Der "Lohn" intensiver Arbeit mit Partituren

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Dreiklang

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14. Nov. 2010
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Hallo liebe clavio-Leser und Schreiber,

in einem anderen Faden kam ein interessantes Thema auf, angestoßen von Gomez de Riquet.

Ich zitiere einmal:

(...) Musik ist - wie die Arbeiten in den Geschwisterkünsten - die Frucht geistiger Arbeit, etwas Durchdachtes, und man wird reich beschenkt, sich darauf einzulassen, es aufzunehmen und weiterzudenken.
Das ist viel mehr, als sich von 'Tönen verwöhnen' zu lassen. (...)

Nun, bereits wenn ich Musik über die Ohren wahrnehme, sie mir also anhöre, erkenne und sehe ich in Musik bereits viele Dinge, oder zumindest, meine ich, solche zu sehen:

(...) Musik kann viel in Menschen bewirken. Sie kann Trost spenden, sie kann einen zum ekstatischen Tanzen bringen, oder die ruhigen Momente vor dem Einschlafen gestalten. Sie kann zum Weinen, und manchmal auch zum Lachen bringen. Sie kann einen zum Grübeln bringen (zum Beispiel: "Was wollte der Komponist mit seiner Musik vielleicht ausdrücken...?" -- "Warum berührt mich diese Musik jetzt so sehr?").
Sie kann einem vielleicht sogar dabei helfen, Frust oder Aggressionen abzubauen.

In der Musik steckt vieles. Vielleicht das ganze Mensch-Sein? Die ewigen Fragen, die ewiggleichen, letzten Endes wohl immer unerfüllt bleibenden Sehnsüchte? Nicht selten, sicher auch das. (...)

Darüber hinaus erkenne ich bereits durch das Hören große, weitgespannte, und auch kleinere, musikalische Strukturen, und ähnliches.

Wenn Gomez de Riquet schreibt, "man wird reich beschenkt, sich darauf einzulassen, es aufzunehmen und weiterzudenken", so interessiert mich dabei, welcher Art diese "Geschenke" sind, um die man bereichert wird, und wie man es praktiziert, dieses "sich-darauf-Einlassen, und Weiterzudenken".

Oder, wie es jeder einzelne praktiziert.

In diesem Faden möchte ich nicht großartig steuernd eingreifen, oder Diskussionsführer sein. Ich möchte eher hören, was andere zu dem Thema sagen, lesen, was andere dazu schreiben, und auch das eine oder andere dabei lernen, wenn es sich ergibt.

Welche Aspekte seht ihr also, als "Lohn intensiver Arbeit mit Partituren"...? Was gibt es dazu, oder auch darüber, zu sagen...?

Eine angenehme Diskussion wünscht
Dreiklang, bzw. Chris
 
Erste Antworten...

gab Gomez de Riquet wohl schon mit diesem Post, ich zitiere:

(...) Die Partitur ist ein ausformulierter Notentext, wobei die Betonung auf 'formuliert' liegt – Musik ist ein erzählender Text, mit Themen, Motiven oder Leitklängen, die Du Dir am besten als Personen vorstellst: Die handelnden Personen in einer Novelle sind ja auch nicht statisch (dann wären sie keiner Erzählung wert), sondern verändern sich, reagieren aufeinander und sind am Ende, sofern sie noch leben, verwandelt.

Mit den Tonfiguren und Leitharmonien ist das nicht anders. Und das Schöne ist: Du kannst ihren Werdegang mit den Augen verfolgen – in der Partitur. Oder – wie schon in früheren Beiträgen gesagt, da es wirklich nicht jedermanns Sache ist, einen Notentext wie einen Krimi zu lesen – Du kannst den Werdegang der Themen, Motive und Harmonien beim Hören gedanklich mitvollziehen, und das ist unendlich mehr, als sich von Tönen verwöhnen zu lassen. Es ist wie das Denken in einer fremden Sprache – eine Bewußtseinserweiterung.
 
Ich bin mir alles andere als sicher, ob meine Kompetenz dazu ausreicht, einen intellektuell befriedigenden Beitrag zu diesem Thema zu liefern.

Daher, cum grano salis, "ich sehe es mal so":

Der rein rezeptive Hörgenuss zielt erst mal ganz direkt ins limbische System und fast nur dort hin. Er weckt also Emotion. Man findet ein gehörtes Stück zum Beispiel "genial" oder "banal" oder die ganze Bandbreite dazwischen, ohne zunächst aber verbalisieren zu können, wodurch der Eindruck erweckt wird.

