Pimp my Stückelchen

Und Gomez, Du hast mich nicht richtig verstanden (oder willst mich aus Prinzip nicht richtig verstehen,
keine Ahnung) - daß der Rhythmus in der überwiegenden Mehrheit der abendländischen Kunstmusikstücke
(mit Ausnahmen! JAAAA! Bis ca. 1800! JAAAA! *augenroll*) eher simpel gegenüber
fast allen anderen Musikkulturen ist, heißt ja nicht, daß er unwichtig ist!
Er bildet auch da die Grundstruktur, so wie von mir beschrieben!

Kein Grund, gleich die Contenance zu verlieren -
nur weil Du Dich hier hoffnungslos vergaloppiert hast.

Du hast überhaupt nichts beschrieben, sondern bis jetzt nur etwas behauptet,
und Deine Behauptung wird durch Wiederholung nicht besser.

Daß sich Musik in der Zeit entfalten muß, um wahrgenommen zu werden,
daß sich aus dem Gebrauch unterschiedlicher Tondauern der sich in der Zeit entfaltenden Musik
rhythmische Muster ergeben, ist unbestritten - erlaubt aber nicht die Schlußfolgerung,
der Rhythmus bilde die Grundstruktur der Musik.

Die Grundstruktur des Gregorianischen Chorals wie auch der Musik der Renaissance
bildet der vertonte Text: Ihm schmiegt sich die Musik an, im Gregorianischen Choral
in einstimmigen Melodiebögen, in der Renaissance-Polyphonie in langen Klangbändern,
die sich aus dem Prinzip der Durchimitation ergeben.

Die frühbarocke instrumentale Monodie ahmt den Sprachduktus nach
und entwickelt dabei eine neue Gliederungsmöglichkeit: das Kadenzieren.
Die Musik des Generalbaßzeitalters, der Klassik und Romantik folgt diesem Schema,
wobei sich das kontinuierliche Bemühen zeigt, den ewigen I-IV-V-Verlauf
durchs Ein- bzw. Zwischenschalten von Nebenstufen, Ausweichungen, Alterationen etc. auszudehnen.
Auf jeden Fall strukturiert dieser harmonische Verlauf die Musik, die zugleich an der Oberfläche
(im wahrsten Sinne des Wortes) von motivisch-thematischer Arbeit geprägt ist -
wieder 'mal ein schönes Beispiel für Doppelcodierung. Erst mit dem Wegfall der Kadenzharmonik
im 20.Jahrhundert emanzipiert sich der Rhythmus als eigenständiges Strukturelement.

Daß der Rhythmus vorallem als ein Mittel zur Variantenbildung dient,
erlaubt nicht, ihn anachronistisch so überzubewerten, wie Dein Kronzeuge Toch es tut
(der nun wahrlich kein guter Zeuge ist - hast Du keinen besseren zur Hand?).

Gruß, Gomez

.
 
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P.S.:

Liebe Manha!

Laß Dich von diesem dusseligen Gezänk hier nicht irritieren -

arbeite einfach weiter an Deiner Musik.

Herzliche Grüße!

Gomez
 
Die abendländische Musik ist tonhöhenfixiert, ja - man kann es auch so ausdrücken: Von gewissen Ausnahmen abgesehen, ist die abendländische Kunstmusik bis ca. 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts so ziemlich die rhythmisch eintönigste Musik, die es weltweit so gibt. (Das heißt, so war es, bis bestimmte unerträgliche Formen der Popmusik aufkamen...)

LG,
Hasenbein

Diese Aussage habe ich ebenfalls schon oft vernommen und lustigerweise dann von Solchen, die z.b. einen 2. Satz einer Beethoven Sonate wie op.10 Nr. 1 nicht mal ansatzweise rhythmisch verstanden, geschweige denn spielen konnten.

Vielleicht gibt es hier schon wieder ein Definitionsproblem. Was soll es denn heissen, wenn man von:

rhythmisch eintöniger Musik

spricht.
Ich hätte gern mal ein Beispiel für rhythmisch interessante Musik, so wie sie diese Kritiker verstehen.
 
Hallo Rolf, Gomez und hasenbein,

vielen Dank für die wirklich interessante Diskussion.

Trotzdem hat mich hasenbein mit seiner bewusst plakativen Aussage zur Rhythmik bestätigt.

Ich, als nicht studierter Ton-Bastler, nehme gerne einen x-beliebigen Rhythmus als Startpunkt für die Entwicklung einer Melodie.
Das ist ein funktionierender Ansatz, sicher primitiv und aleatorisch, so what.
Melodien und Harmonie stellen sich dann im Hobbykeller wie von selbst ein.

