Gemeinde singt nicht

  • Ersteller des Themas Werschtfried
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Ich habe das Glück, dass der Pfarrer der Kirche, wo ich meist spiele, gut und gerne singen kann. Wenn rel. unbekannte Lieder genommen werden oder z.B. Taufen sind (typischerweise sind die Tauffamilien kaum Kirchgänger, ergo nur passive Liederkonsumenten), werden die Lieder während des Gottesdienstes eingeübt. D.h., ich spiele erstmal eine Liedzeile (bevozugt am Flügel, geht aber auch mit Orgel), der Pfarrer singt vor, und die Gemeinde wiederholt. Ich erlebe es jedesmal wieder - ein Lied, was ruck-zuck zeiteffizient in dieser Form eingeübt ist, wird dann gewöhnlich ordentlich mitgesungen!

@Werschtfried:
Es animiert besser zum Singen, wenn ein rel. starkes Bassfundament da ist. D.h., bei deiner Orgel auf jeden Fall ein Manual an das Pedal ankoppeln (denn dein Fagott 16 wird vermutlich zu laut sein). Weiterhin mag ich persönlich, wenn die Melodie auf separatem Manual gespielt wird. stärker registriert, in deinem Fall wohl das Schwellwerk wegen des schlankeren Tons. Und mit der linken Hand die Alt- und Tenorstimme, da reicht wahrscheinlich Prinzipal 8, ggfs. Rohrflöte 8 + Oktave 4. Man kann dann bei mehreren Strophen auf z.B. nur auf Hautmanual wechseln, letzte Strophe gekoppelt usw., um Abwechslung von Registrierung rein zu bekommen.
Im Gegensatz zu anderen Postinigs hier halte ich nichts davon, die Orgel so stark zu registrieren, dass die Leute sich selber nicht mehr hören können.
 
Hallo Orgel-Cowboys,
puh, als ich gerade nachgeschaut habe, war ich ziemlich überrascht, wie viele Leute sich dazu äußern. Also von meiner Seite aus schon mal ein herzliches Dank, dass sich so viele Menschen meiner Problematik annehmen. =)

@agraffentoni: Ja, da steht ein Klavier. Ich habe darauf schon mehrmals gespielt als die Orgel gewartet wurde. Im Prinzip haben nicht mehr Leute als sonst mitgesungen. Die Pfarrerin hört man immer sehr deutlich. Und ja, ich spiele dort regelmäßig. Manchmal spiele ich halt eben auch in einer der sechs anderen Kirchen, dort ist dann alles anders. Dort habe ich das Gefühl, wirklich zu begleiten, also auf die Tempovorstellungen der Gemeinde eingehen zu können und durch Absetzen das Atmen zu steuern, Bei Dank- und Freudenfesten durch Hinzunahme einer Mixtur im letzten Verse noch mal mehr rausholen zu können, usw. Diese Art von Gegenseitigkeit fehlt mir in der Stammkirche.

@Rebecca: Das Ding mit dem selber mitsingen ist ehrlich gesagt nicht so mein Fall. In Altenheimen mache ich das manchmal, weil ich dann in kleineneren Räumen noch die anderen Sänger höre. In der Kirche habe ich das schon ausprobiert, aber irgendwie entsteht dann bei mir das Gefühl, dass die Gemeinde noch stärker von mir isoliert ist. Die Theorie mit dem Generationenproblem lässt sich anhand meiner Kriche eher nicht bestätigen, denn von den drei evangelischen Kirchen bei uns ist die, in der ich spiele die mit dem höchsten Altersdurchschnitt in der Gemeinde. Aber dass das Singen generell vernächlässigt wird, das bekomme ich mit, wenn ich mit Schülern spreche.

@exe: Ich habe gerade in den Plan geschaut. Wegen einer komplizierten Sommerferienreglung bin ich jetzt länger in dieser Kirche, in der ich sonst fast jeden Sonntag spiele, nicht dran. Ich kann aber sagen welche Lieder häufig vorkommen: Geh aus mein Herz, Valet will ich dir geben, Lobet den Herren alle die ihn ehren, Nun danket all und bringet Ehr, Nun jachzt dem Herren alle Welt usw. Das Wochenlied ist meistens das durch den liturgischen Kalender vorgegebene. Das mit dem cf im Bass ist eine Sache, die ich wirklich noch nicht ausprobiert habe. Das habe ich bisher nur beim Durchführen in längeren Vorspielen gemacht. Ich werde es mal ausprobieren!

