Grundsatzfrage: warum ist ein Flügel teurer als ein Klavier ?

So sehe ich es auch, Smartfan. Deutsche Klaviere und Flügel haben nicht ohne Grund ihren Preis, und Wucherpreise sind das sicherlich nicht. Alleine wenn man sich die Werterhaltung anschaut. Beim privaten Weiterverkauf werden auch sehr hohe Preise erzielt, und das spricht für eindeutig für die Qualität.

So sehe ich es auch. Preiswerte Massenware wird man in Deutschland kaum mehr produzieren können, zumindest sofern oder solange sich die Welt und das Wohlstandsgefälle nicht grundlegend ändern/umkehren werden. Punkten kann man hier nur mit Qualität. Und die hat ihren Preis.

Was die Eingangsfrage anbelangt, so mag vielleicht ein Vergleich der Instrumente mit Häusern einleuchten. Ich würde den Flügel mit einem freistehenden Einfamilienhaus/Bungalow vergleichen und das Klavier dagegen eher mit einem Reihenhaus. Bei gleicher Wohnfläche ist der Bungalow teurer als das Reihenhaus, zumindest gleiche Qualitätsstandards vorausgesetzt...
 
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Steinway Hamburg produziert in voller Fertigungstiefe in Deutschland!


Und auch wenn ein dt. Hersteller nicht in voller Fertigungstiefe produziert, bedeutet das nicht, daß er Bausätze aus China bezieht (Drittmarken natürlich ausgenommen). Ein Beispiel ist etwa Pfeiffer, der m.W. in Thüringen vorfertigen läßt und in Leonberg fertigbaut. Aussagen des Typs "die schrauben doch nur chinesische Komponenten zusammen" haben doch etwas Rufschädigendes an sich und man sollte sie erst dann unter die Leute bringen, wenn man sie auch belegen kann.
 
Rufschädigend ist es nicht aber der Klavierbau von Heute lässt zu Wünschen übrig. Man kann keine Instrumente mehr bauen mit dem Niveau von Damals. Es geht Heutzutage mehr ums Geld als um ein Vernünftiges Instrument. Gegen Steinway und Bechstein kann man nicht viel Sagen da sie in der Tat Gute Instrumente Bauen (wenn sie aus DE kommen ). Doch der hohe Preis ist immernochnicht gerechtfertigt.
 


Das dürften die Hausjuristen der von Dir genannten Firmen völlig anders sehen. Und für die Diskussion, die wir hier führen, wäre es auch vorteilhaft, wenn Du bereit wärest, zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung schärfer zu trennen.
Was Du geschrieben hast - ich zitiere Dich nachstehend - war jedenfalls letzteres.

Steinway und Bechstein können in Deutschland schon gefertigt werden nur die Materialen kommen nicht aus DE sondern aus China und co. und in Deutschland werden die Klavier oder Flügel dann eben Zusammengeschraubt.
 
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Ich bin kein Klavierbauer kenn auch nicht jedes Einzelteil aber sicherlich kommen ein paar Kompnenten aus dem Ausland deshalb habe ich ja China und co. geschrieben womit auch andere Länder gemeint waren.
 
Oh, das geht ja lustig zu, hier...
Komm grad heim und les den ganzen Faden durch. So, also: bei der Frage nach der Notwendigkeit höherer Preise für Flügel wurde angefangen, inzwischen geht es zunehmend um alle Dimensionen der Qualität und der in- und ausländischen Herstellung.

Ich ziehe eine einfache "Redundanzschleife" zurück zum Anfang.
a) Flügel sind in der Herstellung ein bisschen aufwändiger als Klaviere und dürfen deshalb, aufwandsbezogen, etwas teurer sein.
b) Große Instrumente, gleich ob Klavier oder Flügel, sind (von bestimmten Ausnahmen abgesehen, siehe Fußnote), in der Herstellung ein bisschen aufwändiger als kleine.

Aus beidem ergeben sich die tatsächlichen Preisunterschiede sicherlich nicht. Denn alles, was über die beiden genannten Punkte hinausgeht, ist eine Frage des Marktes, und damit der Fähigkeit des jeweiligen Herstellers/Händlers, im Gewühl von Angebot und Nachfrage mit klugen und von der Kundschaft akzeptierten Strategien zu überleben. Und ohne das geht's nun mal nicht.

