In sich ruhendes, ausgeglichenes Klavierspiel

...was hast du denn für eine luxusgemeinde ^^ Die Gemeinden, die ich kenne, bestehen größtenteils aus Menschen, die vom Anfang des Gottesdienstes an darauf warten, dass er endlich zu Ende ist.............(und sie im besten Fall noch Kaffee trinken können...)
 
...was hast du denn für eine luxusgemeinde ^^ Die Gemeinden, die ich kenne, bestehen größtenteils aus Menschen, die vom Anfang des Gottesdienstes an darauf warten, dass er endlich zu Ende ist.............(und sie im besten Fall noch Kaffee trinken können...)

Ich weiß nicht, was die Menschen denken. Aber das Gemeindehaus ist erstaunlicherweise ziemlich voll beim Gottesdienst, und das Ambiente lädt dazu ein, zu innerer Ruhe zu finden. Die Glocken fangen an zu bimmeln um 10 Uhr, und schaukeln sich dann erst auf, bis sie immer leiser werden. Wenn man wartet, bis man den allerletzten Glockenschlag gehört hat, ist es danach so still, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte. Diese Stille MAG ICH. Und danach fängt man mit dem Eingangsliteraturstück seiner Wahl an.

Ich habe nicht das Gefühl, dass die Leute mit den Füßen scharren, wann es endlich zu Ende ist. Eher bilde ich mir ein, wenn ich wirklich mit Inbrunst spiele und alles gebe, dann auch was beigetragen zu haben, dass die Leute mit mehr innerer Ruhe den Raum verlassen, als sie ihn betreten haben.

Wenn du andere Erfahrungen gemacht hast, tut mir das leid für dich. Weil es bei mir nämlich eine schöne Erfahrung ist, die genau zum Thema dieses Fadens paßt: wie man nämlich innere Ruhe findet. Der Rahmen spielt eben bei mir auch eine Rolle, und das Klavierspiel im Gottesdienst kann ein schöner Rahmen sein, um im eigenen Klavierspiel zu innerer Ruhe und Ausgeglichenheit zu finden.

Am zuverlässigsten komme ich übrigens zu innerer Ruhe, wenn nach Abkündigungen "Oh Haupt voll Blut und Wunden" (ohne Gemeindegesang, man spielt nur selber) gespielt wird. Ich habe mir den Bach-Choralsatz aus der Matthäuspassion abgeschrieben und sowohl für Klavier als auch Orgel übertragen (wer die Noten haben möchte, kann sich melden). Es ist für mich vollkommene Musik, und wer da nicht zu innerer Ruhe findet, dem ist nicht mehr zu helfen.
 
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Ja der Choral ist schön...den kennt ehr jeder auswendig, wird keiner noten brauchen ;)
Da hast du ja einen wahren Juwel gefunden! Ich bin mir sicher, es liegt auch am Pfarrer - und daran, ob man als Organist oder sonstiger Gemeindebegleiter den Gottesdienst an sich langweilig findet oder wertvoll ^^ ...von so einer harmonische Zusammenarbeit kann man echt nur träumen.
Gratuliation :)
 
Ja der Choral ist schön...den kennt ehr jeder auswendig, wird keiner noten brauchen ;)

Ich zumindest werde noch etwas brauchen, bis ich alle 4 Stimmen auswendig kann (es geht ja um den 4-stimmigen Satz, nicht die Melodiestimme). Weiterhin überlege ich mir, zur Abwechlsung die andere Harmonisierung von Bach zur gleichen Melodie (ich glaube, "Wie soll ich dich empfangen", genauso wunderschön) auch noch für Klavier und Orgel zu übertragen (für Orgel bevorzuge ich Noten mit 3 Systemen für getrennten Pedalpart). Bei so einem Lied, nach Bekanntgabe der Verstorbenen, wo die Angehörigen ins Taschentusch schnüffeln, wenn man es schön und innig spielt, würde ich niemals das Risiko eingehen, es auswendig zu spielen und mich dabei evtl. zu verhauen, weil ich es eben doch nicht 100% auswendig kann.

