György Cziffra

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Ich würde mich gern mit euch über den Pianisten G. Cziffra austauschen.

Seine Ausstrahlung, die von ihm ausgehende Faszination verblasst nie. Ich halte ihn nach wie vor für den besten Interpreten von Liszt, obwohl die anderen auch viel leisten. aber in der Gesamtwürdigung hat er bei mir den 1. Platz.

Sein Spiel ist enorm vielseitig, durch Technik nie begrenzt, zupackend und jede normale menschliche Artistik überschreitend.

Auf der anderen Seite spielt er mit ungeheurer Leichtigkeit und, was manch anderen Tastenakrobaten noch fehlt oder immer gefehlt hat: Er verfügt über Delicatesse, spielt mit ungeheurer Transparenz und strahlt immer ein gewaltiges Feuer der Begeisterung aus.

Als Hörprobe habe ich seine Einspielung der Liszt-Etude: Feux Follets , gewählt.

Selten habe ich dieses Stück mit solcher Eleganz gehört. Manche spielen es schneller, darunter leidet es dann und manche spielen es gleichmässiger aber kaum einer schöner. Bin gespannt, wie ihr das seht.

http://www.youtube.com/watch?v=CfVnSt7Kvz8
 
Hallo klavigen!

Ich stimme Dir völlig zu - Cziffra ist auch für mich DER Liszt Interpret schlechthin. Es gibt unzählige Virtuosen, die auch hervorragend spielen, aber er sticht meiner Meinung nach doch aus der riesigen Masse heraus.
Manche sehen ihn auch als lebende (oder leider ja nicht mehr lebende) Verkörperung Liszts an.
Was mich so fasziniert an seinen Interpretationen, ist diese unwahrscheinliche Leichtigkeit, dieses "Töne perlen lassen", diese Brillianz - bei ihm klingen selbst die wahnwitzigsten Passagen so als ob überhaupt nichts dabei wäre.

Was ich aber ein wenig schade finde, ist, dass seine Interpretationen anderer Komponisten immer ein wenig ins Hintertreffen geraten.
Auch zu Lebzeiten - er ist ja in den 50er Jahren nach Frankreich ausgewandert - konnte er sich ausserhalb Frankreichs immer nur einen Namen als "Liszt-Interpret" machen und seine Chopin, Beethoven oder auch Schumann Interpretationen sind immer etwas belächelt worden.
Warum, ist mir allerdings ein Rätsel. Denn auch die sind einfach nur wundervoll.

Hier mal ein Chopin Beispiel:

http://www.youtube.com/watch?v=27vOCYZSeSA

Manche bezeichnen ihn auch als "Klavierdompteur" und das ist er teilweise wirklich, denn er lässt seine Finger über die Tasten fliegen wie kein anderer.
 
Ich kann dem bisher gesagten nur zustimmen. Leider haben die meisten Aufnahmen von Cziffra eine schlechte Klangqualität :(

Hier kann man nur blass werden vor Neid :shock:

http://www.youtube.com/watch?v=pf2accwGEaU
(Bei 3:38 spielt er Chopin's Etüde op.10 nr.1, unbedingt ansehen!)

marcus
 
Cziffra

Die Interpretation der As-dur Ballade ist traumhaft schön. Ich kenne keine Bessere. Aber selbst der grosse S. Richter wirkt an dem Stück wie ein Gewalttäter, der mit der Musik kämpft anstatt so herrlich zu singen, wei Cziffra es kann. Er stellt eben wirklich nie seine unbeschreibliche Virtuosität in den Vordergrund sondern immer in den Dienst des richtigen Klanges. Manchmal wird das missverstanden, denn bei Musik, die ein Erdbeben symbolisiert muss eben auch die Heide wackeln.


Diese Improvisationen um die Op. 10 Nr. 1 sind einfach ein Genuss. Dies zeigt auch die ungeheure Vorstellungskraft, die dieser Mann umzusetzen vermag. Er ist ebn je nach Bedarf der Wilde und der Sanfte, genau wie es die Stücke erfordern.

Als link möchte ich euch die kaum bekannte Einspielung der symphonisichen Variationen von Cezar Franck empfehlen. So delikat und verinnerlicht habe ich das auch noch nie gehört - nach dem video kann man gleich den 2. Teil ansehen, ist gleich daneben in youtube


http://youtube.com/watch?v=_UeQ9PqBHP8

http://youtube.com/watch?v=HMApJ5SlD4Y&mode=related&search=cziffra franck variations piano
 
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Ich wollte auch auf seine grossartige Improvisationsgabe zu sprechen kommen.

Kennt jemand seine ganzen Chopin op. 10 und 25? Ich hab sie, gefällt mir sehr, wobei einzelne Etüden kenne ich mir näher stehende Aufnahmen.

Als Video natürlich unerreicht (v.a. sein schelmisches Lächeln ganz am Schluss):

Liszts Grand Galop Chromatique
 
etuden

@Thepianist73,

das video der Gesamtaufnahmen aller Etuden kenne ich nicht - wo gibt es diese ?

Über die Improvisationsgabe sollten wir noch weitere Worte verlieren. Er hat ja auch bekannte Werke bearbeitet, die zuweilen ans groteske grenzen - wie die trisch Tratsch Polka, aber selbst da erkennt man die Handschrift des tonmeisters - es ist auf dem gleichen Niveau wie Horowitz Carmen-Bearbeitung, Alles mit ungeheurem Witz und Klangsinn. Ich denke, dass es auch hier noch viel Ziet braucht, bis das alles richtig im ZUsammenhang gewürdigt wird.

Es gibt einspielungen über den Hummelflug, wo in de Tat eher ein aggressiver Hornissenschwarm anzugreifen scheint, aber das ist allemal hörenswert, denn obwohl es kaum durchhörbar erscheint erkennt der Fachmann doch, dass hier jede Note genau an ihrem Punkt sitzt. Da gibt es kaum Raum für veränderungen. Und noch ein Punkt: so lange ein echter Mensch das spielen kann - also nicht ein Computer,Sequenzeer, Midimaschinerie, solange ist es faszinierend. Unsere menschlichen sinne sind schon so konstruiert, dass sie von echten Menschen Gemachtes immer erkennen können. Auch die unglaublichste Klavierartistik hat so ihren Reiz, wenn es mit grossem Können dargeboten wird.

Man höre sich auch die Bearbeitungen des Säbeltanzes an. Martialisch ist genau die richtige Bezeichnung aber für tanzende säbel wohl das richtige Umfeld.

Der grand Galop chromatique ist schon von vielen gespielt worden. Cziffras Perfektion wurde bisher nicht erreicht. Da geht es wirklich über Stock und Stein. Wie schade, dass wir kein Zeugnis von Liszt haben.

Manche würden sich wundern, was die sogenannten Alten draufhatten.

Ich habe die tolle Einspielung von Martha Argerich "Jeux d´Eaux" immer sehr gut gefunden und das ist sie auch - aber vergleicht man die ihre mit der Einspielung des Komponisten, die als Tondokument noch existiert, so erscheint Argerichs Version fast als weichgespült. Argerich zeichnet das perlende Wasser und Ravel aber auch die Kaskaden der Waserfälle.

Beim Galopp chromatique stelle ich mir wirklich vor, dass es wie im Flug übers gelände geht und das eben kann Cziffra - so ähnlich könnte es Liszt gemeint haben.
 
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