Problemschüler, 9 Jahre

Ich habe jetzt noch mal über Kommunikation nachgedacht. Ich glaube, Kommunikation ist der wiederholte Versuch, einen anderen mißzuverstehen zu wollen, um einen verbalen Konflikt zu schüren, der ein wenig Pepp ins Leben bringt.

Lieber Neronick,

oh je, wenn du denkst, ich würde ich bewusst missverstehen wollen, dann tut es mir leid! Das ist und war nicht meine Absicht!

Ich glaube, wir haben verschiedene Hintergründe für unsere Gedanken hier. Wenn ich also lese "Kommunikation braucht Körperkontakt", dann kann ich im Hinblick auf die Erziehung eigener, besonders kleinerer Kinder nur zustimmen. Nur ging es hier ja um Unterricht und da möchte ich doch solch eine Aussage differenzieren. Die kann nämlich auch so oder so verstanden werden (man denke nur an die Reformpädagogen der Odenwaldschule, die auch Derartiges von sich gegeben haben - und so hast du das ja mit Sicherheit nicht gemeint). Die Kuschelparty sollte nur ein Witz sein.

Grundsätzlich ist Körperkontakt, wenn er nicht zu Lehrzwecken erfolgt, bei Schülern und auch bei mir nicht erwünscht. Ich finde es ungeheuer wichtig, auf individuelle Grenzen zu achten. Die Tochter einer Freundin hat sich immer vor dem Klavierunterricht geekelt, weil der Klavierlehrer sie immer angefasst hat und auch ihre ablehnenden Bemerkungen nicht respektiert wurden. Sie hat dann dort aufgehört.


Tut mir leid, ich verstehe diesen Satz nicht. Wäre nett, wenn Du mir das nochmal erläuterst! Danke!

Gerne, hasenbein!!! Ich hoffe, du nimmst mir auch meinen Scherz nicht übel!

Wir sind eigentlich einer Meinung, das ist ja das Lustige daran. Du denkst oder dachtest aber nicht, dass wir einer Meinung sind, sondern meintest, meine Position wäre die des Verständnisses.

Eine Ich-Botschaft ist immer eine Konfrontation und eine Mitteilung der eigenen Grenzen. Nichts anderes willst du ja auch.

Nur formuliert man sie so, dass man den anderen nicht angreift und damit die Annahme der Mitteilung verhindert. Wer sich angegriffen fühlt, macht die Ohren zu und ist nicht mehr offen und einsichtig. Die Ich-Botschaft dient also dazu, ohne Vorwürfe ganz sachlich und klar seine eigenen Grenzen und Standpunkte zu formulieren. Der andere kann offen bleiben und zuhören, weil er nicht persönlich angegriffen wird, sondern weil ich als Lehrer sein Verhalten , dass für mich inakzeptabel ist, kritisiere.

Du-Botschaften z.B. sind immer mit Beurteilungen und, wenn sie kritisch sind, mit Vorwürfen behaftet und daher sog. Kommunikationshemmer.

Eine gelungene Ich-Botschaft, die wirklich nur in Konfliktfällen und auch nur dann, wenn man selber ein Problem hat, anzuwenden ist ( sonst kann man natürlich reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist), besteht aus drei Teilen:

1.dem eigenen Gefühl, was durch das Verhalten des anderen ausgelöst wird

2.einer Beschreibung des Verhaltens des anderen

3.den Folgen, die dieses Verhalten für einen selbst hat.


Nach einem Konfliktgespräch kommt es dann (hoffentlich :p) zur Problemlösungsfindung in mehreren Schritten (4)


Du hast mit deinem ersten Teil schon einen super Anfang einer Ich-Botschaft gemacht.

"Ben, ich habe den Fehler gemacht, daß ich mir viel zu lange diesen Scheiß von Dir habe bieten lassen."


