Neues altes Kleinklavier

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Ich habe jetzt doch mein früheres Übungsklavier von meiner Mutter übernommen, ein Kleinklavier, Modell "Classic" von Kemble von 1972.

Das Klavier ist in etwas desolatem Zustand, wobei die Stimmung noch das beste ist. Innen entstaubt habe ich es bereits, wodurch der Klang tatsächlich heller wurde :) Allerdings sind die Tasten ein wenig holprig und mehrere Töne wollen einfach nicht klar klingen. Leider sind auch einige der Stangen, an denen die Hämmer befestigt sind, etwas verzogen, die entsprechenden Hämmer sind jetzt ein paar Millimeter nach rechts oder links gerückt.

Während ich jetzt erstmal drei bis vier Wochen aussitzen muß, bis sich das Klavier akklimatisiert hat (dann kommt der Stimmer), wollte ich mal wissen, ob ich selbst (handwerklich einigermaßen fit) bei den unklaren Tönen etwas machen kann, denn die liegen in einem Bereich, den ich ständig benutze (z.B. a'') und stören doch sehr. Es scheint, daß die Dämpfer die Saiten nicht ganz freigeben, denn wenn ich die Dämpfer mit der Hand zurückschiebe, klingen die Töne ganz "normal".

Mit dem Stimmer werde ich dann besprechen, was in einem einigermaßen knappen Finanzrahmen machbar ist. Das Instrument ist kein Schrott, allerdings wird etwas mehr nötig sein als nur die Stimmung. Ein Juwel ist es natürlich auch nicht, aber endlich habe ich wenigstens ein Instrument zuhause, daß zwischen weichem und hartem Anschlag unterscheiden kann :)
 
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An der Dämpfung solltest du nicht herumschrauben, das ist schon ziemlich speziell. Aber die Hämmer auf die Saiten richten könntest du versuchen. Da gibt es 2 Ursachen:

1. der gesamte Hammer samt Aufhängung ist gewandert
2. der Hammerstiel hat sich verzogen.

Wenn die Hammeraufhängung (Kapsel) gewandert ist, kannst du mal mit einer Taschenlampe auf das untere Ende des Hammerstils und noch weiter runter leuchten. Dort siehst du eine Schraube. Diese lösen, denn Hammer von Hand so hin bewegen dass er wieder alle 3 Saiten trifft. Dann Schraube wieder anziehen.

Wenn der Stil sich verzogen hat, nimmt man ein Feuerzeug, erhitzt den Stiel und dreht den dann so, dass der Hammer wieder parallel zu den anderen ist. Aber davon solltest du auch die Finger lassen, es sei denn, du hast eine gute Hausratversicherung :D
 
Bezüglich der Hämmer trifft leider das zweite zu, die Stiele haben sich leicht verzogen. Was die Dämpfer betrifft, so habe ich den Eindruck, daß die einfach ein bischen schwergängig sind, es hat sich nämlich schon verbessert. Das Klavier wurde ja schon seit Jahren nicht mehr regelmäßig gespielt. Ich werde jedenfalls nicht selbst herumschrauben oder biegen. Ich kann zwar die Saitenlage und den Hals einer E-Gitarre justieren aber dafür gibt es eindeutige Verfahren nach Augenmaß, Fingerspitzengefühl (wörtlich!), Gehör und Stimmgerät.

Inzwischen hat sich auch der Stimmer bei mir gemeldet. Wir werden entweder zum Ende der Heizperiode einen Termin machen, oder in rund drei Wochen, das hängt vor allem davon ab, wie gut ich mit den bestehenden Macken des Klaviers zurechtkomme. Die Stimmung ist im Moment noch erträglich, auch wenn der Unterschied zu meinem permanent perfekt gestimmten Digitalpiano unüberhörbar ist. Das Klavier ist vor 1-1/2 Jahren zuletzt gestimmt worden und hat die Stimmung recht gut gehalten obwohl es wie gesagt praktisch nicht gespielt wurde. Wenn ich jetzt bald stimmen lasse, wird aber vermutlich eine weitere Stimmung im Sommer fällig, im Moment haben wir in Hamburg einen neuen Wintereinbruch.

