Pedal bei Chopin-Walzern

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Eselchen

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Gehen wir mal von einer ganz einfachen Walzerbegleitung aus wie z.B. in Chopin's Walzer a-moll Nr. 19 op. posthum. Wie pedalisiert man das sinnvollerweise? Bei YT hört man ja alles mögliche: ganzen Takt Pedal halten, Pedal auf der 3 hochnehmen, Pedal auf der 2 hochnehmen, ja sogar völlig ohne Pedal oder ein Mischmasch. Die Akkorde auf 2 und 3 dynamisch unterschiedlich nehmen, also die 3 vermutlich leiser? Wenn die Akkorde ohne Pedal gespielt werden: wie lang sollte man sie aushalten? Wie macht Ihr das denn eigentlich? Und: wie hat Chopin sich das gedacht (falls man das heute überhaupt noch weiß)?
 
Schau doch einfach mal, was in den Noten steht... Ansonsten gilt: Sauber und mit Abwechslung....
 
Dann schau doch mal, ob Du eine Urtext - Ausgabe findest....
 
Chopins Pedalangaben sind auf heutigen Flügeln meistens nicht gut umzusetzen, da diese einen weitaus volleren Klang haben und (besonders) Basstöne zu lange und dominant mitklingen. Da nützt auch eine "Urtext"-Ausgabe wenig. Außerdem wurde das Pedal auch nicht immer von ihm selbst hingeschrieben.

Man muss sich daher Kompromissen bedienen, wie z.B. halbe Pedale, öftere Wechsel, früheres Loslassen usw. + extremes Fingerlegato. Wie das konkret bei dem Walzer aussieht, kann ich so nicht pauschalisieren, da ich deinen Flügel und den Raum nicht kenne. Aber probiere mal, komplett ohne Pedal zu üben. Ertsmal die rechte Hand alleine mit Fingerlegato spielen, wo Legato-Bögen stehen und die Viertel nicht zu kurz (eher portato). Achte darauf, eine möglichst schöne Melodie und Phrasierung zu erzeugen, auch ohne Pedal!
Dann spielst du die linke Hand dazu. Den Basston kräftiger und die Akkorde leicht aus den Tasten ziehen (mit sehr lockerem Handgelenk bitte).

Du wirst feststellen, dass man ohne Pedal bis auf die fehlende durchklingende Bassnote schon eine ganz passable Musik erzeugen kann, wenn man sich anstrengt.
Danach nimmst du einfach so viel Pedal dazu wie nötig - aber nicht mehr! Dabei nimm es auf die Bassnoten selbst und hebe es dann kurz vor dem 2. Viertel langsam los, aber nur soweit, dass die Bassnote noch klingt (je nach Klavier ist das ca. die Hälfte). Evtl. kannst du es beim 3. Viertel noch mal kurz ein wenig runterdrücken, und dann ganz hochnehmen - aber das musst du probieren.
Insgesamt ist immer die Frage: lieber leicht verschwommen oder fehlender durchklingender Bass... man muss eben Kompromisse finden. Ich finde persönlich, dass z.B. kurze Mischungen mit einer Sexte / Septime / None nicht stören, mit einer Quarte schon eher.

Auf meinem Instrument klingt es super, wenn ich das Pedal mit der Bassnote nehme und dann kurz danach halb mit dreiviertel hochnehme bis ich es wieder zur nächsten Bassnote runterdrücke. Dadurch habe ich fast keine verschwommene Melodie und dennoch einen Bass, der weiterklingt. Beim 3. Takt musst du evtl. mehr lüften, da die Quarte (das C in der Melodie) stört

LG, Joh
 
Zuletzt bearbeitet:
Chopins Pedalangaben sind auf heutigen Flügeln meistens nicht gut umzusetzen, da diese einen weitaus volleren Klang haben und (besonders) Basstöne zu lange und dominant mitklingen.
jein.

Die damals übliche Notation (Ped. - *) ist sowohl ungenau als auch irreführend - sie ist eine Notlösung (weil es keine sinnvolleren Zeichen gab wie z.B. später bei Bartok) Aus diesem Grund wählten z.B. Schumann und Liszt andere "Notationsweisen" (Schumann etwa schrieb oft nur "con Ped." oder nur "Ped." um zu zeigen, dass halt mit Pedal gespielt werden soll - Liszt verdanken wir die sehr treffende Bemerkung "verständiger Pedalgebrauch wird vorausgesetzt" (!!) ...)

