Diverse Fragen zum Komponieren

  • Ersteller des Themas Jazzzzer
  • Erstellungsdatum

J

Jazzzzer

Dabei seit
4. Okt. 2009
Beiträge
90
Reaktionen
0
Hallo mal wieder,

ich lese gerade ein äußerst aufschlussreiches Buch über Harmonielehre und Tonsatz. Leider werden dadurch immer mal wieder neue Fragen bei mir aufgeworfen.

Ich würde diesen Thread gerne dazu benutzen, um die Fragen hier loszuwerden.

Da ich es noch nicht durchgelesen habe, werden wahrscheinlich im Laufe der Zeit noch einige Fragen auftauchen.

Über Antworten freue ich mich herzlich. Nun zu den Fragen:

1.) Es ist die Rede davon, dass Fortbewegungen innerhalb eines Vierstimmigen Satzes nicht in Prim-, Quint-, oder Oktavparallelen verlaufen sollten, da sie dann nicht selbsständig sind.

Dazu:

-Was ist, wenn zwei Stimmen in Quarten verlaufen? Im Prinzip könnte man dann ja auch sagen, dass die Quarten oktavierte Quinten sind. Wovon hängt es also ab?

-Diese Regel gilt wohl für 4-stimmigen Tonsatz. Wie ist es jedoch bei Werken mit mehr als 4 Stimmen? Führung in Parallelen lässt sich dort ganz sicher nicht vermeiden. Evtl. Will der Komponist sogar, dass die Stimmen gekoppelt klingen!? Wann also gilt diese Regel, wann gilt sie nicht?


Viele Grüße
Lukas

PS. Weiter Fragen folgen ;)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
2.)
Bei der Verdopplung von Tönen geht man nach ihrer Wertigkeit im Akkord vor: 1. Grundton, 2. Quinte, 3. Terz. Keineswegs verdoppelt werden darf die Terz, wenn sie Leitton der Tonart ist. Auch Zusatztöne verdoppelt man nicht.

Dazu:

Das gilt wohl sicherlich auch wieder nur für 4-stimmigen Tonsatz!?

Allerdings würde das dann auch bedeuten, das ein Akkord ohne Erweiterungen bei einem Quartett stets besteht aus:
-2x Grundton
-1x Terz
-1x Quinte

Ist das wirklich so gemeint?
Und wenn ja: Gibt es Ausnahmen?

Oder verstehe ich unter "Verdopplung" etwas falsches? Ich würde darunter die Mehrfachbesetzung eines Tones mit mehreren (ansonsten verschieden verlaufenden) Stimmen verstehen...

Viele Grüße
Lukas
 
Hallo Jazzzzer,

diese Regeln sind schon etwas älter und gelten, wenn du einen Kantionalsatz schreiben willst (hatte im Barock seine höchste Form erreicht, Bach ist der Meister). Oder halt auch eher, für Renaissance-Musik (auch 5-stimmig).

Je mehr Stimmen, desto schwieriger ist es, Dopplungen und Parallelbewegungen zu vermeiden. Auch Bach musste ab und zu eine unauffällige Quintparallele einbauen - ein makelloser Satz ist ein theoretisches Ideal.

Manche der Stimmführungsregeln haben sich in musikalischen Klischees bis heute erhalten, sodass auch Nichtmusiker erkennen können, dass eine ein Satz mit z.B. 3 Quintparallelen nacheinander zwischen Sopran und Alt irgendwie nicht Barockmusik sein kann, sondern eher "modern" klingt.

Man kann sich also strikt an die alten Stimmführungsregeln halten, oder eben bewusst nicht (was meiner Meinung nach ja auch schon seit 3 Jahrhunderten gemacht wird), aber diese Regeln zu kennen und sich daran zu orientieren ist schon mal nicht verkehrt :D

Zu den Quartparallen: Diese sind erlaubt, aber eben auch nicht immer die eleganteste Lösung.

Dein Morn
 
Hallo, Lukas!

Mit welchem Buch arbeitest Du zur Zeit?

Hört sich ein bischen so an, als wäre Grabners "Handbuch der funktionellen Harmonielehre"
Deine Arbeitsgrundlage. Wenn dem so ist - davon möchte ich abraten
und Dir lieber Thomas Krämers "Harmonielehre im Selbststudium" empfehlen.

Vorallem aber bitte ich Dich, es mit dem strengen Tonsatz nicht zu übertreiben
und dessen Regeln nicht zu ehrfürchtig zu betrachten (wie das Kaninchen die Schlange),
denn was dabei herauskommt, ist keine Musik - sondern eben: Tonsatz.

