Pedaltechnik

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andy09

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11. Sep. 2009
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Hallo Forum,

ich spiele schon seit vielen Jahren Klavier und würde mich da auch schon als recht fortgeschrittenen Pianisten bezeichnen. Fingertechnisch bin ich durchaus versiert nach all den Jahren der Übung (spiele u.a. gerade die Waldstein-Sonate von Beethoven). Jetzt habe ich durch Zufall Zugriff auf eine Orgel erhalten und natürlich reizt es mich, die Königin mal auszuprobieren. Aus beruflichen Gründen habe ich aber momentan keine Zeit, entsprechenden Unterricht zu nehmen und würde das Ganze daher nur mal ein bisschen aus Spaß an der Freude probieren wollen.

Daher wäre ich sehr dankbar, wenn mir mal einer der Starorganisten hier im Forum eine kurze Einweisung in die Pedalspieltechnik geben könnte. Ich habe wirklich nicht vor, irgendwelche anspruchsvollen Sachen zu spielen, sondern nur ganz einfache Stücke. Habe mich z.B. mal an einigen der kleinen Präludien von Bach versucht und die sind teilweise so einfach, dass ich den Manualsatz quasi a prima vista runterspielen kann. Nehme ich jedoch das Pedal dazu, dann bricht mein ganzes Spiel in sich zusammen, da ich viel zu lange brauche, um es zu koordinieren und das obwohl bei den genannten Präludien wirklich nicht viel Pedalarbeit notwendig ist. Meistens ist das nur ein Ton, der dann den ganzen Takt gehalten wird bevor im nächsten Takt ein neuer Ton kommt. Das muss doch wirklich möglich sein, dass man sowas auch als Klavierspieler flüssig hinbekommt :-)

Lange Rede, kurzer Sinn. Wie ist es nun mit dem Pedalspiel für Anfänger? Konkret hätte ich folgende Fragen:

1) Was mich am meisten stört, ist, dass ich nie weiß, ob ich für einen Ton den rechten oder linken Fuß nehmen soll. Also bei den ganz hohen und tiefen Tönen ist es natürlich klar, aber die mittleren könnte ich bequem sowohl über links als auch über rechts erreichen. Gibt es hier eine strikte Trennung, also z.B. ab dem C der 2. Oktave mit rechts, darunter mit links? Bequemer wäre es für mich, etwa bis zum E der 2. Oktave noch mit links zu nehmen und dann erst mit rechts. :-) Oder muss ich mir solch einen Fußsatz für jedes Stück individuell erarbeiten und dann in der Partitur notieren, so dass ich für mich weiß, welche Töne ich mit links, welche mit rechts spiele?

2) Wo kommt der Fuß hin, der gerade nicht spielt? Stellt man den kurz ab oder bleibt der in der Luft? Oder navigiert man schon zum nächsten Ton?

3) Ist es ratsam, runterzuschauen um das richtige Pedal zu treffen oder sollte man sich das gar nicht erst angewöhnen? Ich habe allerdings enorme Probleme das richtige Pedal zu finden, wenn ich nicht runterschaue. Besonders über große Distanzen erweist sich das geradezu als Ding der Unmöglichkeit! Gibt es da irgendwelche Tricks, um quasi blind den richtigen Ton zu treffen?

4) Spielt man besser mit Hacke oder Spitze?

Die Fragen mögen sich für erfahrene Organisten etwas lustig anhören, aber ich bin ja absoluter Anfänger im Pedalspiel! Daher wäre ich für etwas Hilfe dankbar! Wie gesagt, es geht mir nur um einfachste Stücke. Ich habe fürs erste nicht vor, die Widor-Toccata aus der 5. Symphonie zu spielen. :-)

Danke!

Andy09
 
Hallo Andy09,

ich bin zwar nicht der versierteste Organist, aber ich will mal eine Antwort probieren:

Die Frage nach der richtigen Pedaltechnik ist naturgemäß schwer zu beantworten und würde von jedem wahrscheinlich etwas anders beantwortet werden. Grundsätzlich kann man aber die Sache am besten von jemandem am Instrument selber lernen. Aber will aber versuchen ein paar Dinge dazu zu beschreiben (wobei ich natürlich hoffe, dass andere mich verbessern und korrigieren, da ich selbst gerne dazu lerne):

Zu 2.) An einer üblichen Orgel sitzt du über dem kleinen d. Dein linker Fuss bedindet sich damit über dem c und dein rechter dem e. Die Füße sollten über den Tasten bleiben. Es gilt vorausschauend zu spielen: Ein freier Fuss sollte frühzeitig seinen nächsten Ton ansteuern. Bei längeren manualiter-Passagen kannst du die Beine aber auch schon mal abstellen. (Bei älteren Orgeln kann es vorkommen, dass das Pedal verschoben ist und das d nicht ungefähr bei der Mitte der Klaviatur liegt)

Zu 3.) Das Pedal sollte nicht angeschaut werden: Es erfordert zu viel rumschauerei und Sucherei in den Noten, wenn man ständig hektisch rumguckt. Die Tasten sollten gespürt werden: Also möglichst weiche Sohlen benutzen. Mit den Füssen die Noten erfühlen: Musst du dass kleine f finden, so spürst du das abgehobene fis und die Lücke zwischen e und f, etc. In der Regel bleiben die Füße in Kontakt zueinander: Wenn du eine Terz spielst, bleiben die Fersen beieinander, so bekommst du ein Gespür für Intervalle. Des Weiteren bleiben in der Regel die Knie zusammen, womit man ein Gespür für größere Intervalle bis wenigstens zur Oktave bekommt. Größere Intervalle müssen dann erfühlt werden.

