Kaufberatung alter Blüthner Flügel 1880

Hallo,
ich habe mir heute einen schönen alten Blüthner angesehen.

* 192cm lang
* Baujahr ca 1880
* Patentmechanik
* neue Saiten
* neue Stimmwirbel
* neue Hammerfilze
* neue Dämpferfilze
* guter allgemeiner optischer Zustand

Der Flügel wurde wohl überholt - leider nicht sehr sorgfältig. Wenn es dem Baß an Volumen fehlt, liegt die Vermutung nahe daß der Flügel beim spänen nicht ausgekeilt wurde bzw. kein Druck gemacht wurde.

Viele Grüße

Styx
 
@KBM, ich kann Dir nicht zustimmen, dass Flügel mit angestemmter Platte (und Du hast das ja nun schon öfter geschrieben) 440 Hz nicht aushalten bzw. grundsätzlich abzulehnen sind, weil die Konstruktionen nach 100 Jahren ein wenig "verbogen" daher kommen. Das ist weiter nicht schlimm, vorwiegend eine rein optische Sache und darf auch nicht korrigiert werden.

Nur waren diese Blüthner damals ab Werk nicht für 440Hz freigegeben, der entsprechende Stempel auf dem Stimmstock "Tiefe Stimmung" wurde oft weggesachliffen oder verschwand mit der Überholung.


Ich kenne jedoch zahlreiche Händler, die genau dies als Argument nehmen.

Ich haben mit vielen Kunden zu tun, die in ein solches Instrumente woanders viel Geld investierten aber nach 3 Jahren feststellen, dass das Instrument doch nicht die Erwartung erfüllt.

Instrumente dieser Bauart sind billigst am Markt zu finden und werden dann oft mit unverhältnissmaßig hohem Aufwand überarbeitet.

Ein Blüthner oder Bechstein mit vollem Rahmen (und damit vielen weiteren Verbesserungen) kostet in gleichem Zustand auch nur ein paar hundert Euro mehr, verspricht aber das bessere Ergebnis.


Ich frage anders herum:
Was spricht Eurer Meinung nach FÜR dieses Instrument, wenn man für 1500,- Euro auf dem Gebrauchtmarkt auch tolle Blüthner neuerer Bauart in unverbasteltem Zustand, gerne auch mit der Patent-Mechanik findet?

Ich bin fest davon überzeugt, dass ein Kunde auf Basis eines Blüthners/Bechsteins aus der Zeit um etwa 1900-1920 bei gleichem finanziellem Aufwand letztendlich das klanglich wie technisch weit bessere Instrument hat, wenn er ein alltagstaugliches Instrument sucht.
Daher rate ich als großer Bechstein und Blüthner-Fan von DIESEN Instrumenten ab, der Markt bietet entsprechende Alternativen.
 
Die Verstimmung soll daher rühren, dass die Saiten und Wirbel halt seit 1-2 Wochen neu sind. Der Klavierbauer meinte, dass man die Gussplatte nicht ausbauen kann. Ich würde diese wahrscheinlich trotzdem lackiert haben wollen. Dazu würde er sie drinlassen.. Ja das ist alles nichts Halbes und nichts Ganzes. Mir kam es auch so vor, als wenn die Leute dort das Nötigste machen, um die Flügel verkaufen zu können. Mag Käufer geben, denen das auch reicht. Wenn jemand Extrawünsche hat, gehen sie auch darauf ein, aber irgendwie ist das dann wirklich keine Einheit, die letztendlich herauskommt.
 
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Wo?
Bei den Blüthnern dieser Bauart, die ich gemacht habe nicht, dafür wäre auch die Zarge viel zu dünn.

Anbei drei Bilder:

Bild1: 190cm, Bj. ca. 1873, überarbeitet
Bild2: 170cm, Bj. ca. 1880, Originalzustand
Bild3: 170cm, Bj. ca. 1883, Originalzustand

In den ersten beiden Fällen ließ sich die Platte NICHT ausbauen, da sie wenige mm in die Zarge eingelassen war. Man könnte natürlich die Zarge aufstemmen...
Beim dritten Instrument ging es ohne Probleme. Die Baujahre liegen nur wenige Jahre auseinander.

Dies unabhängig von der Frage, ob die "modernen" Blüthner besser sind oder nicht. Das sind sie zweifelsohne!

restauriert.jpgoriginalzustand.jpg3.jpg
 
Die Zarge aufstemmen muss man bei vielen Klavieren und Flügeln, wenn nicht sogar bei den meißten.
Ich bin mir aber sicher, dass Du hinten nicht aufstemmen musst:
Bei den Blüthnern die ich hatte konnte man die Platte vorne am Stimmstock anheben und dann hinten rausziehen.
 

Die Zarge aufstemmen muss man bei vielen Klavieren und Flügeln, wenn nicht sogar bei den meißten.
Ich bin mir aber sicher, dass Du hinten nicht aufstemmen musst:
Bei den Blüthnern die ich hatte konnte man die Platte vorne am Stimmstock anheben und dann hinten rausziehen.

Wenn ein Kollege behauptet die Platte ginge ned raus, dann hat er entweder keine Lust oder keine Ahnung (unter letzteren fallen allerdings eher die Bastler :D )


Viele Grüße

Styx
 
Sesam, magst du mir deinen Blüthner vorstellen? Ich liebe diese Beine und die Lyra!

