"Komischer" Fingersatz

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Castati

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Hallo,

ich mal wieder. :D
In einem Stück von Bach (BWV 124, Bärenreiter Urtext Notenbüchlein für Anna Magdalena) habe ich einen Fingersatz, dessen Sinn ich nicht verstehe. Im Bassschlüssel sind 4 gleiche Achtel, alle d eine Oktave tiefer (sorry, wie heißt das nochmal richtig? d1?) und danach nochmal das d als Viertel. Der Fingersatz ist:
4 3 2 1 4

Was ist der Sinn dahinter? Wenn ich nach der Stelle tiefer gehen müsste würde ich den Wechsel zur 1 verstehen, aber das d ist der tiefste Ton im ganzen Stück und bei der Viertel landet man wieder bei der 4.

Wer kann mich aufklären?
 
Das ist ein gerne genommener Fingersatz bei Repititionen (immer der gleiche Ton wird gespielt). Dadurch, dass man den Ton mit verschiedenen Fingern spielt, soll erreicht werden, dass die Töne bewusster gespielt werden und jeder deutlich angespielt wird, damit es nicht "verwischt" oder man Töne "verschluckt". Das z.B. kann passieren, wenn man alles mit einem Finger spielt und die Taste nicht wieder bis ganz nach oben führt, sondern sie zu schnell wieder herunterdrücken möchte.

Je nach Situation ist solch ein Fingersatz sinnvoller oder eben auch nicht. Manchmal spiele ich auch bewusst nur mit einem Finger eine Repitition, das kommt auf das Stück und auch die Geschwindigkeit der Wiederholung an. Bei schnellen Repititionen ist aber ein Fingerwechsel durchaus sehr hilfreich.

Gruß,
Sulan
 
Danke für die Erklärung!
 
Manche Pianisten schwören auf Fingerwechsel bei Tonrepetitionen, andere auf das Beibehalten desselben Fingers. Ist Geschmacks- und Gewöhnungssache.

PS: Auch in Urtextausgaben ist der Fingersatz meist von einem Herausgeber hinzugefügt. Originale Fingersätze der Komponisten sind extrem selten.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Je nach Situation ist solch ein Fingersatz sinnvoller oder eben auch nicht. Manchmal spiele ich auch bewusst nur mit einem Finger eine Repitition, das kommt auf das Stück und auch die Geschwindigkeit der Wiederholung an. Bei schnellen Repititionen ist aber ein Fingerwechsel durchaus sehr hilfreich.
Ich würde den letzten Satz noch drastischer formulieren: Ohne Fingerwechsel sind wirklich schnelle Repetitionen nicht spielbar. Der Grund: Wenn ich Repetitionen mit dem gleichen Finger spielen will, muß ich den Finger zuerst von der Taste lösen und entspannen, bevor ich ihn erneut anschlagen (d.h. anspannen) kann. Das kostet Zeit. Deswegen ist es sinnvoll, für die Repetition einen Finger einzusetzen, der bereits entspannt ist.

Im langsamen Tempo sind Fingerwechsel (meist) überflüssig (hängt allerdings auch davon ab, was man klanglich beabsichtigt), bisweilen irritieren sie sogar den Spielfluß der anderen Hand. Da gilt es dann abzuwägen.

Ich rate meinen Schülern, Repetitionen erst einmal mit Fingerwechsel zu trainieren, damit der Bewegungsablauf in Fleisch und Blut übergeht. (Aber ich bin ein Pädagoge, der die Ausnahme durchaus als Regel anerkennt - deswegen ist auch hier vieles verhandelbar.)
 
[...] unter Aufrechterhaltung einer Dauerspannung ein schnelles Auf- und Abzittern mit Unterstützung aus dem Unterarm [...]
Wenn es Dir denn gelingt, die Spannung im Untrarm auch wieder abzubauen. Nur - solche Repetitionen stehen in aller Regel in einem figurativen Kontext, wo ein leichter Arm benötigt wird. Und wenn der Unterarm erst einmal fest ist, dann wird's heikel (für mich jedenfalls).

Deswegen bereiten mir auch schnelle Repetitionen von Oktaven ziemliche Schwierigkeiten (z.B. Schuberts "Erlkönig").
 
