"musikalische Bildung" im Klavierunterricht bei Kindern vs. Unterrichtszeit verkürzen

Orchid

Orchid

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Ab welchem Alter kann man Kinder eigentlich musikalisch bilden?
Ich weiß nicht, wie ich das treffend ausdrücken kann.

Hintergrund ist dieser:
Meine Kinder sind 10 und 12 Jahre alt. Das jüngere spielt seit 3+3/4 Jahren, das ältere seit 2+3/4 Jahren Klavier, jedes mit wöchentlich 45 Minuten Unterricht, bei uns zu Hause.
Den Klavierlehrer (übrigens nicht mein Lehrer, ich habe einen anderen) fand ich schon immer etwas "anders".
Er spielt mit den Kindern nur, was ihnen "Spaß" macht, das finde ich soweit ganz gut. Das sind ganz überwiegend Pop-Stücke. Etwa die Hälfte der Stücke schreibt er selbst auf, in Buchstaben, nicht in Noten. Die übrigen Stücke spielen die Kinder in nicht zu schwerer Bearbeitung anhand von Noten.
Er ist normalerweise nicht vorbereitet auf den Unterricht, wobei ich nicht weiß, ob man überhaupt Vorbereitung erwarten kann oder sollte.
Die Kinder üben fast täglich etwa 15 Minuten (ich weiß, länger wäre besser), das jüngere manchmal auch mehr. Sie spielen soweit nicht schlecht, sind aber keine Überflieger.
Der KL ist mit den Fortschritten zufrieden und lobt mir gegenüber ihre recht schnelle Auffassungsgabe.
Konzentrationsmäßig waren 45 Minuten nie zu lang. Probleme im Miteinander gibt es meines Erachtens nicht, alles läuft stressfrei und harmonisch (Kekse und Tee gibt's bei mir auch).

In der vorletzen Stunde fragte der KL nun, ob wir nicht von jeweils 45 auf jeweils 30 Minuten verkürzen wollten, da könnte ich doch Geld sparen. Das reiche völlig, weil sie so schnell verstehen würden, was er erklärt.

So lächerlich das klingt, ich war nach dem Vorschlag fassungslos. Ich dachte, so weit die Konzentationsfähigkeit es zulässt, wäre je länger desto besser. Liege ich da falsch?

Er erklärt kaum etwas. Kein Heranführen an die Theorie. Er achtet wenig auf korrekten Rhythmus (rhythmische Ungenauigkeiten sind für ihn Zeichen künstlerischer Freiheit, manche falschen Töne ebenso). Er achtet nicht auf die Haltung. Ich könnte noch so viel Merkwürdiges erzählen...aber das sprengt den Rahmen.

Ich habe das alles hingenommen, weil ich nicht so überzogen hohe Ansprüche stellen wollte, wie an meinen eigenen Klavierunterricht, damit den Kids nicht der Spaß am Klavierlernen vergeht.
Ich dachte, Kinder brauchen vielleicht mehr Zeit, oder mehr Lernstoff wäre in einer Unterrichtsstunde eben nicht zu schaffen.

Aber nun stattdessen die Unterrichtszeit verkürzen?

Habe ich völlig falsche Vorstellungen? Wenn noch Zeit ist im Unterricht und die Konzentrationsfähigkeit noch da ist, dann könnte man doch auch schon Kinder in dem Alter behutsam an Musiktheorie oder an spielerische Improvisation heranführen. Ich würde denken, je früher man damit beginnt, umso besser. Und schließlich sind es ja keine Kleinkinder mehr, sondern 10 und 12 Jahre alt.

Wenn die Kinder eine rasche Auffassungsgabe haben, wäre es dann nicht sinnvoller, noch etwas mehr zu erklären, als den Unterricht stattdessen früher zu beenden?

Mir geht die Möglichkeit nicht aus dem Kopf, dass er vielleicht nur nicht in der Lage ist, eine Unterrichsstunde sinnvoll zu füllen. Obwohl er angeblich Klavier studiert hat.

Ich bin mittlerweile völlig irritiert, ich habe nicht nur Zweifel an meinem eigenen KL (an anderer Stelle im Forum), sondern auch an dem der Kinder. Im Hinblick auf Klavierunterricht bin ich leider inzwischen echt ernüchtert.

Was denkt Ihr, als Klavierlehrer, als Eltern oder als ehemalige Schüler?
 
Das sehe ich wohl auch so.

