Klavier und psychische Erkrankungen - ein Beispiel

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12345

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4. Dez. 2013
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Guten Morgen,

ich bin neu hier und möchte auch gleich ein neues Thema eröffnen.
Kurz zu mir: Ich bin 23 Jahre alt und momentan noch im Studium.
Gleichzeitig leide ich unter einer schizoaffektiven Störung. Zur Erklärung:
Das ist eine Krankheit mit Symptomen aus der Schizophrenie sowie aus der
bipolaren (manisch - depressiven) Störung. Ich habe keine Wahnvorstellungen oder
Psychosen wie bei einer reinen Schizophrenie, aber ich leide unter Gedankendrängen (salopp gesagt: Ohne Medikamente denke ich mich regelrecht kaputt) und bin oft in mir sehr unsicher, nehme mich oft aus der Außenperspektive, ganz unpersönlich war und kann mir deswegen oft nur schwer einen einheitlichen Standpunkt zu etwas bilden, weil ich immer versuche, alles aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten (das ist es wohl, was man gemein unter "gespalten" versteht). Dazu kommen eben noch extreme Schwankungen der Stimmung, was der bipolaren Störung anzulasten ist. Neben all diesen Dingen habe ich das Glück, dass ich wenigstens intelligent genug bin (bei den Untersuchungen wurden auch IQ-Tests und dergleichen durchgeführt und dabei eine Hochbegabung diagnostiziert), mich selbst ein wenig beobachten und regulieren zu können und deswegen mein Leben nicht ganz aus den Fugen geraten ist. Trotzdem leide ich sehr stark darunter, weil ich mich ohne Medikamente durch die Gedankenflut kaum auf etwas konzentrieren kann und ich mit Medikamenten sehr müde bin, weil sie neurologisch gesehen sedierend wirken. Außerdem sind zwischenmenschliche Beziehungen, die ich mir ersehne, wegen all meiner Eigenarten oft schwierig, wenn sie enger werden.

Dieses Forum gefällt mir überaus gut; die Witze, die hier gelegentlich über Schizophrenie gemacht wurden (z.B. "An einem Tag konnte ich die Übung noch, am anderen nicht mehr - bin ich schizophren?" , "besser schizophren als allein" u.Ä.) nehme ich euch nicht übel, auch wenn letzterer absoluter Quatsch ist, da man sich nicht weniger einsam fühlen kann, wenn man an dieser Krankheit leidet. Ich habe selbst früher ähnlich gedacht.

Das Klavierspielen (ich spiele seit ca. 13 Jahren) ist ein sehr wichtiger Teil in meinem Leben geworden, seit ich von der Erkrankung weiß. Vorher war es mir auch wichtig, aber es war nie zentral sondern mehr ein schönes Hobby. Allerdings merke ich, dass es, je mehr die Krankheit ausbrach, zu einem Anker in meinem Leben wurde. Die Musik und das Klavier sind Orte, an denen ich mich aufgehoben fühle - wo ich sein kann, wie ich bin. Die Musik wertet und beurteilt mich nicht, sie ist einfach da und wenn ich einige Zeit Klavier gespielt habe, werde ich so selbstvergessen, dass es mir danach um einiges besser geht und ich regelrecht gelöst bin. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es auf mich eine heilende Wirkung hat. Und dabei komme ich eigentlich aus der naturwissenschaftlichen Sparte und bin kein Fan von Homöopathie, Esoterik etc.

Nun ja - ich glaube, dieses Thema soll halb Vorstellung sein, halb Einblick liefern, was das Klavierspielen auch bewirken kann.

Ich hoffe auf einen regen gegenseitigen Austausch ;)

Viele Grüße
12345
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hi 1bis5 (<-- gleich Characteranzahl),

es ist schön das du über das Klavierspielen einen Anker in Deinem Leben gefunden hast. Vor allem bei bipolaren Störungen habe ich einige Erfahrungen sammeln müssen.
Dort ist es ein Hund der den halt liefert. Hier ist es aber nicht wirklich das Tier, sondern der Zwang sich um dieses kümmern zu müssen.

Interessant ist, dass Du so offen damit umgehst und dies alles in ein Forum schreiben kannst. Das fällt doch meistens am schwersten. Von meiner Seite auf alle Fälle ein herzliches Willkommen!