Der Rhythmus ist für mich das Knochengerüst, ohne den die Melodie nur ein mollusker Brei bleibt. Und Rhythmus ohne Melodie oder Harmonie wird farblos.
Beides bedingt sich gegenseitig.

Trotzdem habe ich Rolf und Gomez verstanden. (Hoffe ich:D)

Rolf, Gomez und hasenbein. Ihr habt meinen Blick geschärft.
Dafür Danke!

Gruß, NewOldie
 
wow spannend zu lesen.
Nachdem ich gegoogelt habe was Parallelorganum und Fauxbourdon sind habe ich auch einigermaßen verstanden worum es hier geht :D
Spaß beiseite, das sind ja sehr spannende Themen, schade das Wikipedia da nicht sehr ausführlich ist.

Ich, als nicht studierter Ton-Bastler, nehme gerne einen x-beliebigen Rhythmus als Startpunkt für die Entwicklung einer Melodie.
Das ist ein funktionierender Ansatz, sicher primitiv und aleatorisch, so what.
Melodien und Harmonie stellen sich dann im Hobbykeller wie von selbst ein.

Interessant finde ich vor allem, das jeder seine eigene Herangehensweise hat.
Eine Melodie aus einem Rhythmus heraus zu entwickeln fällt mir unheimlich schwer, diese Vorgehensweise wäre für mich sehr schwer umzusetzten und würde -bei mir!- zu viel Frustration führen weil ich damit nicht zurecht käme, einfach das Gefühl hätte es nicht hinzubekommen.
Ganz unabhängig davon wie schwierig es tatsächlich ist.

Da entspricht die Methodik des Melodiedenkens, so wie Gomez es beschreibt, viel mehr dem, was ich mir vorstellen kann zu lernen, es ist mir sympathischer, scheint mehr "mir" zu entsprechen.
Auch hier wieder unabhängig davon wie schwierig es tatsächlich zu lernen ist.

Es scheint also auch von der eigenen Persönlichkeit abzuhängen, welche Komponenten der Musik man als besonders stark erachtet.
Vielleicht ist die Frage, ob Rhythmus ein Mittel oder das Mittel ist, einfach eine Frage, die jeder subjektiv entscheiden muss/sollte.

Viele Grüße,
Manha
 
Eine Melodie aus einem Rhythmus heraus zu entwickeln fällt mir unheimlich schwer, diese Vorgehensweise wäre für mich sehr schwer umzusetzten und würde -bei mir!- zu viel Frustration führen weil ich damit nicht zurecht käme, einfach das Gefühl hätte es nicht hinzubekommen.
Ganz unabhängig davon wie schwierig es tatsächlich ist.

Hi Manha,

anbei ein exemplarisch primitiver Bastelvorschlag für Komposition nach Rhythmus:

Ausgangslage:
Rhythmus ist in der obersten Zeile notiert. Ist stur einzuhalten.
Bass ist über die ganzen Takte stur einzuhalten.
Können auch Akkorde oder Kadenzen sein.

In Takt 1 und 2 steht eine simple Phrase aus dem 5-Ton-Raum.
Aus den 5 Noten soll jetzt über den festen Rhythmus eine Melodie entwickelt werden.
Später können weitere Töne hinzukommen, oder Varianten des Rhythmus.

... wollte nur mal zeigen, wie ich so basteln tu :D:confused::p

Ich will niemanden missionieren, und falls das Quatsch ist bitte ich um derbe Kritik.

Lieber Gruß, NewOldie
 

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Hallo NewOldie,

danke für deine Mühen :)
Ich habe mir Zeit gelassen mit Anworten um es mal auszutesten und um mir überhaupt darüber klar zu werden was ich eigentlich möchte.

Mittlerweile denke ich das ganze läuft auf eine einfache Entscheidung raus.
Möchte ich improvisieren lernen?
Dann ist dein Weg, der Weg über den Rhythmus als wichtigster Bestandteil bestimmt sehr gut.
Oder aber möchte ich komponieren lernen (waia das Wort komponieren klingt sehr hochtrabend für eine blutige Anfängerin).
Ich denke dann ist der Weg, so wie Gomez ihn beschrieb, der bessere Ansatz.

Als ich diesen thread eröffnete waren mir all diese Dinge noch gar nicht bewußt.
Ich habe mich ans Klavier gesetzt und so lange herumprobiert bis das Stückelchen (öhm habe mittlerweile gelernt das müsste "Stückchen" heissen) bei herumkam.
Das war nicht Fisch und nicht Fleisch.

Die letzten Tage habe ich deinen Weg probiert, aber doch gemerkt das ist nicht das was ich wirklich möchte.
Mich interessiert mehr der Weg der Komposition, die Funktionsweise, das möchte ich lernen.
Soweit ich das bisher überblicke geschieht das weniger spontan am Klavier, so wie eben bei der Improvisation sondern mehr auf dem "Notenblatt".

