Ohne Lehrer

Ralph_hh

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10. Okt. 2019
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Hallo zusammen.

Ich spiele nunmehr seit 3 1/2 Jahren Klavier. Corona bedingt hat mein Unterricht seit Dezember Pause, online klappt das nicht so richtig. Seltsamerweise komme ich auch alleine sehr gut klar. Ich übe fleißig, dank der Pandemie zurzeit eher deutlich mehr als vorher. Zur Zeit Beethovens Rondo 51.1. Beim Üben merke ich, dass ich das ständige Feedback des Lehrers nicht unbedingt benötige. 9 Jahre Querflöte waren genug, um jede Frage, wie irgend etwas gespielt werden sollte beantworten zu können, und ich bin ausreichend in der Lage, an meinem Übestück zu merken, wann etwas noch nicht so klingt, wie es soll, oder wenn das Tempo noch lange nicht stimmt. Der gelegentliche Soll Ist Vergleich mit dem YouTube Video vom. Profi hilft auch sehr.

Nun die spannende Frage. Ab wann kommt man ohne Lehrer aus? Oder ist es eher ein Anzeichen, dass man den Lehrer wechseln sollte, wenn man das Gefühl hat, da nicht mehr so viel Neues mitzunehmen?
 
Ich bin ja nur eine dilettantische Klavieranföngerin aber meine Überlegung dazu:
Haben angehende Profis nicht die ganze Zeit vor und während des Studiums einen KL zur Seite und nehmen während und auch noch nach dem Studium an Masterclasskursen teil wenn sie vorankommen wollen?

Wenn du zügig weiter vorankommen möchtest, denke ich nicht, dass du in deinem Stadium auf einen Lehrer verzichten solltest.

Oder ist es eher ein Anzeichen, dass man den Lehrer wechseln sollte, wenn man das Gefühl hat, da nicht mehr so viel Neues mitzunehmen?

Würde ich persönlich in Betracht ziehen.
 
Ich habe mal, im Alter von ungefähr 12 Jahren, nachdem ich ein paar Jahre keinen Unterricht mehr hatte, angefangen ohne Lehrer wiedereinzusteigen. Was ich anfangs für "Fortschritte" hielt, erwies sich sehr schnell als Sackgasse. Das ein oder andere Stück habe ich mir durchaus beibringen können, aber ich merkte irgendwann dass ich über ein gewisses Stadium nicht hinauskam (insbesondere wenn es darum ging, Stücke "ins Tempo" zu bringen). Ich konnte mir damals nicht erklären, wo mein Problem lag. Also habe ich wieder Unterricht genommen (letzten Endes dann über fünfzehn Jahre, bei einem professionellen Klavierlehrer). Nach wenigen Wochen war wieder Fortschritt erkennbar. Das grundlegende Problem bei mir war ein motorisches, weniger ein musikalisches. Ich habe schlichtweg ausgedrückt munter drauf los geklimpert, wusste aber nicht mal im Ansatz exakte Techniken für spezielle Anforderungen zu benennen, geschweige denn sie motorisch zu lösen. Und das habe ich dann eben im Lauf der Unterrichtsjahre danach gelernt.
Ich bin grundsätzlich kein strikter Gegner von Autodidaktik, so lange man realistisch seine Grenzen einschätzen kann. Fakt ist jedoch, dass diese Grenzen beim Klavierspiel ohne entsprechenden Unterricht sehr eng gesetzt sind. Aktuell bin ich auch wieder "Autodidakt". Nach jahrzehntelangem Unterricht kann ich m.E.n. ganz gut abschätzen, wo meine Grenzen liegen, was ich mir beibringen kann bzw. anhand meiner erlernten Fähigkeiten spielen kann, von allem was darüber hinausgeht lasse ich ohne Lehrer bewusst die Finger. Inwieweit man nach nur 3,5 Jahren solche Einschätzungen treffen kann, halte ich für fraglich. Ich konnte es nicht. Und für "große Sprünge" reichte die in 3,5 Jahren erlernte Technik natürlich auch nicht.
Mein Tipp also: Unbedingt mit Lehrer weitermachen. Für autodidaktische Spielereien ist das Leben lang genug, sich direkt in den Anfangsjahren Techniken falsch beibringen hat keinen Zweck.
lg upbrunce
 
