Klavierstudium - Hoffnungen, Träume ...

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So stellt sich eben auch die Frage, ob sich ein Klavierstudium grundsätzlich "lohnen" kann.
Wann muss man dann abraten oder zuraten?:confused:
Welche Kriterien will man anlegen dafür? Lohnen sich nur Berufe, die einen sichern Broterwerb versprechen?

Je älter ich werde, umso mehr reift für mich die Erkenntnis, dass es beim Beruf in erster Linie, und zwar in allererster Linie, darauf ankommt, ob man ihn liebt oder wenigstens große Freude macht oder nicht. Man verbringt einfach zuviel kostbare Lebenszeit mit dem Beruf, als daß das nicht an allererster Stelle stehen soll.

Auch wenn es abgedroschen klingen mag, das wichtigste ist, dass man mit Freude bei der Arbeit ist. Aus diesem Grund hüte ich mich, in irgendeiner Weise die Berufswünsche meiner Kinder beeinflussen zu wollen, außer sie darin zu unterstützen, ihren Traumberuf zu finden und dann zu realisieren. Ich weiß wovon ich spreche - es gibt Zeiten, wo ich bereue, nicht mehr aus meiner Neigung zur Musik gemacht zu haben, nämlich was die Berufswahl betrifft...

Wenn man erkennt, dass der Traum einer Pianistenkarriere nichts wird, gibt es doch genug Alternativen, trotzdem mit Musik seinen Broterwerb zu verdienen, als Lehrer, als Korrepetitor, als Kirchenmusiker.

Also: wenn du von "Lohnen" sprichst - für mich "lohnt" sich ein Beruf, wenn man ihn liebt. Es wird dann schon zum Broterwerb reichen, weil sich Wege finden lassen.
 
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Ich bin weder Lehrer noch habe ich Musik studiert. Trotzdem würde ich gerne meine Sicht schildern wollen.

Mittlerweile bin ich "Mitdreißiger" und wollte damals mit 15/16 unbedingt Pianist werden. Das hat sich auch stur gehalten bis ich 20 wurde. Meine Eltern haben es mir selbst überlassen was ich machen möchte, haben mich aber über die Vor- und Nachteile aufgeklärt.
Sicherlich macht es Spaß und wo könnte man besser den Spaß zum Beruf machen. Die Frage ist dann nur noch, ob es dann noch beim Spaß bleibt.
Ich habe sehr viele Klavierlehrer kennengelernt und einige Studenten einer Musikschule. Irgendwie ist die anfängliche Freude schnell zum Alltag geworden, weil man ja damit seine Brötchen verdient und zusehen muss wie es weitergeht. Einer meiner Klavierlehrer (hochbegabt, 3 Diplome) hatte echt schwer zu knabbern. Spielte in einem Trio (u.a. auch des Geldes wegen) und gab nebenbei noch an einer privaten Musikschule Unterricht. Da blieb für den angeblichen Spaß nicht viel Zeit.
Wenn ich dann bedenke, daß er in einer kleinen Wohnung mit seiner Frau lebte und noch nicht mal ein anständiges Instrument hatte und immer in der Hochschule geübt hat....:-?
Klar verdient man sich keine goldene Nase, aber so sollte es doch auch nicht sein.
Ich habe mich also damals dagegen entschieden und eine andere Studientichtung eingschlagen, mit der man größere Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat und finanziell unabhängiger ist. Bin auch mit dem Ergebnis zufrieden :D
Für mich bleibt das Klavierspielen ein ernstes Hobby und macht mir einen riesen Spaß. Dazu muss man nicht unbedingt Musik (Klavier) studieren.
Wenn man sich allerdings damit abfinden kann, daß es eine schwere Zeit werden könnte, dann nur zu. Denn machen wir uns nichts vor. Einfach ist es sicherlich nicht. Und um vorne dabei zu sein, muss man sehr, sehr viel üben. Dazu noch eine große Prise Glück und man hat es geschafft.

Also: wenn du von "Lohnen" sprichst - für mich "lohnt" sich ein Beruf, wenn man ihn liebt. Es wird dann schon zum Broterwerb reichen, weil sich Wege finden lassen.

...auch wenn es nicht mehr das ist, was man sich ursprünglich als Ziel gesetzt hat...
Aber da muss man durch. Ist glaube ich ein Problem in vielen Berufen.
 