Die kann man so stehen lassen, allerdings würde ich persönlich "Scheiß" durch etwas anders ersetzen. :mrgreen:

Wie man weiter formuliert, hängt von den persönlichen Gefühlen und Grenzen ab. Ein Beispiel wäre:

"Ich finde es sehr anstrengend und frustrierend, dich zu unterrichten (1), weil du selbst diese kleine Aufgabe (2), bei der ich dir schon soviel Hilfestellung gegeben habe, nicht gelöst hast. So oft kannst du die Aufgaben nicht, die ich dir stelle (2) und ich weiß langsam nicht mehr, was ich machen soll (1). Ich habe langsam keine Lust mehr, mir Mühe zu geben (1+3)- wenn sich nichts ändert, kann ich dich nicht weiter unterrichten (3), denn meine Grenze ist erreicht (1+3).

Ich bin bereit, noch einen allerletzten Versuch zu starten, sonst werde ich den Klavierunterricht beenden, auch wenn mir das leid tut, weil ich dich sehr gern mag und sicher bin, dass du es besser kannst!(3)....... .

Hast du eine Idee, was du tun kannst, damit die Dinge, die ich dir aufgebe, in der nächsten Klavierstunde gekonnt werden(4)?"


Sehr wichtig ist dabei, wie man ihm dies sagt. Sehr ernst und bestimmt sollte es sein, so dass schon der Tonfall und die Körperhaltung den Ernst der Lage signalisieren. Das geht nur, wenn man auch fühlt, was man da sagt. Tut man das nur aus pädagogischen Gründen oder um das mal auszuprobieren, wird es nicht authentisch rüberkommen und so eher das Gegenteil von dem bewirken, was es bewirken sollte.

Die Fortführung von dir "Entweder Du hörst jetzt auf, mich mit diesem Mist zu veräppeln, oder Du fliegst raus" ist zwar sinngemäß ähnlich, aber entscheidend anders formuliert (Du-Botschaft). Die steht einer letzten Chance einer konstruktiven Problemlösung im Weg.

Auch Aktives Zuhören, dass man anwendet, wenn der andere ein Problem hat, hat erst mal nichts mit Verständnis zu tun. Man geht dabei von der Ansicht aus, dass die Menschen durchaus in der Lage sind, ihre Probleme selbst zu lösen. Auch Kinder haben erfahrungsgemäß eine hohe Problemlösungskompetenz, wenn man ihnen nicht alles vorkaut. Und eigene Lösungen werden immer eher durchgesetzt als fremde. So lernen Kinder und Menschen am besten, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen, finde ich! Und Aktives Zuhören spiegelt das Verhalten, die Gefühle und Ansichten wieder, ohne dass der Lehrer eigene Bewertungen einbringt - so wird die Position, Gefühle und Verhalten des Schülers auf ihn selbst zurückgeworfen, er kann Einsicht über sich selbst erlangen und wird gefordert, eigene Problemlösungsstrategien zu entwickeln, statt dass der Lehrer dies tut.

Wenn man aber Aktives Zuhören verwendet, wenn man in Wirklichkeit selbst ein Problem hat und eher eine Grenzziehung (Ich-Botschaft) angesagt wäre, gibt man ohne es oft zu merken, ganz widersprüchliche Botschaften von sich und es könnte sein, dass das hier der Fall ist.

In Bens Fall muss meiner Meinung nach er selbst aktiv werden. Da wird sich zeigen, ob noch was zu holen ist. Er muss überlegen, was verändert werden kann, als Lehrer kann man höchstens Anregungen geben. Viola hat ja schon so viel probiert.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass unterschiedliche Ergebnisse beim Klavierspielen meistens mit dem Üben zusammenhängen. Vielleicht ist es doch so, dass er einfach zuwenig übt, sich nicht wirklich damit beschäftigt und eben dann, wenn er mal mehr geübt hat, diese erstaunlichen Leistungen bringt.

Bei einer Problemlösung könnte man also ihm nochmals klarmachen, dass es sehr effektiv ist, am selben Tag der Klavierstunde abends o.ä. nochmals zu üben, damit man nichts vergisst. Am nächsten Tag, der der wichtigste in der ganzen Woche ist (Nähe zum Klavierunterricht - dort Geübtes wird wiederholt und kann nicht vergessen werden) unbedingt üben. Übetagebuch ..... . Orientierung am Klavier (hasenbein), rückwärts die Tonleiter aufsagen können, "Mensch ärgere dich" die Klaviatur auf- und abwärts spielen, Name der Taste sagen, wenn falsch, dann zurücksetzen ................. könnte wichtig sein.

