Hallo Martin,
das eine sollte man vom anderen trennen. Ich würde zunächst erstmal nicht davon ausgehen, dass bestehende Probleme der Arbeitsplatzergonomie am CAD-Arbeitsplatz per Klavierspiel "kompensiert" werden könnten - die rein physischen, ergonomischen undoder dann uU medizinischen Probleme müssen wohl schon eher am CAD-Platz gelöst werden..
Ich selbst war in den langen Jahren an Rechner- und auch CAD-Arbeitsplätzen dreimal in Malaisen mit Schmerzen in den Armen undoder an der Nackenmuskulatur. Zweimal waren bei schlichter Analyse (angefangen bei sehr sorgsamer Eigenbeobachtung) ganz einfache Haltungsfehler dafür verantwortlich, den Schmerz dann abstellen zu können. Einmal hatte ich eine falsche Blickrichtung - in einem "Schacht"-Schreibtisch mich nach rechts zum PC zu wenden, statt just geradeaus zu blicken, bei einer anderen Problematik war das Sitzen im Luftzug und auch das falsche "Eingepacktsein" im heimischen Schlafzimmer für Muskelverspannungen im Halsbereich verantwortlich.
Ein Indiz, dass Klavierspielen guttun könnte, ist allerdings, dass ich seit intensiver Wiederaunahme des Klavierspiels derartige Malaisen noch nicht wieder erlebte.
Was in jedem Falle mist war bei mir - und das deutet in Richtung von Mikroverletzungen bei wiederholter einseitiger Belasterei, ist das endlose, immergleiche Bewegungsschema bei bestimmten Computerspielen. (Ich oute mich hier mal als Fan der uralten Spiele Minesweeper und Tetris..) Beide Computerspiele haben einen hohen Beanspruchungs- oder Belastungsgrad an immergleicher, wiederholter = repetitiver Belastung.
Unter Orthopäden sollte der Begriff von RSI bekannt sein (repetitive stress injury = Verletzungen aus immergleichen Bewegungsabläufen), und auch der Begriff des Karpaltunnel-Syndroms (der Karpaltunnel ist ein Nervenkanal am Handgelenk). Beide sind - wenn ich nicht irre - auch anerkannte Berufskrankheiten bei Pianisten. Ich jedenfalls hatte bei ausdauernder, wg. Spielens und seiner Folgen jedoch als missbräuchlich anzusehender immergleicher Belastung langanhaltende Probleme nach dem Mausgeklickere bei Minesweeper; letztlich eine Sehnenscheidenentzündung, die erst ausheilt, als ich auf ganz lange Zeit meine Finger zu Minesweeper im Zaume hielt... Nicht ganz so gravierend waren jeweils Probleme infolge intensiven, immergleichen Tastaturgebrauchs bei der Tetris-"Klötzchen"steuerung mit den Keyboard-Pfeiltasten. Die da bei Highscores im Bereich von 700 abgeräumten Linien auftretenden Ermüdungserscheindung und auch Schmerzen klangen jeweils kurzfristig ab.
Noch einige "abrundende" Hinweise - das Computerspielen kann man ggf. bleibenlassen, wenn man es als zu schädlich erkennen würde. Inwieweit das zum Zeitmanagement an einem CAD-Arbeitsplatz zuträfe (Arbeitszeitanteile umzulagern), vermag ich natürlich nciht zu beurteilen. Aber die Selbst- und auch Fremdbeobachtung der eigenen Haltung am Computer kann schon einiges aufdecken. Was sehr hilft im Arbeitsalltag am Computer, ist, gelegentlich seine vier oder fünf Buchstaben zu erheben und immer mal mit den Kolleginnen und Kollegen das persönliche Gespräch und den Info-Austausch zu suchen - das soll nun nicht in irgendeiner Weise besserwisserisch oder schlaumeiernd daherkommen, aber ich kenne eben genügend Fälle, in denen die Arbeit entschieden daunter leidet, wenn einer sich nur und ausschließlich am Rechner vergräbt.. Oder gar ganze Abteilungen..
Noch eine sehr individuelle Beobachtung aus eigener "Musikgenese" - die meisten Menschen sind Rechtshänder, und die Muskulatur ihres rechten Armes ist ein wenig stärker ausgeprägt als die des linken Armes - ich bin auch Rechtshänder, aber da ich vom 10. bis zum 16. Lebensjahr Violine spielte, ist die Muskulatur meines linken Armes durch das Greifen auf dem Violinen-Griffbrett ausgeprägter. Diese größere Kräftigkeit links hat sich erhalten - auch nach weiteren 37 Jahren ohne Violinenspiel. Insbesondere die Kraft in der linken Hand zu greifen ist weitaus besser als rechts bei mir. ;) Insofern hat Musik auszuüben schon durchaus mögliche Auswirkungen zur Kräftigung der Muskulatur, also könnte (..könnte..) Klavierspiel auch etwas Training bedeuten oder Erleichterung der CAD-Arbeit - oder aber auch eine Gefahr des Verstärkens von bestehenden Problemen bei gleicher Belastungsart..
(..BerndB träumt von der Anerkennung von Boogie Woogie und Ragtime als olympische Sportarten... ;)
Die Übertragbarkeit und Übertragung all der Hinweise oder eines Teiles von ihnen obliege bitte jedem selbst, u.U. auch bei seinem Arzt, Orthopäden, Arbeitsmediziner undoder Bürokollegen undoder Ehefrau ("...nu SETZ dich enntlich mal grade hin!!!") ;)
Eingestreut sei hier mal der Dislaimer: ich bin Ingenieur, habe mich ein wenig mit Ergonomie befasst (u.a. bei REFA-Kursen), habe die benannten eigenen Erfahrungen, bin aber weder auf dem Gebiet Medizin / Arbeitsmedizin Experte noch Rechtsexperte. Je nach Art und Größe eigenen Leidens ist - insbesondere zu beruflichen Dingen - der Rat von ausgewiesenen Fachleuten unumgänglich - ein Internet-Posting auf Distanz etc. kann das nicht ersetzen und auch keinerlei Gewähr für irgendwas bieten.
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Völlig separat und abseits von Überlegungen zur Muskelkraft und Ergonomie sollte man seinen inneren "Drive" prüfen, ob Musizieren allgemein (soweiso) und speziell Klavierspielen (fast immer) eine gute Idee sei. Oftmals kann man mit preiswerten Methoden prüfen, ob Musizieren einem liegt - mit einem Mietklavier, oder anfangs einem einfachen Keyboard, das man schnell ggf. gegen etwas Besseres, Geeigneteres dann eintausche..
Ich hoffe, unter den Tonnen Text einige brauchbare Anregungen gegeben zu haben..
Mit freundlichen Grüßen
Bernd B