Gemeinde singt nicht

  • Ersteller des Themas Werschtfried
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Leute, wenn ihr Kinder ohne musikalische Vorbildung bei etwas mitsingen lasst, was mehrstimmig ist, singen sie automatisch die Oberstimme mit. Immer. Ich weiß nicht, ob überall, aber hier in Deutschland ist mir noch nie etwas anderes begegnet (sprich: ich weiß nicht, ob das physikalisch oder biologisch oder kulturell bedingt ist, wäre aber mal interessant, das herauszufinden).

CF im Tenor halte ich für schwieriger als im Sopran...

Das mit dem rhythmischen Absetzen sehe ich ja noch ein, aber dass die Leute die Melodie nicht raushören, wenn sie bei gleicher Registrierung einfach im Sopran ist, ist schlichtweg falsch. Da habe ich mit meinem halben Jahrhundert an Erfahrung vermutlich deutlich mehr erlebt als die allermeisten hier...

Also bitte, macht es euch nicht unnötig schwer, nur weil ihr euch einen Schmarren einbildet.
 
Leute, wenn ihr Kinder ohne musikalische Vorbildung bei etwas mitsingen lasst, was mehrstimmig ist, singen sie automatisch die Oberstimme mit. Immer.

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Ja und? Wieso tun sies dann in Werschtfrieds Gemeinde nicht?

Ob die Leute die Melodie im Sopran-cf raushören oder nicht, wissen wir doch gar nicht. Tatsache ist, sie greifen sie nicht singend auf, deshalb hat Werschtfried hier angefragt.
Dein halbes Jahrhundert Erfahrung ist bestimmt toll, aber zu welchem praktischen Tip hat es hier bei diesem Thema geführt?

Und was bezeichnest du hier mit "Schmarren"? Tenor- oder Bass-cantus firmus sind ganz sicher kein Schmarren, sondern eine probate Methode zur Gemeindebegleitung. Natürlich ist das deutlich schwieriger auszuführen, als cf im Sopran, das ist ja klar. Aber wenn man den Gemeindegesang verbessern will, ist es eine gute Möglichkeit.
 
Da habe ich mit meinem halben Jahrhundert an Erfahrung vermutlich deutlich mehr erlebt als die allermeisten hier...

Tja, was mich angeht, so bin ich leider (oder Gott sei Dank) auch schon so alt und kann auch mittlerweile ein halbes Jahrhundert Klavierspielerfahrung verbuchen.

Aber darauf kommt es hier ja nicht an - es geht um singfördernde Maßnahmen im GD, z.B. durch Orgelbegleitung, und da möchte ich gerne nochmal schreiben, was man uns in der kirchenmusikalischen Ausbildung beigebracht hat. Es mag sei, dass es da sowohl landeskirchliche als auch konfessionelle Unterschiede gibt - ich kann mich nur auf den Bereich der evangelischen Westfälische Landeskirche beziehen.
Als Standardbegleitstil hat man uns vermittelt, dass die rechte Hand den c.f. am besten auf einem abgesetzten Manual mit hervorgehobener Registrierung ausführt (so mehrere Manuale vorhanden sind), weiterhin der Pedalbass ziemlich kräftig registriert ist (was ebenfalls zum Singen animiert), während die Mittelstimmen in der linken Hand leiser registriert sind (z.B. nur Prinzipal 8, natürlich von Gemeindesingstärke und Orgel abhängig).
Natürlich ist das kein Zwang oder Dogma. Weiterhin möchte man ja auch Abwechslung in den Strophen haben, und statt langwierig an den Registern herumzufummeln (in Ermangelung einer Setzersteuerung), gelingt dies of glatter und einfacher, wenn man eben mal eine Strophe tatsächlich nur manualiter auf einem Manual spielt, dann vielleicht mal gekoppelt usw. Auf diese Weise hat man mit wenig Handgriffsänderungen wirkungsvolle Klangfarbenänderungen, die man mit Harmonisierungsänderungen kombinieren kann.