Hasenbein, ist denn das jetzt klarer geworden?

Liebe Grüße

chiarina
 
(...)
(man denke nur an die Reformpädagogen der Odenwaldschule, die auch Derartiges von sich gegeben haben - und so hast du das ja mit Sicherheit nicht gemeint). Die Kuschelparty sollte nur ein Witz sein.
(...)
ist denn das jetzt klarer geworden?
:mrgreen::mrgreen: diesen gewaltigen Beitrag musste ich jetzt "liken", auch wenn ich die Ich-Botschaften für etwas arg lang halte und deutlich eher zu einem baldigen Addio tendiere... :mrgreen:

:kuss:
vom bösen Rolf
 
Und ich denke die ganze Zeit nach, ob meine Lehrerin es schon mal mit Ich-Botschaften versucht hat, ohne dass ich das mitgekriegt habe
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Danke, Chiarina für die vielen aufschlußreichen Beiträge über Kommunikation. Ich glaube langsam begreife ich das Konzept der Ich-Botschaft. Früher hab ich mich immer gefragt, wo der Unterschied liegt, wenn ich sage "Du bist blöd" oder "Ich finde, du bist blöd".

lg marcus
 
...wo der Unterschied liegt, wenn ich sage "Du bist blöd" oder "Ich finde, du bist blöd".

Da gibt es keinen Unterschied.

Einmal behauptet man, der andere sei blöd.

Und das andere mal setzt man quasi "ich behaupte..." vor die Behauptung, der andere sei blöd!

Eine echte Ich-Botschaft sähe z.B. so aus: "Ich verstehe echt nicht, wie es kommt, daß Du das anscheinend nicht begreifst! Kannst Du mir das erklären?" oder "Ich weiß ja, daß Du nicht blöd bist - so wie Du Dich gerade anstellst, kommt es für mich aber gerade so rüber!"

Ich meine aber nach wie vor, daß diese Überpsychologisierung, Überpädagogisierung und Übermethodisierung des Unterrichts Quatsch ist. Irgendwann ist einfach auch mal ein Punkt erreicht, wo es absolut angemessen ist, zu sagen: "Du nervst. Mir reichts."

LG,
Hasenbein
 
Lieber Rolf,

ich habe mich schon gewundert, dass du meinen schon wieder ellenlangen Beitrag überhaupt ganz durchgelesen hast. :-D :-D Soviel, wie du schon in letzter Zeit von Ich-Botschaften lesen musstest! :mrgreen:


Danke, Chiarina für die vielen aufschlußreichen Beiträge über Kommunikation. Ich glaube langsam begreife ich das Konzept der Ich-Botschaft. Früher hab ich mich immer gefragt, wo der Unterschied liegt, wenn ich sage "Du bist blöd" oder "Ich finde, du bist blöd".

Lieber marcus,

ganz streng genommen ist das auch keine Ich-Botschaft :p . Zwar besser als nichts ..... *grinsesmilies leider schon aus*. Du müsstest das Verhalten, dass du blöd findest, beschreiben, dann deine Gefühle dazu und die Folgen, die dieses Verhalten für dich hat..... *Grinsesmilies immer noch aus*

Wenn man das wirklich macht, ist das zwar anstrengender, aber man wird gezwungen, auch mehr über sich, den anderen und den Streit nachzudenken.

Liebe Grüße

chiarina
 

Das ist aber immer noch eine Du Botschaft. :mrgreen::mrgreen:

Zur Einführung in die Transaktionsanalyse empfehle ich

Thomas A. Harris, Ich bin ok - du bist ok

Kurzweilig, prägnant, - danach weiss man in Grundzügen worum es geht - auch wenn man es vielleicht nicht unmittelbar anwenden kann oder will.

LG, PP
 
Da gibt es keinen Unterschied.

Einmal behauptet man, der andere sei blöd.

Und das andere mal setzt man quasi "ich behaupte..." vor die Behauptung, der andere sei blöd!

