Flügelkauf: Neu oder alt, Bechstein, Steinway o.a.

Hallo zusammen! Selbst auf der Suche nach u n s e r e m Flügel bin ich gerade ganz glücklich, auf Euren Thread gestoßen zu sein und klinke mich mal ein.
Ich wollte mich heute auf den Weg nach Sindelfingen machen zu besagtem Bechstein M/P - gerade dieses Modell ist mir von Pianistenseite außerordentlich empfohlen worden -, aber er ist leider schon verkauft.
Lieber JonasKlais, keine Sorge, ich bin keine Suchkonkurrenz, wir sind im süddeutschen, genauer gesagt, Freiburger Raum. Ein bisschen fahren würde ich schon, aber ungern über 2 Stunden, wenn es nur zum Kennenlernen ist. Meldet der Flügel sich im Vorfeld mit Bauchkribbeln an, ist das natürlich etwas Anderes.
Was uns auch unterscheidet: Der Flügel soll im großen Wohnesszimmer (50m2) stehen, der allerdings Terracotta-Steinfliesen hat. Er darf also gern die begehrte "Flügelklanglänge" von mindestens 2m haben, aber der Boden ist eine natürlich auch klanglich zu berücksichtigen. Ich vermute schon, es wird zumindest unter dem Flügel einen Teppich brauchen.
Budgetmäßig haben wir mal bei 30,000 die Obergrenze angesetzt.
Die klanglichen Geschmäcker sind, scheint mir, recht ähnlich gelagert. Ich liebe den warmen, vollen Klang eines wirklich guten Bechsteins und den finde ich längst nicht bei allen Bechsteins. Bei Lepthien hat mich klanglich keiner überzeugt, insbesondere der gebrauchte M blieb mit seinem Klang im Instrument stecken, so mein Empfingen. Bei den gebrauchten Steinways klangen auch erst die gebrauchten B nach "offenem Himmel", aber die sind preislich woanders und gefallen tun sie mir längst nicht alle, die so gebraucht angeboten werden. Die Option, einen Steinway aus den 20/30er Jahren mit bedachter Hand restaurieren zu lassen, wäre wohl erschwinglich und vielleicht eine wunderbare Lösung, aber so richtig traue ich mich noch nicht zu kaufen, was ich nicht im hergestellen Zustand gehört habe.
Mit zurückhaltendem Interesse lese ich von den japanischen Prämiuminstrumenten. Was ihr begeistert schreibt, glaube ich auch alles. Davon habe ich aber noch keines gespielt, alle Yamahas und Kawais, die ich gespielt habe, klingen zwar im ersten Moment verführerisch, ihnen fehlte im Klangbild meiner Wahrnehmung nach aber eine Lebendigkeit im Ton. So hat es mein Geigenohr empfunden.
Ja, ich muss dazusagen, dass mein Gehör zwar musikalisch sehr geschult ist, meine Klavierkünste aber (bisher) begrenzt sind. Ich selbst bin auf der Geige zu Hause, das Klavier war immer das Zweitinstrument. Seit ich Familie habe, liebe ich es jedoch um so mehr, darauf meine Hausgebrauchsfähigkeiten mit für mich spielbarer wunderbarer Literatur auszubauen. Wir sind ein musikalisches Haus und unser Sohn legt gerade so richtig los. Wenn jetzt ein neuer Flügel, dann der fürs Herz.
Sehr gefallen haben mir auch schon Steinweg-Flügel, aber sie sind fast zu leichtgängig.
Ausprobieren möchte ich noch Förster, Steingräber und Blüthner.
Ich bin dankbar für Empfehlungen und gute Adressen in unserem Raum.
So, jetzt erst mal auch von meiner Seite, danke für alle Informationen, die durch Eure Einträge indirekt schon zu mir geflossen sind...
 
..."fürs Herz", ich meine halt, einer, der uns in zehn Jahren auch noch glücklich macht...
 
Wenn Sindelfingen nicht zu weit für dich ist, dann fahr mal zu Piano Hölzle und probiere dort die Shigeru Kawai Flügel ausgiebig aus. Ich fand sowohl den SK2, als auch SK3 sehr schön.

Viel Erfolg bei der Suche!