Aufnehmen werde ich zunächst weiter mit meinem Digitalpiano, es ist halt so viel einfacher als Mikrophone aufzustellen, Aufnahmelevel einzustellen, das Knarzen des Stuhls möglichst nicht mit aufzunehmen und so weiter... Aber werden sehen bzw. hören, was der Stimmer zustande bringt. Der hat kürzlich den Flügel meines Klavierlehrers neu intoniert und ein paar Kleinigkeiten mehr und ich muß sagen, das Ergebnis ist beeindruckend und der Preis durchaus günstig! Eine Aufnahme werde ich wohl doch machen, bevor der Stimmer kommt, sowas ist immer interessant :)
 
Ich habe eine neue Theorie für die flachen Töne: Die umliegenden Töne sind sauberer in sich gestimmt, also die Unterschiede zwischen den Saiten geringer. Ich kann mir gut vorstellen, daß das den Klang entsprechend beeinflußt.

Die Stimmung generell geht jetzt rapide den Bach runter, der Temperatur- und Feuchtigkeitsunterschied macht sich also bemerkbar und ich werde nicht bis April warten können!
 
Gestern war der Stimmer da und ich habe es nicht bereut!

Zunächst hat er alle Tasten neu ausgerichtet, indem er die Dicke der Filze unter den Drehachsen mit Papierunterlegen neu justiert hat. Dabei mußte der den Dorn einiger Tasten ein bischen zurechtklopfen, da die jeweiligen Tasten zur seite geneigt waren. Er sagt mir, daß das häufig bei Kleinklavieren so ist, weil die Tasten ziemlich schräge weitergehen. Die Tasten sind dabei insgesamt auch etwas höher gekommen.

Im zweiten Schritt hat er die Verbindung zwischen Tasten und Mechanik neu justiert, damit die Hämmer sofort bewegt werden, wenn die Tasten auch nur ein bischen heruntergedrückt werden. Vorher hat das ziemlich geklappert, nach dem justieren der Tastenhöhe war es natürlich noch anders.

Stimmen, fertig. Insgesamt zwei Stunden Arbeit plus Stimmen.

Beim Stimmen hat der die Saiten noch ein bischen auf den Steg geklopft (die Fachleute dürfen meine laienhafte Terminologie gerne korrigieren oder übersehen), was einerseits einen saubereren Klang ermöglicht und andererseits auch das Stimmen einfacher macht.

Was die weniger brillanten Töne betrifft, so ist das konstruktionsbedingt, aber nach der Behandlung nicht mehr so schlimm: Der Steg besteht aus zwei Teilen, die Töne liegen jeweils auf einer Seite dieser Lücke. Meine Theorie über die verstimmten Saiten hat der Stimmer allerdings auch bestätigt.

So, demnächst gibt es Aufnahmen in meinem Blog mit diesem Klavier. Allerdings ist es erst in zwei oder drei Monaten fit, denn eine zweite Stimmung muß noch sein, es ist jetzt auf 443 Hz gestimmt, was übrigens ausgezeichnet klingt!
 
...die Fachleute dürfen meine laienhafte Terminologie gerne korrigieren oder übersehen
Hallo Guendula,

Ich finde Deine technischen Erklärungen prima.

Eine Frage habe ich noch: Selbst wenn ein kleines Kemble bei weitem kein Spitzenklavier ist - ich hab übrigens diese Woche auch eines aus den Siebzigern wieder fit gemacht und es spielt nun recht ordentlich - wie fühlt es sich für Dich persönlich an im Vergleich zum Digi? Ist es denn nun lebendiger oder menschlicher, oder wie würdest es Du beschreiben?

Ich frage deshalb, weil Dir meine voreingenommenen Ausführungen zu diesem Thema offensichtlich nicht sonderlich gefallen haben und ich gerne Meinungen von Menschen sammle, die mehr praktische Erfahrungen mit Digi hatten als ich.

LG
Klaviermacher
 
Klaviermacher, das ist eine wirklich interessante Frage und es ist schwer, darauf zu antworten, da ich in beiden Richtungen voreingenommen bin.

Das Kleinklavier hat mich rund 10 Jahre in meiner Jugend begleitet und ich bin immer noch zufrieden mit meiner damaligen Wahl (ich hatte diese Instrument sofort gewollt und auch bekommen, obwohl meine Klavierlehrerin nicht so ganz einverstanden war).