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Und hier die Fußnote: In der Zeit, als die Lust auf riesige Klaviere plötzlich umkippte und stattdessen winzige Pianos in Mode kamen (ging ca. zu Beginn der 30er Jahre los, eigentlich gar nicht nazi-gemäß), hat Schimmel mal etwas Extremes gemacht, nämlich einen Flügel mit 125 cm Länge. Es war eine trickreiche Zwitterkonstruktion aus Flügel und Tafelklavier, wo die Basssaiten komplett quer lagen und deshalb eine Länge hatten wie ca. bei einem normalen 160er-Flügel. Die Mechanik war zweigeteilt, weil im Bassbereich der Mechanikbalken schräg nach hinten verlaufen musste, damit die Hämmer die Basssaiten anschlagen konnten. Und, weil es halt nicht anders ging, schlug der Deckel auf der rechten Seite an, öffnete also nach links. Völlig kurios, das ganze, und bestimmt nicht wirklich überzeugend... aber in der Herstellung ganz bestimmt nicht weniger aufwändig als andere wesentlich größere Flügel.


Gruß
Martin
PianoCandle


... und aus Krach wird Klang
 
Denn alles, was über die beiden genannten Punkte hinausgeht, ist eine Frage des Marktes, und damit der Fähigkeit des jeweiligen Herstellers/Händlers, Gewühl von Angebot und Nachfrage mit klugen und von der Kundschaft akzeptierten Strategien zu überleben. Und ohne das geht's nun mal nicht.

Jo. Gesetze der Marktwirtschaft: Es geht immer auch um Angebot und Nachfrage.

Würden Klaviere und Flügel genau dasselbe kosten, würden die meisten Menschen (sofern kein Platzproblem) eine Flügel kaufen. Deswegen MÜSSEN Klaviere günstiger sein (sonst würden alle Flügel kaufen).

Liebe Grüße,
Nuri
 
Jo. Gesetze der Marktwirtschaft: Es geht immer auch um Angebot und Nachfrage.

Würden Klaviere und Flügel genau dasselbe kosten, würden die meisten Menschen (sofern kein Platzproblem) eine Flügel kaufen. Deswegen MÜSSEN Klaviere günstiger sein (sonst würden alle Flügel kaufen).

Liebe Grüße,
Nuri

Danke der Bestätigung, Nuri!
Viel Spaß nun an alle, bei der nun hoffentlich zu erwartenden Streitdiskussion über die knifflige Logik von Nuris Schlussfolgerung...:cool:


Gruß
Martin
PianoCandle


... und aus hartem Geld wird Klang, wenns zu Boden fällt:p
 
Herstellkosten und Verkaufspreise - Marketing

Hübsches Thema hier..

Das ist doch Unsinn! Steinway oder Bechstein bezieht sicher keine Materialien aus China. In Deutschland wird auch nicht nur zusammengeschraubt. Steinway Hamburg produziert in voller Fertigungstiefe in Deutschland!

Dem lieben Christian – wo er im Wesentlichen Recht hat – muss ich doch en detail widersprechen: die Fichtenhölzer von Hamburger Steinways kommen mit Sicherheit nicht aus deutschen Landen. entweder werden die mit aus Alaska bezogen, wo die Fertigung von Queens sich eindeckt. Oder man kauft in Österreich, Tirol, Fleimstal etc., wie die korrekten „locations“ für engwachsende Jahresringe heißen. Einen Baum zu fällen und ihn zu zerlegen (Bretter machen) ist auch bereits ein winziges Stück Fertigungstiefe.

Den vorigen Stellungnahmen von Martin PianoCanle und Nuri pflichte ich bei. Natürlich gibt es Kostenunterschiede bei der Fertigung. Aber die Kostenspreizungen beim Fertigen sind nicht in gleicher Weise kostenbestimmende Faktoren bei der Verkaufspreisbildung.

Persönlich verfüge ich über einige berufliche Voraussetzungen, um dieses dann uU mal eines ferneren Tages belegen zu können: Ich leitete die Arbeitsvorbereitung eines Maschinen- und Anlagenbauers (wo man Arbeitspläne, Materialpläne und Kostenkalkulationen für eine Einzelmaschinenfertigung erstellt, dem Flügelbau nicht unähnlich, allerdings rein in Metall, nix mit Holz). Und ich war Produktionsleiter in einem Maschinenbaubetrieb mit SEHR hoher Fertigungstiefe (ca. 90-93%).