VG
gottie
 
Guten Morgen 12345,

hier erfolgt ja z.Zt. eine Vorstellung nach der anderen:-).

Herzlich willkommen auch von meiner Seite und danke für Deine sympathische und offene Vorstellung. Insbesondere Deine Worte zur Bedeutung der Musik für Dich finde ich großartig. Ich wünsche Dir viel Freude und Erfolg beim Anker setzen und freue mich auf rege Beteiligung von Deiner Seite hier im Forum. Über Deine bevorzugte Musik, Dein Instrument etc. werden wir im Laufe der Zeit ja hoffentlich noch etwas erfahren;).

Liebe Grüße
Christian
 
Danke euch! :)

@gottie: mehrere Charaktere? Haha, nee, das wäre dann wohl eher eine "multiple Persönlichkeit" ;) Es ist schwer zu beschreiben für jemanden, der sich mit der Krankheit nicht auskennt, aber hier an dieser Stelle auch gar nicht so wichtig. Danke jedenfalls.

@Christian: Danke auch Dir! Ich spiele Chopin, Liszt, Debussy, Satie und Schubert hauptsächlich. Manchmal auch ein wenig Bach. Also ganz klassisch, hatte auch nur klassischen Unterricht.

Viele Grüße
12345
 
Lieber 12345,

auch von meiner Seite ein herzliches Willkommen! Mein Vetter hat reine Schizophrenie - ich glaube und habe den Eindruck, dass solche Erkrankungen nicht so selten sind, wie man erst mal denkt.

Was für mich auch interessant ist: es gibt hier im Forum eine Diskussion über ADS/ADHS, was natürlich eine ganz andere Schiene ist. Trotzdem wurde dort behauptet, dass jemand, der diese Erkrankung hat, sich nie auf eine Sache konzentrieren könne und dass daher die Diagnose falsch sei, wenn ein ADHS-Kind sich z.B. stundenlang mit Computerspielen beschäftigen kann und ganz bei der Sache ist, wenn etwas für ihn fesselnd ist (das kann auch das Klavierspielen sein). Es kann sein, dass ich hier ganz falsch vergleiche (Äpfel mit Birnen), aber wieso gibt das Klavierspielen dir die Möglichkeit, ganz bei dir zu sein und die Gedankenflut auszuschalten?

Es ist jedenfalls wunderbar, dass du im Musizieren und der Beschäftigung mit Musik so viel Erfüllung erlebst und ich wünsche dir alles erdenklich Gute!

Liebe Grüße

chiarina
 
Allerdings merke ich, dass es, je mehr die Krankheit ausbrach, zu einem Anker in meinem Leben wurde. Die Musik und das Klavier sind Orte, an denen ich mich aufgehoben fühle - wo ich sein kann, wie ich bin. Die Musik wertet und beurteilt mich nicht, sie ist einfach da und wenn ich einige Zeit Klavier gespielt habe, werde ich so selbstvergessen, dass es mir danach um einiges besser geht und ich regelrecht gelöst bin. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es auf mich eine heilende Wirkung hat. Und dabei komme ich eigentlich aus der naturwissenschaftlichen Sparte und bin kein Fan von Homöopathie, Esoterik etc.

erst einmal herzlich Willkommen!

und umgehend Danke für den offenen Bericht über deine Situation!

vielleicht könnte dich die zwar schon etwas veraltete, aber dafür sehr umfangreiche Chopin-Biografie von Bernard Gavoty interessieren: dort wird u.a. die psychische Verfassung des Komponisten untersucht, Gavoty stellt dar, dass Chopin möglicherweise "gutartig schizoid" (was auch immer das bedeuten mag) und wohl auch depressiv gewesen sein (freilich sind Diagnosen psychischer Erkrankungen bei seit über 150 Jahren verstorbenen "Patienten" ein heikles Unterfangen) -- sicher kann man bei Chopin heute nicht eindeutig dies oder jenes diagnostizieren, aber interessant ist dieser Abschnitt dennoch zu lesen.

das "selbstvergessen" bei längerem konzentrierten musizieren hat eine erfreulich positive Wirkung auf dich, wie du erzählst - ich denke, dass das jetzt nicht übermäßig überraschend oder einzigartig ist, denn man befindet sich da ja in den musikalischen Gedankengängen und Emotionen von jemand anderem, sei es gerade Chopin oder Beethoven usw.
 