Eine echte Ich-Botschaft sähe z.B. so aus: "Ich verstehe echt nicht, wie es kommt, daß Du das anscheinend nicht begreifst! Kannst Du mir das erklären?" oder "Ich weiß ja, daß Du nicht blöd bist - so wie Du Dich gerade anstellst, kommt es für mich aber gerade so rüber!"

Ich meine aber nach wie vor, daß diese Überpsychologisierung, Überpädagogisierung und Übermethodisierung des Unterrichts Quatsch ist. Irgendwann ist einfach auch mal ein Punkt erreicht, wo es absolut angemessen ist, zu sagen: "Du nervst. Mir reichts."

LG,
Hasenbein

Lieber hasenbein,

du hast's begriffen! :kuss: :mrgreen:

Man muss das auch nicht machen, es ist auch nicht für jeden etwas. Wenn man allerdings im Gespräch bleiben will und strebt eine konstruktive Problemlösung an, ist das beschriebene Modell nicht schlecht. :-D

Es kommt immer drauf an, was man als Ergebnis haben will.

Liebe Grüße

chiarina
 
Zitat von Chiarina:
ganz streng genommen ist das auch keine Ich-Botschaft
Genau, das meinte ich :)

Das Konzept der Ich-Botschaft ist ja mehr als nur einen Satz mich "Ich" anfangen zu lassen. Nur habe ich hier zum ersten Mal in verständlicher Weise gelesen, worum es eigentlich geht. Das wollte ich nur zum Ausdruck bringen. :)

lg marcus
 
Es kommt immer drauf an, was man als Ergebnis haben will.
Lieber Klavier-Schüler! Ich bin der Ansicht, dass ich mir mit dir viel Mühe gegeben habe. Ich finde auch, Du bist mit neun Jahren alt genug, um zu entscheiden, ob dein Klavierunterricht weiterlaufen soll. Wenn du Dein Verhalten änderst und deine Leistung konstanter wird, dann gebe ich dir weiter Unterricht, auch wenn dein sichtbares Talent nach wie vor mäßig ist.

Lieber Deutsch-Schüler! Ich bin der festen Ansicht, dass die Schulpflicht eine sinnvolle Erfindung ist, die die Preußen eingeführt haben, weil sie bessere Wirtschaftskraft im Krieg mit Frankreich wollten. Ich finde, du bist mit neun Jahren jetzt alt genug, um den Sinn der Schulpflicht einzusehen. Also ganz egal, wie sehr du den Unterricht störst oder wie blöd du dich benimmst, wir beide wissen, dass du mir auf der Nase rumtanzen kannst.

Lieber Sportvereinskamerad! Du bist immer bei der Sache, du strengst dich an und du willst mitmachen! Dennoch bist du zu unbeweglich und vermasselst der Mannschaft laufend den Sieg. Das frustriert die anderen, die sich auch anstrengen. Ich denke, meine Aufgabe ist es, die Mannschaft insgesamt zu fördern und dich nicht mitzuschleppen. Ich finde, du solltest eine Sportart wählen, in der du den anderen überlegen und nicht unterlegen bist. Du wäre gut für dich und gut für die anderen.

Liebe Lehrer! Ich finde, dass man Kinder nur die Entscheidungen überlassen darf, die sie unter Kenntnis der Vor- und Nachteile bewusst treffen können. Ich befürchte, dass viele Lehrer strukturell und systematisch daran gehindert werden, das Richtige zu tun, und habe den Eindruck, dass viele darunter leiden und früh ausbrennen. Stellen wir uns mal eine Klavierschule vor, wo systematisch die schwarzen Tasten ausgebaut werden und auf dem Lehrplan: "E-Dur als Kontroverse und Integrationsaufgabe von A-Dur" steht.