Ich kann in dieser Beziehung nur von meinen eigenen Erfahrungen berichten, da auch ich streckenweise keinen Unterricht habe und hatte:

In diesen Zeiten denke ich regelmäßig: "Och, klappt doch auch alleine, das neue Stück läuft und hört sich richtig an." Leider denke ich so immer nur bis die KL mein Spiel im nächsten Unterricht auseinandergenommen hat...:cry2:

Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß...
 
Ich werde nun nach 26 Jahren Unterricht keinen Lehrer mehr haben. Fühle mich seit kurzem einigermaßen bereit dafür. Gelegentliche Impulse werde ich mir aber sicher holen.
 
Mein KL hat inzwischen das Rentenalter erreicht und nimmt sich trotzdem einmal im Jahr 10 Stunden Klavierunterricht oder besucht einen Meisterkurs.
(Und kommt entweder tief enttäuscht oder mit lauter kreativen Unterrichtsideen zurück)

Nach über 3 Jahren Mal den Lehrer zu wechseln finde ich nicht schlimm.

LG,
Hekse
 
Ein guter KL macht viel mehr als nur zu zeigen, wie ein Stück gespielt wird. Wenn man ein gut geschultes Ohr hat, kann man vieles auch selbst erreichen. Man sollte sich einen Lehrer suchen, der mit einem an Dingen arbeitet, die man noch nicht kann (falls man das möchte). Eventuell reichen für deine Ziele auch ein paar Korrekturen/Beurteilungen im Jahr. In dem Fall würde ich mir das Geld sparen und für ein paar Stunden bei einem Professor investieren.
 
Der gelegentliche Soll Ist Vergleich mit dem YouTube Video vom. Profi hilft auch sehr.
Genau das! 😊👍🏽

Das war überhaupt mein Motiv, mit dem Klavierspielen "wieder" (nach 40 Jahren "Pause") anzufangen.
So schön zu spielen (gefühlt, mir schon klar) wie zum Beispiel diese Aufnahme.
Bin nach 3 Jahren immer noch nicht dazugekommen, mir eine:n Lehrer:in zu suchen.

Den/die bräuchte ich vor allem für die verschiedensten technischen und gestaltenden Detailfragen (da muss mein Bekanntenkreis herhalten).
Und für die Disziplin. Bin manchmal fleißig, meistens sehr faul.

Allerdings spiele ich Klavier als Ausgleich zum ansonsten stressigen Alltagsleben.
Weswegen ich mir da Durchhänger erlaube.
 
Die Frage ist doch, warum ich einen KL bezahlen soll, wenn ich mir einbilde, keinen zu brauchen. Ob jetzt berechtigt oder nicht ist subjektiv völlig irrelevant. Ich weiß ja nicht, was ich verpasse.
 

Die Frage ist doch, warum ich einen KL bezahlen soll, wenn ich mir einbilde, keinen zu brauchen.

Feedback.

Ich kenne diverse Autodidakten (nicht nur beim Klavier), bei denen man merkt, dass sie kein quailifiziertes Feedback bekommen. Wir lernen durch Feedback. Alles, was das Feedback beeinträchtigt, behindert den Lernerfolg.


Das stimmt. Deswegen gibt es ja Foren, wo man sowas diskutieren kann. :-)

Oder man macht den Pepsi-Test: Man geht mal zu einem hin und hört sich an, was er für Feedback gibt. Und oft ist es so, dass der Dinge wahr nimmt, auf die man selbst nicht so schnell gekommen wäre.

