Noten-Legasthenie?

Sura

Sura

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12. Feb. 2008
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Liebe Freunde der schönen Klänge

Ich spiele seit über 20 Jahren Klavier und habe es irgendwie geschafft über die Zeit niemals richtig Notenlesen zu lernen, weil das Blattspielen mich irgendwie blockiert. Nun will ich ab Noten spielen lernen und merke, wie ich anstehe und kaum 4 Takte weit komme bei wirklich einfachen kleinen Sonaten. Da ich Legasthenikerin bin, frage ich mich je länger je mehr, ob wohl das Notenlesen davon betroffen ist. Ich suche nach Möglichkeiten Noten lesen zu lernen, denn einzelne Noten erkenne ich auch spielend, warum also keine kleinen einfachen Sonaten.... Es ist wie verhext und für die Aufnahmeprüfungen an das Konservatorium benötige ich dieses Können.

Vieleicht kennt jemand von euch eine Methode wie eine Noten-Legasthenie überwunden werden kann?
 
Vieleicht kennt jemand von euch eine Methode wie eine Noten-Legasthenie überwunden werden kann?

"In was besteht die Kunst, Prima vista zu lesen?

In diesem: Das Stück im rechten Tempo wie es sein soll zu spielen. Alle Noten, Vorschläge etc. mit der gehörigen Expression und Gusto, wie es steht, auszudrücken, so, dass man glaubt, derjenige hätte es selbst komponiert, der es spielt." (W. A. Mozart in einem Brief vom 17. Januar 1778 ) Mehr ...

http://www.klavierspiel.com/vom-blattspiel.html
 
Zum Thema "Vom Blatt spielen" gib es auch Übungsbücher, Titel müßtest du hier im Forum auch finden.
 
Ich vermute, beim Prima-Vista Spiel gilt das Selbe (dasselbe? das selbe? ...) wie beim Vorspielen vor Publikum:

Es gibt darüber Literatur en masse, aber lernen kann man es nur, indem man es praktiziert.

Viel Erfolg und Muße und Zeit und Lust und Motivation und was man sonst noch alles braucht um das Vom-Blatt-Spiel zu üben; ich bin auch so ein Blatt-Muffel :D

Was einigermaßen hilft, ist, sich sozusagen bindend zu verpfilchten.
D.h. zuzusagen, irgendjemanden zu begleiten.
Natürlich mit ausreichend Übezeit vorher.
Dann kann man versuchen das Stück mit möglichst wenig Übeaufwand möglichst schnell einzuüben (Begleitung allein klingt meist recht primitiv und langweilig wenn man z.B. moderne Chormusik begleitet).
So kann man Prima-Vista und richtiges Üben kombinieren und vielleicht letzteres immer mehr minimieren.

Und man MUSS es tun, schließlich ist irgendwann das Konzert :p

Gruß
Stilblüte
 
Und man MUSS es tun, schließlich ist irgendwann das Konzert :p

Gruß
Stilblüte

Grade Konzerte spielt man doch eigentlich nicht vom Blatt, oder?

Aber ich kann nur sagen, ich bin selbst miserabler Blatt Spieler und das nervt mich tierisch an. Aber was soll ich machen..., wenn ich ein Stück vom Blatt spiele, spiele ichs nach n paar Versuchen auswendig und dann ist das aufs Blatt schauen nur noch nervig...

janus
 
Eventuell geht es mit Literatur und speziellem Training schneller, aber ich habe das Vom-Blatt-Spielen eigentlich erst dadurch gelernt, dass ich fast Jeden Tag irgendein einfaches Stück zu spielen angefangen habe. Das Praktiziere ich nun allerdings seit gut 10 Jahren - und soviel Zeit hast Du vermutlich nicht :)

Mit Legasthenie hat das meiner Meinung nach nicht zwingend was zu tun. Ich kann nach wie vor nicht so schnell Noten lesen, wie ich Bücher/Texte lesen kann, aber bin schon erheblich schneller geworden. Es scheint einfach Übungssache zu sein. Wichtig ist, das Suchen nach den Tasten möglichst komplett zu unterbinden - d.h. nur auf die Noten zu schauen. Die Finger finden schon ihren Weg. Ich bin meist einen halben Takt weiter mit dem Lesen als mit dem Spielen ... versuche aber, das auf ca. einen Takt Abstand zu bringen, damit man bei schwierigen Stellen etwas Zeit hat. Mein Hauptproblem ist, dass ich den Fingersatz nicht so schnell erfasse und mich dann verheddere oder akrobatische Übergriffe mache.
 