Ich denke also, abschließend, ein Lehrer sollte Ehre und Souveränität haben, er darf nicht aus ökonomischen Gründen einen Scheißjob machen müssen. Und meine persönliche "Ansage" an Chiarina wäre: Ich finde, du theoretisierst zu sehr. Das mit der ausgefallenen Kuschelparty finde ich total enttäuschend. Ich fühle mich unglücklich, wenn es immer so ausführlich ist. (Ende der Ich-Botschaften)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Es ist auch nicht zu unterschätzen, dass Kinder es in der Regel sehr schnell merken, ob mit ihnen aufrichtig und ehrlich, direkt, nicht um die Ecke herum kommuniziert wird oder als Teil einer -wie auch immer gestrickten- präparierten pädagogischen Strategie. Und (pfiffige) Kinder wollen solche Strategien selbstverständlich durchkreuzen und unterlaufen...:)
 
Genau, das meinte ich

Das Konzept der Ich-Botschaft ist ja mehr als nur einen Satz mich "Ich" anfangen zu lassen. Nur habe ich hier zum ersten Mal in verständlicher Weise gelesen, worum es eigentlich geht. Das wollte ich nur zum Ausdruck bringen.

lg marcus


Lieber marcus,

10X:idea: :kuss: - jetzt habe ich es kapiert! Danke für die Berichtigung!!! :-D


Und meine persönliche "Ansage" an Chiarina wäre: Ich finde, du theoretisierst zu sehr. Das mit der ausgefallenen Kuschelparty finde ich total enttäuschend. Ich fühle mich unglücklich, wenn es immer so ausführlich ist. (Ende der Ich-Botschaften)

Lieber Neronick,

das ist leider keine Ich-Botschaft :-D ! Macht aber nichts. In einem Forum ist es außerdem schwierig, die sehr praxisorientierten Modelle, von denen es so einige gibt, zu erklären. Da kann ich es mir schon vorstellen, dass es dir sehr theoretisch erscheint.

Es ist aber ein zumindest für mich äußerst praktisches Instrumentarium mit natürlich auch theoretischem Hintergrund, von dem ich sehr froh bin, dass ich es habe.

Liebe Grüße

chiarina
 

Es ist auch nicht zu unterschätzen, dass Kinder es in der Regel sehr schnell merken, ob mit ihnen aufrichtig und ehrlich, direkt, nicht um die Ecke herum kommuniziert wird oder als Teil einer -wie auch immer gestrickten- präparierten pädagogischen Strategie. Und (pfiffige) Kinder wollen solche Strategien selbstverständlich durchkreuzen und unterlaufen...:)


Sehr wichtig ist dabei, wie man ihm dies sagt. Sehr ernst und bestimmt sollte es sein, so dass schon der Tonfall und die Körperhaltung den Ernst der Lage signalisieren. Das geht nur, wenn man auch fühlt, was man da sagt. Tut man das nur aus pädagogischen Gründen oder um das mal auszuprobieren, wird es nicht authentisch rüberkommen und so eher das Gegenteil von dem bewirken, was es bewirken sollte.


Lieber gubu,

da bin ich absolut deiner Meinung!

Liebe Grüße

chiarina
 
Es ist auch nicht zu unterschätzen, dass Kinder es in der Regel sehr schnell merken, ob mit ihnen aufrichtig und ehrlich, direkt, nicht um die Ecke herum kommuniziert wird oder als Teil einer -wie auch immer gestrickten- präparierten pädagogischen Strategie. Und (pfiffige) Kinder wollen solche Strategien selbstverständlich durchkreuzen und unterlaufen...:)


Soll ich nun denken, dass ich bei diesem Kind NICHT aufrichtig und ehrlich unterwegs bin? Dass ich bei ihm "um die Ecke" denke (so wie wahrscheinlich bei allen anderen SchülerInnen auch) und nur DIESES Kind ausgerechnet meine pädagogische "Strategie" erkennt, demaskiert und: durchkreuzt?

Aha, ich habe es ja gewusst. Ich bin echt eine miese KL!!! Voll manipulativ und berechnend! Jau, ich glaube mein Schwein pfeift!!

Schon mal auf den Gedanken gekommen, dass ich vielleicht die einzige Person in dem Leben dieses Minimenschen sein könnte, die einfach nur in einer Form mit ihm kommuniziert, die "anders" ist als das was er kennt? Eine Person, die auch mal Forderungen an ihn stellt wo familiär keine gestellt werden? Dass die Schwierigkeiten vielleicht (Hypothese) daraus resultieren, dass da einfach zwei verschiedene Kommunikationsmodelle unharmonisch aufeinander prallen? Meine "direkte", ehrliche und aufrichtige Art, die ihn fordert oder vielleicht überfordert versus die psychologisch fundierte Pamper-Methode des Elternhauses?!?