Wenn es mich mit aller Gewalt triebe, wäre ich also in der Lage, zB anhand von Zeichnungen und Stücklisten (das Buch von Klaus Fenner) und mit einiger Recherche eine angenäherte Herstellkostenkalkulation für die Herstellung von Pianinos und von Flügeln auf die Beine zu bringen. Bevor ich aber sowas tue (ich hätte echt nicht übel mal Lust dazu, vielleicht als Rentner dann..), mal statt dessen provokantes.

= = = =

Wenn ein nagelneuer Konzertflügel für 125.000 EU in den Preislisten steht – was denkt ihr: zahlt die Konzerthalle Dortmund dies?

= = = =

Vor langen Jahren (>>15) nahm ich mal an einem Symposion / einer Podiumsveranstaltung zu Herstellkosten und Preisbildung teil. Zutiefst beeindruckt hatte mich da der mild gelächelte (wörtlich wiedergegebene) Spruch eines hochrangigen Teilnehmers von Bayer Leverkusen (Arzneimittelhersteller): sie seien in der ausgesprochen glücklichen Lage, dass ihre Verkaufspreisbildung in keinerlei messbarer Korrelation zu den Herstellkosten stehe.. .. ..

= = = =

Ganz so derbe ist es unter Flügels nun nicht. Aber ein Modell D (274cm, der größte von Steinway) unterscheidet sich von einem Modell S (155cm, der kleinste Flügel) nicht in der Zahl der Beine noch der Tasten noch der Anzahl Scharniere noch in der Anzahl Rahmen noch wesentlich in der Anzahl Schrauben.

Was sie unterscheidet, sind je ca. 70 Kilo Gusseisen (mom. ca. 1,80 EU/Kilo Material- und Herstellkosten HK) und Holz (HK mir zZt noch unbekannt, vermutlich >>10 EU/Kilo). Dann hat der D ein paar Saiten und Stimmnägel mehr als der S, es dürften ca. 10 mehr sein. Es sind auch mehr Saiten beim D kupferumwickelt als beim S, auch das treibt ein wenig die Materialkosten des D. Die Saiten des D sind auch länger – DER Grund, wenn es daran geht, sich uU einen D kaufen zu gehen.. .. neben der größeren Fläche des Resonanzbodens: ca. zwei wohlige Quadratmeter dünne Fichtenmembran gegen nichtmal einen...

Und sie unterscheiden sich in der Zahl der „Rim-Blätter“ für die Flügelgehäuse-Kontur. Das „Buch“ der aufeinander geleimten Ahorn-Holzschichten ist beim Modell D 2x 9 Lagen dick, aber beim „S“ verwendet man (meine ich) nur 6 oder 7, je außen (hohe Seitenwand) und innen (die Auflage für Soundboard und Gussrahmen).

Die Arbeit aber ist bei beiden nahezu die gleiche. Infolge geschickterer, neuerer Konstruktion sind innendrin einige Anpassungsarbeiten beim kleineren Modell einfacher (zB das Einpassen der Klaviaturmechanik). Das spart sicherlich Arbeitsstunden, deren Kosten man heute durchaus bei 80 bis 110 Eu/h ansetzen muss.

Ich verwette eine nagelneue 12er Kiste hochwertigen Weines aus Bordeaux, dass die echten, nach Material und Arbeit kalkulierten Herstellkosten (Material- und Fertigungskosten) das Modell D maximal (!!) um die Hälfte teurer machen als den S. Nur - wer zeigt schon seine Herstellkosten-Kalkulationen her...

In die Preislisten aber guckt ihr bitte selbst – ohne nun nachzusehen, meine ich mich zu erinnern, dass der VKP eines S-155 nur ein Drittel des D-274-Konzertflügels beträgt. Verliert also Steinway dickes Geld, wenn wir alle nun viele S-Flügel kaufen? ;) Ich denke, nein. Steinway ist für jeden Auftrag dankbar, wenn einer einen neuen S-Flügel haben will.

(Sympatisch übrigens, finde ich, dass bei Steinway die „S-Klasse“ was anderes ist als bei Daimler-Benz. Und auch das „D“ bedeutet beim Daimler etwas anderes als bei Steinway.. Tip: alle Namensgebung ist nix als Marketing..)