@LMG: Habe ich oft an Ostern usw. gemacht, also erster Vers mit Mixtur und dann leiser. Hat aber nichts geändert.

@fisherman: Singen vor dem Gottesdienst? Das könnte man probieren, muss allerdings hochoffiziell eingeplant und genehmigt werden. Ich werde es bei der nächsten Dienstbesprechung mal vorschlagen.

@sla019: Ich spreche oft mit der Pfarrerin darüber. Auch wenn andere Pfarrer die Gottesdienste leiten, wird das Thema angesprochen. Alle haben mir gesagt, dass das es nicht an meiner Art Orgeln zu spielen liegt. Meine Art ist es ja, einen Kompromiss zwischen den Vorstellungen der Gemeinde und meinen Vorstellungen zu finden.

@Mindenblues: Das Schwellwerk ist relativ leise. Für Literaturstücke kann ich auf diesem Instrument wikrlich gute klanglich differenzierte Soloregistrierungen machen. In anderen Kirchen probiere ich immer aus, wie die Gemeinde auf verhälnismäßig leise Soloregistrierungen reagiert, mache sind verunsichert, andere nehmen das gerne an. Wie gesagt: In der evangelischen und katholischen Geminde unseres Ortes bin ich der einzige (!), der obligat begleitet. Nur in dieser einen speziellen Kirche kann ich nicht abschätzen, ob es positiv oder negativ wirkt. Stell dir vor, du hast Kopfschmerzen, nimmst ein Medikament und es passiert gar nichts, es gibt weder Wirkung noch Nebenwirkung. So ist es bei mir, wenn ich die Registrieurng ändere. Die Geschichte mit dem stärkerem Bass werde ich allerdings mal testen. Das kenne ich vom Chorbegleiten, dass die sicherer sind, wenn die Bässe besser durchkommen.

Jetzt nochmal mein Senf zum Thema katholische und evangelische Kirchenmusik: Haben die sich nicht irgendwie gegenseitig beeinflusst? Alle großartigen Kirchenmusiker evangelisch? Max Reger? Hallo? Wenn ich die historischen Hintergründe richtig verstanden habe, kommt der Choral von der evangelischen Seite. Und das was heute als typisch katholisch angesehen wird, also eine blumige, emotionale Harmonisierung usw. war auch in evangelischen Kirchen üblich. Die evangelisch-lutherische Liturgie hierzulande war ja im 19. Jahrhundert im Stile von Bortnjanski, also viel "katholischer" als das was heute als katholisch angesehen wird. Es war ja so, dass es nach dem ersten Weltkrieg eine Gegenbewegung zur Musik des 19. Jahrhunderts gab, der wir Organisten extrem schrille Mixturen und Aliquoten zu "verdanken" haben. Die evangelische Kirche hat sich halt eben von dieser Bewegung stärker einnehmen lassen als die katholische Seite. Daher kommt es ja auch, dass das obligate Spiel in evangelischen Kirchen verbreiter ist, weil es aus neoklassizistischer Sicht näher am barocken Spaltklang ist.

@Lisztomanie: Viel Erfolg, Junge!
 
"Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen." (Mt. 18,20)

Versammelt sein, ja. Aber vom Singen steht da nix.

Spaß beiseite. Aus eigener Vertretungspraxis in praktisch allen christlichen Konfessionen und Glaubensrichtungen würde ich davon abraten, die Gemeinde stets zum Mitsingen zu animieren. Wer das Bedürfnis hat, den Herrn mit kräftigem Gesang zu preisen, sollte es tun, wer es vorzieht, vor dem Herrn stille zu werden, tue dieses ebenso. Gotthilf Fischer klonen und in jede Kirchengemeinde entsenden, um die Gottesdienstbesucher zum Mitschmettern zu animieren - das muss nicht sein. In katholischen Gottesdiensten im Nachbarland Frankreich habe ich des öfteren Vorsänger in Psaltisten-Manier erlebt, die eine vergleichbare Aufgabe übernehmen und den mit Händen und Füßen beschäftigten Organisten damit etwas entlasten. Kann man machen, muss man aber nicht.

