
kreisleriana
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- 29. März 2009
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Da Youtube ja omnipräsent ist und man fast alles auch runter laden kann,um es dann bequem auf einen CD Rohling,USB Stick oder dergleichen zu brennen (die klassische Musikindustrie beklagt das ja schon seit langem und dümpelt seit geraumer Zeit nur mehr vor sich hin) ,kam mir heute der Gedanke,wer gibt heute eigentlich noch tausende von Euros für eine umfassende Tonträger Sammlung aus?
Und da kamen mir Erinnerungen an meine Studentenzeit,die ich mal so zum Nachdenken in den Raum stelle,in den Sinn:
Damals gab es in dem 250 000 Einwohner-Ort ,in dem ich studierte, drei große Musik-Geschäfte,alle mit hochqualifizierten Verkäufern.Nein,was sage ich, das waren keine "Verkäufer",das waren wahre Musiksachverständige,wandelnde Musik-Lexika!
Es existierte keine Schallplatte (CD war noch nicht erfunden) eines Interpreten,die sie nicht unter tausenden von Platten in den Regalen auf Anhieb fanden oder-falls ausnahmsweise nicht lagernd- die Lieferzeit wußten.Ich konnte stundenlang mit ihnen über Horowitz,Richter, Rubinstein diskutieren,alles war ihnen vertraut.
Ein Geschäft hatte alle Neuerscheinungen,"digital recording" und "direct metal mastering" kam gerade brandneu auf den Markt,und verprachen ungleich besseren Klang der LPs,die waren aber leider einstweilen so weich geworden,dass das Vinyl nach wenigen Runden mit einer suboptimalen Diamant-Nadel hinüber war.Jessye Normans Aufnahme der Brahms Lieder mit Barenboim am Flügel kam frisch im Laden an, und der Klang ,mit dem sie den "Schmied" schmetterte, dann aber butterweich "wie Melodien zieht es" anstimmte,jagte einem Schauer über den Rücken.
Das andere Geschäft hatte sich (wahrscheinlich wegen der Vorliebe des "Verkäufers") auf Horowitz und andere große Pianisten spezialisiert und führte sämtliche seiner Einspielungen,selbstverständlich konnte man alles umsonst anhören,unzählige Stunden verbrachte ich da mit den Kopfhörern am Plattenspieler während eine LP mehr als die andere vom Verkäufer gepriesen wurde,"nein DAS müssen sie sich unbedingt noch anhören,wie er das 1935 gespielt hat,da können sie alle späteren Aufnahmen vergessen,vorher dürfen sie nicht raus gehen," hörte ich nach zwei Stunden oft.... (und er wußte ganz genau,dass ich nichts kaufen würde,da mein Montasbudget bereits verbraucht war).
Das dritte Geschäft war der Sänger und Opern-Spezialist,der hatte absolut alles,was je auf den Bühnen der Welt aufgenommen worden war,ob Tristan-Gesamt-Einspielung mit Lauritz Melchior und Kirsten Flagstad,ein Mitschnitt der Traviata mit der Callas aus Mexiko, als ihr die Koloraturen im "sempre libera" seiner Meinung nach besser als jemals vor oder nachher gelangen inkl.dem für sie oft nur schwer erreichbaren hohen Es(dass der Souffleur lauter zu hören war als so mancher Sänger, war da nebensächlich),die Gesamtaufnahme des Onegin mit Wunderlich und Prey live aus München, die ferne Geliebte mit der elegisch schönen Stimme Heinrich Schlusnus,die "ritterlichste" Winterreise mit Gerhard Hüsch,die Zauberflöte unter Beechham mit Wilhelm Strienz als wundervollster warmer Sarastro Stimme,Bruno Walter am Flügel begleitete Kathleen Ferrier in Frauenliebe und Leben und wenn die beiden dann "von ewiger Liebe" und "die junge Nonne" musizierten,verschwand das Raum-und Zeitgefühl für mich,berührender kann diese Musik nicht mehr erklingen.
