Produziert unser Schulsystem musikalische "Analphabeten"?

Noch eine Ergänzung zum Bildungssystem allgemein:
Wenn der R. D. Precht Recht hat damit, dass vom Schulwissen später bei Erwachsenen nur noch ein Anteil im unteren einstelligen Prozentbereich erfolgreich abgefragt werden kann, ist unser Bildungssystem tatsächlich für den..., eh, für die Katz'.
Das gilt aber nur von einem sehr utilitaristischen Standpunkt her. Interessanter wäre doch zu fragen, ob ehemalige Schüler in der Lage sind, sich Kenntnisse dieser restlichen 90+% bei Bedarf (wenigstens in Grundzügen) wieder zu erarbeiten. Außerdem kann passives Wissen, das also nicht mehr selbst wiedergegeben werden kann, immer noch dabei helfen, die alltäglich einstömenden Nachrichten etc. einer gewissen Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. Daß dabei auch einiges im argen liegt, steht auf einem anderen Blatt, ist aber zu einem Großteil auch auf mangelnde Bereitschaft dazu zurückzuführen.
 
Noch eine Ergänzung zum Bildungssystem allgemein:
Wenn der R. D. Precht Recht hat damit, dass vom Schulwissen später ...

Es wäre wohl Zufall, wenn Precht mit seinen abstrusen Thesen Recht hätte, nutzt er doch seine zweifelhafte Fernsehbekanntheit zum marktschreierischen und immer erfolgversprechenden Herumgenörgle am bestehenden Bildungssystem, den eigenen finanziellen Vorteil aus den Buchverkäufen immer fest im Blick. Ne, gerade den kann man auf diesem Feld sicher getrost beiseite lassen.

Ansonsten gilt für viele Musiklehrer leider das, was auch an vielen Sportlehrern zu kritisieren ist: Die Kinder, die mit Begabung oder Vorwissen kommen, werden sehr gut weiter gefördert, das macht ja auch Spass. Die aber, die kein Instrument spielen (unsportlich sind) werden mehr oder weniger links liegengelassen und es wird in keiner Weise darauf eingegangen, dass sie sich unter vielem, was vorne gesagt wird, gar nichts vorstellen kõnnen. Anwesende (Musiklehrer) natürlich ausgenommen. Diese Aussage basiert allein auf den subjektiven Eindrücken in meiner engsten Familie mit zusammengenommen bisher 53 Schuljahren in etwa 4 Dekaden.

Gruss
Rubato
 
Precht halte ich für höchst problematisch und vom grünen Tisch aus geschrieben. So sehen es viele Eltern gerne: Ihr Kind natürlich hochbegabt, dagegen steht das böse System, dass das partout nicht erkennen will.

Von den neueren Veröffentlichungen ist John Hattie deutlich interessanter. Der verkauft nicht nur seine Meinung, sondern eine handfeste Untersuchung.

Sicherlich ist es ein Aspekt, wie und mit welchem Engagement ich mein Fach vermittele. Aber meine Schüler müssen auch ein Minimum an eigener Initiative und ebenfalls Spaß an der Sache mitbringen. Manchmal hapert es da. Was will ich vermitteln, wenn da jemand vor mir sitzt und mit scheinbar letzter Kraft röchelt "Ahhhh....chillen."? Ich meine schon, dass es generell eine Zunahme der Motivationslosigkeit in den letzten Jahren gibt. Zum Glück nicht bei allen. Mir ist nicht klar, woran es liegt, aber ich finde es besorgniserregend.

Ich habe als Schüler auch nicht alles spannend gefunden, aber eben doch das Meiste. Lernen, um die Welt zu verstehen, um einfach etwas zu wissen. Keiner weiss im 6. Schuljahr schon, was er beruflich machen will und welche Fächer er dafür braucht. Diese sehr populären utilitaristischen Argumente führen nicht weit. Als Musiker habe ich Oberstufenmathematik kaum gebraucht, Chemie schon gleich gar nicht. Trotzdem habe ich es gerne gemacht und möglicherweise hat das etwas sehr Nützliches mit meinen Neuronenvernetzungen im Gehirn angestellt. Da tut es mir nur um die Stunden leid, in denen wenig passiert ist. Immerhin sollte der Zeitpunkt des Abiturs derjenige sein, an dem das Allgemeinwissen maximal ist. Die Spezialisierung kommt später.

