Enttäuschung Schülervorspiel

  • Haupgrund dafür ist der Mangel an Übungszeit
  • Dieser Mangel wiederum liegt begründet in den Lebensumständen, auf die mancher mehr, mancher weniger Einfluss hat.

Ne, ich glaube, Du kannst noch so viel üben, Du wirst nie mehr so virtuos wie jmd werden, der seit Kindheit spielt. Auch wenn das Kind die ersten 10 Jahre nur so 20 min täglich geübt hat, das ist nämlich auch realisistisch.

Bzgl Schließen - der Faden mag OT gegangen sein, aber ist doch eigentlihc nicht ausgeufert. Vieles scheint doch viele Leute zu berühren, das muss man doch nicht abschneiden, oder?

Ich halte es für erwiesen (ohne das jetzt belegen zu können), dass auch Lob eine entscheidende Komponente ist, die Menschen beim Lernen beflügelt. ...

Für mich als Küchenpsychologe sind das Dinge wie positive Bestärkung, und andere pavlovsche Muster - ich glaube, das ist schon belegt.

Ich habe lange in England gelebt, da merkt man, wie anders es in anderen Ländern läuft, und wie die deutsche Art doch sehr aneckt (also die extreme Direktheit - ich bin nämlich eigentlich auch so!). Sie lösen es natürlich im anderen Extrem - um ihre Ansinnen durchzudrücken, machen sie es sehr durch die Brust ins Auge - kann man definitiv mit manipulativ bezeichnen ;)
 
Ihr werdet lachen, aber ich bin als ausgesprochen netter Lehrer bekannt.

Allenfalls finden ab und zu Schüler, die Selbstwertprobleme haben, (oder gewisse Eltern...) mich etwas zu "anspruchsvoll". Habe aber im Laufe der Jahre herausgefunden, dass es richtig ist, derartige Klagen einfach zu ignorieren - so erhält man treue und zufriedene Schüler :coolguy:

"Dumbing down" ist niemals richtig, dafür hat mir seinerzeit insbesondere auch der Film "Rhythm Is It" die Augen geöffnet.

LG,
Hasenbein
 
Ne, ich glaube, Du kannst noch so viel üben, Du wirst nie mehr so virtuos wie jmd werden, der seit Kindheit spielt. Auch wenn das Kind die ersten 10 Jahre nur so 20 min täglich geübt hat, das ist nämlich auch realisistisch.

So hatte ich das nicht gemeint. Eher so, dass es zwar grundsätzlich möglich wäre, ein gewisses Niveau zu erreichen, aber erwachsene Anfänger eben häufig nicht genug üben (können).

Dass die, die als Kinder angefangen haben, einen Vorteil haben, steht für mich außer Frage.
 
Über den Umkehrschluss will ich gar nicht erst nachdenken. :lol:
 
Zum anderen ist es gerade das Entscheidende, das Gelernte soweit zu verinnerlichen und das Gekonnte soweit zu automatisieren, dass man die Leistung jederzeit abrufen kann - dass einen also der mitlaufende Recorder nicht mehr aus der Bahn wirft. Durch die Dauerpräsenz und Gewohnheit abzustumpfen - das ist nur scheinbar sinnvoll. Sinnvoller ist es aber, sich das Aufnahmegerät als Werkzeug zur Selbstbeobachtung zunutze zu machen, dazu ist es schließlich da.
Dazu kann man es dann immer noch nutzen. Das ist dadurch nicht ausgeschlossen. Ich sehe nur Vorteile im aufgezeichneten Üben, vor allem wird dabei auch objektiv festgehalten wird, wie viel und wie sinnvoll man geübt hat, ohne daß man Buch führen muß. Die Gewöhnung ist nur ein Nebeneffekt.

Völlig subjektive Eindrücke wie "Gestern war noch alles super, warum klappt heute nichts mehr?" werden beim Sichten der Aufzeichnung schnell geerdet. Einmal kurz Reinhören man dann deutlich sichtbar, daß die Selbsteinschätzung genauso von der Tagesform abhängt. Und die typischen Momente beim Üben wie "Das war jetzt besonders gelungen" kann man sofort objektiv nachprüfen.

Wenn man ein automatisches Langzeitarchiv anlegen läßt, kann man auch zu einem beliebigen Zeitpunkt einfach mal einen Monat oder ein halbes Jahr zurückschauen und vergleichen - ohne daß man sich extra darum kümmern muß. Und wie gesagt, diese Aufzeichnungen werden nicht gemacht, um sie irgendwem vorzuspielen und um zwingend alles nochmal anzuhören.
 