Grüße
Häretiker
 
Ich hatte letzten Freitag, nach fünf Jahren Unterricht die letzte Klavierstunde mit meinem Lehrer :020: da er in Pension geht und zudem auch noch die Musikschule schliesst. Leider wohnt er zu weit weg, um doch ab und zu noch eine Stunde bei ihm zu nehmen.

Ich werde mir wieder jemanden suchen aber es wird wohl einige Zeit dauern jemanden zu finden der genug Geduld aufbringt mich doch manchmal etwas "schwerbegriffige" Schülerin zu unterrichten. Aber ich gebe nicht auf.
 
Vielen Dank für all die Antworten. Dass die mehrheitliche Meinung dahin geht, lieber Unterricht zu nehmen war irgendwie klar. :007: Dass Du, @Stilblüte nach 26 Jahren erst jetzt damit aufhörst, spricht eindeutig dafür. @DonMias Ich bin hoffentlich kein unbewusst inkompetenter, ich bin mir durchaus bewusst, was ich alles nicht kann. Daher ja auch die Idee, ohne Lehrer, wenn ich die Defizite schon ohne ihn erkenne. Aber sie zu überwinden ist mit Sicherheit unter Anleitung einfacher.

Aber vielleicht wird ich den Lehrer doch irgendwann mal wechseln. Noch ist die Musikschule schlicht ziemlich günstig und in Corona Zeiten ist das finanziell alles nicht so einfach.

Ich sitze jetzt schon eine lange Weile an Beethovens Rondo, das sind 8 Seiten Notentext. Ich bin auch nach reichlich üben weit davon entfernt, das im Tempo in den Noten mitlesen zu können und da ich noch immer nicht alle Noten blind treffe, wird bei mir so ein Stück erst dann was, wenn ich es einigermaßen auswendig kann. An so Stellen wie Takt 110-115 scheitere ich damit. Ich hab in diesem Stadium immer das Gefühl, was soll ein Lehrer da sagen, dass das alles noch nicht klappt, hört man halt. Und wenn so eine Phase bei dem Stück mehrere Wochen dauert...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ob man Unterricht nimmt oder nicht, hängt m.E. vor allem davon ab, ob man einfach für sich Klavier spielen will oder ob man etwas lernen will. Hat man den Wunsch, sein Spiel zu verbessern, Dinge kennen zu lernen, die man noch nicht kannte, Hilfe zu bekommen, wenn man sie braucht und sich so intensiver mit Musik und dem Klavierspiel zu befassen, führt aus meiner Sicht kein Weg an einem Lehrer vorbei.

Ich sitze jetzt schon eine lange Weile an Beethovens Rondo, das sind 8 Seiten Notentext. Ich bin auch nach reichlich üben weit davon entfernt, das im Tempo in den Noten mitlesen zu können und da ich noch immer nicht alle Noten blind treffe, wird bei mir so ein Stück erst dann was, wenn ich es einigermaßen auswendig kann. An so Stellen wie Takt 110-115 scheitere ich damit. Ich hab in diesem Stadium immer das Gefühl, was soll ein Lehrer da sagen, dass das alles noch nicht klappt, hört man halt. Und wenn so eine Phase bei dem Stück mehrere Wochen dauert...
Was mich stutzig macht, sind Sätze wie der letzte, lieber Ralph_hh. Gerade bei Problemen ist doch ein Lehrer ungemein hilfreich. Er kann mit dir zusammen Lösungswege und Übestrategien erarbeiten, er kann dir vermitteln, WARUM etwas nicht klappt. Er kann dir Augen und Ohren öffnen für dieses Stück, er kann dir Wege zeigen, auf die du nicht kommst. Ein Lehrer ist doch gerade für die erste Herangehensweise und weitere Erarbeitung so wichtig! Denn stimmt das alles, ergibt sich eine stimmige und musikalisch durchdachte Interpretation von selbst. Ein stabiles Fundament ist auch beim Hausbau sehr wichtig. Niemals denken "erst die Noten, dann die Interpretation", sondern "hören - verstehen - begreifen, greifen"!