Und genau da sehe ich das Problem: Statt für die Steuergelder eine Gegenleistung haben zu wollen, sind viele Schüler eher auf Unterrichtsausfall erpicht. Wenn es schlechter Unterricht ist, ist es kein Verlust. Allerdings ist nicht jeder Unterricht schlecht. Wir haben hier in Deutschland tolle Möglichkeiten. Die Vielfalt der Unterrichtsmethoden ist fantastisch, wir haben Exkursionen und gut ausgestattete Fachräume, z.B. für Naturwissenschaften. Bedingungen, nach denen man sich in Zentralafrika die Finger lecken würde. Trotzdem wird es nicht ideal angenommen. Könnte hier die Lernkultur in der Gesellschaft defizitär sein? Die Einstellung einfach nicht stimmen?

kampfguerkchen hat es gut beschrieben, dass sich im schlimmsten Fall die Schüler selbst um ihr Lernerlebnis bringen. So drastisch erlebe ich das zum Glück sehr selten, aber wer schon mit einer negativen Erwartungshaltung hingeht, wird kaum profitieren.

Schöne Grüße
Axel
 
Precht halte ich für höchst problematisch und vom grünen Tisch aus geschrieben. So sehen es viele Eltern gerne: Ihr Kind natürlich hochbegabt, dagegen steht das böse System, dass das partout nicht erkennen will.

Von den neueren Veröffentlichungen ist John Hattie deutlich interessanter. Der verkauft nicht nur seine Meinung, sondern eine handfeste Untersuchung.

Hattie hat eine Meta-Studie gemacht, die zeigt, dass es im wesentlichen auf die Qualität des Lehrers ankommt und alle anderen Faktoren, über die interessierte Kreise gerne diskutieren, zweitrangig sind (z.B. Klassengrößen, Schulsystem, etc.). Unbequem ! Da müsste man ja nun plötzlich Qualitätskontrollen bei Lehrern einführen, verbunden mit echten Konsequenzen - wie bei anderen Berufsgruppen halt auch. Und dann würde sich zeigen, dass die allermeisten Lehrer hervorragende Arbeit machen, und nur einige wenige das schlechte Image zu verantworten haben. Aber um genau diese wenigen (Beamten) zu schützen, diskutiert und doktert man lieber weiter auf dem Rücken von Schülern und Eltern am System herum. Könnten wir nicht mal wieder eine Rechtschreibreform machen, damit die entsprechenden Kreise mal wieder eine Zeitlang anderweitig gewinnbringend beschäftigt sind?

Gruß
Rubato
 
Precht halte ich für höchst problematisch und vom grünen Tisch aus geschrieben. Immerhin sollte der Zeitpunkt des Abiturs derjenige sein, an dem das Allgemeinwissen maximal ist. Die Spezialisierung kommt später.

Ich habe ein Buch von Precht gelesen (nicht das zur Bildung) und kann da nur sagen, dass er sich bei vielen Sachverhalten, die er seinen Thesen zugrunde legt, auf Studien beruft, die er sehr genau zitiert.

Dass das Allgemeinwissen im Zeitpunkt des Abiturs maximal sein soll, kann ich subjektiv keinesfalls bestätigen. Das einzige tagesaktuelle Thema, das in meiner Schulzeit besprochen wurde, war der Fall der Mauer. Weitere Defizite: von unserem Rechtssystem wurde nur kurz das Grundgesetz angeschnitten. Das Steuerrecht, mit dem fast jeder im Laufe seines Lebens in Verbindung kommt, wurde gar nicht erwähnt. Einen Großteil dessen, was ich heute als mein Allgemeinwissen betrachte, habe ich nicht in der Schule gelernt, wobei da bis auf einige Ausnahmen nicht die Lehrer, sondern das System kritisiere. Die Vorgaben des Lehrplans werden viel zu wenig mit täglichen Realität, mit der man konfrontiert ist, verknüpft. Und da gebe ich Precht Recht: mit mehr Verknüpfung zum Tagesgeschehen würde man Wisssen viel längerfristiger und interessanter vermitteln.