Wo ist das alles heute hin?
In Wien gibt's das noch,Gramola am Graben und Caruso in der Operngasse ,aber in den kleineren Orten sind sie alle verschwunden,diese Läden meiner Jugend,die ich so liebte.Ein Musik-Geschäft nach dem andern verschwand in den letzten zwei Jahrzehnten:in dem einen Lokal ist heute ein Reisebüro,im anderen ein Jeans-shop,im dritten eine Drogeriemarkt-Kette.
Was passierte mit den phantastisch belesenen Verkäufern,mit denen ich so viele Stunden über Musik und alte und neue Aufnahmen diskutiert hatte?
Ich weiß es nicht.Vielleicht verkaufen sie jetzt statt Horowitz' Chopin und Liszt Serie der RCA aus den 40er Jahren eben Jeans oder Toilettenpapier.
Wenn man heute CDs kaufen möchte,muss man aus der Stadt raus fahren,zu den riesigen shopping malls,die da aus dem Boden gestampft wurden,da gibt es ja überall einen Media-markt,dort kann man neben den Kühlschränken und Waschmaschinen auch CD samplers kaufen mit "die größten Klassik Hits" oder "die schönsten Klavier-Evergreens,in mir klingt ein Lied u.v.a",das alles für nur 9,99€ ....
Und falls man die junge Angestellte mit der roten Bluse in der Musikabteilung fragt,ob sie vielleicht eine Aufnahme von "Manon" lagernd hätten,man bräuchte schnell was als kleines Geschenk,sieht sie einen mit großen Augen an,frägt aber nicht entrüstet,"welche der beiden Manons meinen sie denn" ,sondern sagt nur völlig verwirrt:
"noch nie gehört,von welcher band soll denn dieser song sein?"-
"oK,lassen wir's, dann eben eine Aufnahme vom Ring"...-
" ja,von Sting,da hätten wir..." -
"Nein,nicht Sting,Ring!" -
"Was??"....
Und da befinde ich mich in Gedanken wieder in meinem geliebten Opern-Laden vor langer,langer Zeit und sehe eine längst vergessene Geschichte wieder vor Augen:
Es war kurz vor Weihnachten.Am Weg von der Uni ging ich meinen gewohnten Weg,der Schnee lag ,gerade wie für Weihnachten bestellt,wie Zuckerguss in den kleinen Gassen der Stadt und wie von einem Magnet gezogen ging ich in das Platten Geschäft,sah die vertrauten Aufnahmen in den Regalen,der Verkäufer winkt mir vertraulich zu,er weiß dass ich kein Geld mehr habe,aber irgend etwas war heute anders im Regal,der Pariser Tannhäuser ist weg,macht nichts,die Konwitschny Aufnahme, die ich zu Hause hab, ist eh besser, aber da ist noch was-- und plötzlich sehe ich einen dicken weißen Schuber,der noch nie da war.
Ich schau genauer hin und mich trifft der Schlag: "Wilhelm Furtwängler dirigiert,Kirsten Flagstad singt die Brünnhilde,Max Lorenz den alten Siegfried,Günter Treptow den Siegmund und Hilde Konetzni die Sieglinde und dann noch mein Lieblingsbariton (was für ein Sachs war der doch!!) Ferdinand Frantz den Wotan...".
"Heute gerade angekommen", ruft der Verkäufer mir zu," fonit cetra hat das neu heraus gebracht,wir kriegen nur dieses eine Stück,wird gleich weg sein".
Das musste ich haben!Ich sah zitternd auf das Preisschild,umgerechnet ca 70 Euro nach heutigem Geld,mir waren in diesem Monat nach Kauf der Geschenke für die Eltern noch genau 20 übrig geblieben 15 kostete der Bus am nächsten Tag für die Heimreise,5 hatte ich fürs Essen aufbewahrt und damals hatte ich nicht mal ein Studentenkonto,das ich hätte überziehen können.