Beim Auto kann man mit nichts die Hersteller so sehr ärgern, wie wenn man die "nackte Schüssel mit nix" bestellt. Bei einem neuen Golf verdient VW bei Verkauf nach Preisliste 600 Euro - nackt. Aber einen "nackten" (in der Preisliste stehenden) Wagen GIBT es oft GAR NICHT.... einer der neuen, miesen Tricks der klammen Autohersteller, den Kunden das Geld aus der Tasche zu ziehen: weil bei den Extras die Herstellkosten nur 25-30% der VKP ausmachen.

Kostet das Navi 1000 EU? Euch kostet es das uU. VW kostet es dann keine 250 EU.. ...

An den Extras wird das Geld verdient. (...welche "Extras" bietet ein D?.. nur bedingt zum Vergleich geeeignet, ihr seht es.)

Und dann beantwortet euch die Frage, ob ein Konzerthaus wie in Dortmund 125.000 EU für einen D bezahlt, oder wieviel vermutlich..

Techniker und Kaufleute mögen sich oft nicht. Zumal Marketinger sind die geborenen Feinde der Fertigungstechniker. Ich – Techniker - erkenne die Notwendigkeit von Marketing an, aber als Techniker achte und schätze ich saubere HK-Kalkulationen für höher im „Wahrheitsgehalt“ (??) ein als Verkaufspreise. Und : die Preise versteckt man nicht. Das geht nicht - die Kunden sollen sie schließlich zahlen.. Statt dessen und darum sind die Herstellkosten ja weit besser versteckt.. = die Kunden (und Wettbewerber) sollen sie nicht kennen..

Ob man hingegen nun mit dieser Argu einen neuen D-Konzertflügel für 40.000 oder 50.000 bekäme? Fragezeichen.

:D (= Doppelpunkt – D )
 
Hallo BerndB,

obwohl ja die ursprüngliche Fragestellung das Preisverhältnis von Flügeln zu Klavieren betrifft, habe ich Deine Ausführungen mit großem Interesse gelesen.

Der D-274 (480 kg) ist übrigens doch knapp doppelt so schwer wie der S-155 (252 kg). Der Preis liegt dagegen "nur" knapp zweieinhalb mal so hoch. S- und B-Flügel haben dagegen ziemlich genau den gleichen Kilopreis. Vielleicht lässt sich da ja daraus ableiten, welchen Verhandlungsspielraum die Dora bietet...

Der S-155 wurde seinerzeit ebenso wie schon zuvor der M-170 entwickelt, um den stockenden Instrumenten-Verkauf bei Steinway anzukurbeln. Ich denke, dass da als Verkaufsargument nicht nur das in kleineren Räumlichkeiten besser unterzubringende Format eine Rolle spielte, sondern auch der damit einhergehende niedrigere Preis.

Interessanter Weise misst Du den D-274 preislich am S-155 und schließt daraus, dass der Preis für die Dora eher zu hoch angesetzt ist, da der Bau eines größeren Flügels nicht so hohe Mehrkosten verursachen dürfte. Vor einiger Zeit wurde dagegen hier im Forum gegenteilig gedacht. Da vermutete man, dass beim S-155 wegen seines vergleichsweise "niedrigen" Preises Qualitätsabstriche gemacht würden, da die Fertigung eines kleineren Flügels nicht eine derart hohe Kostenersparnis verursachen könnte.

Deine Sichtweise ist mir dabei übrigens sympathischer. Einerseits, weil ich den S-155 sehr schätze, und andererseits, weil ich Steinway & Sons eine gute Zukunft mit auskömmlichen Preisen wünsche. So soll man meinetwegen gerne an den größeren Modellen überproportional verdienen, ähnlich wie es bei vielen Automobilen der Fall ist.

Gerne wüsste ich, welche konkreten Verkaufszahlen hinter den einzelnen Flügelgrößen stehen. Ich vermute mal, dass der B-211 das "Volumenmodell" darstellt. Aber das ist vielleicht wirklich besser als separates Thema zu behandeln...

LG
smartfan
 
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Ihr sprech nur über die Herstellungskosten und zieht als Beleg die Verkaufspreise heran.

Wenn die Flügel teurer sind, dann hat das neben Mehrkosten in der Herstellung (erhöhter Materialbedarf, komplexe Formung des Rims, aufwändige Lackierung, Regulierung und Intonation, etc.) auch den Grund in deutlich höheren Transport- und v.A. Vermarktungskosten.