Anknüpfungspunkt zum Musikunterricht: man könnte Kadenzen und Harmonik z. B. anhand von aktuell in den Charts befindlichen Songs darstellen, die viele SchülerInnen kennen und mögen. (Womit ich nicht sagen möchten, dass ihnen andere Musikrichtungen nicht vorgestellt werden sollen. Es kam genau einmal vor, dass wir im Musikunterricht gefragt wurden, welcher Stil unserem Musikgeschmack entspricht, und daran so wenig anzuknüpfen, ist meiner Meinung nach zu wenig, auch wenn man es da natürlich nicht allen Recht machen kann, aber es kann ja mal ein Pop, mal ein Rock, mal Metal, Jazz, Dancefloor oder sonst ein beliebter Mainstream sein, so dass alle mal bedient werden).

LG
BP
 
Anknüpfungspunkt zum Musikunterricht: man könnte Kadenzen und Harmonik z. B. anhand von aktuell in den Charts befindlichen Songs darstellen, die viele SchülerInnen kennen und mögen.

Hi BP, ;)

stimme eigentlich zu, sehe aber ne GEFAHR:

Wenn dabei dann nämlich rauskäme, dass die analysierten Dinger ( Du sprichst von darstellen ;) ... ) in ihrer Harmonik eine gewisse..nun..Komplexität vermissen ließen: nicht dass dann die teenies maulen...und daher dann DOCH kein Interesse mehr an dem doofen Musikunterricht haben ;)

Viele Jugendliche, so glaube ich, verinnerlichen ihre Lieblingssongs, raps usw. derartig, dass sie weitergehende Analysen nicht DULDEN wollen, da diese a ) evtl. nicht positiv ausfallen würden und b ) evtl. den / die Jugendlichen NICHT interessierende Punkte beinhalten würden und c ) nicht auf dem bisherigen "Erfahrungs- und coolness-Status" des Jugendlichen SELBST beruhen, sondern auf dem einer ANDEREN Autorität. Könnte mir vorstellen, dass es da harte Brocken gibt, die sich dann querlegen....

Aber whrscheinlich seh ich schon Gespenster ;)

LG, Olli
 
Einige wenige Gedanken zu diesem Thema.

Schon einmal erwähnte Rheinkultur, wie wichtig es ist, dass der Lehrer sich seiner Aufgabe bewusst wird und das Lehrerdasein nicht als eine Sicherheitsstiftende Komponente ansieht, mit der man sich abfinden muss.

In seinem Fachbereich (und es liegt in der Natur der Dinge, dass man für dieses ein großes persönliches Interesse mitbringt und darin vielleicht sogar gerne publizieren würde, oder im Falle des Musikers öffentlich Auftreten möchte) zu unterrichten und dieses Wissen an Schüler zu vermitteln ist keine Notlösung. Es ist eine vollwertige und erfüllende Beschäftigung.

In meinem Leben (welches ein beträchtliches Maß an Schulwechseln beinhaltet) traf ich viele gute Lehrer, aber auch viele pädagogische Totalausfälle. Und auch jetzt im Studium bin ich in regen Kontakt mit vielen Lehramtsstudenten aller Fachrichtungen.
Mir fallen dabei zwei Dinge auf. Erfreulich viele sind sehr engagiert und fachlich Kompetent.
Bei den Musikhochschulen ist der Lehramtsweg zu fast 50% ein Sprungbrett in ein Hauptfachstudium, weil ihnen noch einige grundlegende Fähikgkeiten fehlen, sie aber auf diesem Weg in ihrem Hauptfachinstrument tatsächlich auch bei dem entsprechenden Prof. "kostenlos" Unterricht bekommen können.