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Vielen Dank für eure Antworten:)
 
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Hallo Sura,
da kann ich gut nachfühlen. Ich habe einen ca. 2 Jahre älteren Bruder, wir hatten natürlich die selbe Erziehung genossen und ich als Kleiner war immer im Hintertreffen.
Die Noten waren in meiner Familie bekannt, und wehe, wenn ich mal nachgefragt hätte. So habe ich die meiste Zeit überlebt, weil ich immer einen hatte, der mir das ganze Zeug vorgespielt hat. Den Bassschlüssel hat mir mein Bruder erklärt – nicht etwa ein Instrumentallehrer!
Man kann jahrelangen Klavierunterricht ohne Notenkenntnisse überleben ohne dass einer das merkt. (Nicht nur ich, ich weiss es auch von anderen!) Vielleicht ist es für einen Instrumentallehrer einfach nur lästig, wenn er mitbekommen sollte, dass sein älterer Schüler immer noch nichts von Noten versteht….
Habe jahrelang Geige auch im Orchester gespielt, die Violinschlüsselnoten habe ich gekonnt, aber mit den Notenwerten hatte ich nichts am Hut. Mein Durchbruch in dieser Hinsicht kam erst nach dem Abitur im Selbststudium, als ich die Klavierbegleitstimme des d-moll Klavierkonzertes von Mendelssohn für die Kirchenorgel zu übertrug. Bei diesem endlosen Noten schreiben habe ich dann fast alles nachgelernt.
Meine Beobachtung: erst beim selber Schreiben entdeckt man, was eigentlich so alles in den Noten steht.

Zum Trost: um die Jahrhundertwende (19./20.) gab es anscheinend Pianisten, die mit 2-3 Abendprogrammen unterwegs waren, aber kaum Noten lesen konnten. – Das geht also auch!

Ich selber übe das Vom-Blatt-Spiel kaum, ich kann es zwar so ungefähr, aber es sprengt einfach meinen zeitlichen Rahmen, das auch noch zu pflegen. – Wann braucht man es schon? Hat man z.B. einen Prima-vista Geigen-Spezialisten zu begleiten, hat man auch geübt ein Problem.
Ich nehme in einem solchen Fall mir raus, meinen Part erst mal langsam für mich zu spielen und betone bei jeder Gelegenheit, dass man mit dem Prima-vista-Spiel sowieso nicht vernünftig Musik macht. Wenn jede Ausgestaltung auf der Strecke bleibt ist das einfach nur ärgerlich.

Beim Vom-Blatt-Spiel werden zum Teil abenteuerliche Fingersätze genommen, deshalb ist es ratsam, ein Stück, das sauber ausgearbeitet werden soll höchstens einmal vom Blatt zu spielen weil sonst ungünstige Eindrücke im Gehirn hängen bleiben die später zu Unsicherheiten führen.

Weiterhin die Noten lesend und alle Zeichen beachtend …
Walter
 
Man kann jahrelangen Klavierunterricht ohne Notenkenntnisse überleben ohne dass einer das merkt. (Nicht nur ich, ich weiss es auch von anderen!) Vielleicht ist es für einen Instrumentallehrer einfach nur lästig, wenn er mitbekommen sollte, dass sein älterer Schüler immer noch nichts von Noten versteht….

Ich denke mal, das hängt stark vom Lehrer ab. Wenn ein Lehrer auch nur einmal dem Schüler etwas zum Blattspiel vorlegt und dann sieht, wie dieser den Bass- oder gar den Violinschlüssel abzählt... ist ja alles klar (wenn es sich um einen scheinbar geübten Schüler handelt).

Und ich denke ein Lehrer sollte relativ früh das Blattspiel neben dem Auswendigspielen lehren, damit diese Fähigkeit von Anfang an gepflegt wird.