Am Weg zur Wohnung hatte ich nur dieses Bild im Kopf,die vier prächtigen LP Boxen,wunderschön gestaltet mit gemalten Bühnenbildern zu jeder Oper,dazu die Angst,irgend jemand könnte da einfach in den Laden spazieren und dieser gemeine Mensch schnappt mir das weg.Da kam ich-sonderbar,was das Schicksal so für Späße mit uns treibt- in der Wohnung an und finde im Briefkasten einen Breif vom physiologischen Institut,sie suchen unter uns Studenten Probanden für einen Versuch,man muss sich nur Blut abnehmen lassen und bekommt ----umgerechnet 70 Euro !!--- Anmeldetermin nächster Morgen ab acht Uhr.
Alle meine Probleme schienen damit gelöst,um Punkt acht stand ich zusammen mit drei weiteren sich offenbar in Geldnöten befindlichen Kollegen vor der Glastür.Nach dem kleinen Aderlass nahm ich mit zittrigen Händen das kostbare Geld in Form von zwei 500 Schilling Banknoten in Empfang und lief jubilierend Richtung Innenstsadt.
So leicht wollte es mir das Schicksdal aber nicht machen,ein wenig Kampf war noch für mich vorgesehen,und der kam in Form einer harmlosen Wurstsemmel!
Nach der Blutabnahme ohne Früchstück,begann der Magen sich mit mächtigem Hungergefühl zu melden.
Da ich nunmehr ja steinreich war, schlenderte ich frohen Mutes mit dampfendem Atem aus der verschneiten kalten Straße in einen wohlig warmen kleinen Tante-Emma Laden (diese kleinen "Greißler" gab es damals überall in den kleinen Straßen) und bestellte mir eine Wurstsemmel und da ich so gut gelaunt war und übermütig geworden durch meinen plötzlichen Reichtum,orderte ich eine besondere Köstlichkeit,nicht billige Extrawurst,nein kostbare ungarische Salami sollte das Brötchen füllen!
Das kostete dann die ungeheure Summe von ca 1,5 Euros (soviel wie sonst mein ganzes Mittagessen in der Uni mensa),Kleingeld hatte ich keines mehr, also überreichte ich stolz mein "Blutpfand", den ganzen großen Schein mit dem Aufdruck 500 Schilling(ca 35 Euro).
Die Kassiererin nahm ihn,steckte ihn in die Geldlade,gab mir ein paar cent (Groschen hießen sie damals) heraus und sah mich an,"danke wiederschaun".
Langsam spürte ich, wie das Blut aus meinem Gesicht schwand,die Knie wurden sonderbar weich und leichter Schwindel überkam mich.
"Bitte,ich habe Ihnen für die Wurstsemmel doch einen 500 Schilling Schein gegeben!" stammelte ich verzweifelt und starrte auf die bereits fest geschlossene Geldlade.
"Naa Burli, an Zwanz'ger host ma gebn,und des kost die Semm'l"...
"Um Gottes willen!ich hab für dieses Geld gerade Blut gespendet,ich habe nichts mehr für den Bus nach Hause und morgen ist Weihnachten und und ..."
Ich weiß nicht mehr wie,aber irgendwie gelang es mir nach langer Diskussion,doch noch das korrekte Wechselgeld erstattet zu bekommen.
Nach ein paar sehr tiefen Atemzügen,ging ich durch die wirbelnden Schneeflöckchen zu meinem Laden,kaufte die Box mit dem Ring und nahm den Bus nach Hause,und die Weihnachtsferien vergingen zu den Klängen des berühmten "Mailänder Ringes".
Ein kleines Nachspiel gab es noch:im Jänner kam dann doch noch eine zweite Lieferung mit der selben Aufnahme, und die wurde als Weihnachtsabverkauf um 50% ermäßigt angeboten,ich kochte vor Wut,als ich das neue Preisschild sah.