Der Händler hat x m² Ladenfläche und muss damit mindestens y Euro Fixkosten (Miete, etc.) im Monat erwirtschaften.
Auf den Platz, auf dem er einen schönen Flügel präsentiert, könnte er 5 Einsteigerklaviere ausstellen. Er muss also mit dem Verkauf eines Flügel mindestens so viel erwirtschaften wie mit dem Verkauf von 5 Klavieren.
Nur: Ein Einsteigerklavier verkauft sich leichter als ein exklusiver Flügel und vermutlich verkaufen sich auch 10 Einsteigerklaviere schneller als ein guter Deutscher Mittelklasseflügel.
Ein solcher Flügel bindet viel Kapital (ggfl. von der Bank gegen Zinsen) und steht oft einige Jahre bis zum Verkauf.
In dieser Zeit muss er ständig gewartet und gestimmt werden und es vergehen unzählige Stunden mit Beratungen vieler potentieller Kunden, bis irgendwann jemand das Instrument kauft.
All diese Kosten müssen durch die Marge abdeckt werden.

Ein Flügel ist also auch deshalb teurer, weil neben den Herstellungskosten auch die Vermarktungskosten weit höher sind.
 
Der folgende Gedankengang ist vielleicht nicht ganz einfach zu verstehen:"Könnten Flügel nicht billiger sein, wenn sie billiger wären?"

Bei den derzeitigen Preisunterschieden zwischen Klavier und Flügel kauft man einen Flügel wenn man einen haben muß oder unbedingt will. (hohe Anforderungen, wirkliche Freude am Klangunterschied, Prestigegründe...)
Damit ist man gezwungen oder dazu bereit den Preisunterschied in der vorgegebenen Größenordnung zu akzeptieren.

Wäre der Peisunterschied geringer, würden wahrscheinlich mehr Flügel verkauft werden. Damit würden die Produktions- und Vermarktungskosten sinken. Wenn dadurch weniger Klaviere verkauft werden würden, würden bei diesen zumindest die Produktionskosten und der Verkaufsaufwand und damit der Preis steigen.

Damit käme das ganze Preisgefüge auf ein nachvollziehbares Niveau.

Und deshalb könnte man sagen: "Die Flügel müssen so teuer sein wie sie sind, weil sie so teuer sind."

LG
Thomas
 
Hallo smartfan,

Der D-274 (480 kg) ist übrigens doch knapp doppelt so schwer wie der S-155 (252 kg). Der Preis liegt dagegen "nur" knapp zweieinhalb mal so hoch. S- und B-Flügel haben dagegen ziemlich genau den gleichen Kilopreis. Vielleicht lässt sich da ja daraus ableiten, welchen Verhandlungsspielraum die Dora bietet...

Ahh merci, ich hatte mein Posting ohne Nachgucken bei Steinway geschrieben, da steckte mir ein falsches Gewicht für den S im Hinterkopf.. Ich hatte den schwerer gedacht, delta= ca. 150 Kilo.. falsch. Es sind knapp 230 Kilo.

Ich muss aber hier (Flügel) dringlich davon abraten, in klassisch deutscher Maschinenbauermanier mit "DM je Kilo" (oder EURO per Kilo) parallelproportional zu rechnen.. Das funzt umso weniger, je mehr handwerkliche Arbeit drinsteckt, und das ist nunmal beim Klavier das mit großem Abstand allermeiste. Das funzt nur bei Objekten wie zB Schiffen, wo die Arbeit per Kilometer Schweißnähte oder per Tausenden zu setzender Schrauben (Handarbeit) größenproportional sind. Bzw. dort, wo der preisgestaltene Faktor „Herstellkostenanteil Arbeit // Fertigungskosten“ größenproportional ist – was ich bei Flügeln anzweifle.


Der S-155 wurde seinerzeit ebenso wie schon zuvor der M-170 entwickelt, um den stockenden Instrumenten-Verkauf bei Steinway anzukurbeln. Ich denke, dass da als Verkaufsargument nicht nur das in kleineren Räumlichkeiten besser unterzubringende Format eine Rolle spielte, sondern auch der damit einhergehende niedrigere Preis.

Als der S mal 1935 oder 1936 herauskam, wurde er von den nach New York eingeladenen, „herzitierten“ Steinway-Händlern frenetisch begrüßt. (Sie hatten geargwöhnt, sie sollten der notleidenden Company Kredite geben, sonst sei es aus..) Auch die Belegschaft freute sich über das neue Baby.