Insofern könnte dein Gedanke, den Lehrer zu wechseln, sinnvoll sein. Wenn man einen guten Lehrer hat, nimmt man je nachdem auch einen weiten Weg in Kauf. Klar, manchmal kann man sich solch einen Lehrer finanziell nicht leisten - der ist meistens teuer. Evtl. muss man dann weniger Stunden nehmen. Aber dann ist man wenigstens sicher, dass das Geld gut investiert ist. Und man stellt sich nicht mehr die Frage, ob man selber nicht auch ohne den Lehrer weiter arbeiten kann, da jede Stunde zeigt, dass es mit Lehrer wesentlich einfacher geht, sich mehr Fortschritte einstellen und dies Spaß macht.

Liebe Grüße

chiarina
 
Ich will gar nicht meinen Lehrer schlecht reden, ohne ihn wäre ich nie so weit gekommen. Dieses "spiel das mal so", "halt die Hand mal so..." bringt viel. Aber Übestrategien, Stückauswahl, das ist ein heikles Thema.

Wobei Noten im Tempo lesen und Tasten blind treffen, das sind Dinge, die Zeit und Erfahrung brauchen und es wird stetig besser. Wenn ich da an meine Anfänge mit dem Basschlüssel denke...
 
Ich hab in diesem Stadium immer das Gefühl, was soll ein Lehrer da sagen, dass das alles noch nicht klappt, hört man halt.
Gerade in diesem Stadium hilft mir mein Lehrer, zu erkennen, warum es nicht klappt (von mangelndem Üben mal abgesehen) und mir Techniken und Methoden an die Hand zu geben, wie es klappen könnte. Einfach "stumpf" weiter üben ist nämlich leider oft nicht die Lösung.

Zwei Beispiele vom aktuellen Stück: An einer Stelle habe ich Probleme mit dem Metrum, die dazu führen, dass es "irgendwie nicht klingt". Höre ich selbst, finde aber keinen Weg, es hinzukriegen. Er hat mich dann drauf gebracht (direkt gesagt hat er es nicht), dass an dieser Stelle das Metrum wechseln könnte, dass also aus dem eigentlich notierten 12/8 ein "versteckter" 3/4 Takt geworden sein könnte. Mit dieser Vorstellung im Kopf hat sich direkt einiges verändert.

Zweites Problem: Fingersatz. Wir haben gemeinsam eine Übung gemacht, in der ich eine Stelle, für die ich keinen Fingersatz gefunden habe, einfach mal mit beiden Händen spielen sollte. Zunächst "ad libitum", danach hat er immer mittendrin Zeichen gegeben, wann ich die Hand wechseln sollte. Da kamen dann noch ein paar Dinge dazu, die ich hier nur schwer beschreiben kann, aber am Ende war ich einem für mich passenden Fingersatz deutlich näher gekommen. Vereinfacht gesagt: Mit dem Handwechsel und den anderen Dingen hat er mich so gestresst, dass ich über den Fingersatz gar nicht mehr nachdenken konnte sondern intuitiv anschlagen musste. Und dabei hat sich irgendwie durch Zauberhand ein Fingersatz eingeschlichen, der für mich funktionierte. Danach war ich aber mental auch komplett durch.
 
An sich komme ich seit etwa 2 Jahren ganz gut ohne KL zurecht. Das autodidaktische lernen gefällt mir sehr gut .
Vieles suche ich mir im Internet an Hilfe zusammen, aber so ganz ohne KL auf Dauer ist nicht mein Ding.
Sobald Corona Geschichte ist werde ich mir wieder einen gute Lehrkraft suchen.
Darauf freue ich mich schon, endlich wieder Unterricht zu bekommen.
Mir fehlt das Feedback und die Inspiration.
YouTube, Bücher usw. sind alles nur Ergänzungen die durchaus nützlich sind aber echten Unterricht kann es nicht ersetzen.
 

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