Nur mal so als Idee....

Keiner weiß eigentlich nichts genaues. Ich auch nicht, sonst wäre ich ja nicht so ratlos.

Mir ist klar: als erwachsene Person obliegt mir die Lösung der Angelegenheit, nicht dem Kind. Das Kind ist auf Konfrontationskurs. Lasse ich ihn "gewinnen" und gebe auf, ist die Sache nicht gelöst. Ich bin nur den einfachen Weg für mich gegangen und ich habe weniger Stress.

Mal sehen, was wird.
 
eine andere Frage ist, wie lange Du noch (falls Deine Beobachtungen bzgl. des Elternhauses richtig sind) für diese innerfamiliäre Situation quasi den Schauplatz für einen Stellvertreterkrieg spielen willst.
herzliche Grüße,
Rolf

Was ich "will" oder nicht...
was ich "kann" oder nicht...

Du hast recht, es geht irgendwie um andere Dinge als "nur" um die Vermittlung von Klavierspielen lernen. Aber geht es da nicht auch immer drum?

Begegnet man nicht bei dieser Tätigkeit immer einigen Dingen, die man ungern erkennen will?

Eine Erwachsene Schülerin letztens: Jaja, hier im Klavierunterricht lernt man sich richtig kennen! Warum machen meine Finger nicht einfach das, was ICH will sondern fummeln sich da was anderes zurecht? Spiele ICH hier Klavier oder meine Finger? Wer macht da diesen Kuddelmuddel eigentlich?!? Ich bin doch verantwortlich für das, was meine Finger da fabrizieren, aber irgendwie gehorchen die nicht!!! Also wirklich, manchmal denke ich, ich habe in meinem eigenen Körper nichts zu sagen!! Sehr frustrierend, das muss irgend wann aufhören.

Nun ja, so schimpfte die gute Frau einige Zeit lang vor sich hin. Nicht alle Menschen stellen sich diesen eigenen Unzulänglichkeiten "gerne". Es ist doch viel einfacher zu denken, man wäre der beste XY-Spieler aller Zeiten, wenn man die Sache betreiben würde. Viel frustrierender ist es zu begreifen: man muss erst einmal 20 mal eine Sache spielen bevor man sie KANN! Man ist eben nicht so genial wie man das sehr gerne von sich selbst glaubt!

Und ich bin eben bei diesem Menschen ebenfalls an einem Punkt, wo ich den gleichen Kampf führe: nur sind das nicht meine Finger, die sich eigene Kombinationen "ausdenken" sondern ein ungeführter Schüler. In dem ich lerne ihn zu führen lerne ich (vielleicht) mich selbst zu führen...

Mal sehen. Das Spiel ist noch nicht aus.
 
liebe Viola,
diese Frage stellt hier niemand

aber diese Frage kann in diesem speziellen Fall (klein Ben) durchaus gestellt werden, freilich kannst nur du das für dich beantworten - es ist halt die Frage, wie es Dir da geht und wie lange Du Geduld mit dieser Situation hast.

Du hast recht, es geht irgendwie um andere Dinge als "nur" um die Vermittlung von Klavierspielen lernen. Aber geht es da nicht auch immer drum?
na ja... Lebenshilfe, psych. Beratung, Familientherapie etc. sollte dem in aller Regel doch freiwilligen Klavierunterricht nicht aufgebürdet werden... ;)
 
Schon mal auf den Gedanken gekommen, dass ich vielleicht die einzige Person in dem Leben dieses Minimenschen sein könnte, die einfach nur in einer Form mit ihm kommuniziert, die "anders" ist als das was er kennt? Eine Person, die auch mal Forderungen an ihn stellt wo familiär keine gestellt werden? Dass die Schwierigkeiten vielleicht (Hypothese) daraus resultieren, dass da einfach zwei verschiedene Kommunikationsmodelle unharmonisch aufeinander prallen? Meine "direkte", ehrliche und aufrichtige Art, die ihn fordert oder vielleicht überfordert versus die psychologisch fundierte Pamper-Methode des Elternhauses?!?

Aha, da haben wir's doch!

