was ich bei den Gedächtnislücken nicht verstehe ist, dass mir das doch genauso gut bei einem Klavierkonzert passieren kann. Was würde denn der Dirigent tun, wenn der Pianist einen Blackout hat? Warum ist die Wahrscheinlichkeit da geringer? Wozu dann als Solist generell der Stress mit dem Auswendig Spielen, wenn man das Stück inwendig kann?
Konkret gesagt, wenn Evgeny Kissin zusammen mit Joshua Bell mit Mischa Maisky das Tschaikowski-Trio spielt und sie es sicherlich einige Male vorher geprobt haben, müsste Kissin dann wirklich mit Überraschungen oder sogar mit einem Blackout der Kollegen rechnen (also wirklich auf die Topmusiker unserer Zeit bezogen)?
Lieber Troubadix,
bei einem Blackout bei einem Klavierkonzert würde der Dirigent in der Regel gar nichts tun. Das Orchester spielt einfach weiter und der Solist muss den nächsten passenden Einsatz finden. Dann geht der musikalische Faden auch nicht verloren und es ist normalerweise kein Problem für den Solisten, wieder einzusteigen.
Bei einem Duo (...., Klavier) ist die Rolle des Orchesters die Aufgabe des Pianisten. Der hat in seinen Noten ja auch die Stimme des Partners stehen, während der Partner nur die eigene Stimme bzw. ein paar Hilfstöne des Klaviers vor der Nase hat. So ist gewährleistet, dass der Pianist in jedem Fall die Kontrolle über den Fortgang und den musikalischen Verlauf des Stückes hat und bei Problemen blitzschnell reagieren kann. Dazu muss er natürlich auch die Stimme seines Partners "inwendig" kennen, sonst helfen auch die Noten nicht. Es geht auch nicht nur um Blackouts etc.. Man kann sich auch ganz simpel so verspielen, dass die Phrase kurz ins Stocken gerät. Da ist es durchaus hilfreich, wenn der Pianist die Noten hat.
Ihm wird also die Rolle des Reagierenden zugewiesen (der Instrumentalist/Sänger spielt/singt weiter, egal was passiert... :p), also hat er auch die Noten zur Gesamtübersicht vorliegen.
Bei einem Trio sind es nun schon drei Spieler, was die Anzahl der Möglichkeiten für eventuelle Probleme erhöht. Und auch hier geht es darum, aus einer Mücke keinen Elefanten zu machen, also dafür zu sorgen, dass aus kleinen Fehlern, die im Gesamtzusammenhang völlig unwesentlich sind, keine wirkliche musikalische Störung entsteht.
Es gibt Trios, wo nur der Pianist die Noten vorliegen hat und es gibt Trios, wo alle nach Noten spielen. Im Moment fällt mir keines ein, das ganz ohne Noten spielt, aber vielleicht gibt es das auch. Ich kann da kein Fehlen irgendeiner Qualität erkennen. Pressler vom Beaux-Arts-Trio hat immer nach Noten gespielt und wie schön!
Aus meiner Sicht - alle Geiger etc. mögen entsetzt aufschreien :p - sind sowieso nur Pianisten wirklich geübt im Auswendig-Spiel. :p Selbst bei Bachschen Solopartiten etc. für Streicher ist es gang und gäbe, sich die Noten zu verkleinern und auf ein erniedrigtes Notenpult zu stellen. So wird es manchmal auch bei einem Violinkonzert ..... gemacht. Wirkliche Ausnahmemusiker spielen die zwar in der Regel auswendig, aber manche auch nicht. Meistens machen Instrumentalisten eben Kammermusik - die Solo-Literatur ist begrenzter - und da haben sie die Noten. Bei Opernsängern ist das natürlich etwas anderes.
Liebe Grüße
chiarina