Besondere Pedaleffekte hatten in der Beethovennachfolge allerdings alle Romantiker mit "Ped. --- *" notiert, z.B. große Pedalflächen (Chopin Polonaise-Fantaisie Einleitung wie auch die ungewöhnlich großen Pedalflächen in Beethovens Waldstein-Sonate) oder lärmige Klangefekte (Liszt Les Funerailles, Chopin Polonaise op.53)

Was die Walzer Chopins betrifft:
1. muss man zwischen schnellen und langsamen unterscheiden (da ist der Pedaleinsatz nicht identisch)
2. muss man überlegen, ob ein Basston auf dem 1. Viertel tatsächlich einen ganzen Takt lang klingen soll (Chopin unterschied die Bässe, die mal als punktierte Halbe, mal als Viertel aufgeschrieben sind)
3. in den schnellen Valses brillantes notierte er vereinfacht gesagt ganztaktiges Pedal

So lange das Tempo nicht zu flott ist, empfiehlt sich das übliche nachgetretene Pedal und dazu häufige Pedalwechsel, damit nichts verschwimmt - - je höher das Tempo wird, umso sinnvoller ist wird es, das Pedal mit dem ersten Viertel zu nehmen und rechtzeitig wieder loszulassen (je nach Tempo schon mit dem zweiten Viertel), damit nichts verschwimmt (das gilt für sehr hohe Tempi) Hier kann man sich an eine einfache praktische Regel halten: je höher das Tempo, umso deutlicher muss die Pedallücke sein (also auf gar keinen Fall den Pedalhebel langsam hochlassen)

Feinheiten wie Halbpedal etc. sollte man anfangs weglassen und stattdessen erstmal versuchen, absolut sauber mit nachgetretenem Pedal zu spielen. Klappt das, dann kann man ans verfeinern gehen.

Ein dankbares Objekt für das Pedallernen ist der so genannte "Abschiedswalzer" As-Dur - noch nicht schnell, aber allerlei vom erwähnten kommt schon vor.
 
@rolf : Vielen Dank für Deine sehr wertvollen Hinweise, damit kann ich eine ganze Menge anfangen!
 
jein.
Die damals übliche Notation (Ped. - *) ist sowohl ungenau als auch irreführend...

das wollte ich damit auch so ungefäher ausdrücken... danke für die richtige Wortwahl.

muss man überlegen, ob ein Basston auf dem 1. Viertel tatsächlich einen ganzen Takt lang klingen soll (Chopin unterschied die Bässe, die mal als punktierte Halbe, mal als Viertel aufgeschrieben sind)

da habe ich mich wohl falsch ausgedrückt. Ich wäre auch nicht dafür, dass die Bassnoten den ganzen Takt durchklingen sollten. Ich meinte nur, dass diese eben etwas mehr durchklingen sollten als das Viertel eben dauert.

Ob man jetzt nochmal nachtritt oder nicht, kann / muss man einfach probieren und je nach Instrument / Raum und Lust und Laune praktizieren. Ich bin nicht so ein Freund davon in diesem Fall, dann doch eher das mit dem nicht ganz niedertreten, was meiner Meinung nach Chopins Instrumenten von damals am nächsten kommt, aber das können hier wohl nur wenige beurteilen. Ich habe eben das Glück, öfters auf alten Flügeln zu spielen und habe daher auch manchmal eine etwas andere Klangvorstellung...

LG, Joh
 

dann doch eher das mit dem nicht ganz niedertreten, was meiner Meinung nach Chopins Instrumenten von damals am nächsten kommt, aber das können hier wohl nur wenige beurteilen.
@Joh
Chopin selber teilte mit, dass er je nach subjektiver Disposition mal lieber auf Erard, mal lieber auf Pleyel Instrumenten spielte (kann man bei Gavoty und Molsen nachlesen) - daraus ist zumindest eines ersichtlich, nämlich dass Chopin kein Instrument zur Verfügung hatte (obwohl ihm immer die besten gestellt wurden), das ihn jederzeit überzeugt und zufrieden gestellt hätte...
Insofern sind Aussagen über die Beschaffenheit der Hersteller und Baureihen, die Chopin verwendet hatte, mit einiger Vorsicht zu genießen... (!!) Und keine Bange, historische Instrumente des 19. Jhs. sind mir nicht unbekannt :-)
 

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