Ich selber übe das Vom-Blatt-Spiel kaum, ich kann es zwar so ungefähr, aber es sprengt einfach meinen zeitlichen Rahmen, das auch noch zu pflegen. – Wann braucht man es schon? Hat man z.B. einen Prima-vista Geigen-Spezialisten zu begleiten, hat man auch geübt ein Problem.
Ich nehme in einem solchen Fall mir raus, meinen Part erst mal langsam für mich zu spielen und betone bei jeder Gelegenheit, dass man mit dem Prima-vista-Spiel sowieso nicht vernünftig Musik macht. Wenn jede Ausgestaltung auf der Strecke bleibt ist das einfach nur ärgerlich.

Ein großer Vorteil des Prima-Vista-Spiels: Man kann bei Stücken im eigenen Leistungsfeld (also die man recht problemlos auf Tempo vom Blatt spielen kann) sofort einen Höreindruck erhalten und sich somit bereits ein wenig in der Musik orientieren (auch was die spätere Gestaltung betrifft). Es gibt ja nicht zu jedem Stück Aufnahmen... :rolleyes:

Zudem ist es unter Freunden wohl wesentlich spaßiger, auch mal Stücke zu spielen, die andere einem vorlegen, ohne sie erst vollständig auswendig gelernt und einstudiert zu haben.

Ich persönlich halte das für eine sehr wichtige Fähigkeit! Wenn man nämlich tatsächlich nicht ganz einfache Stücke (rhythmisch/koordinationstechnisch oder sonstwie herausfordernd) problemlos vom Blatt spielen kann, wird das ernsthafte Arbeiten daran kein Problem darstellen, da die Koordination der Hände, die wohl im Normalfall eine der größten Hürden darstellt (z.B. Bachsche Inventionen), ja bereits ohne vorheriges Üben klappt.
 
Würde ich gerne noch mehr drüber erfahren. In dem Buch "Die 5. Passion" von Oliver Buslau (Musikwissenschaftler) ist die Protagonistin eine Noten-Legasthenikerin. Leider wird dann im Verlauf des Buches der Schwerpunkt auf die Mathematik der Kompositionen von Bach und dem Verschwinden der 5. Passion gewidmet.
 
Notenlesen, Blattspiel

Liebe Freunde der schönen Klänge

Ich spiele seit über 20 Jahren Klavier und habe es irgendwie geschafft über die Zeit niemals richtig Notenlesen zu lernen, weil das Blattspielen mich irgendwie blockiert. Nun will ich ab Noten spielen lernen und merke, wie ich anstehe und kaum 4 Takte weit komme bei wirklich einfachen kleinen Sonaten. Da ich Legasthenikerin bin, frage ich mich je länger je mehr, ob wohl das Notenlesen davon betroffen ist. Ich suche nach Möglichkeiten Noten lesen zu lernen, denn einzelne Noten erkenne ich auch spielend, warum also keine kleinen einfachen Sonaten.... Es ist wie verhext und für die Aufnahmeprüfungen an das Konservatorium benötige ich dieses Können.

Vieleicht kennt jemand von euch eine Methode wie eine Noten-Legasthenie überwunden werden kann?

Hallo, Sura, ich glaube, dass Du in Deinem ersten Satz Ursache und Wirkung verwechselst. Du hast nicht etwa deswegen nicht richtig Noten gelernt, weil Dich das Blattspielen blockiert, sondern Deine Schwäche im Blattspiel ist Folge des mangelnden Notenlesevermögens. Klingt logisch, muss aber erweitert werden. Erstens zum Notenlesen:
übe es trocken: Nimm die kleine Sonate und erarbeite sie mental, indem Du die Noten so schnell wie du es kannst dir laut vorliest, bei Akkorden im Violinschlüssel von oben nach unten, im Baßschlüssel von unten nach oben. Wenn Du das trainiert hast, stell dir gleichzeitig das Griffgefühl vor, die ganze Sensorik der Bewegung, und den Klang.
Bis hierhin kann ich dir garantieren, das es hilfreich ist, und auch Fortschritt bringt. Aber, und da stimm ich den Antwortenden hier im Forum zu 100% zu, das allein ist nicht die einzige Voraussetzung zum Blattspielen! Hier heisst es täglich hart trainieren, auch wenn man Noten sehr gut und schnell lesen kann. Damit kann man sie ja noch lang nicht auf dem Klavier gleich greifen. Der große Pianist und Pädagoge Walter Georgii sagt, das jeder jedes Stück fehlerfrei vom Blatt spielen kann. Dabei verweist er auf den Zeitfaktor. Wenn du dir vorstellt vielleicht 30 Minuten alleon an der ersten Seite deines Werkes zu sitzen für ein einmaliges, aber absolut korrektes Durchspiel, wäre das illustriert. Aus diesem mehr pädagogisch gemeinten Ansatz heraus sollte unsereiner lernen, das man auf gar keinen Fall das Originaltempo anstreben sollte, wenn man beginnt, vom Blatt zu spielen, sondern nur so schnell, wie man alles lesen und greifen kann. Und: die Stücke müssen etliche Niveaustufen unter dem sein, was man sonst erarbeitet hat und kann. Und dann: üben, üben, üben...
Gruß! Stephan
 

