Aber als Vater eines Sohnes, der gerade mit dem Klavierspiel begonnen hat und der jetzt das Alter erreicht, in dem Angebote für die ersten Wettbewerbe gemacht werden, denke ich viel kritischer darüber. Ich muss mir die Frage stellen, was ich ihm „zumuten“ kann, inwieweit ich seine Freude am Klavierspiel nun einem Juryvoting aussetze.
In Deutschland gibt es - im Gegensatz zu vielen anderen Ländern ! - für niemanden die Pflicht an einem Wettbewerb oder Prüfungen teilzunehmen. Nicht einmal in den staatlichen Musikschulen.
Über das durchschnittliche Niveau an deutschen Musikschulen hat
@chiarina schon das Richtige gesagt.
Ich persönlich halte Wettbewerbe für Kinder unter 8 bis 10 Jahren auch für problematisch, die Gründe sind teilweise hier schon genannt worden.
Andererseits sind Schulkinder durchaus daran gewöhnt, dass ihre Leistungen durch Benotung (hoffentlich nach Qualität!) eingeordnet werden
Ein weiterer Grund ist die Anbindung von Förderung an Erfolge. Beispielsweise:
2 8-jährige, etwa gleich weit fortgeschritten, nehmen an JuMu teil, A spielt gut bekommt 24 Punkte, B stolpert an 2 Stellen, kriegt es nicht mehr auf die Reihe, geht weinend von der Bühne. A wird weiter gefördert, gewinnt weitere Wettbewerbe, B ist frustriert bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück und gibt das Klavierspiel auf oder bleibt ein Hobby-Pianist mit Hemmungen auf der Bühne, wenn er sich mal aus der Deckung wagt. Wer ist der Sieger? Braucht es einen Sieger? Ich finde, dass A und B in diesem platten Beispiel gute Chancen haben
A ein Scheißleben (mit oder ohne Klavier)
oder
B ein glückliches Leben (mit oder ohne Klavier)
zu haben und alles dazwischen.
Lässt sich daran durch Abschaffung, Änderung oder Vermehrung von Kinder- und Jugendwettbewerben etwas ändern? Wohl eher nicht!
Was will ich sagen: zu frühe Selektion ist immer problematisch und das Leben im Allgemeinen und insbesondere ein erfolgreiches und glückliches Leben hängen in einem großen Ausmaße von Zufällen (angefangen von der 'Auswahl der Eltern und dem Ort der Geburt) ab, gegen die wir uns nicht wappnen können.
Als jemand, der erst mit 11 Jahren überhaupt begonnen hat ein Instrument zu erlernen und eher vorsichrig bremsende Eltern hatte, als das Klavier für mich sehr wichtig wurde, bin ich dem 8-jährigen Wunderkind, das schon den ersten Band des WtC auswendig drauf hat, gegenüber fassungslos verwundert und dennoch weitestgehend gleichgültig.
Ein kluger Mann meinte mal: bei Künstlern zählt nichts, was sie vor ihrem 18 Lebensjahr gemacht haben. Vielleicht hat er recht??