Deswegen werde ich jetzt mal versuchen den Weg zu gehen wie Gomez ihn vorschlug.
Und hier einfach die nächsten Monate mal hin und wieder in diesem thread weiterposten wie es so weiterläuft.

Mein vorläufiger Plan für die kommende Zeit sieht ungefähr so aus:

- Beschäftigung mit dem Mikrokosmos Band 1 (Dank an Rolf für die Empfehlung)
- Beschäftigung damit wie Melodien entstehen bzw. strukturiert sind
(dank an Gomez für die Empfehlung)
- weiterhin mit Kadenzen rumdaddeln am Klavier weil es Spaß macht :)
Spaß steht für mich eh an erster Stelle.
Ich sehe das alles hier nicht bitterernst sondern freudig und schaue einfach wohin es mich treibt.

Gestern bin ich auf die Periode gestoßen, spannend!, damit werde ich erstmal etwas herumexperimentieren.
http://de.wikipedia.org/wiki/Periode_(Musik)
Ich hoffe das wird helfen dabei "Melodien zu erfinden, die aus sich heraus plausibel sind" wie Gomez es schrieb.

Einen wunderschönen Wochenbeginn an alle hier im Forum,
Manha
 
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Hallo an alle, speziell Gomez

ich bemühe mich redlich den Ansatz von Gomez zu verstehen und in die Tat umzusetzen.

G
Guter Kompositionsunterricht beginnt mit dem Erfinden reiner Melodien -
ohne Begleitung. Das ist eine sehr schwere Aufgabe: Melodien zu erfinden,
die aus sich heraus plausibel sind
(mit harmonischer Untermalung
und rhythmischen Tricks kann dagegen auch die dümmste Melodie geadelt werden).
.

Unter Laborbedingungen:
Wäre eine rhythmische Normierung einer "anerkannt guten Musikvorlage" ein Weg zu ihrer Beurteilung?
Will sagen: Ich nehme eine "gute" Melodie und normalisiere (de-rhythmiere) alle Notenwerte auf z.B. Viertelnoten und kann dann erkennen, ob eine Melodie funktionieren wird, unabhängig vom Rhythmus?

Wahrscheinlich verstehe ich das nur nicht richtig.:confused:

@Manha: ich finde spannend zu verfolgen was du erschaffen wirst - und ich hoffe du gibst Einblick in deine Werkstatt...

Gruß, NewOldie
 
Hi, NewOldie!

Unter Laborbedingungen:
Wäre eine rhythmische Normierung einer "anerkannt guten Musikvorlage" ein Weg zu ihrer Beurteilung?
Will sagen: Ich nehme eine "gute" Melodie und normalisiere (de-rhythmiere) alle Notenwerte auf z.B. Viertelnoten und kann dann erkennen, ob eine Melodie funktionieren wird, unabhängig vom Rhythmus?

Wahrscheinlich verstehe ich das nur nicht richtig.

Kann sein, daß auch ich Dich nicht ganz verstehe, was mich vom Antworten aber nicht abhält.

Deine Laborbedingungen sind witzig - an so etwas hatte ich gar nicht gedacht.
Mit dem von Dir beschriebenen Verfahren gelangt man vermutlich schnell zu absurden Ergebnissen.
Natürlich kann man Melodien auf bestimmte Ecktöne reduzieren, die das Gerüst bilden (Hoch-, Tief-, Repercussionstöne),
einen Stimmverlauf analysieren (Dreiklangsbrechungen, Skalenausschnitte, Sprünge, Sequenzen).
Aber die Analyse würde unsinnnig, wenn sie von Notenwerten und vom harmonischen Umfeld völlig abstrahiert.

Mit Melodien in ganzen Notenwerten - in den Kirchentonarten, unter Vermeidung des 'diabolus in musica' -
beginnen die ersten Übungen im zweistimmigen Kontrapunkt. In solchen Melodien denken zu lernen
ist auf jeden Fall eine gute Schulung. Am Pariser Conservatoire, in der Klasse von André Gedalge,
begann der Kompositionsunterricht mit dem Erfinden reiner unbegleiteter Melodien
(aus Gedalges Schule kommen Ravel, Enescu, Ibert, Koechlin, Milhaud und Honegger).

Ein Deinen Laboratoriumsbedingungen angenäherter Melodietypus findet sich übrigens in alten
evangelischen Kirchenliedern, die aus von Melismen befreiten Bestandteilen gregorianischer Choralmelodien stammen,
z.B. "Nun komm, der Heiden Heiland" (Luther) oder "Allein Gott in der Höh sei Ehr" (Nikolaus Decius).