Bei Gottesdiensten zu besonderen Anlässen (Hochzeiten, Taufen, Trauerfeiern o.ä.) gehört zur Gemeinde ein mehr oder weniger großer Personenkreis, der sonst keine Bindung an eine Kirchengemeinde (mehr) hat und dem deshalb allenfalls absolut gängiges Liedgut mehr oder weniger vertraut ist. Und die Maxime, jeder könne singen, hilft nun mal nicht weiter, wenn viele allenfalls an den Hochfesten im Kirchenjahr das Gotteshaus mal von innen sehen.

Bei evangelischen Kirchengemeinden trifft man nicht nur auf eine Jahreslosung, sondern auch auf ein Monatslied, das eher unbekannt sein kann. Als Organist übernimmt man in Abstimmung mit Pfarrer(in) die Aufgabe, dieses der Gemeinde innerhalb des Gottesdiensts vertraut zu machen. Je nach Schwierigkeit teilweise oder ganz vorspielen und nachsingen lassen, bevor man das Lied mit allen vorgesehenen Strophen komplett singt, kann schon genügen.

In vielen Fällen liegt es allerdings auch an den Liedern selbst, dass sich keine richtige Sangesfreude einstellt: Wenig einprägsam, nicht immer melodiös, rhythmisch eher holprig - und vor allem offensichtlich einem bestimmten "Zeitgeschmack" verpflichtet, der wenige Jahre später schon kaum jemanden mehr begeistert. Auf jeden Fall kommt es darauf an, den schmalen Grat zwischen behutsamer Führung und einfühlsamer Begleitung zu erwischen - eine Antwort, die dem Fragesteller zwar nicht weiterhilft, aber aus der Realität folgerichtig abgeleitet sein dürfte. Unorganisches Wechseln zwischen Führung und Anpassung sollte vermieden werden.

LG von Rheinkultur
 
Mehr als meine Vorredner kann ich nicht beisteuern, aber eine Frage (genauer: zwei) habe ich:

Was bedeutet im Zusammenhang dieses Fadens "obligate" Choralbegleitung? Im Gegensatz zu...?

@ Mindenblues:

Ich bin es gewohnt, Gemeindegesang auf nur einem Manual zu begleiten, also c.f. und 2. Stimme in der rechten Hand, 3. in der linken, Bass im Pedal. Deswegen tue ich mich sehr schwer damit, im Gemeindegesang die Melodie solistisch auf anderem Manual zu spielen, weil ich mich in der l.H. dann oft mit zwei Stimmen überfordert fühle und durcheinanderkomme. Bei anderen Stücken, z.B. Choralpräludien aus dem Orgelbüchlein, ist es genauso: auf zwei Manualen (z.B. "O Mensch, bewein dein Sünde groß", "Das alte Jahr vergangen ist") tue ich mich auch viel schwerer als einmanualigen (z.B. "Jesu, meine Freude", "Wer nur den lieben Gott" usw.) Ich weiß: dies ist eigentlich ein (spieltechnisches) Thema für sich, aber hast du mir, gerade was die allsonntägliche Choralbegleitung betrifft, einen Tipp, wie ich das Spiel auf zwei Manualen einüben kann? Unsere Gemeinde singt zwar meist gut mit, aber ich würde gerne mehr Abwechslung in die Begleitung bringen.

Ciao,
Mark
 
Wenn man gern möchte, dass die Gemeinde besser mitsingt, kann es hilfreich sein, wenn die Pfarrerin dies unterstützt und selbst gut singen kann. Ich habe es schon oft erlebt, dass kurz vor Beginn des Gottesdienstes dann ein oder zwei Lieder ausgesucht werden (nicht nur unbekannte!), bei denen der Pfarrer und der Organist über Mikro mitsingen und bei denen vorab gesagt wird (Humor kann da nicht schaden! :) ), dass man gern möchte, dass doch das Lob des Herrn etwas tatkräftiger erschallen könnte (passend zur WM, bei denen die Stimmen der Fußballgemeinde ganz erstaunliche Kapazitäten erkennen lassen) und man einen Versuch starten möchte mit der Bitte, die Stimme zu diesem Zweck raumfüllend zu erheben. :)

Wenn man Pech hat, klappts halt nicht. Finde ich nicht schlimm. Ein Versuch ist es wert aus meiner Sicht. Ich würde dann beliebte Lieder nehmen, die bekannt und nicht zu hoch gesetzt sind.

In meiner Jugend waren oft die letzten 5 Minuten vor dem Gottesdienst zu diesem Zweck eingesetzt. M.E. mit Erfolg.