Nur all zu wenige versuchen sich im Vorfeld daran, wie es ist eine Klasse zu unterrichten (Das Referendariat ist gut und wichtig, aber sofern dass bei manchen die erste Erfahrung in solchem Ausmaß ist, dann kommt sie viel zu spät).

Wenn man von äußerlichen Faktoren wie Klassengröße, Lehrplan (den man übrigens auf kreativ-humane Art und Weise durchaus ein wenig zu Gunsten der Schüler hin und her biegen kann, denn eins ist gewiß. Keine Klasse ist wie die andere und kann nach dem gänzlich gleichen Schema unterrichtet werden), soziales Umfeld und Kooperation mit den Eltern absieht,-
Bedarf der Lehrer eines gutmütigen Charakters. Er sollte ein guter Redner sein (die Sprache ist selbst in der Musik eine der wichtigsten inhaltsvermittelnden Werkzeuge...)

und leider ist mein Zeitkontingent erschöpft.

Adieu, Raskolnikow
 
Ich meine schon, dass es generell eine Zunahme der Motivationslosigkeit in den letzten Jahren gibt. Zum Glück nicht bei allen. Mir ist nicht klar, woran es liegt, aber ich finde es besorgniserregend.

Axel

lieber Axel,

Mit Schülern habe ich keine Erfahrung, aber bei meinen Studenten kann ich keine Zunahme der Motiviationslosigkeit feststellen, da habe ich allerdings das Glück, eine "positive Auslese" vor mir sitzen zu haben, denn die "nicht Motivierbaren" sind lang vor meinen Kursen schon ausgelesen worden :D

Trotzdem gibt es natürlich mitunter einen "langweiligen Haufen",Typen die vor mir hocken und glauben, ich müsse da den Kasperl abziehen, um sie zu unterhalten, sonst wird demonstrativ gegoogelt oder gejausnet. Den Kasper mach ich dann auch ein wenig (Vorlesung dauert ja immer nur ein Semerter lang und nicht jahrelang wie bei Lehrern),und als Belohnung gibt's ne saftige schrifltliche Prüfung nachher ;)
Aber generell sind die Studenten heute sehr motivierte junge Leute,engagiert und deutlich berufsreifer als wir das mit 24 waren, sodaß mir eine Benotung oft eher unangenehm ist, weil alle durchaus gut ausgebildet( Studienende) und sehr motiviert sind, sodaß mir die Arbeit mit ihnen meist Spaß macht.

Ist aber OT, da es nichts mit Musikunterricht in öffentlichen Schulen zu tun hat.sorry

Das thread thema, "produziert unser Schulsystem ...Analphabeten?", dürfte , wie man hier bei manchen lesen kann, jedoch für etliche Absolventen zutreffen :p:p
 
Da müsste man ja nun plötzlich Qualitätskontrollen bei Lehrern einführen, verbunden mit echten Konsequenzen - wie bei anderen Berufsgruppen halt auch.

Da bin ich sofort dafür. Bei mir darf jederzeit jemand vorbei kommen.
Das Problem sind die Kriterien. Es gibt ja sog. Qualitätskontrollen, deren Effektivität ich allerdings bezweifele. Da wird dann z.B. die Sozialform in % der Unterrichtszeit festgehalten. Wer Gruppenarbeit macht ist gut, wer Frontalunterricht macht ist schlecht. So einfach ist das leider nicht.

Schöne Grüße
Axel
 
Ansonsten gilt für viele Musiklehrer leider das, was auch an vielen Sportlehrern zu kritisieren ist: Die Kinder, die mit Begabung oder Vorwissen kommen, werden sehr gut weiter gefördert, das macht ja auch Spass. Die aber, die kein Instrument spielen (unsportlich sind) werden mehr oder weniger links liegengelassen und es wird in keiner Weise darauf eingegangen, dass sie sich unter vielem, was vorne gesagt wird, gar nichts vorstellen kõnnen. Anwesende (Musiklehrer) natürlich ausgenommen. Diese Aussage basiert allein auf den subjektiven Eindrücken in meiner engsten Familie mit zusammengenommen bisher 53 Schuljahren in etwa 4 Dekaden.

