Hammerköpfe frisieren

ich hab mir jetzt mal das Intonations- Video angesehen. Woran erkennt man denn, wann es genug ist? Ist das Erfahrungs- /Gefühlssache? Und: Machen die Jungs auch zwischendurch was anderes oder müssen die den ganzen Tag nur stechen? Und eine letzte Frage: Kommt es dabei auch mal vor, dass man den eigenen Daumen "intoniert"? :-D
 
Hab mal Videos gesucht und wurde fündig. Ich hoffe doch, dass die Hämmer bei Grotrian vor dem einleimen vorintoniert werden, denn es fehlen die horizontalen Stiche. Im verbauten Zustand kann zwangsläufig nur noch von oben hinab gestochen werden, weil man horizontal nichts bzw. nur einseitig daran tun kann.

Nein, sie werden dort eben nicht vorher gestochen. Um horizontale Stiche hinzubekommen, wird die Mechanik auf die Werkbank gelegt und unter die Köpfe wird ein Kantholz geklemmt, so dass sich auch höher stehen. Die Abhebestange wird mit einem Keil so geklemmt, dass die Dämpfer maximal nach unten stehen. Somit kann man schön mit 3 Nadeln auch horizontal stechen. Schön kräftig und langsam, damit das auch lang andauernd hält. Mit der freien Hand wird der Hammer gegen gehalten. Alles überhaupt kein Problem. Der Vorteil dieser Methode ist wie schon erwähnt, dass man bereits beim Vorintonieren stetige Kontrolle über das Ergebnis hat. Erst nach dem Vorintonieren wird verputzt usw. Und erst nach dem Einpaucken erfolgt dann das Fertig Intonieren.

Es gibt verschiedene Wege, zum Ziel zu kommen. Grotrian macht es halt so, andere Hersteller wieder anders. Und so ist das ja mit allem im Klavierbau. Der eine nimmt Duplexskala, der andere nicht. Der eine nimmt Vierkanntstahlkern im Bass, der andere Rundstahl. Usw. etc. pp. Man kann ja immer anderer Meinung sein. Aber ausgerechnet Grotrian zu unterstellen, dass ein nachhaltiges Ergebnis nicht gefragt sei, fand ich fast schon unverschämt. Daher auch meine vielleicht etwas dünnhäutige Reaktion.

Michael, mich brauchst du von deinem Können nicht zu überzeugen, ich weiß, was du drauf hast. Aber akzeptiere, dass du nicht der einzige bist, der auf hohem Niveau arbeitet. Das, was die in Braunschweig machen, hat definitiv Hand und Fuß und ist nicht das Ergebnis von kurzsichtigen Sparmaßnahmen.
 
Es gibt verschiedene Wege, zum Ziel zu kommen. Grotrian macht es halt so, andere Hersteller wieder anders. Und so ist das ja mit allem im Klavierbau. .

So ist es, jeder machts auf seine Weise (der eine laut , der andre leise :-D)

Vorintoniert wird bei uns auch, erst vor dem Einbau dann im Instrument angeglichen. Wobei wir bewußt die intonation etwas schärfer lassen und es dann schlußendlich beim Kunden an die Raumakustik anpassen - etwas weicher stechen geht ja immer, nur ohne brennen oder gar tränken kriegst die ja kaum wieder brillianter sind sie erst mal zu weich.

Viele Grüße

Styx
 
ich hab mir jetzt mal das Intonations- Video angesehen. Woran erkennt man denn, wann es genug ist? Ist das Erfahrungs- /Gefühlssache? Und: Machen die Jungs auch zwischendurch was anderes oder müssen die den ganzen Tag nur stechen? Und eine letzte Frage: Kommt es dabei auch mal vor, dass man den eigenen Daumen "intoniert"? :-D
Man prüft mit dem Finger die Elastizität. Dann steckt man den Hammer auf und hört sich das Ergebnis an. So schätzt man den Bedarf für weitere Stiche. Hat sich viel verändert / hat sich wenig verändert? Man steckt so ein Dutzend Hämmer ab und notiert sich die Anzahl der Stiche und bekommt eine Art Kurve. Danach kann man an der Werkbank weiter arbeiten. Hinterher zieht man die Köpfe ab.