[...]
Und: die Stücke müssen etliche Niveaustufen unter dem sein, was man sonst erarbeitet hat und kann. Und dann: üben, üben, üben...
Gruß! Stephan

Abgesehen davon, dass es kaum richtig sein wird, wenn man 30 Minuten für ein paar Takte braucht, habe ich bei Deiner Anleitung das Problem: „Es gibt keine Niveaustufe unter dem, was ich sonst erarbeitet habe“.

Das vielfache und ausdauernde Üben erscheint mir da schon sehr sinnvoll. Mir hilft es z. B. eine einfache Musik zu hören und zu versuchen, mitzulesen.
Allerdings hoffe ich auch darauf, dass das Notenlesen mit der Zeit besser wird. Es war beim normalen Lesen das gleiche. Zuerst Buchstabieren, dann ganze Wörter erfassen.
Derzeit identifiziere ich die «Strichmännchen» einzeln in der Hoffnung später ganze Akkorde oder gar Takte erfassen zu können.

Grüße
Thomas
 
Abgesehen davon, dass es kaum richtig sein wird, wenn man 30 Minuten für ein paar Takte braucht, habe ich bei Deiner Anleitung das Problem: „Es gibt keine Niveaustufe unter dem, was ich sonst erarbeitet habe“.

Man kann angesichts einer Partitur für den schnellsten Notenwert eine Zeiteinheit wählen, in welcher man ihn sicher lesen und spielen kann und dann eben noch die Zeit hat, den nächsten Ton vorzubereiten - auf diese Weise ist es möglich, rhythmisch korrekt prima vista zu spielen. Allerdings setzt das natürlich das Notenlesen können voraus. Danach ist es eine Frage der Erfahrung, wie weit man die gewählte Zeiteinheit beschleunigt.

Abgesehen von haarsträubenden Stolperstellen ist es möglich, das meiste, was sich auf dem eigenen manuellen Niveau befindet, im halben Tempo oder etwas langsamer korrekt (auch rhythmisch) vom Blatt zu spielen. Ob es sinnvoll ist, oftmals gleich ein ganzes Stück komplett auf diese Weise zu spielen, sei dahingestellt.

Das ist anfangs sicher noch nicht so, aber mit der Zeit kommt man dahin.
 
Viola, hat mich im Chat gebeten, etwas zu dem Thema beizutragen. Da ich selbst Legasthenikerin bin.

Es gibt aber nicht die eine Legasthenie.

Ich selbst habe eine phonetische Legasthenie, eine Lautverarbeitungsstörung. Das Sprachzentrum arbeitet nicht richtig und die entsprechenden Aufgaben werden von anderen Teile des Gehirns übernommen. Diese machen die Arbeit weniger zuverlässig und vor allem langsamer.

Beim Notenlesen wird es sich wahrscheinlich eher um eine visuelle Legasthenie handeln. Die Betroffenen berichten zum Beispiel, dass die Zeichen auf dem Blatt einfach nicht stillstehen. Es können aber auch ander Wahrnehmungstörungen die Ursache sein.

Ausserdem gibt es Ursachen die mit der Wahrnehmung gar nichts zu tun haben: Jemand hat sich eingeredet etwas nicht zu können, oder Probleme an ganz anderer Stelle sind grad einfach wichtiger und blockieren die Aufnahmefähigkeit.