Gruss
Rubato



Ja, da ist natürlich etwas dran. Es ist allerdings auch nicht so einfach, alle unter einen Hut zu bekommen. In NRW ist es für das Musik-Abi nicht verpflichtend ein Instrument zu spielen, aber ohne ist es sehr schwer, jedenfalls nach meinem Eindruck.
 

Hi BP, ;)

stimme eigentlich zu, sehe aber ne GEFAHR:

Wenn dabei dann nämlich rauskäme, dass die analysierten Dinger ( Du sprichst von darstellen ;) ... ) in ihrer Harmonik eine gewisse..nun..Komplexität vermissen ließen: nicht dass dann die teenies maulen...und daher dann DOCH kein Interesse mehr an dem doofen Musikunterricht haben ;)

Viele Jugendliche, so glaube ich, verinnerlichen ihre Lieblingssongs, raps usw. derartig, dass sie weitergehende Analysen nicht DULDEN wollen, da diese a ) evtl. nicht positiv ausfallen würden und b ) evtl. den / die Jugendlichen NICHT interessierende Punkte beinhalten würden und c ) nicht auf dem bisherigen "Erfahrungs- und coolness-Status" des Jugendlichen SELBST beruhen, sondern auf dem einer ANDEREN Autorität. Könnte mir vorstellen, dass es da harte Brocken gibt, die sich dann querlegen....

Aber whrscheinlich seh ich schon Gespenster ;)

LG, Olli



Nöö, siehst Du nicht. Das Zeug will in dem meisten Fällen konsumiert, nicht analysiert werden. Meine Erfahrungen sind da recht gespalten. Manchmal klappt so etwas als Einstieg, kann aber auch schief gehen. Ich bin kein Fan von Pop, aber ich würde um des Friedens willen vermeiden, das mutwillig schlecht zu machen. Wenn die Schüler selbst darauf kommen, dass es oft dünne Substanz ist, nun gut.
 
bei meinen Studenten kann ich keine Zunahme der Motiviationslosigkeit feststellen, da habe ich allerdings das Glück, eine "positive Auslese" vor mir sitzen zu haben

Da mache ich seit einigen Semestern leider ganz andere Erfahrungen, vor allem unter den Lehramtsstudenten. Viele kommen mit der Einstellung "laß Du mich mit Deinem Zeug in Ruhe, ich will doch bloß Lehrer werden", eine Einstellung in der sie durch manche Pädagogen noch bestärkt werden, die ihnen suggerieren, daß Fachwissenschaft nichts, Pädagogik aber alles sei. Und daß sie gute PädagogInnen seien, daran haben erstaunlicherweise alle nicht die geringsten Zweifel. Nachdem das Pflichtseminar in historischer Linguistik sie mit einem etwas abgelegenen Gegenstand in Berührung bringt, habe ich vor einiger Zeit einen 150-Seiten-Reader geschrieben, der ihnen den Stoff zusammenfaßt. Ergebnis: die Hälfte der Teilnehmer zieht den Schluß, daß sie ja dann eigentlich nicht mehr ins Seminar kommen bräuchte, und fast alle sind der Meinung, in Verhandlungen darüber eintreten zu sollen, ob nicht 20 Seiten "zum Lernen für die Klausur" aus der Schwarte genug seien. Unter "zum Lernen..." verstehen sie dann tatsächlich die Vorbereitung auf eine reine Reproduktionsleistung. Läßt man sich darauf nicht ein, ist die Verbitterung groß. Nun, zum Glück haben nicht alle diese Haltung und mit den wenigen guten macht die Arbeit immer noch Spaß, aber der Anteil der Teilnahmslosen hat in den letzten 5-6 Jahren signifikant zugenommen, vielleicht weil die Einstellungschancen für Gymnasiallehrer eine Weile als recht günstig galten. Neulich hat sich einer von der oben genannten Spezies von mir ins Referendariat verabschiedet, angesichts seines bescheidenen Staatsexamens mit den Worten "... ist das nicht eine Schande ..." -- und an dieser Stelle wähnte ich schon, ein Bekenntnis später Einsicht zu hören, aber er fuhr fort "... daß man nach fünf Jahren Studium mit solchen Noten von der Uni weggeschickt wird?"
 