Danke euch! :)

@gottie: mehrere Charaktere? Haha, nee, das wäre dann wohl eher eine "multiple Persönlichkeit" ;) Es ist schwer zu beschreiben für jemanden, der sich mit der Krankheit nicht auskennt, aber hier an dieser Stelle auch gar nicht so wichtig. Danke jedenfalls.

Viele Grüße
12345

Ups, da hab ich wohl nicht dran Gedacht und mein Programmierer-slang kam hier durch.
12345 hat die selbe Anzahl an Zeichen (Character) wie 1bis5. Daher soll das nicht heißen, dass Du 5 Charactere hast, sondern Dein Name 12345 auf unterschiedliche Weise mit gleicher Bedeutung und gleicher Zeichenanzahl geschrieben werden kann.

Ohhh, ich stell gerade fest, dass ich heute aber wieder einen Müll von mir lasse!!! :-) Entschuldigung dafür.

Ich weiß schon was bipolare Störungen sind. Meine Schwiegermutter hat das und ich habe Jahre gebraucht um zu verstehen, was das ist. Es ist wirklich sehr schwer zu erklären und noch schwerer es zu begreifen und noch viel schwerer zu erkennen, dass es oft keinen Ausweg daraus gibt. Meine Frau und ich lernen damit umzugehen und vor allem auf dem Weg in die Depression darauf zu achten, rechtzeitig reaktionsfähig zu sein ;-)

gottie
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ups, da hab ich wohl nicht dran Gedacht und mein Programmierer-slang kam hier durch.
12345 hat die selbe Anzahl an Zeichen (Character) wie 1bis5. Daher soll das nicht heißen, dass Du 5 Charactere hast, sondern Dein Name 12345 auf unterschiedliche Weise mit gleicher Bedeutung und gleicher Zeichenanzahl geschrieben werden kann.

Ohhh, ich stell gerade fest, dass ich heute aber wieder einen Müll von mir lasse!!! :-) Entschuldigung dafür.

Ich weiß schon was bipolare Störungen sind. Meine Schwiegermutter hat das und ich habe Jahre gebraucht um zu verstehen, was das ist. Es ist wirklich sehr schwer zu erklären und noch schwerer es zu begreifen und noch viel schwerer zu erkennen, dass es oft keinen Ausweg daraus gibt. Meine Frau und ich lernen damit umzugehen und vor allem auf dem Weg in die Depression darauf zu achten, rechtzeitig reaktionsfähig zu sein ;-)

gottie

Haha, okay! Ja, entschuldigung dass ich das nicht geschnallt habe, aber im Programmierer - Slang bin ich so GAR NICHT drin. ;)

Ja, bei mir hat das alles eine etwas andere Ausprägung dadurch, dass es sich um eine gemischte Krankheit und somit Überlagerungen handelt. Das Positive daran: Sie sind nicht so extrem ausgeprägt. Ich hatte wie oben schon geschrieben z.B. noch nie eine Manie mit psychotischem Ausmaß, genauso wenig wie ich Stimmen höre oder religiöse Fantasien habe wie oft rein Schizophrene.

Also nichts für ungut, viele Grüße :)
 
Hi 12345,

zunächst auch von mir ein herzliches Willkommen. Ich muss aber nochmal nachfragen. du sagst, du "unterliegst" einer Gedankenflut. Sagst, dass du versuchst, Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Dies hört sich für mich erst einmal nicht "krank" an. Das liegt vermutlich daran, dass ich mich weder mit der Krankheit auskenne, geschweige denn, je davon gehört habe.

Dennoch interessiere ich mich dafür. Mich interessiert, welche Art von Gedanken dich "plagen". Wie muss man sich das vorstellen? Stellt sich die Krankheit in Schüben dar?

Wenn du nicht drüber reden magst, ist das völlig ok. Ich bin schlicht neugierig.
 
