"... wenn die Notensetzer- und Verleger darauf vertrauten, dass Klavierlernende und schon -gelernthabende durchaus in der Lage sind, sich die Regel, dass solche Zeichen lediglich für den jeweiligen Takt gelten, zu merken."
Tja, Rosenspieß, der eine so, der andere anders: Ich hoffe, daß Notensetzer die Gepflogenheit, "überflüssige" Warnvorzeichen (courtesy accidentals nennt man sie im Englischen) zu setzen, beibehalten. Ein Musiker denkt, wenn er schnell genug denkt, in Tonarten und Harmonien, er braucht die Warnvorzeichen gerade deswegen, weil er sich geltende Vorzeichen nicht erst merken muß, sondern automatisch in der richtigen Tonart bleibt und darum angezeigt haben muß, wann sie sich wieder ändert. Dem Anfänger geht es eher umgekehrt, denn der vergißt schon leichter mal, daß Vorzeichen noch gelten.
Wenn man sich aber die Regel merken kann, daß Vorzeichen nur einen Takt lang gelten, dann kann man sich sicher auch merken, daß ein wiederholtes b kein Doppel-b und ein wiederholtes Kreuz kein Doppel-Kreuz bedeuten, diese Regel ist nämlich auch eindeutig, insofern kann die Wiederholung eines Vorzeichens eigentlich niemanden stören und verwirren.
Viel verwirrender ist folgendes Beispiel bei dem das Warnvorzeichen für Anfänger wie für Fortgeschrittene wahrlich unverzichtbar ist: fis unmittelbar vor dem Taktstrisch, f unmittelbar danach. Fehlt hier das Warnvorzeichen, also das Auflösungszeichen vor dem f, ist Anfängern wie Fortgeschrittenen unklar, ob das Absicht oder Druckfehler ist, und ob der zweite Ton als fis oder als f gemeint ist. Ebenfalls einleuchtend: Querstände; spielt die Linke erst fis, kurz danach die Rechte in anderer Oktave ein f, bleibt evtl. wieder unklar, ob das Kreuz oder das Auflösungszeichen fehlt.
Warnvorzeichen sind unverzichtbar, und ich habe schon sehr oft erlebt, daß Mitmusiker ob eines fehlenden Warnvorzeichen in Ensemble-Proben erst mal falsch gespielt haben; die malen sich die Warnvorzeichen dann eben selber rein. Warnvorzeichen sind üblich, nicht weil man dem Anfänger helfen will, den sie anscheinend manchmal verwirren, sondern weil Notensatz hoffentlich auch weiterhin mit der Klugheit der Erfahrenen rechnet.
Zeisig rät darum allen Anfängern: Merkt euch den Begriff "Warnvorzeichen", der klarstellt, wofür sie gut sind, und ihr werdet euch an sie gewöhnen und irgendwann dankbar für jedes sein.