Zur letzten Frage: Letztes Jahr hab ich mir den Daumennagel intoniert. Es kamen 3 kleine Blutstropfen. Mittlerweile hat sich das aber ausgewachsen..

@Tastenscherge: Die Technik mit Dämpfer zurück und Hämmer nach oben kenne ich, aber sie ist nicht so sicher und effektiv, im Klavierbauerjargon sag ich nur: Schönen Gruß an die Achsen! :-D Sei´s drum - Zweifel an all den heutigen Erzeugungsmethoden sind angebracht, denn intonieren ist ein zeitintensiver Posten in der Erzeugung. Die Mehrzahl unserer Produkte überdauern eben leider nicht Jahrzehnte. Ein aktueller LCD Fernseher wird ja sowieso nach 3-5 Jahren durch ein neueres Model (mit Wlan und Schnikschnak) gewechselt. Also warum soll das Teil 10 Jahre halten oder Ersatzteile verfügbar sein? Früher hatte man einen Röhrenfernseher ungefähr 10 Jahre bevor man ein neues Gerät angeschafft hat, mache sogar viel länger, und für einen 20 Jährigen gab es meistens Ersatzteile auf Lager.

Weißt Du, ob Grotrian die Verleimung der Hämmer immer noch mit Weißleim macht? Ein Video von 2010 zeigt das.. Ich hab das übrigens in den 70ern auch so gelernt, bin aber durch Gespräche mit Kollegen und Restauratoren sehr früh dazu über gegangen dies zu ändern, da es Klangeinbußen gab. Mittlerweile wird in vielen Werken genau da wieder Knochenleim verwendet.

LG
Michael
 
... dass er mal testweise ein paar neue HK einbaute - ojeh... HOCH LEBEN MEINE ALTEN HK!!!
Ich hätte nicht ohne weiteres gedacht, daß das möglich ist. Nach dem weiteren Lesen hier nehme ich an, daß die HK auch vorintoniert wurden. Werden die dann doch nicht benutzen HK, die ja wohl aus einem ganzen Satz stammten, dann in einem anderen Flügel eingebaut? Ist also die Vorintonation nur vom Klang der Stiele abhängig und nicht vom Instrument?
 
Ich hätte nicht ohne weiteres gedacht, daß das möglich ist. Nach dem weiteren Lesen hier nehme ich an, daß die HK auch vorintoniert wurden. Werden die dann doch nicht benutzen HK, die ja wohl aus einem ganzen Satz stammten, dann in einem anderen Flügel eingebaut? Ist also die Vorintonation nur vom Klang der Stiele abhängig und nicht vom Instrument?
Bei jedem Satz Hammerköpfe bleiben einige über (so ca. 8-10 Stk.) die man nicht mehr verwendet. Die Vorintonation ist nicht von den Stielen abhängig, sondern von Instrument zu Instrument.

LG
Michael
 
Bei jedem Satz Hammerköpfe bleiben einige über (so ca. 8-10 Stk.) die man nicht mehr verwendet. Die Vorintonation ist nicht von den Stielen abhängig, sondern von Instrument zu Instrument.

LG
Michael
Danke, dann ist verständlich, daß man solche HK zur Probe nehmen kann. Ich habe nochmal nachgelesen, Du sprichst vom Hammerabhören (nicht Stiele), das kann ich im Ehrbar-Video nicht erkennen. Ich sehe nur, wie bei 2:30 der Hammerkopf vorsichtig an die Saite geführt wird ohne einen Ton zu erzeugen. Danach kommt die Vorintonation.
 
Videos mit Ton verzerren extrem, drum lasse ich solche Szenen bleiben. Ich mache ja nur Stummfilme mit Hintergrundmusik. :-)

LG
Michael
 
Ist klar, Du schlägst normal an, und dann wäre in Zusammenhang mit der Hintergrundmusik dann sowieso nicht zu hören, wie der HK klingt.
 

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