab und zu und in diesem Falle habe ich es mit dem Eisen korrigiert. Scharf beobachtet! :cool:

LG
Michael
 
Hallo Michael,

wie kriegt man denn diese enorme Spannung auf die Saiten, rutschen die auch mal ab, wie es beim Streichinstrument passieren kann? Oder gibts da eine besondere Sicherung?
Ist sicher nicht angenehm, wenn einem die Saiten um die Ohren fliegen.

Wie lange brauchst du für die Neubesaitung eines solchen Flügels?

Und wie klingt er denn, oder hab ich das übersehen?

LG
violapiano
 
Hallo Violapiano,

Die Spannung bekommt man mit dem Hebel des Stimmhammers auf die Saite. Je kürzer der Stiel, desto schwieriger wird es.

Bei Holzstimmstöcken kommt es schon vor, dass sich eine Saite so abrupt löst wie bei der Geige. Und zwar wenn das Loch ausgeleiert ist oder ein Riss im Stimmstock.

Für diesen Flügel brauche ich etwa 3 - 3,5 Tage zum besaiten. Normalerweise geht es in der halben Zeit. In ganz einfachen Fällen - also je nach Konstruktion - kann eine Besaitung (ohne Vorarbeiten) in einem Tag fertig sein.

Klangbeispiele kommen später, da ich noch nicht fertig bin mit der Arbeit.

LG
Michael
 
Hallo, liebe Claviogemeinde!

Ich habe nun den Quattrochord Flügel in der Prediger Kirche Zürich fertig besaitet und die Mechanik vollkommen umgebaut/rückgebaut! Die Hälfte seiner Lebenszeit verbrachte das schöne Instrument klanglich und mechanisch völlig entstellt, vermutlich hochkant stehend, irgendwo auf Halde. Mir ist insbesondere nach dem jetzigen Ergebnis völlig rätselhaft, warum jemand den Flügel so grottenschlecht umgebaut hat, dass an den Mechanikhebeln nichts mehr stimmte und die Anschlagskraft im Nirgendwo verpuffte.

Nach meiner Threaderöffnung vor einem Monat wurde der etwas größere Quattrochord Flügel, der in Berlin steht "wiederentdeckt" und bekam an prominenter Stelle Aufmerksamkeit.:D "Hitlers Superflügel - News" Die Audioaufnahme in diesem Link ist nicht von mir und spiegelt auch nicht die gesanglichen Fähigkeiten des Instruments wieder.

Am Wochenende werde ich ein paar Videos zusammen schneiden und auf Youtube stellen. Einstweilen gibt es hier eine erste, sehr kurze Hörprobe im .wav Format

Liebe Grüße
Michael
 
Boah, Michael, der klingt wahrhaft orchestral, wo weit man das aus der kurzen Aufnahme schließen kann.

Hast Du toll hingekriegt, Pianodoktor!

LG
violapiano
 
Zitat von klaviermacher;161970 inURL="http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/klassik/Hitlers-Superfluegel/story/18546349":

Mich würde interessieren, ob die historischen Angaben in diesem Artikel nachprüfbar sind: handelt es sich wirklich um eine Auftragsarbeit "der Nazis" an Förster - und wenn ja, wessen Projekt war das? Unter den Nazis gab es ja eine ausufernde Bürokratie, deren einzelne Teile oft recht unterschiedliche Ziele verfolgten. Und handelte es sich wirklich um ein "Anti-Steinway-Projekt"? Immerhin gab es ja Steinway Hamburg auch in der Nazi-Zeit.
Es wäre wünschenswert gewesen, daß der/die Autor/-in sein/ihre Aussagen belegt hätte. Solange das nicht geschieht, scheint mir der Begriff "Nazi-Flügel" nichts als ein weiterer Beleg für die schweizerische Bereitschaft zur unreflektierten Denunziation aller Vorgänge im Nachbarland zu sein und eine unnötige Rufschädigung einer angesehenen Firma.

Dafür fehlen sachliche Informationen: wo ist das Ding denn so lange gestanden und unter welchen Umständen konnte es das Bombardement von Berlin überstehen?

@Michael: in welchem Verhältnis steht der Flügel denn zu "Deinem"? Ist es nur eine mächtigere Ausgabe oder gibt es technische Unterschiede?

Schöne Grüße,

Friedrich
 
Mich würde interessieren, ob die historischen Angaben in diesem Artikel nachprüfbar sind: handelt es sich wirklich um eine Auftragsarbeit "der Nazis" an Förster - und wenn ja, wessen Projekt war das? Unter den Nazis gab es ja eine ausufernde Bürokratie, deren einzelne Teile oft recht unterschiedliche Ziele verfolgten. Und handelte es sich wirklich um ein "Anti-Steinway-Projekt"? Immerhin gab es ja Steinway Hamburg auch in der Nazi-Zeit.
Es wäre wünschenswert gewesen, daß der/die Autor/-in sein/ihre Aussagen belegt hätte. Solange das nicht geschieht, scheint mir der Begriff "Nazi-Flügel" nichts als ein weiterer Beleg für die schweizerische Bereitschaft zur unreflektierten Denunziation aller Vorgänge im Nachbarland zu sein und eine unnötige Rufschädigung einer angesehenen Firma.