Wenn ich nicht was Wichtiges überlesen habe, hast Du, Viola, das bisher noch nicht so klar gesagt: Daß der Junge einfach durchs Elternhaus verkorkst ist.

So wie ich und andere das ja schon vermutet haben.

Was einige hier schreiben, hat NICHTS damit zu tun, Dir zu unterstellen, Du seist eine schlechte Lehrerin!!!

Sondern im Gegenteil! Du versuchst ZU SEHR, eine "gute Lehrerin" zu sein! Und zermürbst Dich dadurch zwecklos!

Als Klavierlehrer, der den Schüler 1x die Woche sieht, kann man nicht die Erziehungsfehler anderer ausgleichen! Was ist denn das auch für ein Mega-Sisyphus-Anspruch an einen selber? Du bist doch nicht die Mutter Theresa der Pädagogik!

Deine Sicht, daß "Dir die Lösung der Angelegenheit obliegt", ist grundfalsch. Hier liegt der Hase im Pfeffer! Du ziehst Dir da helfersyndrom-mäßig einen Schuh an, der Dir viel zu groß ist (und vielleicht sogar nicht nur Dir, sondern jedem).

Du bietest lediglich eine Lehrveranstaltung an (ähnlich Sportverein, Volkshochschulkurs etc.), bei der jeder, der ordentlich mitmacht und sich an die Spielregeln hält, damit rechnen kann, von Dir nach Kräften ordentlich betreut und gefördert zu werden. Das ist alles! Und wer nicht ordentlich mitmacht oder dauernd dummes Zeug macht, der muß halt mit Rauswurf rechnen! Wie überall in derartigen Kursen und Veranstaltungen!

Wie kommst Du bitte darauf, daß ein Klavierlehrer auch noch dafür zuständig ist, Psychoonkel oder Psychotante zu spielen? Hast Du zu wenig zu tun, ist Dir langweilig? Oder hast Du tatsächlich ein Helfersyndrom? (Ich formuliere das nur mal extra so provokativ, ist nicht böse gemeint! ;) )

LG,
Hasenbein
 
Soll ich nun denken, dass ich bei diesem Kind NICHT aufrichtig und ehrlich unterwegs bin? Dass ich bei ihm "um die Ecke" denke (so wie wahrscheinlich bei allen anderen SchülerInnen auch) und nur DIESES Kind ausgerechnet meine pädagogische "Strategie" erkennt, demaskiert und: durchkreuzt?

Aha, ich habe es ja gewusst. Ich bin echt eine miese KL!!! Voll manipulativ und berechnend! Jau, ich glaube mein Schwein pfeift!!

Schon mal auf den Gedanken gekommen, dass ich vielleicht die einzige Person in dem Leben dieses Minimenschen sein könnte, die einfach nur in einer Form mit ihm kommuniziert, die "anders" ist als das was er kennt? Eine Person, die auch mal Forderungen an ihn stellt wo familiär keine gestellt werden? Dass die Schwierigkeiten vielleicht (Hypothese) daraus resultieren, dass da einfach zwei verschiedene Kommunikationsmodelle unharmonisch aufeinander prallen? Meine "direkte", ehrliche und aufrichtige Art, die ihn fordert oder vielleicht überfordert versus die psychologisch fundierte Pamper-Methode des Elternhauses?!?

Nur mal so als Idee....

Keiner weiß eigentlich nichts genaues. Ich auch nicht, sonst wäre ich ja nicht so ratlos.

Mir ist klar: als erwachsene Person obliegt mir die Lösung der Angelegenheit, nicht dem Kind. Das Kind ist auf Konfrontationskurs. Lasse ich ihn "gewinnen" und gebe auf, ist die Sache nicht gelöst. Ich bin nur den einfachen Weg für mich gegangen und ich habe weniger Stress.

Mal sehen, was wird.

Liebe Viola, das hast Du gründlich missverstanden. Oder willst mich missverstehen.

Allein Deine Reaktion zeigt bereits sehr deutlich , dass Du in diesem Fall befangen bist, mit Dir selbst um das richtige Vorgehen ringst, Dir wohl Dein Bauchgefühl etwas anderes sagt als Dein Verstand.