Ich würde den letzten Satz noch drastischer formulieren: Ohne Fingerwechsel sind wirklich schnelle Repetitionen nicht spielbar. Der Grund: Wenn ich Repetitionen mit dem gleichen Finger spielen will, muß ich den Finger zuerst von der Taste lösen und entspannen, bevor ich ihn erneut anschlagen (d.h. anspannen) kann. Das kostet Zeit. Deswegen ist es sinnvoll, für die Repetition einen Finger einzusetzen, der bereits entspannt ist.

<Klugscheiss>
Ja, mit der kleinen Feinheit, dass extrem schnelle Repetitionen wiederum nur ohne Fingerwechsel spielbar sind. Ich meinen solche Repetitionen, die schneller sind als die Taste zum Zurückgehen in die Ausgangslage braucht -dafür wurde für den Flügel ja die Doppel-Repetiermechanik erfunden. Dafür darf man die Taste nicht komplett loslassen, sondern nur um einen sehr kleinen Weg, etwa 1 oder 2 Millimeter. Damit sind Repetitionen > 15 pro Sekunde möglich, und vor allem: sehr, sehr leise Repetitionen. Das ist mit mehreren Fingern m.E. gar nicht möglich.
</Klugscheiss>

Zumindest ich bevorzuge Repetitionen mit mehreren Fingern abwechselnd bei barocker Musik, weil mir da die Artikulation zuverlässiger gelingt. Aber dafür Abstriche bei der dynamischen Gleichmässigkeit.

Jedoch, bei Chopin z.B., bevorzuge ich Repetitionen mit dem gleichen Finger, weil mir da der dynamische Verlauf wichtiger ist und ich eh das Pedal meist gedrückt habe (d.h., Artikulationsbemühungen sind praktisch "wurscht"). Außerdem deshalb, weil es Zeitzeugenaussagen gibt, dass Meister Chopin selber Repetitionen ohne Fingerwechsel machte (seine Pleyel-Klaviere und Pleyel-Flügel hatten übrigens keine Doppel-Repetiermechanik gehabt).
 
"Damit sind Repetitionen > 15 pro Sekunde möglich", sprach Mindenblues.
Wo hast du diese Zahl her, 15 Hz und mehr? 15 Hz entsprechen bei 16teln einer Metronom-Angabe von 4tel=225. Hast du dich da irgendwie vertütelt oder kannst du tatsächlich einen berühmten Pianisten nennen, der das in dieser Geschwindigkeit, ob mit oder ohne Fingerwechsel, mal eingespielt hat? Es klingt so:


Die Angewohnheit von Herausgebern, bei jeder noch so unproblematischen Repetition Fingerwechsel vorzuschreiben, scheint zwanghaft zu sein (man lese, was Georgii im Klavierspielerbüchlein dazu schreibt). Völlig gegen das Metrum bürstet darum z.B. so manche Ausgabe der Elise im a-moll-Teil die Tonwiederholungen im Baß 321-321, obwohl das ohne Fingerwechsel in diesem eher mäßigen Tempo dynamisch viel kontrollierter zu gestalten ist. Unverzichtbar sind Fingerwechsel nur in schnellstem Tempo. Nützlich können sie bisweilen auch in langsamerem sein. Zum Gesetz muß man sie nicht erklären, denn oft ist manches ohne Fingerwechsel viel einfacher. Vor allem habe ich eines nie verstanden: Diejenigen Herausgeber, die bei der Elise den Fingerwechsel 321-321 auf dem A vorschlagen, bieten keinerlei Lösung an, wie man die nachfolgende Doppelgriff-Quinte mit Fingerwechsel spielen soll. Der Grund ist simpel: diesen Doppelgriff mit Fingerwechseln zu spielen ist genauso absurd, wie das einzelne A zwanghaft mit Fingerwechseln zu spielen. Aber beim Einzelton sehen sie's einfach nicht ein...
 
"Damit sind Repetitionen > 15 pro Sekunde möglich", sprach Mindenblues.
Wo hast du diese Zahl her, 15 Hz und mehr? 15 Hz entsprechen bei 16teln einer Metronom-Angabe von 4tel=225. Hast du dich da irgendwie vertütelt oder kannst du tatsächlich einen berühmten Pianisten nennen, der das in dieser Geschwindigkeit, ob mit oder ohne Fingerwechsel, mal eingespielt hat? Es klingt so:

Tja, habe gerade in einige Bücher geblättert, die als Quelle potentiell in Frage kämen - habe bisher die Quelle nicht gefunden bzgl. der quantitativen Aussage der Repetitionen. Falls die Quelle mir wieder über den Weg läuft, werde ich mich melden.