...nie kehrst du wieder goldne Zeit...o ierum,ierum,ierum,o quae mutatio rerum...
Und da kamen mir Erinnerungen an meine Studentenzeit,die ich mal so zum Nachdenken in den Raum stelle,in den Sinn:
Damals gab es in dem 250 000 Einwohner-Ort ,in dem ich studierte, drei große Musik-Geschäfte,alle mit hochqualifizierten Verkäufern.Nein,was sage ich, das waren keine "Verkäufer",das waren wahre Musiksachverständige,wandelnde Musik-Lexika!
Es existierte keine Schallplatte (CD war noch nicht erfunden) eines Interpreten,die sie nicht unter tausenden von Platten in den Regalen auf Anhieb fanden oder-falls ausnahmsweise nicht lagernd- die Lieferzeit wußten.Ich konnte stundenlang mit ihnen über Horowitz,Richter, Rubinstein diskutieren,alles war ihnen vertraut.
Ein Geschäft hatte alle Neuerscheinungen,"digital recording" und "direct metal mastering" kam gerade brandneu auf den Markt,und verprachen ungleich besseren Klang der LPs,die waren aber leider einstweilen so weich geworden,dass das Vinyl nach wenigen Runden mit einer suboptimalen Diamant-Nadel hinüber war.Jessye Normans Aufnahme der Brahms Lieder mit Barenboim am Flügel kam frisch im Laden an, und der Klang ,mit dem sie den "Schmied" schmetterte, dann aber butterweich "wie Melodien zieht es" anstimmte,jagte einem Schauer über den Rücken.
Das andere Geschäft hatte sich (wahrscheinlich wegen der Vorliebe des "Verkäufers") auf Horowitz und andere große Pianisten spezialisiert und führte sämtliche seiner Einspielungen,selbstverständlich konnte man alles umsonst anhören,unzählige Stunden verbrachte ich da mit den Kopfhörern am Plattenspieler während eine LP mehr als die andere vom Verkäufer gepriesen wurde,"nein DAS müssen sie sich unbedingt noch anhören,wie er das 1935 gespielt hat,da können sie alle späteren Aufnahmen vergessen,vorher dürfen sie nicht raus gehen," hörte ich nach zwei Stunden oft.... (und er wußte ganz genau,dass ich nichts kaufen würde,da mein Montasbudget bereits verbraucht war).
Das dritte Geschäft war der Sänger und Opern-Spezialist,der hatte absolut alles,was je auf den Bühnen der Welt aufgenommen worden war,ob Tristan-Gesamt-Einspielung mit Lauritz Melchior und Kirsten Flagstad,ein Mitschnitt der Traviata mit der Callas aus Mexiko, als ihr die Koloraturen im "sempre libera" seiner Meinung nach besser als jemals vor oder nachher gelangen inkl.dem für sie oft nur schwer erreichbaren hohen Es(dass der Souffleur lauter zu hören war als so mancher Sänger, war da nebensächlich),die Gesamtaufnahme des Onegin mit Wunderlich und Prey live aus München, die ferne Geliebte mit der elegisch schönen Stimme Heinrich Schlusnus,die "ritterlichste" Winterreise mit Gerhard Hüsch,die Zauberflöte unter Beechham mit Wilhelm Strienz als wundervollster warmer Sarastro Stimme,Bruno Walter am Flügel begleitete Kathleen Ferrier in Frauenliebe und Leben und wenn die beiden dann "von ewiger Liebe" und "die junge Nonne" musizierten,verschwand das Raum-und Zeitgefühl für mich,berührender kann diese Musik nicht mehr erklingen.
Wo ist das alles heute hin?