Eine Aufnahme kann gar nicht so miserabel sein, als dass man selbst als Anfänger nicht genau hört, dass es Stockungen, falsche Töne, ungleichmäßige Tempi etc. gibt. Gerade WEIL Aufnahmen so grausam sein können, bringen sie so viel Objektivität.

Vor diesem Hintergrund lässt sich auch die oft geäußerte Schülerbehauptung einordnen, im stillen Kämmerlein beim Üben alles noch gekonnt zu haben. Nein - in der Regel hat man sich an Unstimmigkeiten mehr oder weniger erfolgreich vorbei gemogelt. Das Entscheidende ist aber, das Gelernte so konstant wie möglich parat zu haben und nicht in den Situationen, in denen "es drauf ankommt", plötzlich einzubrechen.

Vielleicht noch als kleine Ergänzung dazu, es bringt (zumindest mir) sehr viel, ein Stück ganz am Anfang einer Übesession aufzunehmen, ohne warmspielen.
Das Aufgenommene ergibt immer ein sehr ehrliches feedback.

Aufnahmen, die ich nach einer Übeeinheit an dem betreffenden Stück mache, sind immer "geschönt" weil ich noch genau weiß, wann ich beim spielen worauf achten muss etc.

Am nächsten Tag als Erstes aufgenommen kann die Ernüchterung schon mal recht groß sein - so ist aber auch sehr schnell klar, woran ich arbeiten muss weil es nur vermeindlich sitzt.
 
Ich halte es für erwiesen (ohne das jetzt belegen zu können), dass auch Lob eine entscheidende Komponente ist, die Menschen beim Lernen beflügelt. Umso mehr sollte also ein kompetenter Unterricht (in welchem Bereich auch immer) schon auch das tun, was hier teilweise etwas belächelt wird. Nämlich den Schüler positiv bestärken, dass einiges von dem Besprochenen schon gut umgesetzt wurde usw. Dass darüber hinaus auch konstruktive Kritik Bestandteil eines guten (Klavier)-Unterrichts ist, steht für mich außer Frage. Wenn ich allerdings das Gefühl hätte, in jeder Klavierstunde zerpflückt zu werden, und das womöglich noch in einem schroffen Tonfall o.ä., würde ich mir das sicher in meiner Freizeit nicht antun wollen. Für mich deutlich spürbare Fortschritte sind auch in einem freundlichen und wohlwollenden Lernumfeld möglich.

... und das ist Standard in der Pädagogik. (Und damit ist nicht gemeint, dass es ein Lob für stinkende Faulheit gibt.)
 
Ihr werdet lachen, aber ich bin als ausgesprochen netter Lehrer bekannt.

Allenfalls finden ab und zu Schüler, die Selbstwertprobleme haben, (oder gewisse Eltern...) mich etwas zu "anspruchsvoll". Habe aber im Laufe der Jahre herausgefunden, dass es richtig ist, derartige Klagen einfach zu ignorieren - so erhält man treue und zufriedene Schüler :coolguy:

"Dumbing down" ist niemals richtig, dafür hat mir seinerzeit insbesondere auch der Film "Rhythm Is It" die Augen geöffnet.

LG,
Hasenbein

Ich genieße ja in diesem Lebensbereich (d.h. in diesem Forum) die relative Anonymität im Internet. (Ich kenne nur wenige aus dem Forum persönlich.)
Aber Dich würde ich tatsächlich mal gerne persönlich kennen lernen! ;-)

Der Film "´Rhythm is it" ist exzellent.
 
Stichwort Bonding.
Die Mütter haben doch meist ein schlechtes Gewissen, wenn sie ihr Baby (!) in die Kita schicken.
Die gesellschaftlichen "Zwänge" (sprich Lebensstil halten) erfordern es angeblich. Das widerum entlastet das Gewissen der Mutter.

Der Begriff "Bonding" wird heute (meiner Meinung nach zu Recht) in der neueren Forschungsliteratur auch für die Beziehung zum Vater benutzt. (vgl. z.B. das Grundlagenwerk zur Entwicklungspsychologie von Oerter/Montada)
 

in einem freundlichen und wohlwollenden Lernumfeld


So möchte ich es auch haben. :super: Die Beziehungsebene sollte von spürbarem Wohlwollen geprägt sein, was sich unter anderem durch konstruktive Kritik spiegelt.

