Eine Karmottete: Christus factus est

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Hallo zusammen,

ich poste hier mal wieder eine von meinen Kompositionen: Eine Vertonung des bekannten Texts "Christus factus est". Neben der Suche nach allgemeinen Kritiken habe ich diesmal jedoch ein besonderes Anliegen: Sind die offenen Quintparallelen zwischen Bass und Tenor beim "Propter quod et Deus" erlaubt? Und wenn nicht, sind sie irgendwie vermeidbar? Und wenn wir schon mal dabei sind: Findet Ihr andere nicht regelkonforme Stellen, die ihr ändern würdet? =D

Herzliche Grüße

Euer Lisztomanie

Hier ist die Partitur: Den Anhang Christus factus est - Partitur.pdf betrachten
 
Midi kann ich nicht hochladen, schicke ich aber gerne bei Interesse per E-Mail! Und vielleicht kann derjenige das dann auch hochladen, weil mein Zip leider nur eine (schon längst abgelaufene) Demo-Version ist...=D

Herzliche Grüße

Lisztomanie
 
Neben der Suche nach allgemeinen Kritiken habe ich diesmal jedoch ein besonderes Anliegen: Sind die offenen Quintparallelen zwischen Bass und Tenor beim "Propter quod et Deus" erlaubt? Und wenn nicht, sind sie irgendwie vermeidbar? Und wenn wir schon mal dabei sind: Findet Ihr andere nicht regelkonforme Stellen, die ihr ändern würdet? =D
Nach der eher frühklassisch angelegten Sinfonie liegt hier eine zur vorösterlichen Zeit passende Motette vor, die stilistisch (oder sollte ich stilisztisch sagen?) zum Namensgeber passt. Die Schreibweise ist im spätromantischen Idiom der Liszt'schen Chormusik anzusiedeln - es lohnt sich also, bei etwaigem Unbehagen in chorklanglichen Fragen mal einen Blick auf entsprechende Partituren von Liszt oder Brahms zu werfen und zu erforschen, ob dort ähnliche Stimmführungsprobleme (Parallelen, dissonante Reibungen) auftreten und wie die vom Komponisten vorgesehene Abhilfe aussieht. Und wenn wir schon Verdi-Jahr haben: Die späten Quattro Pezzi Sacri bieten auch plausible Antworten.

Im Vorgriff folgende Überlegung: Vor- und nachklassische Komponisten vermeiden offene Quintparallelen nicht etwa, weil ein Regelwerk sie dazu auffordert, sondern aus klanglichen Gründen. In den frühen Entwicklungsstadien der Musikgeschichte zur "echten" Mehrstimmigkeit hin dominiert das Parallelorganum als Satzmodell (Ars Antiqua, Ars Nova). Eine Unabhängigkeit der Stimmen unter Vermeidung von parallelgeführten perfekten Konsonanzen (Prime, Quinte, Oktave) war kennzeichnend für spätere Zeiten, in denen ein gänzlich anderer Zusammenklang mehrerer Stimmen beabsichtigt war. An der Schwelle zum 20. Jahrhundert sollte sich das wiederum ändern - oft unter Berufung auf historische Stile (Distler, Fortner, Pepping...) oder in Gegenrichtung hin zur "Emanzipation der Dissonanz" (Schönberg).

Das von Dir erwähnte Unbehagen angesichts der Parallelführungen beruht darauf, dass sich alle Stimmen zur gleichen Zeit aufwärts bewegen - bei Chorwerken nach 1900 findest Du das öfter, vorher eher nicht. Es ist also eine Überlegung wert, etwa eine von den vier Stimmen liegen zu lassen oder in Gegenbewegung zu führen. Da Du mit Deinem im ganzen sehr ansprechenden Satz Klangsinn beweist, möchte ich Dir nicht eine subjektive Liste mit Änderungsvorschlägen vorhalten, sondern Dich selbst auf die (keineswegs zahlreichen) Optimierungsmöglichkeiten kommen lassen. Manchmal springst Du schon mal mit der Stimme in dissonante Reibungen hinein oder schreibst einen Tritonusschritt vor - das könnte beim Einstudieren mit einer aufgeschlossenen Kantorei schon mal Intonationsprobleme verursachen. Aber trotzdem bedauere ich, kein hauptamtlicher Kirchenmusiker zu sein, der das Stück mit seinem eigenen Chor einstudieren könnte. Meine Chöre agieren überwiegend in weltlichen Gefilden und treten nur sporadisch in der Kirche auf. Also: Kompliment für das Stück und weiterhin frohes Schaffen

wünscht Rheinkultur
 
Hallo lieber Rheinkultur,

erstmal herzlichen Dank für Deine wieder mal sehr lange, hilfreiche Antwort..=D

Bezüglich der Parallelen hatte ich auch mal an einen Stimmtausch zwischen Alt und Tenor gedacht: Dieser führt jedoch zu Stimmkreuzungen - und ob das besser ist als Parallelen, die "klanglich" ja immer noch da sind...;)

Die teilweise sehr gewagten Intervalle sind meistens zumindest beabsichtigt, um den Worten, wie z.B. "mortem autem CRUCIS", besonderen Nachdruck zu verleihen. Ich werde die Stimmführung jedoch nochmal überprüfen und im "unsingbaren" Fall verbessern...=D

Und da das Werk meiner ehemaligen Orgellehrerin und ortsansäßigen Dekanatskirchenmusikerin gewidmet werden soll, habe ich zumindest ein bisschen Hoffnung, dass es mal aufgeführt wird...=D

Herzliche Grüße, frohe und besinnliche Ostern und herzlichen Dank für die ausführliche Antwort

Dein Lisztomanie
 
Wunderschöne Motette die mir sehr gut gefällt.

Rheinkultur hat eigentlich schon Alles gesagt und geschrieben. Mir persönlich, gibt es nur eine einzige Stelle die mir nicht gefällt, der Übergang zu Takt 31. Die verminderte Quinte auf Takt 20 gefällt mir sehr gut, und ich denke dass die keine Intonationsprobleme auslösen wird, weil doch gut vorbereitet. (Ein kleiner „gratis“ Gedanke: Takt 17 ZZ3 a1 statt b1. Dann gibt es ein Wachsen in der Melodie: zuerst Terz, dann Quarte und schließlich als Höhepunkt die verminderte Quinte. [Aber selbst ohne dieses Wachsen, gefällt mir die Motette sehr gut, also ist es wirklich nicht nötig diese Änderung vorzunehmen.]) Das Piu mosso gefällt mir gut.
Mit welchem Notensatzprogramm arbeitest du? Der Lay out wäre noch zu verfeinern. (T. 38 Ten.: Überprüfe die Anordnung der Sekunden.)

Nach welchen Regeln trennst du die Silben?

Welche Grundlage nimmst du für den Text? Falls Graduale Triplex:
T. 9 Sop.: Komma vergessen / T. 22 ZZ4 Tutti: [et] / T. 29 ZZ3 Tutti: Komma vergessen / T. 31 ZZ2 Tutti: Komma zu viel.

Werden wir in Zukunft noch andere deiner Werke hier lesen dürfen? Die Kirchenchorwelt braucht neues Repertoire und ist den Schaffenden dankbar.

Herzlichen Glückwunsch zum schönen Wurf…
PiRath
 

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