Wie Morn schon erläutert hat, gibt es bestimmte Stimmführungsregeln,
die kompositionsgeschichtlich zu einem bestimmten Zeitpunkt sinvoll gewesen sind.
Mit zunehmender Komplexität der Harmonik ändern sich jedoch diese Regeln.
Wie de la Motte einmal gesagt hat: Bei dem bis heute üblichen Tonsatz-Unterricht
ist es ein Unding, daß Stimmführungsregeln aus der Vor-Bach-Zeit
für eine Alterationsharmonik à la Reger beibehalten werden.

Spiel lieber ganz viel Musik, die Du magst, von Bach bis Bacharach,
von Schubert bis zu ausnotierten Jazz-Standards (obwohl Jazz eigentlich improvisiert wird),
und schau Dir dabei die Stimmführung an. Zu verfolgen, wie bestimmte Komponisten
in der Praxis mit den Stimmführungsregeln umgegangen sind, ist viel lehrreicher -
oder wenigstens der belebende Zusatz zum autodidaktischen Tonsatz-Unterricht.

Herzliche Grüße!

Gomez
 
Hallo Morn und Gomez,


ich hab es natürlich direkt mal ausprobiert ein paar Takte nach diesem Muster zu setzen (ein paar Akkorde waren in einer Beispielaufgabe vorgegeben):

Gar nicht leicht und ziemlich zeitaufwändig, wenn man keine Fehler machen will. Ehrlich gesagt: Ich bin nach zwei Stunden dann bei der letzten Stimme im vierten Takt gescheitert :D.
Wohl habe ich dabei festgestellt, dass sich das Ergebnis sehr "choralartig" bzw. homophon anhört.
Werde das aber bei Gelegenheit nochmal mit eigenen Akkorden machen.

Gibt es vielleicht irgendwelche Praktiken, mit denen es leichter wird, im "Kantionalsatz" (wieder ein neues Wort gelernt :smile:) zu komponieren?
Ich hatte ja wie gesagt die Akkorde vorgegeben und bin dann Stimme für Stimme durchgegangen: Erst Bass, dann Tenor, dann Alt und zuletzt Sopran.


Sicherlich werde ich deinem Tipp nachkommen Gomez, und mich mit weiterer Literatur auseinandersetzen (bleibt ja sowieso nicht aus, wenn man Musikunterricht nimmt).

Bei dem Buch handelt es sich übrigens um "Harmonielehre für die Praxis" von Jürgen Ulrich, verlegt durch den Schott Verlag.
Ich hatte schon einige Bücher zur Harmonielehre in der Hand (Bücherei). Allerdings waren die meisten nicht auf meinem Leistungsstand. Die meisten waren zu weit fortgeschritten, einige andere waren mir zu einfach gehalten.

Was kann ich mir übrigens unter "Alterationsharmonik à la Reger" vorstellen?

Und noch eine Frage die beim Setzen aufgekommen ist:
Handelt es sich bei Takt drei in der angehängten Grafik um eine Qintparallele?

Grafik


Viele Grüße
Lukas


Ps. Kann mal bitte jemand diesen schlimmen Rechtschreibfehler aus der Themenüberschrift editieren? Diverse mit ie schreiben ist mir dann doch ein bisschen peinlich...:rolleyes:
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Jazzzzer,

versuch dich mal an der klassischen Kadenz (T-S-D-T) am Klavier in allen Lagen. Dann erweiterst du diese, z.B. T-Tp-S-Sp-D-D7-T. Damit kommst du so durch jede Choralmelodie. Dann musst du immer nur auf das Ende einer Zeile schauen, wo moduliert diese evtl. hin? und dann entsprechend Zwischendominanten einfügen.

Die übermäßige Quinte sprengt übrigens schon den Rahmen des traditionellen Kantionalsatzes. Ich kenne kein Beispiel, wo das vorkommt, und wenn es das doch gibt (es gibt ja alles), dann ist es mit Sicherheit keine Quintparallele, weil c'-gis' wie ne kleine Sexte c'-as' klingt.

Dein Morn
 
Hallo Jazzzzer,

versuch dich mal an der klassischen Kadenz (T-S-D-T) am Klavier in allen Lagen. Dann erweiterst du diese, z.B. T-Tp-S-Sp-D-D7-T. Damit kommst du so durch jede Choralmelodie. Dann musst du immer nur auf das Ende einer Zeile schauen, wo moduliert diese evtl. hin? und dann entsprechend Zwischendominanten einfügen.

Das kommt nächstes Kapitel ;).

Zu der Quinte: Das war nur ein Beispiel. Man könnte da auch eine vermidnerte nehmen.

Es geht mir darum, dass ein Ton beibehalten wird, und der andere alteriert wird.

Viele Grüße
Lukas
 

Zurück
Top Bottom