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Das Thema ist an anderer Stelle sehr emotional hochgekocht. Ich würde es gerne auf einer sachlicheren (!) Ebene fortführen.

Meine Frage an die Klavierlehrer-Kollegen (aber es dürfen sich natürlich auch alle anderen zu Wort melden ;)): Wie reagiert Ihr, wenn Schüler im Alter zwischen 14 und 18 Euch eröffnen, sie möchten gerne an der Musikhochschule ein Klavierstudium beginnen. Eine pauschale Antwort wird sicherlich keiner von Euch geben. Man wird differenzieren müssen nach musikalischer Begabung, Arbeitshaltung, psychischer Konstitution etc. Tendiert Ihr eher in die Richtung "lebe Deinen Traum"? Oder versucht Ihr, den Berufswunsch "Pianist" in realistische Bahnen zu lenken und Alternativen aufzuzeigen? Oder ratet Ihr angesichts der ökonomischen und kulturpolitischen Verhältnisse generell ab?

(PS: Ich weiß, daß dies ein Thema ist, das viele der Teilnehmer sehr persönlich berührt und betrifft. Deswegen bitte den Umgangston entsprechend wählen. Danke.)
Mit 16 wollte ich Berufspianist werden. Einer meiner Gymnasiumsprofessoren riet mir dringend davon ab. Ich solle mir nur den (übrigens sehr bekannten) Pianisten XY ansehen: wie kümmerlich und mit fremder Hilfe er sein Dasein friste. Ich hörte auf den Rat und bereue es nicht, zumal ich meinen einstigen Traum zum Nebenberuf machen konnte und ihn bis heute in zahlreichen öffentlichen Auftritten "auslebe". Einem jungen Pianisten sollte man unbedingt erläutern, wie unbarmherzig, hart und gnadenlos der Konkurrenzkampf ist. So brutal es klingt: Es gibt zu viele Pianisten, und nur wenige schaffen es an die Spitze. Nebst Talent, Begabung und Fleiß benötigt man heutzutage auch die richtigen Beziehungen und Nerven wie Drahtseile. Wenn dagegen ein Klavierlehrer einen Schüler mit wahrem Ausnahmetalent hat, soll und muss er ihn entsprechend fördern.
 
Ich wollte immer "Komponistin" werden, mein Vater wollte aus mir (ziemlich begabt, jaja, vielleicht auch hochbegabt...) eine klassische Pianistin machen. Mein Vater war auch Jazz-Pianist und konnte gut arrangieren und improvisieren. Das hat mir sehr gefallen. Moderne Stücke, Atonalität usw. flogem mir mehr zu als Barock (was ich heute sehr liebe), aber früher habe ich mir an Barock die Finger wund geübt während Stockhausen, Webern und Konsorten mit fast NULL Übung aufgesaugt wurde. Keine Ahnung, wie ich das damals gemacht habe, heute ist das nicht mehr so.
Mein Berufswunsch: sich mit Musik auszudrücken... ja ok. Ich habe viel geschafft und man könnte tatsächlich von einer "kleinen Karriere" als Komonistin sprechen. Aber durchgestartet bin ich nie, denn mir fehlen die Skills in Hinsicht Aquise, Verkauf, Verhandlung usw. Alles was ich je gemacht habe ist mir zugefallen.
Mein Haupt-Broterwerb fällt mir sehr leicht: Klavierunterricht. Dabei kann ich alle Levels unterrichten (bis Aufnahme Musikhochschule). Wer das also möchte, den begleite ich. Aber - wie viele hier schon erwähnt haben - ich bespreche auch die beruflichen Möglichkeiten und: die vorraussichtich zu erwartenden Einnahmen. Neben pädagogischen Fähigkeiten muss man auch Schüler rekrutieren, Konzerte organisieren für die Schüler, Werbung machen usw. Ist man dazu in der Lage? Und dann die Hauptfrage: Hat man Lust auf immer wieder "Hänschen klein"? Hat man Geduld? Viele Hochbegabungen verstehen bei anderen nie, wo die das Problem haben: fehlendes Einfühlungsvermögen... oder Unvermögen in der Analyse anderer Denkweisen. So etwas ist für Klavierunterricht kontraproduktiv. Solche Leute können einfach nur: toll Klavier spielen und haben da natürlich die Möglichkeit in Klaviertrios, Repetitor usw. Wenn man dahin will... die große Pianisten-Karriere wird seltenst kommen. Seltenst.