Ein angehender Profi mag davon profitieren, wenn speziell tickende Gurus ihn bis aufs Mark zerpflücken. Er verfügt (ist ihm jedenfalls zu wünschen) bereits über ein Methodenarsenal, den Rundumschlag positiv umzumünzen. Je besser jemand ist, desto schärfere Kritik "verträgt" er, weil er in der Lage ist, die Kritik adäquat zu reflektieren und praktisch umzusetzen.



Bei Schülern (egal ob jung oder Alt in diesem Fall) erlebe ich es oft, dass ich etwas vorspiele, wie es richtig ist, und statt zuzuhören fällt man mir soz. ins Wort und spielt sofort auch. (und natürlich wieder gleich falsch)
Ich muss dann sagen: Hallo, bitte erst mal zuhören.

Mal davon abgesehen, dass es zur guten Erziehung gehört, anderen nicht ins Wort zu fallen und Lehrenden noch weniger: Was Du schilderst, ist doch genau der Prozess, "zuzuhören lernen".

Es soll sogar Leute geben, die so gut zuhören, dass sie es aus dem inneren Ohr nachspielen können. Ob man das in seiner Totalität lernen kann, kann ich nicht beurteilen. Eine eigene Aufnahme hinsichtlich Gleichmaß des Tempos, Flüssigkeit und "Richtigkeit" zu beurteilen, sollte bei jedem drin sein.

Ich fange mit der Aufnehmerei erst an, wenn ich selbst der Auffassung bin, das Stück laufe "gut". Dann höre ich mir das Resultat tapfer und selbstkritisch an (was ätzend viel Zeit beansprucht, allein schon deshalb kommt diese Methode nicht permanent zum Einsatz) und weiß, wo das Hasenrudel im Pfeffer liegt. :puh:
 
Bei Schülern (egal ob jung oder Alt in diesem Fall) erlebe ich es oft, dass ich etwas vorspiele, wie es richtig ist, und statt zuzuhören fällt man mir soz. ins Wort und spielt sofort auch. (und natürlich wieder gleich falsch)
Ich muss dann sagen: Hallo, bitte erst mal zuhören.
Diese Beobachtung mache ich ständig bei Chorproben: Vieles muss stimmenweise im Wechsel einstudiert werden, da ein Mindestmaß an Beherrschung der eigenen Stimme erforderlich ist, um gewinnbringend am kompletten mehrstimmigen Chorsatz arbeiten zu können. Wartezeiten lassen schnell Unruhe aufkommen, deshalb halte ich sie so kurz wie irgend möglich und organisiere einen Wechsel zwischen mehrstimmigen und einstimmigen Abschnitten, um meine Leute am besten ständig zu beschäftigen. Mündliche Erklärungen und Ansagen sind knapp und verständlich zu halten und an das oft hohe Alter und die begrenzte Leistungsbereitschaft vieler Vereinsmitglieder anzupassen. Dennoch muss man selbst bei Wartezeiten von einer Minute und weniger dauernd störende Unterhaltungen mit dem Nebenmann und vor allem das unerwünschte Mitsingen eigener und fremder Stimmen unterbinden, ohne im Übermaß zu ermahnen, weil man sich ja als Erwachsener nicht gerne erziehen und maßregeln lässt. Die allgemein nachlassende Bereitschaft anderen zuzuhören ist sehr weit verbreitet - und bei von Mitgliedermangel und Überalterung geprägten Vereinen nimmt man vieles hin und sagt sich, lieber halbherzige, wenig motivierte und undisziplinierte Mitglieder als gar keine. Denn bei dem ungefragten Mitsingen handelt es sich nicht um das aktive Zuhören von Akteuren, die das Wesentliche bereits verstanden haben, sondern um das disziplinlose Verhalten von Leuten, die nicht auf andere warten wollen, aber für sich selbst alle Zeit der Welt in Anspruch nehmen.