Was die Zusammenarbeit mit verschiedenen Pfarrern angeht, habe ich zwar nur begrenzte Erfahrungen bisher, die waren aber durchweg positiv. Und ich glaube, ein Pfarrer weiß zu schätzen, wenn jemand nicht nur Vor- und Nachspiele sowie Liedbegleitung zusammenimprovisiert, sondern sich richtig vorbereitet und mit Herzen spielt, statt den Kram runterzuleiern.
 
*lach* das klingt fast nach einer Unterstellung ;)
Was mich betrifft, kann ich den Bachschen Satz jedenfalls so, weil ich ihn eben gut kenne - auch ohne ihn auswendig zu lernen. Hast du alle meine Entchen auch erst auswendig lernen müssen, um es nachspielen zu können? (<- das ist die Retourkutsche, nichts für ungut ;) Friede, ja?)
mal ganz ehrlich: ich finde es echt schön, dass du dich da so reinkniest. Vielleicht läuft es wirklich deshalb so gut bei euch - wie es hineinschallt etc tec ^^
liebe Grüße
 
Klar, Friede, Lalona - obwohl ich a) nix unterstellen wollte und b) tatsächlich so dämlich bin, dass ich mir nicht alle 4 Stimmen eines 4-stimmigen Chorals so vom Fleck weg auswendig merken kann. Würde mir auch bei einem 4-stimmigen "Alle meine Entchen" so gehen. Bin allerdings nicht der einzige, der so blöd ist. Es hat sich gerade schon jemand bei mir gemeldet, der den Klaviersatz von "Oh Haupt" haben wollte.

Nun zurück zum Thema:

In sich ruhendes und ausgeglichenes Klavierspiel ist meiner Meinung nach nur möglich, wenn man selber ruhig und ausgeglichen ist. Ich weiß nicht, ob diese Selbstverständlichkeit hier schon geschrieben wurde, aber das ist zumindest meine Meinung.

Wenn dem so ist, bedeutet dies dann also, das es darum geht, wie man selber ruhiger und ausgeglichener wird (wenn man darin Defizite sieht, bei sich oder anderen), weil sich das dann auf das Klavierspiel überträgt.

Die spannende Frage ist dann ja, wie gelangt man selber dazu, ruhiger und ausgeglichener zu werden, mit welchen Methoden und Mitteln. Also mir fallen da neben gesunden auch ungesunde und ganz und gar verwerfliche Mittelchen ein, auf die ich aber nicht näher eingehen will.

Will nur sagen, des Pudels Kern ist die eigene Gemütsverfassung, und wie man die ändern kann. Das Klavierspiel ist dann eine Folgeerscheinung.
 
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Hm, interessanter Gedanke. Ich bin persönlich ja absoluter Yoga-Fan ;) Aber da ist jedenfalls was dran. Wie soll man denn musikalisch etwas darstellen können, was man gar nicht hat...Bei den großen Pianisten finde ich auch, dass man ihren Charakter schon m Spiel erkennt (denkt mal an die Argerich ^^ --- oder Horrowitz...oder Michelangeli *schmelz*)

Übrigens hiermit eine große Entschuldigung, es ist natürlich keinsfalls "blöd", wenn man einen vierstimmigen Satz nicht von der Leber weg nachspielen kann. Kann ich auch nicht, außer ich höre ihn seit 18 Jahren ständig ^^ was hier tatsächlich der Fall ist. Mein Papa war Bach-Begeisterter. ;)
Und in Gehörbildung in der HS tun sich viele viele schwer, ein vierstimmiges Diktat korrekt niederzuwerfen. Zuschreiben. Zu schreiben. ^^
Ganu unglaublich teilweise...

*Frieden auf Erden*

ciaoi
 
In sich ruhendes und ausgeglichenes Klavierspiel ist meiner Meinung nach nur möglich, wenn man selber ruhig und ausgeglichen ist.

Das ist meines Erachtens ein gaaaanz wichtiger Punkt (wurde, glaub ich, auch schon genannt).