Wenn man ein paar Verwandete/Freunde in der Gemeinde hat, die gut singen können, kann man die einweihen und strategisch plazieren. :)

Liebe Grüße

chiarina
 
Das Singen im Gottesdienst ist eine Sache für sich. Ganz persönlich war ich nie der Meinung dass es etwas mit „Katholizismus“ oder „Protestantismus“ zu tun hat aber eher etwas mit der jeweiligen Gesellschaft. Musik- und sangesfreudige Menschen, welche Musik pflegen sind wohl eher dazu geneigt in der Kirche mitzusingen als introvertierte oder musikunkundige Menschen. Dass die Fähigkeiten des Organisten keine Schuld daran trifft, wurde ja bereits hervorgehoben.


Das von Rheinkultur angeschriebene Thema des „Vorsängers in Psaltisten-Manier“ das er mit dem schlichten „Kann man machen, muss man aber nicht.“ verabschiedet, möchte ich mit einem sehr kritischen Gedanken vertiefen.


Für mich ist das ein „grober Unfug“. Ich hatte selbst mal in meinen „Brüsseler Jahren“ so eine Tante erlebt die jeden Sonntag ihre „Show“ abhielt. Die Dame, mir um ein paar Dekaden überlegen, hatte alle Mühe „sauber“ zu singen und, um nicht altmodisch zu sein, musste jedes Lied, hop-hop im flotten Tempo gesungen werden. Liturgische Einfühlung war keine zu verspüren. Aber das Wichtigste ist wohl, dass diese Leute vor dem Mikrofon stehen und singen und gestikulieren was das Zeug hält. Dadurch übertönen sie die ganze Gemeinde und fallen selbst gegen ein „Tutti“ des Organisten. Seither sehne ich mich nach Vorsängern, welche die Gemeinde nicht „von Amtswegen erdrücken“ sondern ohne Mikrofon zum mitsingen einladen.


Beste Grüße

PiRath
 
Das von Rheinkultur angeschriebene Thema des „Vorsängers in Psaltisten-Manier“ das er mit dem schlichten „Kann man machen, muss man aber nicht.“ verabschiedet, möchte ich mit einem sehr kritischen Gedanken vertiefen.

Für mich ist das ein „grober Unfug“. Ich hatte selbst mal in meinen „Brüsseler Jahren“ so eine Tante erlebt die jeden Sonntag ihre „Show“ abhielt. Die Dame, mir um ein paar Dekaden überlegen, hatte alle Mühe „sauber“ zu singen und, um nicht altmodisch zu sein, musste jedes Lied, hop-hop im flotten Tempo gesungen werden. Liturgische Einfühlung war keine zu verspüren. Aber das Wichtigste ist wohl, dass diese Leute vor dem Mikrofon stehen und singen und gestikulieren was das Zeug hält. Dadurch übertönen sie die ganze Gemeinde und fallen selbst gegen ein „Tutti“ des Organisten. Seither sehne ich mich nach Vorsängern, welche die Gemeinde nicht „von Amtswegen erdrücken“ sondern ohne Mikrofon zum mitsingen einladen.
In der Tat ist diese Praxis nicht ungeeignet, fragwürdige Formen der Selbstdarstellung zu fördern: Wer sich gerne öffentlich in Szene setzt, muss nicht notwendigerweise herausragend qualifiziert sein - die Grenzen zu DSDS-artiger Lächerlichkeit verlaufen fließend, und diese hat mit liturgischem Einfühlungsvermögen wahrlich nichts zu tun. In vielen Kirchengemeinden gibt es aber im besten Sinne engagierte Gemeindemitglieder, die sich unter den Gottesdienstbesuchern diskret platzieren und durch sicheres Mitsingen die in der Nähe sitzenden Personen zum Mitmachen begeistern, ohne sie penetrant dazu zu animieren. Guter und lebendiger Gemeindegesang kommt dann ganz von selbst zustande - und zwar gänzlich ohne lautstarkes Mit- oder gar Vorbrüllen der Gemeindelieder. Das ergibt sich meistens ganz von selbst.