Das Digitalpiano hat mich jetzt 1-1/2 Jahre lang begleitet und ich verdanke ihm sozusagen mein musikalisches Aufleben am Klavier.

Beide sind eigentlich unzureichend für meinen Anspruch aber das läßt sich nicht kurzfristig ändern - ich will aber sobald ich es mir leisten kann, einen Flügel kaufen.

Ich halte weder das Kleinklavier noch das Digitalpiano für Konzerttauglich (klassische Musik), das zum Hintergrund für meine Wertung.

Kleinklavier pro:

lebendiger
störrischer (s.o.)
und es hat einen Klang, der mir für ein Klavier sehr gut gefällt

Digitalpiano pro:

Zu jeder Tag- und Nachtzeit parat
Aufnahmen sind einfach
Auf der Klaviatur fühle ich mich sehr zuhause und sie hat fast ein hilfreiches Repetitionsverhalten.
Der Klang ist gut und knickt auch im dritten Teil des Cis-Moll Präludiums von Rachmaninoff nicht ein (von wegen Polyphonie...)
Es eignet sich als Master-Keyboard für elektronische Musik.

Kleinklavier contra:

geht nur tagsüber
die Klaviatur ist etwas schwerfällig (nicht -gängig, einfach träge)
Klaviere haben leider kein Una-Corda Pedal, so auch dieses
Die Pedale sind ziemlich hoch angebracht

Digitalpiano contra:

Der Klang ist immer schön, ganz egal, wie man anschlägt
Kopfhörer nerven manchmal - vor allem das Kabel
Der Klang ist nicht variabel genug
Echte Resonanz ist nicht eingebaut.

Im Vergleich zu anderen Instrumenten der gleichen Art schneiden beide hervorragend ab, ich würde mir weder ein teureres Digitalpiano noch ein teureres Kleinklavier kaufen, der nächste Schritt ist ein gebrauchter Flügel (z.B. Yamaha C1, aber mit etwa 1,80 m Länge). Vor nicht allzu langer Zeit habe ich diverse Flügel und auch ein paar Kleinklaviere angespielt und ich würde gegen keines der Kleinklaviere tauschen, die waren alle schlecht (unklarer, unausgewogener Klang, sehr schwache Bässe, schlappe Dynamik, einfach bäh!).

Wenn du daran denkst, in ein paar Wochen noch einmal zu fragen (wenn die Stimmung sich gesetzt hat und neu gestimmt wurde und ich mich besser eingespielt habe), kann ich vermutlich eher eine Tendenz zum einen oder anderen Instrument feststellen.

Ich freue mich, daß du dich an meine Bemerkung erinnerst und jetzt nachfragst :) . Mir war dein Urteil einfach zu platt und nicht besonders hilfreich für Leute, die eine Entscheidung fällen müssen.

Ein klitzekleiner Hinweis noch: "Guendola" schreibt sich nur mit einem u, denn der Name hat nichts mit "Gundula" zu tun ;) Und falls J.Gedan dies liest: Es ist wirklich ein Frauenname und kein Konstrukt aus einem Vor- und einem Nachnamen (aber das wird er eh wieder vergessen).
 
Mich freut es jedenfalls das Dein Kemble mit verhältnismäßig geringem Aufwand wieder vernünftig spielbar wurde.
Auch wenn ich klangbezogen alles andere als ein Freund von Kleinklavieren bin haben diese Instrumente technisch ihren eigenen Reiz und manche Hersteller schaffen wirklich auch mit geringen Saitenlängen sehr gute Klänge zu produzieren.

Hier Beispiel eines Mason & Hamlin Miniflügels von 1908 an dem sich andere Hersteller dicke Scheiben von abschneiden können....
http://www.youtube.com/watch?v=G-kxpew81Rg
 

Erste Aufnahmen

Ich muß noch ein bischen mit den Mikro-Positionen experimentieren und das Pedal leiser machen aber hier sind die ersten Aufnahmen:

ein bischen Beethoven (weil ich gerade daran übe)
xxx

etwas Schubert
xxx


und noch ein kleiner Walzer von Schubert
xxx

Natürlich will ich, daß ihr sofort alles anhört und hier was schreibt ;)

...naja, die Hoffnung stirbt zuletzt

Die Aufnahmen sind natürlich entlarvend, man merkt, was sicher ist und was nicht, alleine klappt es besser.

