Hammerköpfe selbst austauschen

  • Ersteller des Themas maritaliano
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Bei Liszt wird schon schwindelig, wenn ich nur in die Noten schaue, von Spielen kann da gar keine Rede sein.

Und dabei liebe ich den Liebestraum Nr. 3 doch sooo sehr.
 
Mal 'ne Frage zum Abziehen der Hämmer, wenn jetzt schon so schöne Bilder da sind: man sieht ja, daß die Filzschicht rundum etwa gleich dick ist, so ca. doppelt so dick wie der Durchmesser des Hammerstiels, vielleicht 1cm Filzschicht ? ´

Wie weit kann man so einen Hammer dann eigentlich "abziehen", also welche Filzschichtdicke muß mindestens erhalten bleiben, damit anschließend noch vernünftig intoniert werden kann ?


Ist dies dann auch der begrenzende Faktor bei der Entscheidung, ob neue Hämmer / Neubefilzung notwendig sind, oder ob man "noch mal " abziehen kann ?

Gruß
Rubato
 

Einfach in einen Dampfstrahl halten und das Zeugs fliegt dir in Null komma Nichts um die Ohren :D

Ich hab´s selber noch nicht ausprobiert, aber die amerikanischen Kollegen nutzen ja ganz gerne mal die Methode des steam voicing, also Intonieren mit Wasserdampf. Wenn der Filz viel zu hart ist, halten die den kontrolliert in einen Dampfstrahl. Und da gibt es halt die Warnung, das nur seeehr kurz zu machen, da sich ansonsten der Leim löst und sich der Hammer aufpellt.
 
In Amiland wird dazu gerne ein leicht feuchtes Tuch auf die Hakös gelegt und dann mit dem Glätteisen drübergegangen. Habs schon einmal ausprobiert. Die Hakös werden dadurch wirklich sehr weich, aber eben nur an der äußersten Schicht, sodass man diese dann auch wieder leicht abziehen, oder glätten kann.


Gruß
Patrick
 
...genau. Der beabsichtigte Vorteil des Dampfbügelns ist, dass man nicht so viel Material beim Abziehen wegnehmen muss.

Viele Grüße
Michael
 
Dieses Dampfbügeln ist noch was anderes als das was ich meine. Ich meine wirklich einen Dampfstrahl, ähnlich wie beim Tastengarnierungen entfernen. Wird wohl bei extrem harten Hämmern gemacht, genauso wie das Quetschen mit einer Zange :confused:
 
Ich möchte noch kurz auf die letzte Frage von Rubato eingehen, wie oft darf man einen Hammerkopf abziehen?

Dafür gibt es keine feste Regel und es müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden. Anbei mal wieder zwei Fotos, ein Hammerkopf gerade bearbeitet und zum ersten Mal abgezogen, ein zweiter evtl. schon einmal abgezogen und stark abgespielt. Beim zweiten muss man jetzt eigentlich ran. Und nun schau dir die beiden Kandidaten doch mal von der Seite an.

Den frisch abgezogenen würde ich kein zweites Mal mehr abziehen, dann spiele ich ja schon nahezu auf dem Unterfilz. Vom platten HK würde man jetzt noch gut bis 1mm unter die platte Stelle abziehen, auch da dürfte absolut Schluß sein. Es gibt so eine Fausregel, HK kann man max. zweimal abziehen. Aber Abziehen ist nunmal nicht gleich Abziehen. Der Fachmann weiß instinktiv wann Schluß ist.

Außerdem muss mehr beachtet werden, ein HK liegt in seiner Ruhestellung in einem gewissen Abstand zur Saite (~45mm). Wenn ich den Hammerkopf abziehe und nichts weitere veränder wäre der Abstand nun gut 48mm, beim 2. Abziehen dann evtl. 51mm. Man muss ja aber nun auch die Spielart berücksichtigen.

D.h. nach dem Abziehen stell ich die 45mm wieder ein, also schraub ich die Mechanik über die Pilote entspr. höher. Aber auch hier ändert sich wieder etwas, der HK soll ja kurz vor der Saite abnicken, dass macht er jetzt nicht mehr an der richtigen Stelle. Also stell ich die Auslösepuppe höher.