Ja gerne. Schau, das ist der dazugehörige Faden: https://www.clavio.de/forum/klavier...-der-vorkriegs-bluethner-liebhaber-faden.html

Dem Flügel geht es immer noch prächtig. In diesem Jahr bekommt er neue Saiten, weil sich nach 126 Jahren mancher Chor nicht mehr so ganz rein stimmen lässt und es ein bißchen eiert. Nicht schlimm, aber auch nicht optimal. Die Auswahl der richtigen Saiten ist noch mal ein eigenes Thema. Dazu gibt es auch irgendwo einen Faden hier.

Rückblickend bin ich sehr zufrieden mit der Entscheidung, keinen restaurierten Flügel gekauft zu haben. Das wäre zwar eh nicht passiert, denn die, die ich gesehen habe, klangen einfach scheußlich, aber spontan meint man halt, etwas "Generalüberholtes" wäre sicherer und besser, als so ein staubiges, zerkratztes, olles Viech.

Aber weiß ich, ob der Flügel, auch wenn mich sein neuer Polyester- und Messingglanz noch so anstrahlt, nicht vorher in einer durchfeuchteten Scheune oder Garage stand?

Am wohlsten fühle ich mich beim Privatkauf. Da spürt man ja schon beim ersten Telefonat, mit wem man es zu tun hat. Und dann bei Flügelbesichtigung bekommt man auch ein Gefühl für die "Biographie" des Instruments. Natürlich muss ein Fachmann zu Rate gezogen werden, aber das lässt sich ja einrichten.

Ebay halte ich persönlich für kein geeignetes Portal. Aber das ist wirklich subjektiv. Pianomovers kennst du, nehme ich an?

LG, Sesam
 
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Hallo Dasch,

also ich würde dir auch den 6er empfehlen. Ich habe einige Blüthner in der letzten Zeit angespielt und fand den 6er am besten.
Wenn du etwas mehr Zeit hast, kannst du nach Großefehn fahren (ca. 500km) zu pianova.
Die haben nämlich gerade einen stehen, der einen super Bass hat und einfach nur schön ist, zwar habe ich mich für den Grotrian entschieden, aber der Blüthner war bei mir auf Platz 2 :)
Guck ihn dir mal an:
Pianova GmbH Bechstein Klavier - Pianova GmbH - Exklusiver Klavierbau
Die Fotos sind nicht sehr aufschlussreich auf der Homepage, aber wenn du die Jungs mal anrufst, schicken sie dir
ein Fotoalbum per Mail (sehr detailliert).

Übrigens einen großen Unterschied habe ich zwischen der Patentmechanik und der Renner Mechanik gar nicht gemerkt, klar ist es etwas anders, aber auf keinen Fall ein Nachteil.
 
... die Gussplatte... Ich würde diese wahrscheinlich trotzdem lackiert haben wollen....

Dies lässt mich daran zweifeln ob Du mit einem antiken Flügel glücklich wirst.
Eine schön lackierte Gussplatte ist bei einem alten Instrument genauso unnötig wie vergoldete Agraffen.
Wenn das Geld keine Rolle spielt kann man das machen lassen, es bringt aber überhaupt nichts außer dass es dem Instrument noch seine letzten Originalität raubt.
 
Wenn das Geld keine Rolle spielt kann man das machen lassen, es bringt aber überhaupt nichts außer dass es dem Instrument noch seine letzten Originalität raubt.

Würde ich jetzt so nicht sagen, man kann die Platte durchaus wieder in fehlerfreien Originalzustand versetzen - nur halte ich die optischen Ungenehmheiten der Gußplatte für das geringste Problem des Instrumentes :D

Viele Grüße

Styx
 
Wenn das Geld keine Rolle spielt kann man das machen lassen, es bringt aber überhaupt nichts außer dass es dem Instrument noch seine letzten Originalität raubt.

Meiner Meinung nach bringt es schon was. Ich spiele wahrhaftig aus Leidenschaft. Dafür ist der Sound natürlich primär wichtig, aber je mehr Sinne involviert werden, desto größer ist der Genuss. Den Klang hören, die Klaviatur fühlen, den Flügel sehen, alles spielt zusammen. Zum Teil sogar der Geruch des Instruments. Dem Geschmack würde ich jetzt eine untergeordnete Rolle zuweisen ;)

Die Sinne jedes Einzelnen sind verschieden und werden durch individuelle Bedürfnisse befriedigt.
 
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Meiner Meinung nach bringt es schon was. Ich spiele wahrhaftig aus Leidenschaft. Dafür ist der Sound natürlich primär wichtig, aber je mehr Sinne involviert werden, desto größer ist der Genuss. Den Klang hören, die Klaviatur fühlen, den Flügel sehen, alles spielt zusammen. Zum Teil sogar der Geruch des Instruments. Dem Geschmack würde ich jetzt eine untergeordnete Rolle zuweisen ;)

Die Sinne jedes Einzelnen sind verschieden und werden durch individuelle Bedürfnisse befriedigt.

Dass hier alle Sinne zusammenspielen teile ich ebenfalls. Allerdings würden mir der Blick auf nicht passende, schief geklebte Filze und unintonierte Hämmer (vom Klang hier ganz zu schweigen) schon die "Stimmung" vermiesen....;)
 

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