150-Seiten-Reader geschrieben, der ihnen den Stoff zusammenfaßt. Ergebnis: die Hälfte der Teilnehmer zieht den Schluß, daß sie ja dann eigentlich nicht mehr ins Seminar kommen bräuchte, und fast alle sind der Meinung, in Verhandlungen darüber eintreten zu sollen, ob nicht 20 Seiten "zum Lernen für die Klausur" aus der Schwarte genug seien.

Hey Friedrich, ich muss irgendwie grad VOLL LACHEN :D

Mach doch 10 Seiten - Multiple choice: Und zwar bei jeder Frage:

"Ja", "Nein", "Weiß nicht"

:D:D

( 10 Seiten KLAUSURLÄNGE natürlich ) *gg* ich schätze, da werden einige durchfallen :D

Vale - Olli !
 
Mach doch 10 Seiten - Multiple choice: Und zwar bei jeder Frage:

"Ja", "Nein", "Weiß nicht"

:D:D

( 10 Seiten KLAUSURLÄNGE natürlich ) *gg* ich schätze, da werden einige durchfallen :D

Vale - Olli !

Genau das mache ich teilweise bei meinen Studenten. Leider (zum Glück) sind die Ergebnisse bei diesen
Klausuren keineswegs anders ...

Gruß
Rubato
 
Interessantes Thema! Ich denke einfach, dass im Grundschulbereich Musik zu stark vernachlässigt wird. In Österreich wird Musik nicht von Spezialisten unterrichtet und es gibt viele Volksschullehrer die keinen guten Musikunterricht bieten könnten, selbst wenn sie es wollten, weil ihnen selbst die Fachkompetenz fehlt. Soweit ich die Situation in Deutschland überblickt habe, ist es dort nicht viel besser, da es zu wenige Musiklehrer an den Grundschulen gibt und auch hier sehr oft fachfremd unterrichtet wird. Gerade an den Grundschulen hätte man aber die besten Chancen Kinder für Musik zu begeistern.

Interessant finde ich das Modell in Ungarn - dort wird bereits in den Kindergärten Musik nach der Kodaly-Methode (relative Solmisation) unterrichtet und das wird dann später auch an der Schule fortgeführt. Ich habe gelesen, dass es in Schulen in und um Frankfurt ein Projekt gibt, das ebenfalls Solmisation in den Musikunterricht einbezieht und dabei sehr erfolgreich ist.

Falls es also hier Leute gibt, die in Ungarn die Schule absolviert haben, bzw. Leute, welche Erfahrungen mit dem Projekt Primacanta in Frankfurt haben (als Lehrer oder Eltern), würde es mich freuen, wenn ihr darüber etwas berichten könntet.

LG, PP
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Soweit ich die Situation in Deutschland überblickt habe, ist es dort nicht viel besser, da es zu wenige Musiklehrer an den Grundschulen gibt und auch hier sehr oft fachfremd unterrichtet wird.

