Zitat von steffin:
Hallo,
ich wollte mal wissen, wie ihr euch einspielt. Bei meinem Lehrer spielt man sich gar nicht ein, man macht keine Fingerübungen, keine Tonleitern üben und sonst auch nichts :? , deswegen interessiert es mich wie ihr Schnelligkeit und Tonleitern übt.
Steffi
:klavier:
Das kann man pauschal nicht beantworten.
Ich persönlich verzichte auf "einspielen" mit Fingerübungen. Ich habe so wenig Zeit zum Üben, dass ich gleich an den Stücken arbeite.
Ich halte es dabei wie beim joggen. Ich laufe am Anfang langsam und entspannt. Wenn ich "warm" bin, schalte ich locker einen Gang höher.
Der Vergleich hinkt, denn Klavierspielen hat nicht so viel mit Sport zu tun, wie oft vermutet wird.
Eine "technische" Übung macht nur Sinn, wenn sie mit einer konkreten musikalischen Aufgabe verbunden wird. Wenn ich an der Technik arbeite, benutze ich in aller Regel Abschnitte aus den Stücken, also richtige Musik. Hier fällt es leichter interessiert und daher konzentriert zu bleiben.
In diesem Sinn unterrichte ich auch meine Schüler.
Manchmal benutze ich dennoch bei Anfängern einfache Übungen wie z.B die ersten paar von Hanon.
Was ist der Vorteil von diesen Übungen? Sie sind leicht zu merken und geben ein schnelles Erfogserlebnis.
Ich forciere allerdigs nie das Tempo, sondern stelle eine konkrete musikalische/dynamische Aufgabe.
Z.B. bei Hanon Nr. 1:
nach oben sanftes aber hörbares Crescendo, abwärts Decresc.
Durch die Schulung des Gehörs und des Gefühls für feine dynamische Abstufugen die Feinmotorik derart entwickelt, dass die Finger wie von selbst "schnell" werden. Und dazu mit größter Entspannung und völlig stressfrei. Das ist nicht nur meine Erfahrung. Man kann dies in der Fachliteratur nachlesen z.B. bei Neuhaus, Leimer/Gieseking u.a.
Wenn der Schüler die ersten Hürden genommen hat und ein paar einfache Stücke z.B aus der russischen Klavierschule flüssig spielen kann, braucht er eigentlich keine reinen "Fingerübungen" mehr. Wohldosiert werden aber Etüden studiert.
Um Tonleitern zu üben, gibt es unendlich viel richtige Literatur.
Etüden aus der russischen Klaviereschule, die einfacheren aus Czernys Schule der Geläufigleit. Die gängigen Sonatinen (Clementi & Co, schöner aber schwerer sind die "Wiener Sonatinen" von Mozart, alle klassischen Sonaten usw., ja sogar Gassenhauer wie "Für Elise" (halte ich übrigens für große Musik, kein "Schülerstück") schulen
auch die "Geläufigkeit"
mit freundlichen Grüßen
Franz Titscher, Klavierlehrer in München