Wenn der Kirchenmusiker in dem vorliegenden Falle in seiner Heimatgemeinde den Gemeindegesang fördern möchte, hat er dazu durchaus gute Möglichkeiten: Über Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat bzw. Presbyterium gibt es den regelmäßigen Austausch zwischen jenen Personen, die zum Dienst in der Kirche bestellt sind, und engagierten Mitgliedern aus der am Ort bestehenden Gemeinde, von denen mit Sicherheit mehrere gerne und gut singen. Wenn sich diese geschickt "unters Volk mischen", ist die gesangliche Qualität sogleich um Klassen besser. Dieses Prinzip kennt jeder, der Gesangvereine, Chöre und Kantoreien leitet: Das Ensemble gut durchmischen, dass immer versierte Sänger(innen) in Hörweite sind - und schon singen auch die Zaghaften gut mit. Jedes "Offene Singen" wird letztendlich so organisiert. In meinem vorigen Beitrag habe ich den Namen Gotthilf Fischer genannt, ohne dies im lächerlichen Sinne zu meinen: Er war ein absoluter Meister in der Disziplin, Gruppen jeglicher Zusammensetzung und Größe zum freudigen Mitsingen zu bewegen, auch wenn man in der Fachwelt gerne darüber die Nase rümpfte und sich Puristen über den eher bescheidenen Anspruch von "Volksgesang" lustig machten. Wenn man ganze Fußballstadien zum Singen zu bringen vermag, sollten einige Dutzend Besucher eines "normalen" Sonntagsgottesdienstes durchaus zu schaffen sein... .

;-);-);-);-)

LG von Rheinkultur
 

Das Problem der "Vorsinger" löst sich von alleine. In zunehmend mehr katholischen Gemeineden tun inzwischen Pfarrer Dienst, deren Hautfarbe auch heute noch manchres niederbayerische Mütterchen dazu veranlasst, 3 abwehrende Kreuze hintereinander zu machen;-). Und diese Jungs können vielleicht nicht gut Deutsch (die Predigten können somit recht unterhaltsam werden), aber singen können Sie! Halleluja!

PS. Ich persönlich glaube, dass mit den farbigen Priestern in D eine längst vergangene Ära wieder aufersteht: Barocke Gestik, unverständliche Rituale (früher in Latein - heute in Kisuaheli-Deutsch), Sangesfreude, Lebenslust und ... Trinkfestigkeit ;-). Und viel Witz und Humor. Die Kirchen könnens dringend gebrauchen.
 
Bei anderen Stücken, z.B. Choralpräludien aus dem Orgelbüchlein, ist es genauso: auf zwei Manualen (z.B. "O Mensch, bewein dein Sünde groß", "Das alte Jahr vergangen ist") tue ich mich auch viel schwerer als einmanualigen (z.B. "Jesu, meine Freude", "Wer nur den lieben Gott" usw.) Ich weiß: dies ist eigentlich ein (spieltechnisches) Thema für sich, aber hast du mir, gerade was die allsonntägliche Choralbegleitung betrifft, einen Tipp, wie ich das Spiel auf zwei Manualen einüben kann?

So richtig habe ich keinen Tipp. Außer, z.B. die Sätze aus dem Choralbuch zu nehmen und wirklich bei ein paar gängigen Chorälen, die du öfter begleitest (wo es sich also am meisten lohnt...) schlicht und einfach lernen. Man kann das ja auch erstmal auf einem Manual lernen, aber strikt darauf achten, dass die rechte Hand nur den c.f. spielt.
Mir persönlich fällt es nicht leicht, die Sätze aus Noten mit nur 2 Systemen in der Art zu spielen, dass die rechte Hand den c.f. spielt, die linke die Altstimme aus dem oberen System und die Tenorstimme aus dem unteren System herauspickt und das Pedal die Bass-Stimme macht. Weil ich durch das Literaturspiel darauf getrimmt bin, aus 3 Systemen zu spielen. Weich-Ei-mäßig habe ich daher viele für mich relevante Choräle auf 3 Systeme übertragen, sodass die linke Hand nur auf ein System schauen muss. Wenn du willst, kann ich dir gerne ein paar Choräle dieser Art aus meinem Fundus zumailen in dieser Form, als pdf- oder als Finale -mus Datei.
 
[...] In vielen Kirchengemeinden gibt es aber im besten Sinne engagierte Gemeindemitglieder, die sich unter den Gottesdienstbesuchern diskret platzieren und durch sicheres Mitsingen die in der Nähe sitzenden Personen zum Mitmachen begeistern, ohne sie penetrant dazu zu animieren. Guter und lebendiger Gemeindegesang kommt dann ganz von selbst zustande - und zwar gänzlich ohne lautstarkes Mit- oder gar Vorbrüllen der Gemeindelieder. Das ergibt sich meistens ganz von selbst.