Nur, wo einen anständigen finden, selber backen geht ja nicht...
Ich habe inzwischen drei für mich selbst getestet (der vierte Anlauf startet gerade, vielleicht berichte ich irgendwann) und war nicht sehr begeistert. Dazu "kenne" ich drei vom Hörensagen.
Mensch, ich hätte nicht gedacht, dass das soo schwer sein kann. Und ich wohne nicht in der totalen Provinz, sondern in einem Speckgürtel. Es gibt noch einige, aber ich mag dieses "Beenden" und "Neuanfangen" gar nicht. Für mich selbst geht das ja noch, aber mit den Kindern möchte ich nicht zu viel herumexperimentieren.
Muss ich wohl trotzdem...

Aber was würdest Du sagen, sollte man Kinder schon behutsam musikalisch bilden? Ich denke, eigentlich schon.
 
Oh weh.... Das hört sich schlimm an.
Sollte meine Tochter jemals Lust auf Klavierunterricht haben, wüsste ich schon ziemlich genau, welche Lehrer in der Region richtig gut sind.
Und zu einem anderen würde ich sie auch nicht geben.
Dazu gehört eben, dass man sich vorab informiert. Aber diese Mühe erspart hinterher so manches Wehklagen.
LG,
NaMu
 
Mir geht die Möglichkeit nicht aus dem Kopf, dass er vielleicht nur nicht in der Lage ist, eine Unterrichsstunde sinnvoll zu füllen. Obwohl er angeblich Klavier studiert hat.
Mit Ferndiagnosen möchte ich vorsichtig sein, aber diese These scheint mir sehr zutreffend. Ob er von Methodik und Didaktik Ahnung hat, wäre die nächste Frage. Das Fach Klavier kann man auch ohne anschließende Lehrbefähigung studieren.

Korrigiere mich: Sollte KLSWPA heißen. Sobald @hasenbein mitschreibt, ist der volle Wortlaut dieser Abkürzung klar.

LG von Rheinkultur
 
Meine Tochter hatte schon als 8-jährige Anfängerin immer einen Theorieteil, der in den Unterricht eingebettet war.
Tonart des Stücks bestimmen, welche Töne kommen in dieser Tonleiter vor, was sind Akkorde und wie begleitet man ein Stück. Dazu improvisieren mit 5-Tonleiter und singen.

Das ganze in 30 Minuten Unterricht. Bis zum Schluss hat sie von den Stücken mehr verstanden als spielen gekonnt.
War nach den Maßstäben des Forums fast perfekter Unterricht.
Dann kam leider die Pubertät....

Auch Kindern kann man Theorie nahebringen.
Wie man den besten Klavierlehrer findet kann ich leider auch nicht sagen.
 
Nun, dazu, dass der KL schlecht ist und sofort in die Wüste geschickt werden sollte, muss ich wirklich nichts mehr weiter schreiben, das ist klar.

Abgesehen davon, dass er, wie sehr viele KL, von Methodik und Didaktik keinen Schimmer hat, kann man aber ergänzen ergänzend sagen:

Solche Lehrer sind eigentlich lediglich Auswüchse des allgemeinen Zeitgeistes.

Nichts mehr verlangen. Alle sind "super", jeder Kack wird gelobt. Das Kind soll bestimmen, alles andere wird als diktatorisch, elitär und "kreativitätshemmend" betrachtet. Alles soll immer "Spaß" machen, ggf. macht man didaktisch Unsinniges, damit auch nur ja nicht zwischendurch der "Spaß" nachlässt.

Viele von uns werden die Zeiten noch miterleben, wo das alles "zurückgedreht" wird, weil die Gesellschaft erkennen muss, dass man damit nur unfähige, auf kindlicher Entwicklungsstufe stehengebliebene Narzissten züchtet und irgendwann der allgemeine Betrieb einer Volkswirtschaft nicht mehr vernünftig aufrechterhalten werden kann.
 
Viele von uns werden die Zeiten noch miterleben, wo das alles "zurückgedreht" wird, weil die Gesellschaft erkennen muss, dass man damit nur unfähige, auf kindlicher Entwicklungsstufe stehengebliebene Narzissten züchtet und irgendwann der allgemeine Betrieb einer Volkswirtschaft nicht mehr vernünftig aufrechterhalten werden kann.