Hatte aber auch nicht geschrieben, dass ein berühmter Pianist solche irren Repetiergeschwindigkeiten spielt (klingt schon irreal schnell, dein Beispiel - danke dafür!), sondern nur dass es die Mechanik prinzipiell erlaubt - im Gegensatz z.B. zu manchen Digitalpianos, bei denen manchmal kaum vernünftige Triller hinzubekommen sind (habe selber ein Kawai MP9500, mit sehr zähem Spielgefühl).

Habe mal spassehalber gerade an meinem Flügel (hat eine Renner-Mechanik) was aufgenommen, am Anfang ist es die Doppel-Repetiermechanik an 2 verschiedenen Tönen mit 1 Finger gespielt, dabei die Taste höchstens 1-2 Millimeter bewegt, beim 2. Ton zum Schluss dann mit 3 Fingern gespielt, und ohne Einfluss der Doppel-Repetiermechanik (denke ich zumindest, jedenfalls wird die Taste ganz losgelassen).
Es hört sich grausam an, weil es nicht konstant klingt, also ohne musikalischen Wert. Aber man kann hören, dass bei Doppel-Repetiermechanik sehr leise Repetitionen möglich sind (man hat den Vergleich mit der normalen Repetition am Schluss).

[MP3="http://family-schmidt-minden.de/MindenBlues/Piano/Repetieren1.mp3"]Repetieren[/MP3]

Ist außerdem noch einiges langsamer, vielleicht 8 Repetitionen pro Sekunde an der schnellsten Stelle? Keine Ahnung. Vielleicht schafft es ein Alkoholiker auf Entzug mit entsprechendem Tremor besser als ein berühmter Pianist (am besten man ist beides :D), auf die angegebene Repetiergeschwindigkeit von 15 pro Sekunde oder mehr zu kommen - nicht, dass es von irgendwelchem künstlerischen Wert ist, nebenbei bemerkt. :)
 
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Hier eine Scarlatti-Sonate, gespielt von Martha Argerich:

http://de.youtube.com/watch?v=PcsRl_LIJHA

6 Sechzehntel pro Takt mit Geschwindigkeit punktierte Viertel=112

also 112x6 Anschläge pro Minute, das sind 11,2 Anschläge pro Sekunde

Ich denke das ist schnell genug :D

Bei so schnellen Repetitionen würde ich auch den Fingerwechsel bevorzugen ;)

EDIT

Hier hab ich noch eine Aufnahme desselben Stücks mit Cembalo gefunden

http://de.youtube.com/watch?v=HLuYLN_k4lA

Tempo punktierte Viertel=84 (8,4 Anschläge pro Sekunde) - gespielt ohne Fingerwechsel, gefällt mir auch gut.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Nicht so wichtig, aber zwecks Exaktheit im Begrifflichen sei es angemerkt:
Den Ausdruck "Doppel-Repetiermechanik" kenne ich nicht. Mag sein, hier und da verwendet ihn jemand so, aber eigentlich spricht man von "Repetiermechanik" oder "doppelter Auslösung". Und doppelt auslösen wird die Flügelmechanik immer, wenn die Taste weit genug hinabgeht, das hängt also nicht davon ab, wie hoch sie wieder kommt. Ohne Auslösung kann man aber spielen, wenn die Taste nur ein wenig hinabgeht, dann löst sich der Hammer von alleine vom Repetierschenkel, ohne daß Abnickschraube vom Repetierschenkel oder Auslösepuppe vom Stößer berührt werden.
 
Hier eine Scarlatti-Sonate, gespielt von Martha Argerich:

http://de.youtube.com/watch?v=PcsRl_LIJHA

6 Sechzehntel pro Takt mit Geschwindigkeit punktierte Viertel=112

also 112x6 Anschläge pro Minute, das sind 11,2 Anschläge pro Sekunde

Ich denke das ist schnell genug :D

Bei so schnellen Repetitionen würde ich auch den Fingerwechsel bevorzugen ;)

EDIT

Hier hab ich noch eine Aufnahme desselben Stücks mit Cembalo gefunden

http://de.youtube.com/watch?v=HLuYLN_k4lA

Tempo punktierte Viertel=84 (8,4 Anschläge pro Sekunde) - gespielt ohne Fingerwechsel, gefällt mir auch gut.
Zwei wirklich gute Beispiele!
Danke
Klaviermacher
 
Haydnspaß

Ich danke sehr!
So schnell kann ich gar nicht denken, wie die diese Frauen spielen.
 