[...] Wenn sich diese geschickt "unters Volk mischen", ist die gesangliche Qualität sogleich um Klassen besser. Dieses Prinzip kennt jeder, der Gesangvereine, Chöre und Kantoreien leitet: Das Ensemble gut durchmischen, dass immer versierte Sänger(innen) in Hörweite sind - und schon singen auch die Zaghaften gut mit. Jedes "Offene Singen" wird letztendlich so organisiert. I
LG von Rheinkultur

Ja, dieses Prinzip ist zwar bekannt, stößt aber bei uns systematisch auf Ablehnung: die Chorleiter tun sich sehr schwer, ihren „Emporen-Dienst“ aufzugeben, der sie ja übers Volk erhebt und führen gerne drei Gegenargumente an: „unten sind wir zu weit von der Orgel entfernt“, „wenn der Chor nicht singt, singt Niemand in der Kirche“, „wenn ich den Chor nicht vierstimmig singen lassen kann, kommen keine Sänger mehr zur Sontags Messe“. Die Chorsänger selbst (alles alt gestandene Rentner) haben so starke Wurzeln auf der Empore gezogen, dass sie „unbeweglich“ geworden sind. Man kann eigentlich nur darauf warten dass „Der Herr seine Schäflein ruft“ und nach einer endgültigen Strandung des „Chores“ (krächzendes Häuflein) einen Neustart oder einen anderen Weg zu wagen.


Wir Katholiken dürften uns doch eigentlich glücklich schätzen, dass wir seit Vaticanum II eine große Handlungsfreiheit auf dem Gebiet der Kirchenmusik haben. Und diese Freiheit scheint bei uns (L) noch grösser zu sein, da unsere Pfarrer uns stets absolute freie Hand lassen. Deshalb finde ich es schade dass, trotz der durch das Alter bedingte Dekadenz des Chorwesens, hartnäckig an diesem Strang festgehalten wird und jeder anderen Form von Kirchenmusik den Zugang verwehrt wird. Selbst die Vorstellungen des Pfarrers werden schlicht ignoriert. Dass wenigstens in jenen Kirchen, in denen sich der Chor bereits aufgelöst hat, die Gemeinde mit dem Pfarrer singen darf ist ein kleiner Trost.


Beste Grüße

PiRath
 
Danke, MB, das ist ein liebes Angebot, auf das ich ggf. gerne zurückkomme. Bei mir geht das "Problem" aber schon da los, dass ich nicht aus dem Choralbuch oder überhaupt einem Notentext begleite, sondern nach Ohr/gusto. Ich habe nur das EG vor mir stehen. (Weil mir Übung nach Ohr soviel leichter fällt als Übung nach Auge-Finger.) Wenn wir also mal einen Choral singen, der im EG vierstimmig gesetzt ist (z.B. Lobet den Herren, alle die ihn ehren), von dem ich weiß, dass die Gemeinde ihn auch vierstimmig mitsingen will, dann muss ich lange üben, bevor ich den Notentext hinbekomme. Für einstimmig abgedruckte Choräle habe ich wiegesagt gar keinen festen Notentext, den ich bewusst in zwei Manuale "um-üben" könnte. Wenn ich also an die Sache herangehen will, müsste ich vermutlich meine ganzen Begleit-"Sätze" praktisch über Bord werfen und sie neu aus dem Choralbuch (oder deinen Blättern) einüben. Das kostet Zeit... Aufwand... Muße... (Nürnberger Trichter), die ich eigentlich lieber drangebe, ein paar neue Präludien etc. einzuüben... Ist alles eine dicke Ausrede, aber so sieht die Prioritätenverteilung erstmal aus.

An den Fadenersteller: pardon wegen des abschweifenden Themas.
 
@Klimperer/MB:
Also, abgesehen davon, dass man das cf-extra-Spielen vermutlich auch nur "by doing" lernt, Klimperchern ;) , das geht sicher auch nach Ohr, wenn du dir ein bisschen Gewöhnungszeit gibst - vielleicht nicht IM Gottesdienst --- abgesehen davon sehe ich ehrlich gesagt überhaupt keinen gemeindebegleittechischen Grund, den cf auf einem anderen Manual zu spielen. Es ist schlichtweg unnötig für die Gemeinde, wenn auch ohne Zweifel eine nette Abwechslung für den gelangweilten Organisten selbst.