An Supermarktkassen und bei der Benutzung von Bussen und Bahnen macht man ähnliche Beobachtungen. Warum soll es bei Klavierunterricht grundlegend anders sein? Ich betone bei meinen Ausführungen, dass es sich lediglich um Feststellungen und nicht um ein Dampf ablassen über die schlechte Welt handelt. Der richtige Umgang mit solchen Wahrnehmungen bleibt trotzdem Aufgabe einer Lehrkraft, die ansonsten den Job ablehnen müsste. Hinsichtlich der Chorproben habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, viel ohne Klavierbegleitung singen zu lassen, durch die Reihen zu gehen und vieles sofort während des Singens ohne Unterbrechungen zu korrigieren. Ein engagierter und auch den Chorleiter fordernder, aber sehr musikalisch effektiver Probenstil - und man lasse sich nicht von meinen Schilderungen zur weit verbreiteten Disziplinlosigkeit täuschen: Zu meinen Chören habe ich ein sehr gutes Verhältnis und ein ungeselliger Mensch bin ich auch nicht gerade. Aber in der Sache sind verbindliche Ansagen meist die besten - in der Regel gelingen diese in ruhigem, höflichem und respektvollem Tonfall. Wenn manche Menschen trotzdem nicht gemeinschaftsfähig, nicht interessiert und dann auch nicht chortauglich sind, ist es eben so wie es ist.

LG von Rheinkultur
 
Vielleicht noch als kleine Ergänzung dazu, es bringt (zumindest mir) sehr viel, ein Stück ganz am Anfang einer Übesession aufzunehmen, ohne warmspielen.
Das Aufgenommene ergibt immer ein sehr ehrliches feedback.

Aufnahmen, die ich nach einer Übeeinheit an dem betreffenden Stück mache, sind immer "geschönt" weil ich noch genau weiß, wann ich beim spielen worauf achten muss etc.

Am nächsten Tag als Erstes aufgenommen kann die Ernüchterung schon mal recht groß sein - so ist aber auch sehr schnell klar, woran ich arbeiten muss weil es nur vermeindlich sitzt.

Dieser Gedanke hat mir bei einem Stück, das ich grade übe, sehr geholfen. Vielen Dank! Werd' ich ab heute regelmäßig in mein "Aufnehmübeprogramm" miteinbauen.
 
es bringt (zumindest mir) sehr viel, ein Stück ganz am Anfang einer Übesession aufzunehmen, ohne warmspielen.
Erfahrung aus der Studiopraxis: Es kommt gar nicht so selten vor, dass sich der erste eingespielte Take bei der Auswertung der Aufnahmesitzung als der am besten gelungene erweist. In Ermangelung vorheriger Anläufe fehlt hier die Möglichkeit, sich "fest zu spielen" und ein Spannungsabfall infolge Ermüdung durch mehrfaches Wiederholen.

Ein angehender Profi mag davon profitieren, wenn speziell tickende Gurus ihn bis aufs Mark zerpflücken. Er verfügt (ist ihm jedenfalls zu wünschen) bereits über ein Methodenarsenal, den Rundumschlag positiv umzumünzen. Je besser jemand ist, desto schärfere Kritik "verträgt" er, weil er in der Lage ist, die Kritik adäquat zu reflektieren und praktisch umzusetzen.
Richtig. Außerdem hat er bereits die Erfahrung gemacht, dass ein ausgedehntes Ringen um Qualitätssteigerung nur bei Kandidaten praktiziert wird, bei denen eine solche auch zu erwarten ist. Die eher mäßig begabten Spieler haben ihr Leistungsmaximum im Grunde schon erreicht - wozu weiter Druck machen? Damit sie vor lauter Frustration über die grobe Behandlung wieder schlechter werden? Oder die Leistung verweigern und "zumachen"? Und wenn es sich bei den Schülern um hoffnungslose Fälle ohne Potenzial handelt, wird die Sitzung meist ohne viel Gerede kurz und bündig beendet.

Diese Konstellation lässt sich auch auf viele Aufnahmeprüfungen an den Hochschulen übertragen... .

LG von Rheinkultur
 
... und wird wahrscheinlich lebenslang keine Allergien und andere "Zivilisationskrankheiten" entwickeln ... nicht Amok laufen ... nicht sein Hirn und seine komplette Physis vor dem Werbefernsehen verrotten lassen ...

Und möglicherweise an irgendeiner Infektionskrankheit sterben, die bei uns kein Thema ist, weil es Impfungen und Antibiotika gibt.
 
Ich grab den Faden einfach mal wieder aus, da ich heute mein erstes Vorspiel hatte und meine Erfahrungen teilen möchte.

Es handelte sich um ein Vorspiel ausschließlich von erwachsenen Schülern verschiedener Klavierlehrer. Wie lange sie jeweils dabei waren, kann ich nicht sagen, würde aber tippen, dass von Anfängern wir mir (2,5 Jahre Klavierunterricht) oder noch weniger "Erfahrung" bis zu solchen, die schon etliche Jahre dabei sind und möglicherweise auch schon als Kind angefangen haben, alles dabei war.