So verallgemeinert kann man das gar nicht sagen, weil die Schulpolitik ja von einem Bundesland zum andern verschieden ist. In Bayern scheint mir der Grundschulunterricht in Musik in erster Linie dadurch benachteiligt, daß Musiklehrer die übliche "Tripeldidaktik" studieren müssen (Didaktik dreier Fächer), wogegen für das Gymnasium Musik als Einzelfach studiert werden kann (wogegen alle anderen Fächer nur in Kombination mit einem weitere Fach studiert werden können). Die Unterschiede sind erheblich, wie man im einzelnen hier: http://www.gesetze-bayern.de/jporta...-LehrPrOBY2008rahmen&doc.part=X&doc.origin=bs (§52 vs. §75) nachlesen kann. Daß etwas getan werden muß, scheint dem Ministerium inzwischen klar (vielleicht war ja seit langer Zeit wieder mal der gottselige Hausknecht Alois Hingerl da und hat am Salvatorplatz die göttliche Botschaft hinterlegt), denn es hat etwas getan, was es immer tut, wenn es eigentlich keine Lust hat, aber auch nicht als Bremser dastehen will: einen Modellversuch gestartet (den man dann, wenn es soweit ist, ohne großes Aufheben auslaufen lassen kann) : Das Projekt. Schaun wir halt mal, zu welchen Höhen er die Sanges- und Klampfensfreude des Bayernvolkes führen wird.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Danke für die Info und die Links, Friedrich.

Schaun wir halt mal, zu welchen Höhen er die Sanges- und Klampfensfreude des Bayernvolkes führen wird.

Also ich weiß ja nicht, was die Musikdidaktiker davon halten - ich finde es einen Jammer, dass für Musik immer außermusikalische Ziele definiert werden müssen, damit man ihr mehr Raum gibt.

Music for Learners: Das kleine Hörmal 1x1“, „Mathe gerappt“, Lieder zur Vertiefung sachunterrichtlicher Inhalte,...

Die Knirpse können dann das 1x1, die Monate und Wochentage wohl nur noch, wenn sie die entsprechenden Lieder vor sich hinsingen... :shock:

In Österreich gibt es schon seit Jahrzehnten den Schulversuch Musikvolksschule mit einer Stunde Musikunterricht pro Tag, aber leider können sich die Politiker trotz guter Bewertungen nicht dazu durchringen, den Versuch ins Regelschulwesen zu übernehmen. :(
 
Also ich weiß ja nicht, was die Musikdidaktiker davon halten - ich finde es einen Jammer, dass für Musik immer außermusikalische Ziele definiert werden müssen, damit man ihr mehr Raum gibt.

Naja, das sind halt so Didaktiker-Moden oder -Deformationen. Früher war der "Transfer" die heilige Kuh, gegenwärtig ist es die "Kompetenz" - Fach x soll Befähigungen nach allen möglichen Richtungen vermitteln, aber bloß keine Fachkenntnisse, das ist ganz ganz bäh! Ich insistiere seitdem immer darauf, daß Beschäftigung mit Sprachwissenschaft die Kompentenz zur kritischen Würdigung didaktischer Heilsversprechungen schaffe. Leider schätzen es die obengenannten nicht sonderlich, wenn ein kritischer Blick durch die Weihrauchschwaden über ihren Altären zu dringen sucht ...

Aber Du zählst ja nicht mehr zu den kleinen Maderln, die sich von didaktischer Kunstprosa widerspruchslos einlullen lassen.

Grüße,

Friedrich
 
Solche Sachen wie das 1x1 rappen sind leider höllische Ausgeburten einer eigentlich schönen Idee.

Interdisziplinarität wäre wahrlich angebracht an Schulen. Damit meine ich die Querverbindungen der einzelnen Fächer. Das die Musik z.B eine große Bewandtnis mit Mathematik, Ethik (siehe Platon, Augustinus etc), Deutsch u.v.a hat, könnte man gewinnbringend vermitteln. Doch müsste dies auf einem bereits etwas höheren Niveau passieren, bei dem die Reflexion unentbehrlich ist.

Das in Grundschulen und Kindergärten die Musik zusätzlich zu Integrationszwecken eingesetzt wird finde ich sehr schön. Soviel ist sicher,- Mit Musik kann man schnell Barrieren und Berührungsängste abschaffen. Zu einem ähnlichen Thema, wo zumindest dieses Phänomen geschildert wurde.

Grüße, Raskolnikow
 

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