In Wien gibt's das noch,Gramola am Graben und Caruso in der Operngasse ,aber in den kleineren Orten sind sie alle verschwunden,diese Läden meiner Jugend,die ich so liebte.Ein Musik-Geschäft nach dem andern verschwand in den letzten zwei Jahrzehnten:in dem einen Lokal ist heute ein Reisebüro,im anderen ein Jeans-shop,im dritten eine Drogeriemarkt-Kette.
Was passierte mit den phantastisch belesenen Verkäufern,mit denen ich so viele Stunden über Musik und alte und neue Aufnahmen diskutiert hatte?
Ich weiß es nicht.Vielleicht verkaufen sie jetzt statt Horowitz' Chopin und Liszt Serie der RCA aus den 40er Jahren eben Jeans oder Toilettenpapier.
Wenn man heute CDs kaufen möchte,muss man aus der Stadt raus fahren,zu den riesigen shopping malls,die da aus dem Boden gestampft wurden,da gibt es ja überall einen Media-markt,dort kann man neben den Kühlschränken und Waschmaschinen auch CD samplers kaufen mit "die größten Klassik Hits" oder "die schönsten Klavier-Evergreens,in mir klingt ein Lied u.v.a",das alles für nur 9,99€ ....
Und falls man die junge Angestellte mit der roten Bluse in der Musikabteilung fragt,ob sie vielleicht eine Aufnahme von "Manon" lagernd hätten,man bräuchte schnell was als kleines Geschenk,sieht sie einen mit großen Augen an,frägt aber nicht entrüstet,"welche der beiden Manons meinen sie denn" ,sondern sagt nur völlig verwirrt:
"noch nie gehört,von welcher band soll denn dieser song sein?"-
"oK,lassen wir's, dann eben eine Aufnahme vom Ring"...-
" ja,von Sting,da hätten wir..." -
"Nein,nicht Sting,Ring!" -
"Was??"....
Und da befinde ich mich in Gedanken wieder in meinem geliebten Opern-Laden vor langer,langer Zeit und sehe eine längst vergessene Geschichte wieder vor Augen:
Es war kurz vor Weihnachten.Am Weg von der Uni ging ich meinen gewohnten Weg,der Schnee lag ,gerade wie für Weihnachten bestellt,wie Zuckerguss in den kleinen Gassen der Stadt und wie von einem Magnet gezogen ging ich in das Platten Geschäft,sah die vertrauten Aufnahmen in den Regalen,der Verkäufer winkt mir vertraulich zu,er weiß dass ich kein Geld mehr habe,aber irgend etwas war heute anders im Regal,der Pariser Tannhäuser ist weg,macht nichts,die Konwitschny Aufnahme, die ich zu Hause hab, ist eh besser, aber da ist noch was-- und plötzlich sehe ich einen dicken weißen Schuber,der noch nie da war.
Ich schau genauer hin und mich trifft der Schlag: "Wilhelm Furtwängler dirigiert,Kirsten Flagstad singt die Brünnhilde,Max Lorenz den alten Siegfried,Günter Treptow den Siegmund und Hilde Konetzni die Sieglinde und dann noch mein Lieblingsbariton (was für ein Sachs war der doch!!) Ferdinand Frantz den Wotan...".
"Heute gerade angekommen", ruft der Verkäufer mir zu," fonit cetra hat das neu heraus gebracht,wir kriegen nur dieses eine Stück,wird gleich weg sein".
Das musste ich haben!Ich sah zitternd auf das Preisschild,umgerechnet ca 70 Euro nach heutigem Geld,mir waren in diesem Monat nach Kauf der Geschenke für die Eltern noch genau 20 übrig geblieben 15 kostete der Bus am nächsten Tag für die Heimreise,5 hatte ich fürs Essen aufbewahrt und damals hatte ich nicht mal ein Studentenkonto,das ich hätte überziehen können.