Ich habe es sehr genossen. Zum einen, weil es ein sehr überschaubarer Rahmen mit wohlwollendem und verständnisvollem Publikum war. Zum anderen, weil ich es sehr spannend fand, viele verschieden Stücke auf unterschiedlichsten Niveau von Amateuren zu hören.

Es wurde einmal quer durch die Musikgeschichte gespielt: Von Couperin über Bach, Beethoven, Mozart, Schubert, Brahms, Gade bis zu Britten und Hisaishi. Einiges auch zu vier Händen.

Ja. Es gab Fehler, viele Fehler, sehr viele Fehler. Und es gab auch Hänger, lange Hänger und Neuansetzer. Aber bis auf wenige Ausnahmen war es in den allermeisten Fällen eben doch Musik. Aus reinem Selbstzweck haben sich verschiedenste Menschen Wochen und Monate lang mit ihren Stücken beschäftigen, um sie anderen vorzuspielen. Einfach nur so.

Wir hatten glücklicherweise auch ein wenig Zeit, uns in einer Pause und danach ein wenig auszutauschen. Praktisch keiner war mit seinem Spiel wirklich zufrieden. Bei einigen konnte ich es nachvollziehen, bei anderen überhaupt nicht. Auch mir wurde gesagt, ich hätte mein Stück gut gespielt. Da ist sicherlich ein Teil des oben schon angesprochenen Wohlwollens drin, aber möglicherweise ist es eben doch auch so, dass man selbst viel mehr die Fehler und Ungenauigkeiten wahrnimmt, während das Publikum Musik hört.

Und mir ist noch mal klarer geworden, dass Fehler nicht das eigentliche Problem sind. Viel wichtiger ist es, das Stück flüssig und musikalisch zu spielen. Es waren (wenige) Vorträge dabei, die zwar sehr wenige Fehler hatten, in denen aber umgekehrt fast nichts "richtig" war. Andersrum gab es einige, die so einige Fehler eingebaut hatten, sich aber zum einen davon überhaupt nicht aus der Bahn haben werfen lassen und ansonsten richtig schöne Musik gespielt haben.

Spannend fand ich auch meinen eigenen Vortrag (Händel, Allegro aus der Suite G-Dur, HWV 441, weit entfernt vom Tempo einer Ragna Schirmer). Ich habe mich mit diesem Stück noch intensiver beschäftigt, als mit allem, was ich vorher geübt habe. Ich habe es trotzdem nicht annähernd so hinbekommen, wie ich es mir gewünscht hätte. Aber ich habe es durchgespielt und ich hatte aufgrund der intensiven Beschäftigung und der Hilfestellungen durch meinen Lehrer tatsächlich auch nie Sorge, komplett raus zu fliegen. Denn ich hatte das Stück verinnerlicht, hätte an fast jeder Stelle einsteigen können und wusste zu jeder Zeit, wo ich mich gerade befinde, was ich da tue und warum ich es tue. So konnte es mich nicht mal aus der Bahn werfen, dass nach ein paar Takten meine Hände und Finger angefangen haben zu zittern, was bis zum Ende nicht mehr wirklich aufgehört hat.

Lange Rede, kurzer Sinn: Bei allen Horrorgeschichten über Vorspiele in diesem Faden kann ich nach meiner eigenen, heutigen Erfahrung jedem nur empfehlen: Probiert es wenigsten mal aus.
 
Interessanter und lesenswerter Beitrag, @DonMias !

(Offtopic: Horrorgeschichten kenne ich vor allem von der Uni bzw. der Ausbildung (die Staatsexamen - alle gut überstanden) und von Geburten (die ich einfach nur genial fand, wenn auch ein wenig anstrengend).
Von Horrorgeschichten sollte man sich grundsätzlich nicht irritieren lassen.)
 
DonMias, das hast du wirklich schön beschrieben. Es kommt eben doch sehr drauf an, wie man etwas sieht. Ich habe solche Vorführungen aus beiden Perspektiven auch erlebt (zuhörend/selbst spielend) und es auch immer so gesehen: Man trifft sich, weil man die Musik liebt, und man bereitet sich vor. Und dann wird es ganz schön, auch wenn es nicht perfekt ist, und keiner wird ausgebuht. Schon die so unterschiedlichen Darbietungen und Menschen zu sehen, ist irgendwie bewegend.
 

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