Ganau das merken Kinder. Und sie neigen dazu, sich "pädagogischen Konzepten" zu entziehen. Das hat überhaupt nichts mit "mieser KL" u.ä. zu tun, das weißt Du ziemlich gut und interpretierst es in meine Äußerung hinein. Möglicherweise, um diese schnell beiseite fegen zu können....?

Und wo in diesem Fall die Ursachen wirklich liegen, werden wir doch hier als Hobbypsychologen sowieso nicht in Ferndiagnose feststellen können, wenn bereits Du als gute Kennerin der Umstände es nicht vermagst. Insofern halte ich auch nicht viel davon, solche Probleme hier im Forum überhaupt zu diskutieren.

Meine ganz persönliche Einschätzung: Wenn er diese einfachen und klaren Ansagen nicht umsetzen kann, ist er kein Fall für die Klavierlehrkraft. Wenn diese sich seiner gleichwohl annimmt, ist das ehrenhaft. Der Erfolg/Misserfolg wird von Zufällen abhängen. Eigentlich sind die Eltern gefragt.

Und jetzt kannst Du Dein Schwein weiter pfeifen lassen.....:)

Es grüßt gubu
 
Denn ein tolles Standing als Lehrer bekommt man nur, wenn man zahlreiche sehr gute Schüler hat, nicht aber, wenn man zahlreichen Flaschen zum Einigermaßen-Klimpernkönnen verhilft.


Das mag so sein. Allerdings finde ich das in höchstem Maße bedenklich. Und es wertet die Lehrer ab, die sich bemühen vielen Kindern einen Zugang zur Musik zu ermöglichen.

Erinnert mich an den Turnunterricht früher in der Schule. Der Lehrer kümmerte sich nur um die Leistungsträger. Vielen wurde der Sport für immer vergällt. Das ist schön, dass der Lehrer damit glücklich war. Aber dafür wurde er nicht bezahlt. Die Kinder von damals sind jetzt die Übergewichtigen von heute, die zu Hause auf dem Sofa hocken, nachdem sie schon im Büro nur gesessen haben. Die Kosten in Form von Arztbesuchen trägt die Allgemeinheit.

Genauso beim Musikunterricht. Es ist meines Erachtens Aufgabe der Musiklehrer so viele Kinder wie möglich für Musik zu begeistern. Und nicht nur einige Leistungsträger zu fördern. Lehrer/innen, die dies versuchen, haben jedenfalls meine volle Hochachtung.

Gottseidank sehen das gerade auch Musiker, die ganz oben sind genauso. Ich denke da nur an Royston Maldoom und Simon Rattl, die gemeinsam mit den Berliner Philharmonikern und Jugendlichen aus sozial benachteiligten Gebieten Strawinskys Sacre du Printemps auf die Bühne gebracht haben.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Genauso beim Musikunterricht. Es ist meines Erachtens Aufgabe der Musiklehrer so viele Kinder wie möglich für Musik zu begeistern. Und nicht nur einige Leistungsträger zu fördern. Lehrer/innen, die dies versuchen, haben jedenfalls meine volle Hochachtung.

Du mißverstehst meinen Punkt.

Es geht nicht darum, sich bei nicht so guten Schülern nicht anzustrengen!

Sondern darum, daß man Minderengagement und blödes Benehmen seitens der Schüler einfach nicht toleriert. Und ggf. solche Schüler auch rausschmeißt, um solchen Platz zu machen, die wirklich lernen wollen und die sich benehmen können.

Dein Beispiel Royston Maldoom paßt da im übrigen sehr gut! Der hat nämlich NULL TOLERANZ gegenüber Danebenbenehmen und ist sehr streng! Und es ist ihm scheißegal - wenn einer absolut keinen Bock hat, sich ordentlich anzustrengen und sich diszipliniert zu verhalten, läßt er ihn halt gehen! Und daher ist nachher das Endergebnis auch hervorragend, und Maldoom gilt als Super-Lehrer!

Genau diese Maldoom-Linie vertrete ich!

Maldoom würde sich nie derartige Gedanken wie z.B. Viola machen. Er würde von Ben einfach Disziplin und Fokus verlangen, und wenn das nicht klappt, Pech gehabt.

LG,
Hasenbein
 

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