Dafür fehlen sachliche Informationen: wo ist das Ding denn so lange gestanden und unter welchen Umständen konnte es das Bombardement von Berlin überstehen?

@Michael: in welchem Verhältnis steht der Flügel denn zu "Deinem"? Ist es nur eine mächtigere Ausgabe oder gibt es technische Unterschiede?

Schöne Grüße,

Friedrich
Hallo Friedrich,

Der Artikel ist so reisserisch aufgebaut, dass ich große Zweifel hege an der Richtigkeit der historischen Ereignisse. Wie kann man denn einen Förster Konzertflügel vergleichen mit einem Steinway S155?

Ich habe den anderen Flügel in Berlin nicht gesehen. Aber ich denke es ist nur eine größere Ausgabe des meinen. Übrigens das Bild im Link ist nicht der Berliner Flügel sondern der, den ich in Zürich repariert habe.

LG
Michael
 
Hallo Michael,
der Anblick dieser vielen Kontramuttern im Besaitungsvideo erinnert mich an das Steckspiel "Solitär". Ich bewundere deine Geduld! Könnte mir auch vorstellen, dass es eine große Freude macht, solche besonderen Instrumente zum Leben zu erwecken. Insbesondere, wenn wie du geschrieben hast, vorangehende Arbeiten ziemlich viel kaputt gemacht haben.
Die Klangprobe fand ich angenehm "definiert" also schon eher scharf, aber nicht kantig :D Bestimmt ein tolles Mozart Instrument, trotz der Mächtigkeit....obwohl, vielleicht doch lieber Brahms Balladen. Ja eben, gibt es denn Pianisten, die auf solchen Quattrochord-Flügeln Aufnahmen gemacht haben?
Wie ist denn das mit der Balance zwischen einer Saite Bass und den vier Saiten in der Mittellage und Diskant? Wie gleicht sich das denn aus, ohne, dass ein Bereich hervortritt? In der Klangprobe fand ich die "Mischung" gut.

LG, Sesam

P.S. Super Gitarren-Solo bei 9:20 im Video :D
 
dem "

Ich habe nun ein neues Video fertig, dass ich gerne präsentiere:
http://www.youtube.com/watch?v=dDC6uTqtl5M


Danke für das Video, Michael. Jetzt kan ich mir auch vorstellen, wie das ohne Stimmstock funktioniert. Aber - wenn diese Technik so einfach ist und auch eine präzise Stimmung zuläßt, warum hat sie sich dann nicht durchgesetzt, und man setzt sich lieber der Gefahr von letalen Stimmstockrissen aus?

Schöne Grüße,

Friedrich
 
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Ein tolles Video, Michael! Damit hast du nicht nur wieder einmal deine Handwerkskunst unter Beweis gestellt, sondern auch ein sehr besonderes Instrument einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Ich finde, dass die Aussage im Zeitunsartikel ("Klang wie Donnerhall") gerade auf diesen Flügel nicht zutrifft (im positiven Sinn). Er hat eine schöne Brillianz, aber doch nicht mit so einer Schärfe wie es manche (Konzerthallen) D-Flügel haben. Auch der Bass hat viel Wärme und Grundtönigkeit. Wobei ich dies auch von manchen D-Flügeln so kenne, wenn sie so intoniert sind oder "von Haus aus" diesen Klangcharakter haben. Trotzdem würde ich den Förster aber nicht in die Rubrik "Powerflügel" einordnen, weshalb die Aussagen im Zeitungsartikel einfach falsch sind. Könnte mir vorstellen, dass der Flügel zur Begleitung eines Chores oder für Kammermusik eine exzellente Figur macht.

Noch zwei Fragen: Du hast die Piloten ja zurückversetzt. Also in Richtung höherer Übersetzung = mehr Spielschwere. War der Flügel vom Anschlag viel zu leicht vor der Reparatur? Oder trotz modifizierter Übersetzung kraftlos und träge wg. hoher Reibung in der Mechanik?

Bei 3.07 sieht man, dass du den Wirbel "tiefer" schlägst, obwohl das ja hier kein normaler Stimmstock ist. Der Wirbel ist ja konisch geformt, wie man im Video sehen kann. Ist dieses Tieferschlagen dann nötig, um ihm den richtigen Halt zu geben, oder entlastet das nur das Gewinde? Hast du die Gegenmuttern nach dem Saitenaufziehen nochmal nachgezogen?
 