Grüße
Bluesman
 

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Sehe ich das richtig, dass dieses Bild (Lyra ohne „Hamburg New York“) ein Merkmal für den New Yorker Steinway ist? Das äußere Erscheinungsbild ist das eines Hamburgers...
(das Angebot stammt nicht (!) von einem der hier genannten Anbieter, es geht nicht (!) um das zuvor angesprochene Angebot des A188 Studio, sondern um ein anderes Angebot eines anderen Händlers):
 

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Mit zurückhaltendem Interesse lese ich von den japanischen Prämiuminstrumenten. Was ihr begeistert schreibt, glaube ich auch alles. Davon habe ich aber noch keines gespielt, alle Yamahas und Kawais, die ich gespielt habe, klingen zwar im ersten Moment verführerisch, ihnen fehlte im Klangbild meiner Wahrnehmung nach aber eine Lebendigkeit im Ton. So hat es mein Geigenohr empfunden.

Habt ihr schon mal einen Yamaha S6 probiert? Wenn nein, solltet ihr das auf jeden Fall tun. Einer steht hier: https://www.piano-schweisser.de/

Musste meine Vorbehalte gegen Yamaha fallen lassen. Entsprechendes gilt für die Shigeru Kawai im Vergleich zu „normalen“ Kawai.
 
Steinway vergibt Nummernblöcke, alternierend an die Werke in New York und Hamburg. Ein Externer hat hierzu keinen Zugang, es braucht jemanden im Marketing oder einen anderen Insider ,der in die Lieferbücher, die "Number Books", Einsicht nehmen kann. Das kann nichtmal ein Steinway-Händler, die fragen alle in HH an.
 
Sehe ich das richtig, dass dieses Bild (Lyra ohne „Hamburg New York“) ein Merkmal für den New Yorker Steinway ist? Das äußere Erscheinungsbild ist das eines Hamburgers...
(das Angebot stammt nicht (!) von einem der hier genannten Anbieter, es geht nicht (!) um das zuvor angesprochene Angebot des A188 Studio, sondern um ein anderes Angebot eines anderen Händlers):

Für die Nachkriegsmodelle gilt das auf jeden Fall. Für die Vorkriegsmodelle (wie wahrscheinlich abgebildet) glaube ich auch, ich weiß es aber auch nicht mit Sicherheit.
Wenn das Instrument dann noch Plastiktastaturbelag hat, kannst Du mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es mal ein New Yorker Steinway war/ist, der zwecks größerer Gewinnspanne auf "Hamburg Style" umgemöbelt wurde.
 
Ältere New Yorker machen sich mitunter per Teflon-Buchsen in der Mechanik auffällig. ...

Von 1961 bis 1982 haben die New Yorker Flügel Teflon-Buchsen in den Repetitionen, Hammernüssen bekommen, allerdings sind viele schon umgerüstet.

Dann kann man ältere New Yorker Flügel oft an den Hammer-Filzinlays der Farben erkennen. Aber auch da sind sehr viele Flügel bereits umgerüstet, haben die Hammerköpfe erneuert - nicht immer zum Vorteil... Eigentlich müssten "New Yorker" ab 1936 an der Waagebalkenauflage erkannt werden können, den berühmten "Schnellspiel-Anschliff" (accelerated action), den die in Hamburg gefertigten Steinways nicht haben. Und das "diaphragmatic soundboard" könnte einen Unterschied machen, Pat. Paul Billhuber, das aber ist teils auch in die Hamburger Flügel gewandert.

Dass US-Flügel "umgefräst" werden an den Lysenen, ist etwas Neues, das habe ich noch nicht gehört oder gesehen. Ich kenne allerdings einen S-155-Flügel mit amerikanischer Tastenklappe, der klar in Hamburg gebaut wurde.

Also, it depends... Mein Steinway D ist ein New Yorker, hat aber gerundete Tastenklappe. Liegt am Alter, der Sheraton Style kam erst um 1910... Davor hatten die Steinways die markanten "Boucles". Noch davor, bis zum Frühjahr 1875, trugen min. die "fancys"; die schmuckverzierten Privatsalon-Flügel, das "V" in den Lysenen, die Verneigung der Steinway Bros. vor ihrer einstigen Kopiervorlage um 1856, den Erard-Flügeln aus Paris. Von wo aus sie in unglaublicher Schnelle Verbesserungen einbauten und in kurzer Folge dann die Pariser Flügelbauer hinter sich ließen.

Die besten Steinway-Sanierungen habe ich bei Popeliers in den Niederlanden gesehen. Uralte A-Maschinen um 1890-1900, die herausragend aufgearbeitet waren und sich wirklich traumhaft spielten: Der Techniker , der dort in der Werkstatt der Obermohr war - heute in Den Haag, hatte es wirklich drauf.

Mir fehlt aber die Insidersicht beim Meister Weschenfelder, und in HH aufgearbeitete Flügel kenne ich auch nicht.
 