Aber auch das geht nicht beliebig, es greift in der Mechanik ein Rad ins andere, es ist ja ein präzises Zusammenspiel von Hebeln und Kräften. Verändere ich eine Größe in der Mechanik, muss ich nahezu an allen abhängigen Größen nachregulieren und das geht nur in bestimmten Toleranzen.

Zudem darf ich die Gewichte nicht vergessen, nehme ich am HK 1 Gramm Masse weg entspricht das auf der Vordertaste rund 5 Gramm.

Also ist viel zu beachten, wenn man
- den Abstand des HK zur Saite behalten muss,
- das Tastengewicht in einer bestimmten Toleranz bleiben soll,
- das Abnicken sichergestellt werden soll,
- die Position der Stoßzunge gewährleistet sein muss,
- und der Druckpunkt auch noch tastbar bleiben soll

Vielleicht konnte ich das Ganze ein wenig verständlicher machen. Und noch eins, wann ziehe ich denn ab? I.d.R. wenn der HK stark eingespielt sind. Und (wir nehmen die stark beanspruchten Profi-Instrumente mal raus) das dauert schon eine Weile und wenn ich dann gezwungen bin, ein zweites Mal abzuziehen, dann wird der HK auch schon sein Alter erreicht haben, dass der Filz zusätzlich durchs Alter verhärtet ist und eine Investition in neue HK wohl das sinnvollste ist.
 

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@ Klavierbau,

den eingespielten Hammerkopf auf deinem Foto würde ich bedenkenlos abziehen lassen, da hab' ich schon Schlimmeres gesehen. Wenn es dann im Instrument wider Erwarten nicht klappen/ klingen sollte, kann man immer noch neu befilzen lassen.
 
... Abziehen dann evtl. 51mm. Man muss ja aber nun auch die Spielart berücksichtigen.

D.h. nach dem Abziehen stell ich die 45mm wieder ein, also schraub ich die Mechanik über die Pilote entspr. höher...
Also ist viel zu beachten, wenn man
- den Abstand des HK zur Saite behalten muss,
- das Tastengewicht in einer bestimmten Toleranz bleiben soll,
- das Abnicken sichergestellt werden soll,
- die Position der Stoßzunge gewährleistet sein muss,
- und der Druckpunkt auch noch tastbar bleiben soll

Nicht zu vergessen, daß sich dadurch der Anschlagswinkel/punkt an der Saite ändert
Grüße
Toni
 

Mal 'ne Frage zum Abziehen der Hämmer, wenn jetzt schon so schöne Bilder da sind: man sieht ja, daß die Filzschicht rundum etwa gleich dick ist, so ca. doppelt so dick wie der Durchmesser des Hammerstiels, vielleicht 1cm Filzschicht ? ´

Wie weit kann man so einen Hammer dann eigentlich "abziehen", also welche Filzschichtdicke muß mindestens erhalten bleiben, damit anschließend noch vernünftig intoniert werden kann ?

Hallo Rubato,

Die Antwort ist: "Es kommt ganz darauf an, welcher Ton es ist. Im Diskant haben die Dinger immer weniger Filz am Scheitel haben als in der Mitte und im Bass. Ein guter Klaviermacher oder -bauer wird aus Erfahrung feststellen, wann die Grenze erreicht ist.

@maritaliano: In Kürze werde ich ein Video zeigen, wo ich einen Bechstein Flügel mit neuen Hammerköpfen (kommen ungebohrt) und neuen Stielen ausstatte.

LG
Michael
 
In Kürze werde ich ein Video zeigen, wo ich einen Bechstein Flügel mit neuen Hammerköpfen (kommen ungebohrt) und neuen Stielen ausstatte.

:p SUPER!!! :p

Michael, bitte halte dein Versprechen unbedingt ein, es gibt nicht oft die Möglichkeit, einem Profi über die Schultern zu schauen. Falls du jemanden brauchst der die Kamera hält, sag bescheid, ich komm vorbei. Die Wegbeschreibung für "von außerhalb" habe ich auf deiner Homepage schon gefunden :rolleyes:.

Aber wenn möglich bitte mit Intonieren.