Her mit dem Rohrstock :teufel:

Ich glaube du leidest wie viele alte Menschen zu sehr dem vergangenen nach. Ich kenne auch genügend Beispiele aus näherer Umgebung die alles andere als auf der narzisstischen faulen Haut liegen und rumjammern.... viele die Risiko eingehen und weit über gesetzlich definierte Arbeitszeiten buckeln und versuchen was zum laufen zu bringen. Durchaus volkswirtschaftliche Faktoren.... fähige innovative Gestalten die altgebackene sch*** aus deiner Generation ausklopfen... denke mal auch viele haben null Bock auf helikoptereltern und wichiwaschi und sind froh wenn sie sich von den dummen Fesseln befreien können... aber du malst eindeutig schwarz... ich beobachte bei einigen 50+ diese Muster. Egal in welchen Gewerbe :-D:super:
 
Nein, ich "male schwarz" nicht deswegen, weil ich schon so alt bin, sondern weil ich als Lehrperson tätig bin und daher die Entwicklung seit Anfang der 90er genau mitbekommen habe.

Sehr viele Lehrer, ob an allgemeinbildenden Schulen oder ob anderweitig mit Kindern und Jugendlichen zugange, werden Dir bestätigen dass es da sehr deutliche Tendenzen insbesondere in den letzten ca. 25 Jahren gibt.

Andersrum wird ein Schuh draus: Du bist nicht in einem Lehrberuf mit Kindern/Jugendlichen, daher nimmst Du das alles gar nicht so wahr.
 
Es gibt noch einige, aber ich mag dieses "Beenden" und "Neuanfangen" gar nicht. Für mich selbst geht das ja noch, aber mit den Kindern möchte ich nicht zu viel herumexperimentieren.
Du kannst das "Ausprobieren" doch etwas genauer vorbereiten. Kriterien, die du schon vorher siehst bzw. wahrnimmst:

- Hast du aufgrund von Empfehlungen oder durch Online-Suche den KL gefunden? Falls ersteres, wie spielen denn die Empfehlenden und was berichten sie? Falls letzteres, wie gepflegt sieht die Website aus, welches Gefühl vermittelt sie, was schreibt der KL? (Auch eine "alte" Website könnte dafür sprechen, dass dennoch genügend Schüler vorhanden sind; trotzdem gewinnt man einen Eindruck)
- Wie teuer ist der Unterricht? Gibt es eine (unnötige!) kostenlose Probestunde (die heißt übersetzt: Ich brauche mehr Schüler)
- Was hindert dich, vor dem ersten Unterricht ein Telefongespräch oder E-Mail-Austausch zu führen, in dem du dich etwas genauer über die Art des Unterrichtens erkundigst? Auch wenn das nur bedingt Rückschlüsse auf den Unterricht zulässt, kann man aus der Art der Reaktion auf diese Frage Rückschlüsse ziehen.
- Bevor du Probestunden nimmst oder gar wechselst, bitte doch darum, ein oder zwei Stunden von anderen Schülern beobachten zu dürfen. Ich biete das an (statt kostenloser Probestunde). Interessanter Weise hat es aber noch nie jemand gemacht, sondern immer direkt Unterricht gewollt.

PS: Komischer Lehrer... Nach drei Jahren Unterricht sollte man Notenlesen gelehrt haben, es sei denn, das Kind war beim ersten Unterricht anderthalb...
 

Auch für mich hört sich das alles sehr, sehr merkwürdig an.

Bei Schülern mit schneller Auffassungsgabe wäre zu erwarten, dass sich eine Lehrkraft gerade dann bemüht, besonders viel zu vermitteln. 30 Minuten für ein aufgewecktes Kind sind nicht viel.

Strategien zur Findung anderer Lehrer:
unbedingt herumhören: andere Eltern - Nachbarn - eventuell die "normalen" Schullehrer (die manchmal auch Verbindungen zu Musikschulen haben) - Leute, die Leute kennen, die Leute kennen … - vieles läuft über Mundprogaganda!

Aber Du wirst dann Deine Kinder mit einbinden müssen - ein Wechsel in diesem Fall könnte Überraschungen bergen.

Was sagen die eigentlich zu dem Unterricht? Gibt es Zeichen von Unterforderung?
 
Ich vermute du hängst dich an den Wörtern/begriffen auf?

:-) Aufhängen ... nein, das möchte ich nicht, noch ist das Leben zu schön.;-)

Ja, ich meinte die beiden Wörter, die Du genutzt hast (die von mir markierten). Sie drücken eine defensive/negative Haltung aus.

Aber bitte vergiss meine Anmerkung einfach. :schweigen:


@Orchid

Wünsche Dir viel Erfolg, für Deine Kinder eine passenden Lehrkraft zu finden. Schade, dass das bei euch so gelaufen ist.
 
Ja, aber ich meinte die beiden Wörter, die Du genutzt hast (die von mir markierten). Sie drücken eine defensive/negative Haltung aus.