Noch viel wichtiger als die Ursache ist aber die Frage, wie geht man damit um. Druck, Abwertung und Partentrezepte sind kontraproduktiv.
Vor allem Partentrezepte sind fatal, weil sie subtil abwerten. Sie unterstellen, wenn man es so und so macht dann kann man es auch. Und wenn man es dann aber trotzdem nicht kann....? Gerade bei Wahrnehmungstörungen funktionieren Partentrezepte nicht. Es gibt nicht einen Weg damit umzugehen, selbst dann wenn die Grundproblematik die gleiche ist, sind die Lösungswege verschieden, und hängen stark von den sonstigen Fähigkeiten ab, die zur Kompensation zur Verfügung stehen.

Grundsätzlich sollte aber jeder daran glauben, dass es einen Weg gibt, die gewünschten Fähigkeiten trotzdem zu erwerben. Nur zuviel erwarten darf man nicht. Man wird mit einer Beinprotese keine Primaballerina, aber ein Walzer ist möglich, und eine bewundernswerte Leistung.
 
Es können aber auch ander Wahrnehmungstörungen die Ursache sein.
(...)
Noch viel wichtiger als die Ursache ist aber die Frage, wie geht man damit um. Druck, Abwertung und Partentrezepte sind kontraproduktiv.
Vor allem Partentrezepte sind fatal, weil sie subtil abwerten. Sie unterstellen, wenn man es so und so macht dann kann man es auch. Und wenn man es dann aber trotzdem nicht kann....? Gerade bei Wahrnehmungstörungen funktionieren Partentrezepte nicht.

Wenn eine Wahrnehmungsstörung vorliegt, sollte der/die davon Betroffene das der Lehrkraft mitteilen - denn man sieht das nicht ohne weiteres von außen. Teilt man dies aber nicht mit, kommt man in die Bredouille. Ich bin ziemlich sicher, dass kein Klavierpädagoge jemanden abwertet, der offen mitteilt, unter dieser oder jener Störung zu leiden.
 
Ich habe im Netz folgenden link gefunden, mir die betreffende Arbeit aber noch nicht durchgelesen:

http://news.legasthenietrainer.com/Legasthenie-Musik.pdf

Ich selbst hatte noch keinen Fall von Legasthenie im Unterricht und habe auch noch nicht davon gehört. Das Thema ist aber sehr interessant - wenn man vorher informiert ist, kann man entsprechend handeln. Ich habe im Internet auch von einer Schwarz-Weiß-Schwäche und von einer bestimmten Art der Fehlsichtigkeit bzgl. Winkeln gelesen.

Manchmal wünschte ich mir, wir Klavierlehrer hätten auch gleichzeitig eine Ausbildung in Ergotherapie, Psychotherapie, Musiktherapie und Behandlung von ADS/ADHS und eben auch in Legasthenie. :p Ich beziehe solche Dinge zwar auch in meinen Unterricht ein, wenn z.B. motorische Störungen oder Schwächen vorliegen, aber natürlich alles in nicht wirklich fundiertem Maße. Z.B. habe ich neulich einer sehr dankbaren Mutter geraten, mit ihrem Sohn eine Atemtherapie zu machen, weil da absolut etwas im Argen lag und ich mit meinen paar Atemübungen und Singen das Problem nicht an der Wurzel fassen konnte. Je mehr wir uns also wenigstens informieren, desto besser.

Was das Notenlesen angeht, ist es, wie ich schon mal geschrieben habe, auch unwahrscheinlich wichtig, musikalische Gestalten zu erkennen. Wie verläuft die Phrase, nach oben/unten/bogenförmig ....? Da braucht man erst mal nur eine Note als Ausgangspunkt lesen zu können und hat trotzdem den Überblick. Könnte diese Sichtweise auf die Noten nicht auch für Legastheniker hilfreich sein, Babette? Dazu muss man natürlich erkennen können, ob sich z.B. die Melodie in Tonschritten ( Sekunden) oder Tonsprüngen ( z.B. Terzen etc.) bewegt. Ist das kein Problem? Macht nur die genaue Lage der Noten Schwierigkeiten oder ist da, wie du schon geschrieben hast, jeder Fall anders?

Auf jeden Fall ist es gut, Viola, dass du diesen Thread mal wieder herausgekramt hast!