Ich bin auch absolut beeindruckt von den beiden Videos - danke für den Link, Haydnspaß!

Wie Argerich es schafft, die Repetitionen dermaßen schnell dermaßen gleichmäßig und musikalisch hinzubekommen... habe noch nie sowas gehört oder gesehen.

Aber auch die Cembalo-Variante - hier hat mich darüber hinaus auch der "druckvolle" Sound beeindruckt (klingt für mich wie Röhrenverzerrung) - hätte nicht gedacht, dass insbesondere im Bass ein dermaßen sonorer Klang aus einem Cembalo kommen kann. Außerdem hat die Dame (als ob die Sonate auch so schon noch nicht schwer genug ist) die Manuale gekoppelt. Ich nehme an, die mechanische Kopplung ist wie bei einer Orgel - d.h., doppelter Kraftaufwand.
 
Die Angewohnheit von Herausgebern, bei jeder noch so unproblematischen Repetition Fingerwechsel vorzuschreiben, scheint zwanghaft zu sein (man lese, was Georgii im Klavierspielerbüchlein dazu schreibt). Völlig gegen das Metrum bürstet darum z.B. so manche Ausgabe der Elise im a-moll-Teil die Tonwiederholungen im Baß 321-321, obwohl das ohne Fingerwechsel in diesem eher mäßigen Tempo dynamisch viel kontrollierter zu gestalten ist. Unverzichtbar sind Fingerwechsel nur in schnellstem Tempo. Nützlich können sie bisweilen auch in langsamerem sein. Zum Gesetz muß man sie nicht erklären, denn oft ist manches ohne Fingerwechsel viel einfacher. Vor allem habe ich eines nie verstanden: Diejenigen Herausgeber, die bei der Elise den Fingerwechsel 321-321 auf dem A vorschlagen, bieten keinerlei Lösung an, wie man die nachfolgende Doppelgriff-Quinte mit Fingerwechsel spielen soll. Der Grund ist simpel: diesen Doppelgriff mit Fingerwechseln zu spielen ist genauso absurd, wie das einzelne A zwanghaft mit Fingerwechseln zu spielen. Aber beim Einzelton sehen sie's einfach nicht ein...

ah, hatte mich schon gefragt wie ich bei Für Elise sinnvoll die Finger wechseln soll. Pflichtbewusst hatte ich mich da an frühere Klavierstunden erinnert, obwohl ich mit einem Finger bisher nicht auf Probleme gestoßen bin :-) Schön dass Fingerwechsel nicht uneingeschränkt beführwortet wird.
 
da kann ich auch mal mitreden!

die ELISE!

Genau da habe ich auch zum ersten Mal "Repetitionen" geübt.
(Internet macht schlau, keine Rede)
Aber mit 2 Fingern zur gleichen Zeit auf die Taste, linke Hand Daumen + Zeigefinder auf das A, das meinte mein Klavierlehrer. Naja, vielleicht dachte er, ich könnte meine Finger dabei abbrechen?

Aber mal ehrlich? Nur Flügel haben da eine ausgefeilte Technik?
Ein Klavier etwa nicht? Das kann ich nicht glauben.

Mich treffen diese Schwierigkeiten bei
Gershwin, Rhapsodie in Blue
Bach, Cembalo Konzert in d-moll, 1. Satz
aber da wird mit 2 Händen aber gleichen Fingern abwechselnd gespielt.
Ich muss bei meinem Klavier immer den Notenständer (der ist ja da bekanntlich im Deckel) hochklappen, weil ich sonst mit meinen Fingern da ab und zu hereinhaue. Es ist ein mühseliges Geschäft. Ginge das auf einem Flügel besser=leichter, einfacher oder sonst?

Geübt habe ich da so einiges mit "Asturia" (Klavierausgabe)
Das hat schon etwas.

Leute, man müsste Klavierspielen können.................

Kasha, heute motiviert
 

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