Ich finde, dass die Aussage im Zeitunsartikel ("Klang wie Donnerhall") gerade auf diesen Flügel nicht zutrifft (im positiven Sinn).

Der Autor hat den Flügel sicher gar nicht gehört, denn der Artikel im Zürcher Tagesanzeiger
(http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/klassik/Hitlers-Superfluegel/story/18546349) ist
komplett aus einem Artikel in der "Zeit" abgeschrieben
(http://www.zeit.de/2010/28/Sommertipp-Piano-Salon-Christophori). Dort werden
auch die Spekulationen über einen politischen Hintergrund des Projekts
angestellt ("Warum aber durfte ein sächsischer Betrieb in dieser Zeit
einen Konzertflügel bauen? Und noch dazu so einen?") und nach dem
Motto "Nazism sells" die Nazi-Assoziationen aufgebaut, ohne daß sie belegt würden ("hat einen
Klang wie Donnerhall"; "Zeugnis nationalsozialistischen Größenwahns
und hat seine Existenz vermutlich der Tatsache zu verdanken, dass der
Traum von der Hauptstadt Germania auch kurz
vor dem Zusammenbruch des Deutschen Reichs noch nicht ganz ausgeträumt war.").

Immerhin verbirgt der Autor, wie u.a. das von mir hervorgehobene "vermutlich" zeigt,
den spekulativen Charakter seines Textes nicht. Der naive
Ansatzpunkt seiner Überlegungen ist einfach "1. Steinway war und ist der
Maßsstab im Klavierbau, 2. Steinway ist eine amerikanische Firma, war also
Feind". Daß ersteres vor dem Krieg so nicht stimmte, weiß er
einfach nicht, und daß auch im totalitären Nazi-Staat Firmen ihre
Produkte einfach aus schierem Interesse (und Notwendigkeit)
an einer guten Position im Wettbewerb weiterentwickelten, kann er sich offenbar nicht
vorstellen.

Der nächste Schritt der "Berichterstattung" ist die
Übernahme in den Zürcher Tagesspiegel: dort kürzt man den Artikel,
beseitigt die Marker der Spekulation und bastelt eine fetzige
Überschrift dazu: "Hitlers Flügel" - fertig ist die Sensation und macht ihre Runde im Internet.

Was also ist der Befund? Ein Zeit-Redakteur macht es sich bequem und ersetzt die notwendige Recherche durch gesinnungsstarke Spekulationen. Ein Kollege von ihm in Zürich greift die Geschichte auf, und präsentiert die Spekulationen als Tatsachen.
Nun, wenn jemand in meinem Fach einen solch fahrlässigen und denunziatorischen Text abliefern würde, wäre er auf alle Zeiten erledigt.

Friedrich
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Friedrich,

Du hast super recherchiert! Ich glaube den Zeitungsfritzen sowieso nur jedes zweite Wort. :D Ich hatte tatsächlich von einem anderen Artikel gewusst, aber vergessen, woher er war. ;)

Jensen, Deine Worte beschreiben genau wie der Flügel klingt und für was er sich besonders gut eignet. Deshalb steht er nun in einer Kirche. Danke auch für die lobenden Worte.

Die Mechanik hatte eine Hebelübersetzung von etwa 1: 3,5 (max 1: 3,8 ) Es war unmöglich zu spielen. Die Steigung war auf etwa 4cm hinaufgeschraubt (normal wäre 4,8cm) und der Tastentiefgang war etwa bei 13mm statt 10 oder 10,5. Es waren alle Blei entfernt und trotzdem spielte der Flügel viel zu leicht. Bei dem Detail im Video habe ich nicht die Stimmnägel tiefer gesetzt, sondern die Saiten-Umwicklungen um den Nagel verdichtet.

Man muss die Muttern zweimal nachziehen nach dem Besaiten, dann bleiben sie aber stabil und wunderbar zu stimmen. man muss auch danach nichts mehr tun an den Muttern - egal wie oft nachgestimmt wird.

Warum dieses System heute nicht gemacht wird verstehe ich auch nicht ganz. Natürlich hat ein Holzstimmstock gewisse klangtragende Eigenschaften. Bei einem Vollpanzerrahmen mit Dübbel verschwinden sie jedoch zur Gänze. Daher wäre es - schon wegen der verbesserten Stimmhaltung sinnvoll gewesen diese Holzlos-Technik nicht ganz aus den Augen zu verlieren.

LG
Michael
 
Hallo Michael.

es war ein Genuss dieses Video anzuschauen und zu hören. Toll in den Bildsequenzen mit schöner Ausleuchtung und wunderbar gespielte Musik, die den ganzen Klangreichtum dieses Ausnahmeflügels darstellen konnte.

Danke sagt
Manfred
 

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