Liebe Grüße

chiarina
 
Wenn eine Wahrnehmungsstörung vorliegt, sollte der/die davon Betroffene das der Lehrkraft mitteilen - denn man sieht das nicht ohne weiteres von außen. Teilt man dies aber nicht mit, kommt man in die Bredouille. Ich bin ziemlich sicher, dass kein Klavierpädagoge jemanden abwertet, der offen mitteilt, unter dieser oder jener Störung zu leiden.

Da Klavierpädagogen keiner ganzen Klasse gegenüber stehen kannst Du da sogar recht haben. Die Lehrer in den Schulen erfüllen den Anspruch oft leider nicht.

Schwierig ist, dass die Betroffenen nicht immer wissen, dass sie betroffen sind. Das ist leider nicht immer leicht zu diagnostizieren. Viel Betroffene halten sich selbst einfach nur für dumm. Andere sind überhaupt nicht betroffen und haben nur den Stempel aufgedrückt bekommen, weil es grad modern ist. Ein Phänomen was die Lage für die echten Legastheniker nicht grade erleichtert.

Es ist also für Pädagogen fast nicht möglich immer angemessen zu reagieren. Zumal es auch keinem Schüler erlaubt werden sollte, sich dahinter zu verstecken. Aber es hat hier ja auch niemand behauptet, dass das Leben fair sei. :D
 
Also ich hatte schon eine Schülerin, die getestet Winkelfehlsichtig war wie ihr Vater. Notenlesen ging sehr schlecht, fiel aber anfangs kaum auf. Die 1000 Euros für eine Prismenbrille, die das Problem positiv beseitigt zahlt leider keine Krankenkasse, ihr Vater hat sich dann aus eigener Tasche eine Prismenbrille in seiner Sehstärke abfertigen lassen und konnte dann endlich ein Buch lesen.

Kritische Stimmen, dass es keine Winkelfehlsichtigkeit gäbe kann man hier nachlesen PDF

Ich habe seinerzeit auch meine Tochter daraufhin prüfen lassen bei einer Optikerin, die selbst betroffen war. Aber sie ist nicht winkelsichtig.

Ich habe durchaus erlebt, dass 14 jährige mit diesen parallelen Linien große Schwierigkeiten hatten. Ich schon das dann immer auf die immer noch nicht abgeschlossene Augenreifung (mit ca 6 Jahren), die es Kindern erst ermöglicht, die Augen auf einen Punkt zu konzentrieren!!! Also kleine Noten für kleine Kinder ist sehr sehr schlecht! Da springt das Auge einfach weg!
Aber im Nachhinein denke ich, dass diese Kinder vielleicht auch einfach Winkelsichtig waren.

Der Kreuztest mit normalen Augen:
au-Kreuztest-1-.gif


Winkelsichtigkeit sieht das so:

au-Kreuztest-2-.gif


aus: http://www.kbwn.de/html/fruhforderung.html

noch 2 Bilder, wie Winkelsichtige sehen:
welle.jpg
doppel.gif




So, also wenn man mal diese Augen-Geschichte beiseite lässt, so ist es durchaus vorstellbar, dass es Notenlese-Legasthenie gibt.

Ich denke, dass ich KEINE Notenlegasthenie habe, aber es gibt wesentlich bessere Notenleser als mich. Notenlestechnisch bin ich echt mager. Da gibt es Genies, zB den Herrn Hoyer aun der Musikhochschule, der JEDES Stück in Echtzeit vom Blatt ratzte, egal ob Stockhausen oder Basso Continuum. Aber: sein musikalischer Ausdruck gefiel mir nie, irgendwie war er brilliant und sehr geeignet als Korrepititor, der auch mal flott eine Orchesterpartitur von Blatt ratzte. Mein Vater konnte das auch, und wenn die Sopranistin ein wenig indisponiert war, gab sie ihm on stage die Noten rüber und klimperte mit den Augen: bitte eine kleine Terz tiefer, heute.... (und ich musste das Zeugs auch noch umblättern und kam kaum nach...).

Mein Problem war eher, das meine Ohren schneller waren als die Augen. Warum sollte man sich als Kind denn mit den Noten beschäftigen, wenn man das Stück nach dem ersten durcharbeiten auswendig konnte. Das erste Durcharbeiten war immer der Horror für mich, danach wurde es genial, dann machte es Spaß. Mittlerweile kann ich auch Noten lesen ohne sie zu hören, Klaviermusik natürlich am besten. Kammermusik in Grenzen... wenn nicht zu viele Bläser in A,B oder Bratschen notiert sind...