Aber bitte vergiss meine Anmerkung einfach. :schweigen:

Das defensive galt als Rechtfertigung gegenüber dem Post von Hasenbein. Nichts weiter. Warum sollte ich die vergessen :konfus::lol:alles gut.
 
- Hast du aufgrund von Empfehlungen oder durch Online-Suche den KL gefunden? Falls ersteres, wie spielen denn die Empfehlenden und was berichten sie? Falls letzteres, wie gepflegt sieht die Website aus, welches Gefühl vermittelt sie, was schreibt der KL? (Auch eine "alte" Website könnte dafür sprechen, dass dennoch genügend Schüler vorhanden sind; trotzdem gewinnt man einen Eindruck)
- Wie teuer ist der Unterricht? Gibt es eine (unnötige!) kostenlose Probestunde (die heißt übersetzt: Ich brauche mehr Schüler)
- Was hindert dich, vor dem ersten Unterricht ein Telefongespräch oder E-Mail-Austausch zu führen, in dem du dich etwas genauer über die Art des Unterrichtens erkundigst? Auch wenn das nur bedingt Rückschlüsse auf den Unterricht zulässt, kann man aus der Art der Reaktion auf diese Frage Rückschlüsse ziehen.
- Bevor du Probestunden nimmst oder gar wechselst, bitte doch darum, ein oder zwei Stunden von anderen Schülern beobachten zu dürfen. Ich biete das an (statt kostenloser Probestunde). Interessanter Weise hat es aber noch nie jemand gemacht, sondern immer direkt Unterricht gewollt.

Noch eine kleine Ergänzung: wenn Du ein wenig Zeit hast für die Suche, dann besuche die Schülervorspiele. Die Resultate hängen natürlich im Einzelfall vom jeweiligen Schüler ab, aber in der Summe kann man sich da schon sehr gut ein Bild des Lehrers machen.
 
Vielen Dank, für die vielen Anregungen.
Ich höre mich schon um, wo ich kann. Viele Eltern haben selbst keine musikalischen Kenntnisse und sind mit fast allem zufrieden, scheint mir. Auch über unseren KL habe ich mich erkundigt. Zwei Familien haben offenbar kein Problem mit ihm, aber diese Eltern haben, glaube ich, selbst keinen Bezug zu Musik.
Manche empfohlenen KL haben keine Plätze frei. Und leider gibt's hier irgendwie überhaupt nicht wirklich viele musikalische Familien.

Ich habe aber noch jemanden im Auge. Bei der letzten Nachfrage vor geraumer Zeit hatte sie keine freien Plätze, aber jetzt könnte ich noch mal nachfragen.

Nach drei Jahren Unterricht sollte man Notenlesen gelehrt haben
Die Kinder können natürlich Noten lesen, es fiel ihnen nicht besonders schwer, das zu lernen. Allerdings sollen sie bei den Notenstücken immer viele Notennamen dazu schreiben, dadurch spielen sie im Endeffekt doch wieder viel nach Buchstaben. Na und die ganzen Popstücke spielen sie ja sowieso oft nach Buchstaben. Obwohl, genaugenommen spielen sie doch alles schnell auswendig.

Was sagen die eigentlich zu dem Unterricht? Gibt es Zeichen von Unterforderung?
Nun ja, die sind eher froh, wenn sie nicht erheblich mehr als nötig üben müssen. Sie sind da nicht so leidenschaftlich wie ich.
Sie würden schon den Lehrer wechseln, weil Manches sie auch an ihm nervt. Sie haben aber etwas Sorge, dass sie bei einem neuen Lehrer keine modernen Songs mehr spielen würden. Mit Mozart und Co. kann man in dem Alter nur wenige Freunde begeistern. Leider.
 
Du musst Ihnen schon auch die Chance geben, diese Musik überhaupt erst einmal kennenzulernen.
Wem, den Freunden? Darauf habe ich keinen Einfluss.
Meine Kinder selbst hören schon von mir so Manches an klassischen Stücken. Sie haben nichts grundsätzliches dagegen, würden das auch spielen, spielten auch schon ein paar Stückchen. Aber sie würden vor Freunden in der Schule nichts dergleichen vorspielen wollen. Da würden sie lieber Astronaut, Fluch der Karibik, New Age oder Last Unicorn wählen. Ich kann's nicht ändern, außer Ihnen klassische Musik nahezubringen. Schön wäre als Repertoire wohl eine Mischung aus alt und neu.

*Grusel*
Genau aus diesem Grund würde das kein vernünftiger Lehrer verlangen
Sehe ich genauso.
 

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