Zu 4.) Es wird sowohl Hacke als auch Spitze benutzt. Die Verwendung hängt ein wenig von der Epoche der Literatur ab und von der Musik. Meines Wissens sollte man so sitzen, dass die Note automatisch mit der gedrückt wird, wenn man die Spitze anhebt.

Zu 1.) Welcher Fuss, welchen Ton spielt, hängt davon ab, welcher Fuss frei ist. Es gilt: Wie einen Fingersatz macht man auch einen Fußsatz: Ich mache ein ^ über die Noten für rechten Fuss Spitze und ° darüber für rechts Ferse. Für den Rechten Fuss mache ich unter die Note ein v für Spitze oder ein ° für Ferse. Die Frage ist aber im Grunde zu kompliziert zum beschreiben, da es viele Techniken und Möglichkeiten gibt: z.B. Unter-/Übersatz: Ein Ton wird weit hinten angespielt, damit der andere Fuss am Bein vorbeikommt. Eine Tonleiterfolge kann mit einem Fuss durch Hacke/Spitze abwechselnd gespielt werden oder aber wechselnd per Über-/Untersatz. ...

Zum Üben gilt wie bei den Händen: Jede Hand gut einzeln, Pedal gut einzeln üben, dann Hände zusammen, linke Hand mit Pedal, rechte Hand mit Pedal, dann alles zusammen.

Wie gesagt: Orgelunterrichtsstunden bringen hier enorm viel und helfen gleich zu Anfang Fehler zu umgehen, bzw. gar nicht erst einzuüben (schlechte Angewohnheiten sind immer unheimlich schwer wieder rauszukriegen). Am besten Mal mit eurem Pfarrer sprechen. Bei mir hatte die Kirche die ersten Orgelstunden bezahlt und später einen Teil zum Orgelunterricht beigesteuert.

Zu allem was gesagt wurde, gilt: So habe ich es gelernt: Andere haben es bestimmt etwas anders gelernt: Ich habe auch schon erlebt, dass ein Organist die Bank so hoch schraubte, dass er nur mit den Spitzen die Töne gerade noch so erreichte und damit mehr oder weniger klar kam (der Mann war allerdings Autodidakt, wie ich auf nachfrage erfuhr).

Ansonsten: Viel Erfolg und Spaß beim Orgelspiel.
 
Ok, ich versuche es mal. Ist aber recht schwer nur "trocken" hier im Forum zu erklären.

Erstmal: spiel ruhig Widor, die Toccata ist nicht schwer, im Pedal schon gar nicht.

zu 1. Jeder Fuß kann jeden Ton spielen, keine Regelung.

zu 2. Geht alles, je nachdem wie lang die Pause ist und wo der freie Fuß als nöchstes hin muss

zu 3. Wäre ich nicht dogmatisch, irgendwann stellt sich das Gefühl für den richtigen Abstand ein.

zu 4. Grundsätzlich erst mal mit Spitze, spätestens wenn eine H-Dur-Tonleiter in 16-teln legato sein soll, geht's nicht mehr ohne Absatz. Der passende Fußsatz hängt sehr von der jeweiligen Stelle ab und davon, ob man non-legato oder legato hören möchte.

Ich ergänze noch etwas. Du hast jetzt weniger nach Bewegungsabläufen gefragt. Das ist aber am Anfang wichtig, um sich nicht gleich die Technik zu verderben.

1. Aufrecht auf der Bank sitzen, körperlichen Schwerpunkt suchen.
2. Knie zusammen, nicht gepresst, locker. Dann hast Du ungefähr den Abstand einer Terz. Auch beim Spiel die geschlossenen Knie weitgehend beibehalten.
3. Füße leicht nach außen drehen, so dass Du mit der Innenkante (großer Zeh) anschlägst. Die Kontrolle ist viel besser als mit der Außenkante, gar nicht erst falsch angewöhnen.
4. Der Anschlag erfolgt ausschließlich aus dem Sprunggelenk, nicht aus Knie oder Hüfte.

Da eine einmal schlecht gelernte Technik mühsam zu korrigieren ist, würde ich Dir auch ans Herz legen, einige Stunden bei einem guten und technisch versierten Organisten zu nehmen.

Viele Grüße und viel Spaß
Axel
 
Vielen Dank an euch beide für die hilfreichen Antworten! Nach einer Woche des Übens ist mein Gefühl für die richtigen Pedale schon spürbar gewachsen. Es ist also anscheinend wie so oft nur eine Sache des immer wiederholenden Übens. Ich bleibe auf jeden Fall dran, denn Spaß macht es! Danke nochmal!
 

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