Trotzdem, mich interessiert nach wie vor, warum einige Leute KEINE Noten lesen können. Ist es immer nur die Bequemlichkeit?!?

Irgend eine falsche Verschaltung im Gehirn? So wie mein Schüler JB, der ein verkappter Linkshänder war. Normalerweise führt das rechte Auge (meine ich) die rechte Hand, was Gehirntechnisch in sofern schon wieder eine Merkwürdigkeit ist, weil die linke Gehirnhälfte die Bewegungen der rechten Seite steuert, das rechte Auge aber in der rechten Gehirnhälfte verarbeitet wird. (Oder war es anders herum?!? Leider kann ich ihn nicht mehr fragen, er ist weg).
Egal, auf jeden Fall war er Rechtshänder, aber augentechnisch war er Linkshänder. Jede Menge von Ergotherapie sollte ein Zusammenspiel Auge/Hand-Koordination verbessern, was es auch tat, aber das zahlte die KK nicht lange. Ich war bezahlbarer... und ich machte dem Knaben mehr Spaß. Ein hochintelligenter Bursche (Abi 1,1) der bei mittlerer musikalischer Begabung nach 10 Jahren ein Bach-Solfegietto spielen konnte (mit großer Freude im übrigen). Ich habe immer Stücke gesucht, die von der einen in die andere Gehirnhälfte umschalteten. Polyphones Spiel wäre undenkbar gewesen. Dauernd vertauschte er die Hände, konnte aber sehr gut (!) Noten lesen, das war erstaunlich!!! Nur spielen konnte er das gelesene nicht...

So, jetzt haben wir diese Abteilung auch abgehakt. Es gibt komische Verdrahtungen im Gehirn.


Also, es gibt anscheinend viele Ursachen dafür, dass gute Musiker einfach keine Noten lesen können (Miles Davis im übrigen auch nicht! Er hat es mühsam erlernt mit über 40, da hatte er seine Meisterwerke schön längs auf die Welt gebracht!)

Bals mehr, hoffe ich!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich hielt (und halte) mich auch für eine Art Notenlegasthenikerin. Nun taucht der Begriff hier auch auf :p.

Mir ging es wie Viola, ich habe in der Grundschule, als Notenlernen dran war, keine Noten gebraucht, weil ich ja Ohren hatte. Auch später in der Oberstufe ging es ohne. Ich spielte im Schulorchester (das zugegebenermaßen nicht hochklassig war) nach Gehör und malte mir die Notennamen über die Kullerchen. Ich konnte wohl die Noten abzählen, aber es war mehr ein Buchstabieren denn ein Lesen. Mein damaliger Flötenunterricht scheiterte letztlich am Notenlesen, weil ich einfach nicht weiter kam.

Erst 20 Jahre später beschloss ich, Noten zu lernen und meine Flöte wieder rauszuholen. Das war ein hartes Brot. Aber es gelang. Ich höre noch lange nicht, wenn ich lese, aber ich kann ein mir halbwegs bekanntes Stück wiedererkennen und auch kleine, leichte Stellen mal vom Blatt singen. Blattspielen mit der Flöte geht einigermaßen, in Abhängigkeit vom Schwierigkeitsgrad natürlich.

Beim Klavier jetzt fang ich wieder von vorne an mit dem Bassschlüssel. Das gestaltet sich zäh, aber ich weiß ja, dass ich es schaffen werde - irgendwann.

Viele Grüße
philomela
 
Da gibt es Genies, zB den Herrn Hoyer aun der Musikhochschule, der JEDES Stück in Echtzeit vom Blatt ratzte, egal ob Stockhausen oder Basso Continuum.

Es wäre ein Wunder und eine weltweit gefeierte Sensation, zudem dokumentiert, wenn irgendwer ihm/ihr unbekannte ultravirtuose Stücke in Echtzeit mit allen Tönen vom Blatt ratzen könnte. Denn das setzt ein manuelles Können voraus, wie es nicht einmal Horowitz hatte...
 

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