Gruß, Gomez

.
 
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Hi, NewOldie!

Kann sein, daß auch ich Dich nicht ganz verstehe, was mich vom Antworten aber nicht abhält.

Hallo Gomez, vielen Dank für die ausführliche Antwort:

Die Diskussion drehte sich hier ja zeitweise um die Frage ob eher Melodie oder Rhythmus im Vordergrund sehen.
Ich dachte, dass Notenwerte allein ein rhythmisches Strukturelement der Musik darstellen.
Insofern hat jede gute Melodie einen Rhythmus, so wie ich es naiv verstehe.

Ich vermute aber, dass euer Rhythmusbegriff weit über Notenwerte allein hinausgeht und Akzentuierungen, Synkopen etc beinhaltet.

Ich glaube, ich versteh jetzt was, du meinst.:p
Eine gute Melodie braucht solche rhythmische Verzierung der Notenwerte gar nicht. Sie ist bereits gut in der reinen Form.


Lieben Dank

NewOldie
 
Ich fasse es einfach mal zusammen so wie ich es mir bis hier zusammengelesen habe:

eine Melodie setzt sich zusammen aus
1. Tonfolge und
2. Tondauernfolge (Rhythmus)

Zu 1.
Die Grundlage einer Tonfolge bildet der Tonvorrat, den man wählt (z.B. eine Dur-Tonleiter).
Innerhalb dieser gewählten Tonleiter gibt es Ruhe- (Tonika, Quinte, Oktave) und Bewegungsmomente (übrige Töne).
Die Tonfolge hat verschiedene Richtungen (steigend, fallend, schwebend) und verschieden große Schritte (Intervalle).

Zu 2.
Die Tonfolge wird zur Melodie sobald die Tondauernfolge (Rhythmus) hinzukommt.
Die gewählte Takteinteilung sorgt dabei für die Schwerpunktsetzung (betont - unbetont).
Die gewählten Noten- und Pausenwerte sorgen für Spannungs- und Lösungsvorgänge.


Eine "gute" Melodie lebt von Motiven.
Ein Motiv ist die kleinste, meist melodische Sinneinheit.
Man kann zwischen primär melodisch, rhythmisch und harmonisch geprägten Motiven unterscheiden.
(Beispiele hierfür: http://de.wikipedia.org/wiki/Motiv_(Musik), Runterscrollen bis "Erscheinungsformen des Motives).

Soweit meine Erkenntnisse bis hierher... uff.
Ich geh spielen, nach all der Theorie brauche ich Ablenkung :D
 
... und ich habe mal wieder festgestellt, dass ich eigentlich von den elementarsten Dingen keine blasse Ahnung habe.

Was ist überhaupt Rhythmus? Wo ist die Abgrenzung zur idealisierten reinen Melodie?
Simple Frage, aber je länger ich drüber nachdenke, desto spannender wird es.

Und dann bin ich bei der Recherche auf Poly-Rhythmen gestoßen.
Da wird es erst richtig interessant. :confused::p

LG NewOldie
 
Hilfreich ist, bzgl. des mißverständlichen Gebrauchs des Begriffs "Rhythmus" zu unterscheiden:
- dass Melodien natürlich ihren eigenen Rhythmus haben (denn sie bestehen ja nicht durch die Bank aus völlig gleichen Tondauern)
- dass der Rhythmus der jeweiligen Gattung (Walzer, Menuett etc.) nicht notwendig der Melodie den Rhythmus vorgibt.

eine Beispiel für eine möglichst schlichte Melodie in dem Sinn, wie Gomez es erklärt hat, wäre das Lied "der Mond ist aufgegangen" oder auch der Kanon "Bruder Jakob".
 
Was muß man in diesem Nerv-Forum eigentlich noch machen, damit nicht immer gleich die elenden Rabulistiker angestürzt kommen?

Zu Themen, die diesbezüglich auch nur ansatzweise risikobehaftet sind, einfach gar nichts mehr schreiben.

[EDIT: ja, ich weiß, die Antwort von mir ist recht verspätet - ich habe den Faden erst heute gesehen, wollte aber Hasenbeins Frage nochmal aufgreifen.]
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Zu Themen, die diesbezüglich auch nur ansatzweise risikobehaftet sind, einfach gar nichts mehr schreiben.

Das gilt wohl v.a. für diejenigen, die gerne Halb- und Unwissen als große Gelehrsamkeit ausgeben. Wer seine Unbedarftheit hier ehrlich zur Schau stellt, dem wird doch kein Haar gekrümmt...:p:D

Und wer keine (kontroverse) Diskussion aushält, ja, was macht der eigentlich in einem Forum ??:confused:
 

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