Die spannende Frage ist dann ja, wie gelangt man selber dazu, ruhiger und ausgeglichener zu werden, mit welchen Methoden und Mitteln. Also mir fallen da neben gesunden auch ungesunde und ganz und gar verwerfliche Mittelchen ein, auf die ich aber nicht näher eingehen will.
Genau! Bitte, Mindenblues, nenn doch mal deine "gesunden" und nicht verwerflichen Mittelchen. Bin sicher nicht die einzige, die solche "Beruhigungspillen" braucht....
 
Genau! Bitte, Mindenblues, nenn doch mal deine "gesunden" und nicht verwerflichen Mittelchen. Bin sicher nicht die einzige, die solche "Beruhigungspillen" braucht....

Ich mache gerne ab und zu (wenigstens 1x die Woche) einen Waldlauf. Nach einem Stündchen Laufen und danach Duschen fühle ich mich ziemlich ruhig und ausgeglichen, und die körpereigenen Endorphine können strömen...

Wenn ich an einem schönen Sommerabend auf der Terasse sitze und nix weiter tue als die Abendsonne zu genießen und den Libellen über dem Teich zusehe, entspannt mich das auch ungemein.

Selbst wenn ich irgendwas im Garten mache, Sträucher verschneiden z.B., hat das machmal eine meditative Wirkung und ich finde zu besserer inneren Ruhe.

Lalona hatte Yoga genannt, das tue ich nicht, habe aber auch von anderer Seite gehört, dass das auch hilft, in sich ruhend und "zentriert" zu werden.
 
oh ja ubik, gib diesen Tipp mal an die Gehörbildungsklasse weiter, bei denen manche damit Schwierigkeiten haben, den Basston korrekt herauszuhören ^^

Ja, Yoga ist absolut harmonisierend, aber ich finde, das non-plus-ultra bleibt die Meditation zum Beispiel über den Atemfluss ;) kann ich nur wärmstens weiterempfehlen.
Ansonsten hilft es bestimmt auch, "Momo" zu lesen und sich vorzunehmen, die eigene Lebenszeit nicht zu verhasten *lach* Immer schön langsam und bewusst, da wird man bestimmt extrem ruhig mit der Zeit. (Celibidache muss ja auch ein Philosophie-versuchtes Wesen gewesen sein also los!)
glg
 

Hey!

Ich glaube, es gibt zwei Dinge, die man beachten muss:


Zum ersten die Körperhaltung und innere Ruhe.
Der Körper sollte entspannt sein, beide Füße sollten den Boden berühren, die Schultern nicht zusammenfallt, man sollte insgesamt eine bequeme, aber aufrechte Haltung einnehmen.
Zur inneren Ruhe: Nur wenn man sich absolut wohl fühlt kann man ein Stück "richtig" spielen. Man sollte vor einem Auftritt o. Ä. immer schauen, dass man im Reinen mit sich ist, sonst treten Spannungen auf und man kann sich nicht richtig auf das stück konzentrieren. (Nur am Rande: Mir hilft dabei beten, schreiben und stricken)

Der Zweite Anhaltspunkt für mich ist das Stück:
Ich schreibe mir oft in die Noten: Spannung, Rauszögern, Explodieren, In Ruhe lassen, Zurückgehen, Mitnehmen, Foltern, Aufblühen, ...
Ich denke, wenn man ein Stück einmal analysiert hat, und begreift, wie es aufgebaut ist, traut man sich auch eher, solche Dinge zu machen.
Und im Übrigen hilft es auch, wenn man ein Stück perfekt spielen will, sich dazu Situationen einzuprägen:
langsame, trauruige Passagen: Liebeskummer, aggressive Passagen: Streit mit irgendwem...
Mit diesen Tipps bin ich bisher sehr weit gekommen, und natürlich mache ich das nicht vor jedem Üben, aber vor Konzerten, Vorspielen, ...
 
Hallo,

mir fällt gerade zu diesem Thema als Beispiel für "in sich ruhendes Klavierspiel" folgendes ein.

Wilhelm Kempff, Beethoven, Sturmsonate 3. Satz, Radio France, live, (youtube)

Geht das , was Du meinst in diese Richtung ?

lg
p.d
 
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