Wenn das Instrument dann noch Plastiktastaturbelag hat, kannst Du mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es mal ein New Yorker Steinway war/ist, der zwecks größerer Gewinnspanne auf "Hamburg Style" umgemöbelt wurde.

Neugier: An welchem Unterschied beim Tastaturbelag könnte man den New Yorker Steinway erkennen?
 
An den abgerupften originalen Elfies und Ersatz-Plastik oftmals minderer Qualität - die CITES-Bestimmungen erlauben es seit den 80er Jahren normalerweise nicht mehr, dass Elfenbein-Tastaturauflagen die Grenzen queren.

Die Amerikaner sind da rigoros... Es sind Fälle bekannt, in denen die Grenzer bekannten Konzertpianisten das Instrument ruinierten, als sie ihren Flügel zu einer Konzerttournee in die USA sandten, und die Grenzer knippten ihnen im New Yorker Hafen die Elfies runter. ...

Ich habe einmal einen Steinie-Flügel (#3023, einen frühen 1860er Semikonzerter mit Parallel-Besaitung//nicht bassüberkreuzt, der in Los Angeles verkauft wurde) nicht gekauft, weil ich nicht wusste, wie ich die Karre unbeschädigt da raus bekomme. (Heute wüsste ich das.)

In kultivierten Staaten gibt es für alte Flügel (>100 Jahre) CITES-Papiere, die die Grenzer respektieren. Man kann also Flügel mit Elfenbein die Grenzen queren lassen, die nicht "USA" heißen... Aber die USA beschäftigen teils so primitives Redneck-Volks in ihrer Homeland Security und beim Zoll, dass man annehmen darf, die machen in ihrer elenden Unvollkommenheit solche überaus bösen Sachen. ...

NB OT Mein uralter Flügel hat auch keine Elfies drauf. Als der Flügel von Schottland über England im Hundetransport-Anhänger des Hannoveraner Restaurators nach Kontinentaleuropa kam, ist auch sowas passiert... CITES Fail ...
 
OK. Da habe ich die CITES-Problematik unterschätzt. Aber das bedeutet ja, dass der Preisunterschied zwischen den Hamburger und New Yorker Instrumenten so groß ist, dass sich Elfenbein runternehmen + Plastikbelag aufkleben + Transport + Optik umbasteln immer noch lohnt.
 
Gibt es eigentlich Neuigkeiten bezüglich Deiner Flügelsuche @JonasKlais ?
 
Gibt es eigentlich Neuigkeiten bezüglich Deiner Flügelsuche @JonasKlais ?
... die wird noch fortgesetzt.

Zwischenzeitlich habe ich zwei weitere gebrauchte Bechstein der Concert-Reihe anspielen können, einen B212 und einen „kleinen“ L167, die mir beide gut gefallen haben. Einen weiteren Yamaha S6 hab ich auch noch probieren können, der mich aber technisch und klanglich nicht überzeugen konnte. Zwei andere S6, die ich schon in zwei anderen Läden gesehen habe, werde ich noch ein zweites Mal „besuchen“.
Dafür hab ich auch einen sehr jungen, aber eingespielten SK III anspielen können, der mir gegenüber nagelneuen, mit denen ich mich nicht so wohl gefühlt habe, wirklich gut gefallen hat.
Den einen oder anderen Steinway (O, A und B) hab ich auch noch unter die Finger bekommen. Zwei B211 waren klanglich wirklich sehr ansprechend, so dass ich nun die nächste Baustelle habe - kommt vielleicht doch ein gebrauchter Steinway B211 in Betracht... Aber nichts umgeschustertes, was bei den beiden B aber zu nahe lag.

Mein Zwischenstand also:
Yamaha S-Serie, Bechstein, Steinway und Shigeru Kawai bleiben alle im Rennen.

Bei der Größe herrscht noch Wirrwarr. So um die 1,90 - wie mein jetziger - sollte es eigentlich schon sein. Die kleinen O 180 Steinways sind aber auch chic und den L167 würde ich auch nicht streichen. Noch schöner wäre aber etwas über 2,10 m, mit dem Kompromiss dass es in meinem Musikzimmer enger wird.

Ich schätze mal, meine Suche könnte noch etwas andauern. Was mir aber auch Freude bereitet bei so vielen unterschiedlichen Eindrücken die ich bekomme.
 
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Diese Woche habe ich zum zweiten Mal den S6 (ca. 10 Jahre alt, im oberen Bereich meines Budgets) angespielt, der meine erste Begegnung mit der Premium-Serie von Yamaha war. Der sehr gute Eindruck (Mechanik und Klang) vom ersten Mal hat sich verfestigt. Wenn ich mich für einen Yamaha entscheide, steht der ganz oben auf meiner Liste.
 