Ich freu mich...:D
 
SUPER!!! :p

Michael, bitte halte dein Versprechen unbedingt ein, es gibt nicht oft die Möglichkeit, einem Profi über die Schultern zu schauen. Falls du jemanden brauchst der die Kamera hält, sag bescheid, ich komm vorbei. Die Wegbeschreibung für "von außerhalb" habe ich auf deiner Homepage schon gefunden :rolleyes:.

Aber wenn möglich bitte mit Intonieren.

Ich freu mich...:D

Es wird schon etwas dauern, aber ich bin stets beim Filmen wenn ich mir Zeit abzwacke in der Werkstatt. Da ich auch Stimmungen und auswärtige Reparaturen mache kann ich nicht genau sagen, wann das Video fertig ist. Das mit dem Intonieren mache ich vielleicht auch mit, wobei es schwierig wird anhand von Filmmaterial und runter gerechneter Audiodateien schön die kleinen Nuancen zu zeigen. Außerdem habe ich einen wunderbaren, extra angefertigten Hammerkopfsatz zur Verfügung, der sich - oh Freude - ohne Montage schon fast fertig intoniert anfühlt. :D

LG
Michael
 
@Klavierbau, Klaviermacher, etc.:

Danke für die informativen Antworten bzgl. des Hammer-Abziehens !

Nimmt man eigentlich immer so viel Filz weg, daß die Rillen gar nicht mehr sichtbar sind, oder schleift man nur den Kopf vorne wieder halbrund, unabhängig davon, ob die Rillen dann noch sichtbar sind oder nicht ?

Gruß
Rubato
 
Hallo Rubato,

Dazu gibt es einen interessanten Thread mit Bildern und ein Posting von mir ;-)

LG
Michael
 
...
@maritaliano: In Kürze werde ich ein Video zeigen, wo ich einen Bechstein Flügel mit neuen Hammerköpfen (kommen ungebohrt) und neuen Stielen ausstatte...

Hallo Michael,
auf das Video bin ich auch schon gespannt. Super dass Du sowas rein stellen willst.
In den nächsten Tagen werd ich ein Kostenangebot für das Neu-Befilzen inkl. aller notwendigen Nacharbeiten von meinem Klaviermacher (auch ein Michael) bekommen. Er hatte mir dies zunächst nicht vorgeschalgen, da er der Meinung ist, dass ein neuer Hammer vom Klang her immer besser ist, als einer der nachträglich neu befilzt wird. Hat angeblich was mit der Filzspannung etc. zu tun. Ein Hammer ohne Stiel (also neu) kann besser eingespannt werden, was bei aufziehen des Filzes ein besseres Ergebnis bringt. Welche Erfahrungen gibt es von Euch??
Gruß,
Mari
 
Hallo Mari,

Ich habe vor längerer Zeit einen alten Hammerkopfssatz neu befilzen lassen, der hinterher unmöglich zu bearbeiten war und habe danach nie wieder mehr befilzen lassen. Mittlerweile habe ich aber auch schon ganz gute neu befilzte Köpfe gesehen in jüngerer Zeit.

Ich empfehle Dir, wenn Du das so machen willst unbedingt auf allerbeste Filzqualität zu bestehen, auch wenn das etwas mehr kostet. Der Preis-Unterschied ist dabei nicht wirklich groß, aber wenn man nichts dazu sagt, kommt Standardfilz zum Einsatz.

LG
Michael
 
Nun wird beim Neubefilzen immer gerne von Abel gesprochen, wie sieht das denn bei Renner aus, die bieten das Neubefilzen doch auch an, oder?

Spielt es denn evtl. auch eine Rolle, welche Hammerköpfe man wo befilzen lässt? Wenn ich an meine Steinway-HK denke, die werden doch z.B. von Renner hergestellt, schickt man die dann besser zu Renner als zu Abel?

Und wie sieht das denn genau mit der Filz-Beschaffenheit aus, wird denn bei Verwendung des besten Filzes für das Neubefilzen dann auch der gleiche Filz verwendet, der auch für die Herstellung der HK verwendet wird? Hier soll es doch in der "Rezeptur" der Filze je nach Marke auch Unterschiede geben, oder ist der Filz fürs Neubefilzen grundsätzlich aus einer ganz anderen Charge/Beschaffenheit?
 

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