Am Weg zur Wohnung hatte ich nur dieses Bild im Kopf,die vier prächtigen LP Boxen,wunderschön gestaltet mit gemalten Bühnenbildern zu jeder Oper,dazu die Angst,irgend jemand könnte da einfach in den Laden spazieren und dieser gemeine Mensch schnappt mir das weg.Da kam ich-sonderbar,was das Schicksal so für Späße mit uns treibt- in der Wohnung an und finde im Briefkasten einen Breif vom physiologischen Institut,sie suchen unter uns Studenten Probanden für einen Versuch,man muss sich nur Blut abnehmen lassen und bekommt ----umgerechnet 70 Euro !!--- Anmeldetermin nächster Morgen ab acht Uhr.
Alle meine Probleme schienen damit gelöst,um Punkt acht stand ich zusammen mit drei weiteren sich offenbar in Geldnöten befindlichen Kollegen vor der Glastür.Nach dem kleinen Aderlass nahm ich mit zittrigen Händen das kostbare Geld in Form von zwei 500 Schilling Banknoten in Empfang und lief jubilierend Richtung Innenstsadt.
So leicht wollte es mir das Schicksdal aber nicht machen,ein wenig Kampf war noch für mich vorgesehen,und der kam in Form einer harmlosen Wurstsemmel!
Nach der Blutabnahme ohne Früchstück,begann der Magen sich mit mächtigem Hungergefühl zu melden.
Da ich nunmehr ja steinreich war, schlenderte ich frohen Mutes mit dampfendem Atem aus der verschneiten kalten Straße in einen wohlig warmen kleinen Tante-Emma Laden (diese kleinen "Greißler" gab es damals überall in den kleinen Straßen) und bestellte mir eine Wurstsemmel und da ich so gut gelaunt war und übermütig geworden durch meinen plötzlichen Reichtum,orderte ich eine besondere Köstlichkeit,nicht billige Extrawurst,nein kostbare ungarische Salami sollte das Brötchen füllen!
Das kostete dann die ungeheure Summe von ca 1,5 Euros (soviel wie sonst mein ganzes Mittagessen in der Uni mensa),Kleingeld hatte ich keines mehr, also überreichte ich stolz mein "Blutpfand", den ganzen großen Schein mit dem Aufdruck 500 Schilling(ca 35 Euro).
Die Kassiererin nahm ihn,steckte ihn in die Geldlade,gab mir ein paar cent (Groschen hießen sie damals) heraus und sah mich an,"danke wiederschaun".
Langsam spürte ich, wie das Blut aus meinem Gesicht schwand,die Knie wurden sonderbar weich und leichter Schwindel überkam mich.
"Bitte,ich habe Ihnen für die Wurstsemmel doch einen 500 Schilling Schein gegeben!" stammelte ich verzweifelt und starrte auf die bereits fest geschlossene Geldlade.
"Naa Burli, an Zwanz'ger host ma gebn,und des kost die Semm'l"...
"Um Gottes willen!ich hab für dieses Geld gerade Blut gespendet,ich habe nichts mehr für den Bus nach Hause und morgen ist Weihnachten und und ..."
Ich weiß nicht mehr wie,aber irgendwie gelang es mir nach langer Diskussion,doch noch das korrekte Wechselgeld erstattet zu bekommen.
Nach ein paar sehr tiefen Atemzügen,ging ich durch die wirbelnden Schneeflöckchen zu meinem Laden,kaufte die Box mit dem Ring und nahm den Bus nach Hause,und die Weihnachtsferien vergingen zu den Klängen des berühmten "Mailänder Ringes".
Ein kleines Nachspiel gab es noch:im Jänner kam dann doch noch eine zweite Lieferung mit der selben Aufnahme, und die wurde als Weihnachtsabverkauf um 50% ermäßigt angeboten,ich kochte vor Wut,als ich das neue Preisschild sah.
...nie kehrst du wieder goldne Zeit...o ierum,ierum,ierum,o quae mutatio rerum...