Solange die Melodie oben ist und man keine Stimmen drübersetzt (und wer tut das schon, außer, er ist so schrecklich gelangweilt, dass er fast daran stirbt!), hat niemand, aber auch gar niemand, ein Problem dabei, diese obere Stimme mitzusingen... die Oberstimme ist normalerweise das, was jeder Trottel raushört. Automatisch.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es daran liegt, echt nicht.
 
... abgesehen davon sehe ich ehrlich gesagt überhaupt keinen gemeindebegleittechischen Grund, den cf auf einem anderen Manual zu spielen. Es ist schlichtweg unnötig für die Gemeinde, wenn auch ohne Zweifel eine nette Abwechslung für den gelangweilten Organisten selbst.

Ohne Zweifel ist es nicht nötig, den c.f. auf einem abgesetzten Manual, gewöhnlich dann mit etwas hellerer und lauterer Registrierung, zu spielen. Allerdings ist es nicht nur eine nette Abwechslung für den gelangweilten Organisten, sondern auch für die vielleicht gelangweilte Gemeinde, wenn die Strophen abwechslungsreich gespielt werden. Zumindest mir geht es so, dass ich lieber zwischen den Strophen wenig umregistriere, sondern stattdessen lieber die Manuale wechsle, mal c.f. auf separatem Manual, mal beide Hände auf einem Manual (und dann z.B. nur die Manualkoppel gezogen), mal rein manualiter usw. Also Abwechslung nicht nur durch andere Harmonisierung, sondern auch andere Registrierung bzw. eben Manualwechsel c.f. abgesetzt/nicht abgesetzt.
Davon abgesehen finde ich schon, dass es zur Animierung des Mitsingens beiträgt, wenn sowohl der Bass satt klingt als auch der c.f. deutlicher heraussticht als er es so schon tut, weil er in der Oberstimme liegt. Also, dass Alt- und Tenorstimme etwas zurückgenommen sind in der Registrierung. Wie gesagt, muß nicht unbedingt - da gebe ich dir recht, Rebecca - aber es kann helfen, gerade die 1. Strophe eines Liedes, und vielleicht die letzte als Abschluß, in dieser Art zu begleiten.

Denke aber auch, wenn die Gemeinde per se kaum mitsingt, müssen andere Maßnahmen her. Warum z.B. nicht mal einen Kanon mit der Gemeinde während des GD einstudieren? Sowas kommt meist ganz gut an, bedeutet aber bei manchen (auch mir) eine große Hemmschwelle überwinden. Hilft aber, den Fokus auf das Singen zu lenken.
 
@Rebecca:
Ich kann dir leider gar nicht zustimmen, bei dem, was du zum obligaten cf-Spiel schreibst. Es ist sehr wohl für die Gemeinde hilfreich, wenn der Organist abwechslungsreich begleitet, und ebenso, wenn die Melodie klanglich führt vor der Alt- und Tenorstimme.

Natürlich gibt es Lieder, bei denen die Gemeinde eine solche Hilfe nicht braucht, deswegen hab ich ja den TE auch nach seiner Liederliste gefragt. Aber es gibt auch genug Lieder, die nicht so bekannt sind, oder nicht bei allen Gottesdienstbesuchern.
Oft genug will man doch auch die Begleitstimmen rhythmisch absetzen von der Melodie, beispielsweise bei sehr synkopierten Liedern. Dann ist es eine Unterstützung, wenn der cf auch anders registriert ist.
Was fast noch besser ist als nur die rechte Hand auf einem Solomanual zu spielen, ist ein Tenor-cf. Dann kommt die Unterstützung sozusagen von unten und erfasst die Bass singenden Männer gleich mit.
Das wird aber am Anfang zu schwer sein, deswegen hab ich ja schon mal vorgeschlagen, den cf in den Bass zu legen. Das müsste ohne allzuviele Parallelen klappen, wenn man die Oberstimmen immer in Gegenbewegung spielt.