Mich würde sehr interessieren, was die Fachleute zu dem Klang etc. sagen. Ich bin sehr froh, daß ich dieses Klavier reaktiviert habe aber ich bin natürlich auch voreingenommen...
 
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Wunderschön... *schwärm*

Man hört richtig, wieviel Freude es Dir bereitet, darauf zu spielen. Ich freu' mich auf die nächsten Aufnahmen.

Das Klavier hat echt viel Charme.
 
Guendola, auch wenn der Bass nicht donnert und grollt, wenn das Pedal Geräusche macht und der ganze Klang von so einem Kleinklavier vielleicht etwas nasaler und trockener klingt als bei einem Digitalpiano mit bombastischen Flügelsample und künstlichem Hall:
Du musst doch zugeben, dass der Klang leben hat und diesbezüglich auch kein 5000,- Euro Digi da rankommt, oder?
 
Guendola, auch wenn der Bass nicht donnert und grollt, wenn das Pedal Geräusche macht und der ganze Klang von so einem Kleinklavier vielleicht etwas nasaler und trockener klingt als bei einem Digitalpiano mit bombastischen Flügelsample und künstlichem Hall:
Du musst doch zugeben, dass der Klang leben hat und diesbezüglich auch kein 5000,- Euro Digi da rankommt, oder?

Ein 5000 Euro Digi würde ich niemals kaufen sondern eher etwas drauf legen und einen Flügel kaufen.

Den Bässen werde ich aufnahmetechnisch noch auf die Sprünge helfen, es klingt in echt etwas voller.

Die Begeisterung läßt leider schon ein bischen nach, denn der Stimmungsunterschied war wohl doch ein bischen heftig. Ein paar Töne gehen etwas runter und somit muß es in ein paar Wochen neu gestimmt werden, dann hoffentlich stabiler. Ich spiele trotzdem möglichst viel auf dem Instrument, damit es sich an mich gewöhnt. Aber das ist dann auch gleich die Gelegenheit, weiteres mit dem Stimmer/Klavierbauer zu besprechen, damit ich dann schon mal meinen Geldbeutel an eine weitere Belastung gewöhnen kann. Soweit bezahlbar und sinnvoll, werde ich das Klavier weiter aufarbeiten lassen, denn halbe Sachen mag ich nicht und es lohnt sich ja!
 
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Das Pedalgeknarze habe ich mit etwas Nähmaschinenöl abstellen können. Dabei habe ich gleich den Pedalweg etwas reguliert. Aber da muß ich noch etwas mehr probieren, denn jetzt spricht das Pedal zwar sofort an aber es ist etwas schwierig, mit dem Fuß auf dem Pedal komplett loszulassen.
 
Glück gehabt, nachdem hier nicht steht wo geölt wurde.
Sleepless in Dornbirn? ;-)
Beim chinesischen Wanderklavier knarzen die Lager der Abhebestange, besonders wenn ich mit Halbpedal herumturne. Diverse Mittelchen hätte ich da (Teflon, Silikon, Ballistol, KEIN Protek CLP), aber ich warte wohl lieber auf den nächsten Stimmerbesuch, auch wenn die Stimmung ganz schön stabil ist :p
Übrigens, kann das sein, daß eine Verstimmung während der Übergangsphase (Beginn/Ende der Heizungsperiode) sich im Winter/Sommer wieder ausgleicht? Habe den Eindruck...

LG Hanfred
 
Übrigens, kann das sein, daß eine Verstimmung während der Übergangsphase (Beginn/Ende der Heizungsperiode) sich im Winter/Sommer wieder ausgleicht? Habe den Eindruck...

Das soll in der Tat so sein, wenn die Stimmung an sich stabil ist. Man müßte also theoretisch nur zwei Klaviere haben, die für die jeweilige Jahreszeit gestimmt sind. Allerdings sind Stimmungen wohl doch nicht sooooo stabil, daß man dadurch sparen könnte, denn das müßte ja einige Jahre funktionieren, damit man die Kosten für das Zweitinstrument wieder rein bekäme ;)
 

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