Wilkommen im Forum 1-5 :)
 

Hallo Nils,

ich kann schon darauf eingehen, wenn es Dich interessiert. Allerdings vorab: Wie gesagt habe ich nicht direkt "Schizophrenie". Als ich die Diagnose hörte, sagte ich zu meiner Ärztin, das könne nicht sein - ich hätte nur wenige Symptome der Schizophrenie und zu vieles träfe nicht zu. Da meinte sie, man dürfe das "schizo - " auch nicht mit Schizophrenie gleichsetzen. (Gibt ja übrigens auch noch viele andere Störungen: schizoide Persönlichkeitsstörung usw., die auch nicht direkt mit Schizophrenie zu tun haben).
Schizo- bedeutet einfach: "gespalten".

Bei mir hat sich das so geäußert: Ich war schon immer ein sehr nachdenklicher Mensch, zu nachdenklich (schon als Kind). Und es wurde ab der Jugend extrem. Ich habe mich geistig nur noch mit irgendwelchen Dingen beschäftigt, die mit dem Alltag wenig zu tun hatten ("Was ist der Sinn meines Lebens? Was ist Gut und Böse?") usw., wurde dadurch auch depressiv. Allerdings wollte ich das keinesfalls nach außen tragen und spielte da weiterhin "glücklich", weil außen alles stimmte. Ich hatte Freunde, eine gute Familie, keine Geldsorgen, sehr gute Noten etc.
Ich begann also, mein Denken immer mehr von meinem realen Leben abzukoppeln. Es ging so weit, dass ich mich teilweise als unwirklich empfand, wie eine Puppe, die alles nur spielt, und mich immer selbst aus der Außenperspektive betrachtete. Ich verwende hier gern die Theater - Analogie: Es kam mir vor, als sei ich Schauspielerin in einem Theater. Ich war allein auch ganz anders als in Gesellschaft. Wenn ich gefragt wurde, wie es mir geht, lachte ich. (und innerlich war ich tieftraurig und weinte) Das bezeichnet man als "Parathymie": ein Hauptsymptom für das "Gespaltene". Wenn man nicht nur punktuell, sondern dauerhaft, anders reagiert und die Affekte sich anders verhalten, als man sich fühlt. Ich ging umso mehr feiern und war nach außen umso "fröhlicher", je schlechter es mir innerlich ging.

Natürlich ging das nicht gut und irgendwann musste der Zusammenbruch kommen. Ich habe mehrere Jahre (!) so gelebt und mich irgendwann total zurückgezogen, habe alles und alle vernachlässigt, weil ich in meinen Gedanken gefangen war und es mir zu anstrengend war, etwas zu machen. Es war mir oft auch zu anstrengend, aufzustehen und mir was zu essen zu machen. Es GING nicht. Alles wurde zur Qual.

Nunja. Es gibt auch einige Aspekte, die positiv sind (man soll ja immer allem etwas Gutes abgewinnen. ;) ). Durch meine Krankheit kann ich oft auf unkonventionellen Wegen denken, ich schreibe viel und gern und habe dafür auch schon Preise bekommen. Aber natürlich steht das in keiner Relation zur Krankheit und ich kämpfe täglich.

Ich hoffe Deine Frage beantwortet zu haben.
Viele Grüße und einen schönen Abend

Hi 12345,

zunächst auch von mir ein herzliches Willkommen. Ich muss aber nochmal nachfragen. du sagst, du "unterliegst" einer Gedankenflut. Sagst, dass du versuchst, Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Dies hört sich für mich erst einmal nicht "krank" an. Das liegt vermutlich daran, dass ich mich weder mit der Krankheit auskenne, geschweige denn, je davon gehört habe.

Dennoch interessiere ich mich dafür. Mich interessiert, welche Art von Gedanken dich "plagen". Wie muss man sich das vorstellen? Stellt sich die Krankheit in Schüben dar?

Wenn du nicht drüber reden magst, ist das völlig ok. Ich bin schlicht neugierig.
 
Hallo Nils,

ich kann schon darauf eingehen, wenn es Dich interessiert. Allerdings vorab: Wie gesagt habe ich nicht direkt "Schizophrenie". Als ich die Diagnose hörte, sagte ich zu meiner Ärztin, das könne nicht sein - ich hätte nur wenige Symptome der Schizophrenie und zu vieles träfe nicht zu. Da meinte sie, man dürfe das "schizo - " auch nicht mit Schizophrenie gleichsetzen. (Gibt ja übrigens auch noch viele andere Störungen: schizoide Persönlichkeitsstörung usw., die auch nicht direkt mit Schizophrenie zu tun haben).
Schizo- bedeutet einfach: "gespalten".