Später dann waren die Steinway-Werker nicht mehr so dolle begeistert, weil ihnen das Management abverlangte, beim S-Modell Stückakkorde (Lohn einer Arbeit pro bearbeitetem Flügel) zu akzeptieren, die unter den Arbeitserlösen der anderen Modelle lag. Das führte teils dazu, dass eher die weniger erfahrenen Werker beim S eingesetzt wurden, und die erfahreneren Werker lieber vom Baby wegblieben, da sie für gleiche Arbeit an den längeren Flügeln mehr verdienten. („...Nachtigall..“)

Steinway machte auch nicht jederzeit eine 100%-Vollkontrolle, da mag qualitativ mal was durchgeschlüpft sein und dadurch zeitweise bei den preiswerteren Modellen eine entsprechende Qualitäts-Wahrnehmung entstanden sein.

Weit schon auch, bevor der S herauskam, wurden ja die Modelle M, L und O teils kritisch beäugt, auch Teile des Steinway-Managements waren von dieser als "Billigflügel" gemobbten Baureihe alles andere als angetan. Fast 100 Jahre her ist das...


Interessanter Weise misst Du den D-274 preislich am S-155 und schließt daraus, dass der Preis für die Dora eher zu hoch angesetzt ist, da der Bau eines größeren Flügels nicht so hohe Mehrkosten verursachen dürfte. Vor einiger Zeit wurde dagegen hier im Forum gegenteilig gedacht. Da vermutete man, dass beim S-155 wegen seines vergleichsweise "niedrigen" Preises Qualitätsabstriche gemacht würden, da die Fertigung eines kleineren Flügels nicht eine derart hohe Kostenersparnis verursachen könnte.

Das habe ich aus zwei Gründen getan. Zum einen, weil hier bei mir auch so ein laaanger Otto steht und mich daher alles an den Langen Kerls fasziniert. Zum anderen die Spreizung zum kleinsten Kerlchen.


Deine Sichtweise ist mir dabei übrigens sympathischer. Einerseits, weil ich den S-155 sehr schätze, und andererseits, weil ich Steinway & Sons eine gute Zukunft mit auskömmlichen Preisen wünsche. So soll man meinetwegen gerne an den größeren Modellen überproportional verdienen, ähnlich wie es bei vielen Automobilen der Fall ist.

Das gleiche denke und wünsche ich auch. Steinway hat sich in der Welt des Klavierbaus enorm verdient gemacht. Man denke nur mal an all das, was dem Carl Friedrich Theodor vor 140 Jahren und seinen technisch beschlagenen jüngeren Brüdern zu erfinden gelang. Und selbst wenn ich Marketing nicht mag, wegen der damit verbundenen Augenwischerei und selektiven, manipulativen Kommunikation Richtung Kunden, man muss dennoch neidlos auch dem Marketinggenie der Steinway-Familie William hohe Leistungen bescheinigen. Immerhin begründet sich die heutige krasse Dominanz von Steinway-Konzertflügeln auf den Bühnen der Welt in seinen Aktivitäten.


Gerne wüsste ich, welche konkreten Verkaufszahlen hinter den einzelnen Flügelgrößen stehen. Ich vermute mal, dass der B-211 das "Volumenmodell" darstellt. Aber das ist vielleicht wirklich besser als separates Thema zu behandeln...

Eine Größenverteilungsanalyse.. ja..

Bestimmt könnte man die Auslieferungsbücher von Steinway mal danach auswerten, wie sich die Kurve der Flügelbaugrößen darstellte - ich weiß nicht, ob man das bei Steinway selbst mal tat. Und wenn, dürften solche Zahlen hübsch gehütet bleiben. Es gibts hier wohl bei Steinway eine Besonderheit. Da verbleibt, mindestens in der Zeit nach dem WK II, ein wohl markant hoher Anteil der „Langen Lulatsche“ mit ca.5% der Stückzahlen. Falls das durchgängig über alle Jahrzehnte so war, hätte Steinway bei einer Gesamtproduktion von 580.000 Instrumenten ca. 25.000 Konzertflügel auf die Bühnen der Welt gestellt..

Bei anderen Klavierbauern dürften die Konzerter nur mit 1-2% des Ausstoßes beteiligt sein - allerdings wegen deren höherer Preise und uU anderer Kalkulation einen höheren "Deckungsbeitrag" erlösen.