Mein Kreiskantor hat mir den Tip gegeben, bei Klavierbegleitung sinngemäß ebenso zu verfahren: den c.f. in der Oberstimme wirklich extrem stark betonen, gute Bassgrundlage und ziemlich zurückgehaltene Mittelstimmen. Dies deckt sich auch mit o.g. Orgelbegleitstil. In der Winterzeit ist der GD bei uns im Gemeindehaus, wo nur ein Flügel steht. Aber auch im GD in der Kirche kommt dies zum Einsatz z.B. für die Begleitung des Taufliedes (da bevorzuge ich Begleitung am Flügel, weil es vorne am Taufgeschehen ist).

Die Variante, c.f. im Tenor bei der Liedbegleitung zu spielen, habe ich nicht ausprobiert, könnte es mir aber auch wirkungsvoller vorstellen bei der Liedintonation. C.f. im Bass finde ich aber auch ein probates Mittel für die Liedbegleitung (sowohl Orgel als auch Klavier, wenn dort z.B. in Oktaven gegriffen und sehr stark betont wird).

Die wirkungsvollste Variante, die ich erlebt habe, um die Gemeinde zum Singen zu animieren, ist tatsächlich das Singen eines Kanons. Ohne vor dem GD einzustudieren, nein, direkt im GD. Man singt die Kanonmelodie einmal vor, und dann Abschnitt für Abschnitt Vorsingen - Nachsingen. Dann die Gruppen einteilen, einmal die Kanonmelodie zusammen singen lassen und dann die Gruppen durch, irgendwann abwinken. Das ganze dauert auch nicht länger, als das Singen eines mehrstrophigen Liedes mit Intonation. Funktioniert auch, wenn nur 15 oder 20 mehrheitlich alte Menschen da sitzen, dann eben vielleicht nur 3 Gruppen.
Und im EG gibt es viele schöne Kanons für diesen Zweck. Nur: man muss eben auch dazu geeignet sein, dies überzeugend zu machen. Ich weiß noch, wie ich Blut und Wasser geschwitzt habe, als ich für die Ausbildung dies in dieser Form in einem GD praktizieren musste. Ist leider nicht mein Ding, aber wenn jemand Chorleitererfahrung hat - Kanonsingen animiert wirklich zum Mitmachen. Habe mehrfach erlebt, wie der Kreiskantor damit Schwung in den Laden gebracht hat.

Wenn rel. unbekannte Lieder bei uns gesungen werden, wird es in meiner Gemeinde so gehandhabt, dass der Pfarrer im Zusammenspiel mit dem Organisten das Lied einübt, und zwar ebenfalls während des GD. Dann auch gerne so, dass zur Vertiefung nochmal ein oder zwei Liedstrophen des vor der Predigt eingeübten und gesungenen Liedes nach der Predigt nochmal gesungen werden. Wenn das dann in Abständen alle paar Wochen nochmal gesungen wird, hat sich das gefestigt.

Dasselbe auch vor allem bei Taufen: oftmals ist da die Kirche ziemlich gefüllt, nur es sind eben meistens keine Kirchgänger, und schon gar nicht sangesgewohnt. Wenn dann auch noch viele Geschwisterkinder dabei sind, und man hat das Glück, das der Pfarrer willens und in der Lage ist (oder man kann dies selbst), das Lied kindgerecht erstmal zu präsentieren (z.B. mit geeigneter Gestik), habe ich oft erlebt, dass auf einmal nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen viel mehr mitmachen und singen. Wenn ich am Flügel schon sehe, dass die Taufleute dasitzen, ohne überhaupt das Gesangbuch zu haben, habe ich keine Skrupel, vor dem Tauflied aufzustehen und einen Stapel EG-Bücher zu verteilen. Sowas setzt auch Zeichen...

Also, ich denke, es gibt schon ein paar Möglichkeiten, die Leute etwas mehr zum Singen animieren zu können. Aber man kann eben auch keinen zwingen.
 