Bei mir hat sich das so geäußert: Ich war schon immer ein sehr nachdenklicher Mensch, zu nachdenklich (schon als Kind). Und es wurde ab der Jugend extrem. Ich habe mich geistig nur noch mit irgendwelchen Dingen beschäftigt, die mit dem Alltag wenig zu tun hatten ("Was ist der Sinn meines Lebens? Was ist Gut und Böse?") usw., wurde dadurch auch depressiv. Allerdings wollte ich das keinesfalls nach außen tragen und spielte da weiterhin "glücklich", weil außen alles stimmte. Ich hatte Freunde, eine gute Familie, keine Geldsorgen, sehr gute Noten etc.
Ich begann also, mein Denken immer mehr von meinem realen Leben abzukoppeln. Es ging so weit, dass ich mich teilweise als unwirklich empfand, wie eine Puppe, die alles nur spielt, und mich immer selbst aus der Außenperspektive betrachtete. Ich verwende hier gern die Theater - Analogie: Es kam mir vor, als sei ich Schauspielerin in einem Theater. Ich war allein auch ganz anders als in Gesellschaft. Wenn ich gefragt wurde, wie es mir geht, lachte ich. (und innerlich war ich tieftraurig und weinte) Das bezeichnet man als "Parathymie": ein Hauptsymptom für das "Gespaltene". Wenn man nicht nur punktuell, sondern dauerhaft, anders reagiert und die Affekte sich anders verhalten, als man sich fühlt. Ich ging umso mehr feiern und war nach außen umso "fröhlicher", je schlechter es mir innerlich ging.

Natürlich ging das nicht gut und irgendwann musste der Zusammenbruch kommen. Ich habe mehrere Jahre (!) so gelebt und mich irgendwann total zurückgezogen, habe alles und alle vernachlässigt, weil ich in meinen Gedanken gefangen war und es mir zu anstrengend war, etwas zu machen. Es war mir oft auch zu anstrengend, aufzustehen und mir was zu essen zu machen. Es GING nicht. Alles wurde zur Qual.

Nunja. Es gibt auch einige Aspekte, die positiv sind (man soll ja immer allem etwas Gutes abgewinnen. ;) ). Durch meine Krankheit kann ich oft auf unkonventionellen Wegen denken, ich schreibe viel und gern und habe dafür auch schon Preise bekommen. Aber natürlich steht das in keiner Relation zur Krankheit und ich kämpfe täglich.

Ich hoffe Deine Frage beantwortet zu haben.
Viele Grüße und einen schönen Abend

Vielen Dank für die ausführliche Schilderung. Ich denke, dass es viel mehr dieser "Fälle" gibt als tatsächlich diagnostiziert sind.
 
Oh Mann, so langsam bekomme ich Angst.
 
Naja, man bildet sich ja viel ein und erkennt einiges wieder beim Lesen, aber so sehr habe ich mich selbst noch nie wiedererkannt. Schon beim ersten Beitrag wurde mir mulmig, aber beim letzten.... uhhh.
 
Ich bin mal so plump und werfe eine grobe Unterstellung in den Raum:

50% der Leute auf der Psychatrie/Psychatrische Behandlung gehören dort nicht hin. Das sag, weil ich selbst von der Arbeit, aber auch Bekanntenkreis dort einblicke hatte.

Ich hab den Eindruck, dass heute alle Charaktermerkmale die nicht in das Bild des idealisierten Menschen passen, versucht werden als Krankheiten aufzufassen. Alles was nicht ins Bild passt muss weggesperrt und behandelt werden.

Fritz-Walter ist nicht melancholisch und ändert schnell mal seine Stimmung, nein er ist manisch depressiv und muss sediert werden.
Anna Meier ist nicht bodenständig, will keine Karriere machen und ohne Kinder um die Welt ziehen, nein sie ist lebensmüde, ein querkopf und gehört in die Psychatrie (wie kann Sie nur, sie muss doch studieren und groß raus kommen).

Deinen Fall 12345 kenne ich natürlich nicht. Aber seid vorsichtig. Man ist heutzutage schneller als psychisch krank abgestempelt und landet gegen seinen Willen in der Psychatrie, als es einem lieb ist.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Herzlich willkommen im Forum, 12345!
Danke für Deine offenen Worte.