Ich bin mittlerweile gerne KL weil es mir leicht fällt. Die Vorbereitungen laufen ganz wie von selbst so nebenbei, ich bin sehr schnell in vielen Dingen, kann auf unterschiedliche Bedürfnisse gut eingehen usw. Das macht mir keine Mühe, es ist leicht. Für einige Kolleginnen bedeutet es Stress, wenn die Schüler mal Jazz spielen wollen oder die Weihnachtlieder mal rockig begleiten wollen. Die innere Ablehnung anderer Musikrichtungen blockiert die Freude an neuen Experimenten. Leider fahren diese "Pädagogen" manche Azubis sauer und die packen nie wieder ein Klavier an, was auch nicht wirklich "schlimme" ist - wer kann das schon so genau wissen. Eine Kollegin sagte mir mal abwertend zu einem meiner Schüler, der ein Stück von Oskar Peterson spielte: entweder man spielt "richtig" Klavier oder man soll es lassen. Der KL dieses Schülers wäre unverantwortlich, dem Schüler so etwas zu gestatten zu spielen! Das wäre keine Musik. Naja, das war vor 8 Jahren... als ich ihr dann erzählte, dass das MEIN Schüler wurde, riet sie mir, mit ihm dreistimmige Fugen von Bach zu machen, wovor DIESER Schüler schreiend davon gelaufen ist... aber diese Musik wäre einfach nur Quatsch und bringe gar nichts. Aha.
Von anderen Leuten habe ich gehört, dass die Dame viel rum geschrien hat. Scheinbar war Unterrichten NICHT einfach für sie... aber ich sagen mal so: auch SIE war bestimmt für einige SchülerInnen die "richtige" KL!

Mittlerweile tummeln sich einige meiner ehemaligen SchülerInnen ebenfalls auf dem gleichen Unterrichtsmarkt wie ich... seltsames Gefühl, jetzt "Konkurrentin" zu sein, wo der Markt gerade wg G8 und OGS völlig einbricht. Die Kernarbeitszeit beginn ab 16 Uhr wenn die GrundschülerInnen aus der OGS totmüde nach Hause kommen... Also reduziert sich die Arbeitszeit als KL drastisch (ich kann dann halt mehr komponieren, aber... wie kriegt man das verkauft?) und jedes Jahr spucken die MuHos weitere KLs auf den Markt. Dann ist KL auch kein geschützter Beruf! JEDER, der mal einige KL-Stunden genossen hat kann sein Wissen OHNE Diplom an jemand anderen weiter geben! (Das Diplom sagt ja auch nicht, ob jemand "gut" ist oder nicht).
Bei mir im Viertel gibt es "Damen", die kommen für 10€ ins Haus. Will man DAFÜR Musik studieren um mit denen auf dem Arbeitsmarkt zu konkurrieren? Bildet man sich eventuell ein, dass irgend eine Musikschule noch mal irgend einen Instrumentallehrer einstellt? Die warten doch alle ab, dass die Beschäftigten in Rente gehen und ersetzen die Lehrkräfte durch "Selbständige", die vielleicht sogar noch bereit sind, die Räume selbst anzumieten...

Hat man andere Fähigkeiten und Talente sollte man aus geldtechnischen Gründen sich das durchaus noch mal überlegen, ob man ein Musikstudium anstreben sollte. Die Kolleginnen und Kollegen, die ihre Reputation darüber definieren, dass fast 90 % ihrer SchülerInnen ein Musikhochschulstudium beginnen haben eben eine ANDERE Einstellung zur Musik als ich - das ist auch gut so. So hat jeder Kunde die Möglichkeit, die KL zu finden, die zu ihm passt.

Für mich geht es in der Musik immer um: Begegnung! Begegnung mit anderen im Zusammenspiel, ein Dialog mit einem Schöpfer der einem etwas vermittelt aus einer ganz anderen Zeit oder mit einem ganz anderen Hintergrund, Begegnung mit sich selbst, seinen (musikalischen) Vorlieben, seinem Unvermögen bzw. der Überwindung eigener Defizite, Begegnung mit Leuten, die eine völlig andere Sicht auf die Welt der Musik im allgemeinen oder insbesondere haben und auch Begegnung mit Leuten, für die nur die eigene Sicht zählt und nicht die Sicht anderer.
 

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