Denn je nach Absichten der Kaufleute rechnet man ja heute gern nicht mehr in Vollkosten Material und Fertigungsaufwand, sondern schielt danach, wo man mit geringem Aufwand bzw. weitenteils gleichbleibender Personaldecke (und -kosten..) noch Marktteile holen, noch Nischen besetzen kann und bei sonst weitenteils gleichbleibenden Kosten zB mit ein bisschen Holz und Stahl (recht preiswert) schick noch Mehrerlös als Deckungsbeitrag für Fixkosten in die Kassen brächte..

Tatsache aber bleibt, dass eine Beliebtheit von Flügeln nicht direkt proportional zur Länge ist, und sich kleine Flügelkes oft deswegen beliebt machen, weil sie - bei insgesamt schon hohem Preisniveau - unter Flügeln eben zum einen noch die preiswerteren (ich wollte nicht sagen: billigeren) sind, zum anderen sich leichter abverkaufen lassen - und zum dritten sich auch als sehr gereifte Flügelchen (bei namhaften Herstellern ) wie geschnitten Brot abverkaufen: ich verfolge mit Interesse die Kurse von gebrauchten Blüthnern.. Erstaunlich, dass da gerade bei den ganz kurzen Kameraden eigentlich nix vierstellig geht; alle 153er etc. sind in der Gegend von 11-14.000 Eu gehandelt zur Zeit, derweilen man 180er/190er durchaus im mittleren vierstelligen Budget einkaufen gehen kann.

Man denke an den anhaltenden Trend der gesellschaftlichen Spaltung: eine Oberschicht wird aus Miet- und Kapitalerträgen und satten Pensionen immer wohlhabender - einen Flügel daheim stehen zu haben distinguiert. Klavierspielen erlernen vertreibt auch die gepflegteste Langeweile - gründlich. Ein neuer 5er BMW-Dienstwagen als Leasingziege beeindruckt nicht mehr. Den Tennis- oder Golfvereins"freund" schon mal garnicht - wie die doch zuallermeist aus privatem, vollversteuertem Einkommen getätigte Anschaffung eines Flügels.
 
Ich lese Deine Ausführungen immer mit Interesse!
Die Größenverteilung hat sich nach meiner Analyse mittlerweile auf alle Buchstaben verteilt :D

Hallo Michael,

das Flügel-Buchstabierspiel... Ich müsste ja beim Flügel-Ying-Yang dann zwei B-211 (Bernd B) gegeneinanderstellen, einen schwarzen Junior-Joe und eine weiße B-Flügelinbraut Josefine.. ;) hihihi.

Aber wer kooft schon einen fetten Konzerter... Mein Marketing für die besten jemals gebauten Flügel der Welt ("Centennial", D-270, Bj. 1875-84) trug leider noch nicht ausreichend Früchte, als dass ich hoffen könnte, mit Abverkauf Ol' Joe Millionär zu werden. (Das wird noch min. drei Jährchen dauern .. min. !! ) ;)

"Franz jagt im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern." Ein Test-Satz für EDV-Drucker. Denn da sind alle Buchstaben drin. Gibt's J-Flügel? Q-Flügel? .. Y-Flügel?

:D

LG BB
 
einen Flügel daheim stehen zu haben distinguiert. Klavierspielen erlernen vertreibt auch die gepflegteste Langeweile - gründlich. Ein neuer 5er BMW-Dienstwagen als Leasingziege beeindruckt nicht mehr. Den Tennis- oder Golfvereins"freund" schon mal garnicht - wie die doch zuallermeist aus privatem, vollversteuertem Einkommen getätigte Anschaffung eines Flügels.[/SIZE][/FONT]

Im Kehrschluss: wer es im Leben nicht darauf anlegt, Eindruck zu schinden, für den hat ein Flügel nur bedingten Reiz? ;)
 
Es gibt auch noch andere legitime Gründe, außer Prestige, sich einen Flügel anzuschaffen:
  • Hohe spieltechnische Anforderung
  • Raumgröße (Konzertsaal)
  • Freude an der Sache
  • usw.
Wobei für mich Freude an der Sache die schönste Motivation wäre.

Genau: pure Freude und auch Gnade, einen alten Flügel nutzen zu dürfen. Mega spannend auch, dem in die mechanische Schublade zu linsen.
 

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