lg
 
Denke aber auch, wenn die Gemeinde per se kaum mitsingt, müssen andere Maßnahmen her. Warum z.B. nicht mal einen Kanon mit der Gemeinde während des GD einstudieren? Sowas kommt meist ganz gut an, bedeutet aber bei manchen (auch mir) eine große Hemmschwelle überwinden. Hilft aber, den Fokus auf das Singen zu lenken.
Als Katholik registriere ich immer wieder, dass sich die evangelischen Kirchengemeinden vielfach leichter damit tun, derartige Maßnahmen in der Praxis zur Anwendung kommen zu lassen. Spätestens wenn man mal dort in Vertretung einen Singegottesdienst an der Orgel gestaltet, erlebt man lebendiges Musizieren zum Lobe Gottes mit, das keinen teilnahmslos am Rande stehen lässt. Je nach Durchführungsform ist eine Verbindung mit einer vorherigen Probe sinnvoll, vor allem, wenn über den Organisten hinaus weitere Akteure musikalisch beteiligt sind - aber es gibt auch die von Pfarrerin oder Pfarrer geschickt zu moderierende gänzlich offene Form, bei der auf Zuruf Liedwünsche umgehend realisiert werden.

Da sind allerdings nicht nur die Kirchenbesucher, sondern gerade auch die den Gottesdienst gestaltenden Personen am Altar und am Tasteninstrument gefordert. In den Gemeinden, die mich besonders häufig für Vertretungsaufgaben verpflichten, singen alle Pfarrer(innen) gut und gerne und spielen auch jeweils mindestens ein Instrument - andernorts mag das nicht immer der Fall sein. Dann ist das Bedürfnis, den Fokus auf das Singen zu lenken, mit Sicherheit weniger ausgeprägt. Wenn man als regelmäßig am Ort Orgeldienste versehender Kirchenmusiker Verbesserungsbedarf sieht, bleibt ihm nichts anderes übrig als in der beschriebenen Weise Mitstreiter für sein Anliegen zu suchen und zu aktivieren, sofern dies möglich ist. Durch lebendig gestaltete Musik im Kirchenraum Interesse zu wecken ist gut - aber wo nichts ist, kann eben auch nichts geweckt werden.

LG von Rheinkultur
 
Hallo Leute,
also ich sehe so langsam ein, dass ich mit Mitteln wie Registrierung oder Artikulation dem Problem nicht Herr werden kann und versuche mal, mit der Pfarrerin und dem Chorleiter nach Lösungen zu suchen. Die Idee, kurz vor dem Gottesdienst mal mit der Gemeinde zusammen etwas zu singen, werde ich mal versuchen umzusetzen. Der Chorleiter hat gesagt, es liege daran, dass die Kombination aus großer Kirche und zwölf Gottesdienstbesuchern etwas ungünstig ist, weil die Besucher ihre eigene Stimme in so einer akustischen Umgebung zu deutlich hören können und sich dann nicht mehr zu singen trauen.

Ohne Zweifel ist es nicht nötig, den c.f. auf einem abgesetzten Manual, gewöhnlich dann mit etwas hellerer und lauterer Registrierung, zu spielen. Allerdings ist es nicht nur eine nette Abwechslung für den gelangweilten Organisten, sondern auch für die vielleicht gelangweilte Gemeinde, wenn die Strophen abwechslungsreich gespielt werden.

Gelegentlich spiele ich in einer Kirche, wo der Stammorganist jeden Choral knapp am Tutti vorbei registriert und dann die Schwellklappen ganz schließt (ich saß mal in unmittelbarer Nähe der Orgel und habe mir das Spektakel angeschaut). Jedes mal, wenn ich in dieser Kirche spiele, bedanken sich die Leute bei mir dafür, dass meine persönliche Art des Orgelspiels die Ohren der Gemeinde nicht ermüdet.

Zumindest mir geht es so, dass ich lieber zwischen den Strophen wenig umregistriere, sondern stattdessen lieber die Manuale wechsle, mal c.f. auf separatem Manual, mal beide Hände auf einem Manual (und dann z.B. nur die Manualkoppel gezogen), mal rein manualiter usw. Also Abwechslung nicht nur durch andere Harmonisierung, sondern auch andere Registrierung bzw. eben Manualwechsel c.f. abgesetzt/nicht abgesetzt.

Hängt vom Lied und vom Anlass ab. Wenn ich an Ostern Das ist der Tag, den Gott gemacht als Eröffnungsgesang begleite, dann klingt da die obligate Begleitung etwas mickrig und ich greife lieber zu anderen Mitteln. Wenn ich mich recht erinnere, schlägt doch das Orgelbuch zu alten Gotteslob beim drittletzten Ton die Doppeldominante als Alternative zum Subdominantquintsextakkord vor. ;-) Ich wüsste übrigens zu gerne, wann denn endlich mal das neue rauskommt.
 

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