Update: Die Beschäftigung mit der HP von Louis Renner und https://www.pianobuyer.com/article/buying-a-used-or-restored-piano-buying-a-restored-piano/ bringt mich dazu, mich auch nochmal intensiver mit seriösen rebuildet-Steinways (mit neuer Rennermechanik nach Steinwayvorgaben) zu befassen. Es könnte sein, dass ich dort eher ein Instrument finde, was meinen Erwartungen an eine gute Mechanik entspricht, die ich bisher bei den bloß reparierten 70er Jahre Steinways nicht als vollständig erfüllt empfunden habe.

Ein Steinway O180 aus den 40ern (Gehäuse im Originalzustand mit Patina und neuer Rennermechanik), der noch in der Fertigstellung bei einem anderen Klavierladen ist, gefiel mir auf einen ersten Blick gut.

Nochmalige Überlegungen mit meiner besseren 1/2 zu meinem Musikzimmer haben mich auch wieder zweifeln lassen, ob 2,12 m für meine räumlichen Verhältnisse sinnvoll sind. Klanglich mag das schön sein, aber man muss sich in dem Raum ja auch noch irgendwie wohl und nicht beengt fühlen... hinzu kommt, dass ich selbst meinen 1,87 m nur halb öffnen kann, aber es schön wäre, wenn ich wenigstens gelegentlich das Instrument auch voll öffnen könnte. Das wäre sicher bei 1,80 möglich, bei 2,12 ausgeschlossen...
 
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Hallo Jonas,

vielen Dank für das update! Ich wünsche weiterhin viel Freude und dann auch Erfolg bei der Flügelsuche! So eine Suche und Auswahl macht ja auch Spaß. Halte uns bitte weiterhin auf dem Laufenden.
Grüße Jan
 
Insbesondere in Sachen Steinways sollte man sich die Zeit nehmen, ein wenig tiefer zu graben.

Die zitierte Publikation ist aus den USA, wo es eine komplett andere Kultur der Restaurierung gibt als hier in Europa. Insofern sollte man einiges dort Genannte mit einer gehörigen Prise Salz nehmen, zumal es sich bei amerikanischen Steinways um komplett andere Instrumente handelt als bei den europäischen, also in Hamburg gefertigten. Die Mechanik ist eine andere, die klanglich relevanten Komponenten unterscheiden sich in der Materialauswahl und auch den Fertigungsmethoden.

Stände ich heute noch einmal vor der Entscheidung, einen alten Steinway haben zu wollen, dann würde ich nur noch ein Instrument in Betracht ziehen, das komplett unverbastelt ist, d.h. bei dem außer Stimmen, Regulieren und Intonieren sonst nichts mehr angefasst wurde. Und auch nur dann, wenn mir das von einem Experten bestätigt wird, der nachweislich alte Steinways aufgearbeitet hat, die einfach nur grandios klingen.

Komplett unverbastelte Steinways zu finden, ist heute wie ein 6er im Lotto. Irgendjemand hat dann doch wieder an der Kiste herumgefummelt - und in der Sekunde weiß man nicht, was sich da noch an Fragwürdigem versteckt, das wirklich nur ein Experte aufdecken kann und das dazu dann auch durchaus mehr Zeit braucht als mal eben 10 Minuten drüberschauen.

Meine olle Kiste hat mittlerweile drei erhebliche Überholungen durchgemacht, von denen alleine die letzten zwei schlappe 13.000 EUR gekostet haben. Und die nun anstehende komplette Aufarbeitung der Akustikanlage wird wohl auch noch einmal fünfstellig werden: Neue Saiten, Wirbel, Agraffen, Abschleifen Capo-Silie, Ersetzen aller Filze, Mensurberechnung zur Auswahl des richtigen Saitenmaterials, neues Stegdoppel in einem großen Bereich und noch viel mehr Kleinkram. Optik noch nicht eingerechnet.

Whatever.

Sollte ein alter Steinway mit Potential Dein Begehr sein, dann identifiziere einen Klavierbauer, bei dem Du schon einmal von ihm aufgearbeitete Instrumente gespielt hast, die Dir die Tränen in die Augen getrieben haben. Den nimmst Du dann zur Begutachtung eines potentiellen Kandidaten mit - und solange der zu dem Kandidaten nicht sagt, dass der mal so schön sein kann wie der Tränentreibende, dann solltest Du die Pfoten davon lassen.

Wäre so mein Tip.
 

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