Die Dinge aus mehreren Perspektiven zu betrachten und über viele Dinge nachdenken halte ich für gut. Wenn es jedoch zu ausgeprägt ist und Du darunter leidest, so ist es schön, wenn Du mit der Musik und dem Klavier etwas gefunden hast, das Dir hilft.

LG
Thomas

PS: Mir wäre lieber es würden diejenigen unter ihrer Angewohnheit leiden, die das Denken fast gänzlich unterlassen.
 
Danke nochmal an alle! :) Da fühlt man sich gleich richtig willkommen.

@Peter: Naja. Du musst nur aufpassen, wenn Du einen starken LEIDENSDRUCK spürst und denkst, Du kannst so nicht mehr weiter leben. Ansonsten, wenn Dir viele Dinge an mir bekannt vorkommen, Du aber im Großen und Ganzen zufrieden im Leben bist, besteht kein Handlungsbedarf. Das solltest Du Dich ehrlich fragen.

@Curby und Thomas: Ja, das stimmt, zunächst könnte man sagen, das ist meine Persönlichkeit, Punkt, aus. So habe ich es ewig lange betrachtet. Ich sagte mir "So bin ich eben." Und auch heute noch weiß ich, dass dieses Grüblerische und das Empfindliche einfach zu mir gehört und sich das nie ändern wird. Aber das Ganze hat meinen Alltag so sehr beeinträchtigt, dass ich am Ende nicht mehr Leben wollte. Es hat mich so erschöpft, immer auf 180 zu laufen, ich hatte Angst vor allem und jedem, auch vor anderen Menschen. Bin nicht mehr raus gegangen, weil ich dann durch Reizüberflutung überfordert war. Ich kann einfach nicht nicht - Relevantes von Relevantem selektieren. Bei gesunden Menschen funktioniert das und man nennt es "Hierarchiebuldung im Denken": Man denkt zuerst an Dinge, die erledigt werden müssen, an die Arbeit, die Beziehung oder sonst was und DANN, vielleicht, wenn es einem Spaß macht, über hochkomplexe Dinge nach, die nichts mit dem realen Leben zu tun haben. Das war bei mir gestört. Und ich dachte irgendwann: Ich bin zu müde. Wenn das noch viele Jahre so weiter geht (ich bin ja gerade mal Anfang 20), dann ist mir das Leben zu anstrengend. Ich schaffe das nicht. Und als ich dann merkte, dass ich ganz nah dran bin, für mich selbst gefährlich zu werden, habe ich Hilfe gesucht. Momentan bin ich noch daran, verschiedene Dinge auszuprobieren, je nachdem, was mir am besten hilft. Ich nehme auch nur ganz ganz niedrig dosierte Medikamente. Sie sorgen dafür, dass ich eins nach dem anderen denken kann.

Wie dem auch sei :D einen schönen Abend noch und auf bald!
Viele Grüße
12345
 
Ich bin mal so plump und werfe eine grobe Unterstellung in den Raum:

50% der Leute auf der Psychatrie/Psychatrische Behandlung gehören dort nicht hin. Das sag, weil ich selbst von der Arbeit, aber auch Bekanntenkreis dort einblicke hatte.

Ich hab den Eindruck, dass heute alle Charaktermerkmale die nicht in das Bild des idealisierten Menschen passen, versucht werden als Krankheiten aufzufassen. Alles was nicht ins Bild passt muss weggesperrt und behandelt werden.

Fritz-Walter ist nicht melancholisch und ändert schnell mal seine Stimmung, nein er ist manisch depressiv und muss sediert werden.
Anna Meier ist nicht bodenständig, will keine Karriere machen und ohne Kinder um die Welt ziehen, nein sie ist lebensmüde, ein querkopf und gehört in die Psychatrie (wie kann Sie nur, sie muss doch studieren und groß raus kommen).

Deinen Fall 12345 kenne ich natürlich nicht. Aber seid vorsichtig. Man ist heutzutage schneller als psychisch krank abgestempelt und landet gegen seinen Willen in der Psychatrie, als es einem lieb ist.

Mein Gott! Weshalb kann ich nur "like" klicken? Wo ist der Button für "I LOVE IT"???
 

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