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Also beim Spielen versuche ich immer, jeden Melodieton zu harmonisieren, um den Melodierhythmus zu unterstützen. Meine Spielweise würde ich als non legato/portato bezeichnen. Manchmal ändere ich von Strophe zu Strophe die Artikulation und versuche, ob beim Legato jemand singt oder manchmal harmonisiere ich langsamer, z. B. zwei Akkorde pro Takt.

Zunächst einmal würde ich vom "eigenen Satzbau" abraten, und zu den Begleitsätzen im Orgelbuch zum evangelischen Gesangbuch raten.
 
Dasselbe auch vor allem bei Taufen: oftmals ist da die Kirche ziemlich gefüllt, nur es sind eben meistens keine Kirchgänger, und schon gar nicht sangesgewohnt. Wenn dann auch noch viele Geschwisterkinder dabei sind, und man hat das Glück, das der Pfarrer willens und in der Lage ist (oder man kann dies selbst), das Lied kindgerecht erstmal zu präsentieren (z.B. mit geeigneter Gestik), habe ich oft erlebt, dass auf einmal nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen viel mehr mitmachen und singen. Wenn ich am Flügel schon sehe, dass die Taufleute dasitzen, ohne überhaupt das Gesangbuch zu haben, habe ich keine Skrupel, vor dem Tauflied aufzustehen und einen Stapel EG-Bücher zu verteilen. Sowas setzt auch Zeichen...
Das hängt auch von den Rahmenbedingungen ab: Wenn die Orgel nicht auf der Empore, sondern rechts neben dem Altar steht, kann man als Kirchenmusiker fallweise eingreifen, nicht aber, wenn man Treppen steigen und durch den gesamten Kirchenraum laufen muss. Interaktion ist in Kinder- oder auch Familiengottesdiensten gefragt und vorgesehen, mitunter werden einzelne Lieder nicht an der Orgel, sondern beispielsweise am E-Piano gespielt. Wenn entsprechende Möglichkeiten bestehen, sollte man sie auch und gerade als Kirchenmusiker ruhig nutzen, wobei Pfarrer und Organist möglichst in Übereinstimmung agieren sollten.

LG von Rheinkultur
 
Hallo Orgelcowboys!
Also vorgestern war es dann wieder einmal soweit: Nach einigen Wochen Pause habe ich wieder in meiner Stammkirche gespielt. Es wurden im Forum ja einige Vorschläge zum Verbessern der Situation gemacht. Das erste was ich ausprobiert habe, war die Gemeinde auf dem Klavier zu begleiten, das im Altarraum steht. Ich habe versucht bei den Anfängen der Strophe mit Gesten und Herüberschauen den Leuten ihren Einsatz zu zeigen, so als wäre das ganze eine Chorprobe. Es hat aber nichts genützt. Im Gegenteil: Ich hatte den Eindruck, dass der Volksgesang schwächer als sonst war. Ein Faktor, der das Ganze erschwerte, war die Tatsache, dass vorne zwei Tauffamilien saßen und das Stammpublikum weiter hinten. Von meiner Position im Altarraum aus waren also die zwölf potentiellen Sänger noch weiter entfernt als normalerweise sonst. Was das Spielen engeht: Ich habe die Choräle in etwa so gespielt wie in dem angefügten Bild dargestellt, also ziemlich kräftig und, wie hier von Mindenblues empfohlen, mit hervorgehobener Melodie umd Bass.

Weil einige Kirchenmsuiker im Urlaub waren, war ich in den vorigen Wochensowohl in der katholischen als auch in der evangelischen Gemeinde unseres Stadtteils aktiv, also in insgesamt sieben Kirchen und ich muss sagen, dass in den anderen Kirchen die Situation eine ganz andere ist, obwohl diese Kirchen nur zwischen 1,1 und 4,5 km von meiner "Problemkirche" entfernt sind. Beim Requiem für einen sehr bekannten Menschen in einer der anderen Kirchen bin ich sogar kaum gegen die Gemeinde angekommen, obwohl ich alle Zungen des Récits dazuregistrierte.

Beim Stöbern im Internet ist mir folgendes Motivationsvideo aufgefallen: Hat das einer von euch schonmal gemacht?
 

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