Kauf eines Stutzflügels der Firma Stingl

Fips7

Fips7

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Hallo,

ich habe derzeit die Möglichkeit, von einem Bekannten einen Stutzflügel (1,60m) der Wiener Firma 'Stingl' zu erwerben und würde mich über Hilfe bzw. ein paar Tipps freuen. Der Flügel soll rund 5000.- EUR kosten. Er wurde ursprünglich in den Dreißiger Jahren gebaut, vor ca. 5 Jahren jedoch von Grund auf saniert. So weit ich das sehen kann, ist so ziemlich alles neu gemacht worden (inkl. Metallrahmen).

Jetzt am Wochenende konnte ich das Teil ca. 1 Stunde lang ausprobieren. Die Mechanik scheint mir sehr gut zu sein, jedenfalls lässt sich die Anschlagskraft sehr differenziert in Musik umsetzen, d.h. ich kann leise Passagen schön fein dosieren.
Der Klang ist im mittleren und oberen Bereich gut und klar. Leider fällt der Bass-Bereich in der Qualität etwas ab. Ab etwa F abwärts ist der Klang sehr weich, wodurch die Prägnanz fehlt und die Töne leicht miteinander verschwimmen. Eigentlich ziehe ich weicher klingende Klaviere den härteren eh vor, aber dieser weiche Bass ist etwas zu viel des Guten.

Ich spiele zwar seit über 20 Jahren Klavier, habe mich aber mit den klavierbautechnischen Möglichkeiten bisher noch nicht so beschäftigt. Kann man z.B. den Klang eines Klaviers nachträglich "härten"? Verheißt die Marke 'Stingl' Gutes oder eher nicht so? Der Preis ist für einen Flügel wohl okay, oder nicht?

Vielleicht könnte mir hier jemand seinen Eindruck angesichts dieser Informationen mitteilen. Vielen Dank schon mal im voraus und viele Grüße von...

Fips
 
Hallo Fips,
Man kann die Hammerköpfe härten und den Klang brillianter machen. Nur würde ich den Flügel erst kaufen, wenn er Dir gefällt. Das Heißt er muss vorher ordentlich intoniert sein. An und für sich sind die älteren Stingl Flügel nicht schlecht. 160cm ist allerdings ein Größe, wo bei fast keinem Flügel die Bässe gut heraus kommen - vielleicht wurde er deshalb weicher intoniert. Der Metallrahmen ist vermutlich frisch lackiert - so etwas macht man nicht neu, aber das tut nichts zur Sache. Wichtig ist, dass Du den Flügel noch für verbesserungswürdig hältst und Deine genauen Wünsche (von F abwärts nicht ganz so weich) würde ich dem Verkäufer einmal erzählen. Wenn das gemacht ist, gehst Du ihn nochmal bespielen.

Liebe Grüße
Klaviermacher
 
Riss im Resonanzboden

Vielen Dank für die Antwort. Mir ist nachträglich noch eine Frage eingefallen, die ich vergessen habe. Und zwar wurde ich von einem Klavierhändler gewarnt, man müsse bei älteren Flügeln sichergehen, dass sie keinen Riss im Resonanzboden hätten. Das könne man aber von außen nicht unmittelbar erkennen. Ich habe mich nun gefragt, ob so ein Resonanzbodenriss vielleicht zu einer Qualitätseinbuße des Bassklangs führen kann und ob das u.U. bei diesem Flügel der Fall ist. Der Bass klingt nicht nur weich, sondern auch etwas trocken (oder überspitzt formuliert: stumpf). Der Raum, wo ich ihn ausprobiert habe, war relativ groß (ca. 40m2) mit wenig Möbeln und ich hatte den Deckel des Flügels offen. Mit geschlossenem Deckel war die Prägnanz des Klangs etwas besser. Könnte der Klang in einem normalen Wohnzimmer vielleicht eh besser sein?
Dass der Bekannte, der mir das Teil verkaufen will, noch Geld darin investiert, bevor ich ihm v i e l l e i c h t eine Zusage gebe, kann ich mir kaum vorstellen. Er wohnt dummerweise auch ca. 500km entfernt. Ich war am Wochenende zufällig in der Gegend und konnte deshalb den Flügel ausprobieren (was ich natürlich sowieso gemacht hätte).
Nun wollte ich in Erfahrung bringen, ob man die Prägnanz des Klangs noch verbessern kann, was du mir ja bestätigt hast. Aber man scheint doch bei einem so kleinen Flügel nicht darum herum zu kommen, Zugeständnisse an den (Bass-)Klang machen zu müssen. Das heißt, es wäre überhaupt zu überlegen, ob ich so einen "halben" Flügel kaufen oder vielleicht doch noch ein paar Jahre auf einen "ganzen" sparen soll.
Im Moment kommt es mir wie ein Schnäppchen vor, für 5000.- EUR einen Flügel kaufen zu können. Ich weiß nicht, ob es unklug ist, deshalb beim Klang Kompromisse zu machen... (Wenn nur die Mechanik nicht so ein Traum wäre!!!)

Viele Grüße von
Fips
 
Bei nur 160 cm Länge darfst Du bei einem Flügel keinen besonders brauchbaren Bass erwarten denn wenn man zum Vergleich zu einem Pianino 45 cm für Tastaturlänge und kleineren Resonanzboden abzieht wäre der Bass einem 115er Pianino entsprechend. Um die, durch die kurze Saitenlänge begründeten Klangdisharmonien im Bass (die auch mit gespreizter Stimmung nur teilweise zu "verstecken" sind) zu mindern wurden früher gerne die Instrumente sehr weich intoniert (um nicht zu sagen totgestochen....).
Für nen guten Bass müßte meiner Meinung ein Flügel schon zumindest 180 cm lang und ein Pianino 130 cm hoch sein, alles andere ist und bleibt einfach ein klanglicher Kompromiß.

Resonanzbodenrisse sind bei geöffnetem Deckel sehr wohl zu erkennen wenn man die Oberfläche mit einer Taschenlampe gewissenhaft absucht. Klanglich machen die sich aber meist eher als störendes Nebengeräusch als durch deutliche Klangeinbußen bemerkbar außer der Riß ist lang, deutlich aufgeklafft und an einer vibrationsweiterleitungsbezogen wichtigen Stelle.
 
Seriennummer

Danke für deine Antwort.
Ich habe hier im Forum gelesen, dass man anhand der Seriennummer bzw. einer fortlaufenden Nummer feststellen kann, wann das Klaver gebaut wurde. Die Nummer dieses Flügels lautet: 31391. Hersteller 'Stingl', wie gesagt. Hat jemand ein Verzeichnis, aus dem man das Baujahr ersehen kann?
Viele Grüße von
Fips
 
Hallo Fips7,

Gebr. Stingl op. 31391 Bj. 1927
Mit € 5.000,- aus privater Hand würde ich den kurzen über 80 jährigen Stingl Flügel nicht als Schnäppchen bezeichnen. Da muss er schon sehr toll restauriert sein - und vor allem dürfen Dich die mageren Bässe nicht stören.

LG
Klaviermacher
 

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