Das Lesen einer Partitur ist ein Akt der Abstraktion - wirre Punkte und Striche auf Linien haben eine bestimmte Lautbedeutung - so wie Zeichen [Buchstaben] es auch haben. Die reine Lautbedeutung hat auch noch eine Sinnbedeutung (auf die kommt es an).

Während beim Hörgenuss das Gesamtwerk mit seiner Gesamtaussage an einem vorbeirauscht und mehr Emotion als konkrete Analyse weckt, geht das Partiturlesen mangels Hörerlebnis geradezu zwanghaft mit Vorstellen - einem Akt des Bewusstseins - einher und Analyse dessen, was in dem Stück eigentlich passiert. Letzteres ist dem unmittelbaren Eindruck ("Find ich toll" oder "Spricht mich nicht an") insofern überlegen, als man sich in das Stück nicht NUR hineinfühlt, sondern auch hinein denkt. Letzteres hat m. E. auch Auswirkungen auf den reinen "Hörgenuss":

1. Man kann relativ genau sagen, WARUM einem ein Stück "gefällt" und WAS GENAU das bewirkt.
2. dito: warum einem etwas schon immer nicht so gut "gefallen" hat.
3. Mitunter passiert es zumindestens mir persönlich, dass ich den wahren Wert einer Komposition erst verstehe, nachdem ich die Partitur analysiert habe. Was beim Hören vielleicht irgendwie schrill klingt, ist nach der Partituranalyse in Wahrheit eine komplex verschränkte und höchst durchdachte und damit plötzlich irgendwie genialische Abfolge von wohldurchdachten Disharmonien, die bei einer anderen Interpretation des Stücks vielleicht in ihrer Komplexität einfach nur ehrlicher herausgearbeitet werden müsste.

Ich hoffe, dass diese Sicht auf die Dinge nicht zu laienhaft rüberkommt. In diesem Fall: Erbarmen, ich bin Anfänger. ;)
 
Der entscheidende Vorteil einer Partitur gegenüber dem Hören ist meiner Meinung nach der, dass man zum intensiven Lesen einer Partitur "unendlich" viel Zeit hat. Man kann sich einen halben Takt minutenlang anschauen und durchdenken und sich voll auf diesen halben Takt konzentrieren. Beim Hören der Musik geht dies nicht, weil die Musik nun einmal in einem vorgegebenen Tempo an einem "vorbeirauscht".

Das reine Lesen einer Partitur kann für mich niemals das Hören eines Stücks ersetzen. Nicht zuletzt wurde das Stück ja auch primär zum Hören/Spielen geschrieben und nicht zum Lesen. Aber beim reinen Hören ohne früher oder später einmal genauer in die Partitur geschaut zu haben, gehen viele Details an mir vorbei, bzw. werden nur unbewusst wahrgenommen. Von demher ist eine Partitur für mich musikalisch gesehen auf jeden Fall eine Bereicherung - was nicht heißt, dass es nicht auch genau so wichtig wäre, die Musik oft ohne aufgeschlagene Partitur nur zu hören. Sonst kann es zumindest mir persönlich passieren, dass ich intensiv in Details versinke, aber den musikalischen Gesamtbogen im Kopf verliere.
 
Der rein rezeptive Hörgenuss zielt erst mal ganz direkt ins limbische System und fast nur dort hin. Er weckt also Emotion. Man findet ein gehörtes Stück zum Beispiel "genial" oder "banal"

Nicht immer, und nicht bei jedem. Man kann auch Musik hören, und dabei eine Vielzahl rationaler und analytischer Prozesse mitlaufen lassen. Man kann zum Beispiel auf Technik oder Musikalität achten, oder wie angenehm die Saalakustik ist, wie gut ggf. die Aufnahmequalität, und so fort. Das geht mehr oder weniger alles auf einmal, mit entsprechender Übung.

Man kann relativ genau sagen, WARUM einem ein Stück "gefällt" und WAS GENAU das bewirkt.

Das funktioniert beim bloßen Hören auch schon. Vor allem läßt sich auch verbalisieren, was einem nicht gefällt. Das sind dann Mängel irgendwelcher Art. Oder auch nur die banale Tatsache, daß einem die Komposition nicht besonders zusagt.

Wobei man bei dem letzten Punkt strenggenommen sehr aufpassen muß. Eine Interpretation ist nicht gleichzusetzen mit der Partitur selbst. Man kann eine Partitur durchaus so spielen, daß andere meinen könnten: also diese Komposition gefällt mir nicht, und wird mir nie gefallen.

Das ist einer der Vorteile, wenn man die Partitur kennt. Oder wenn man vielleicht einmal selbst versucht, die Partitur in Musik umzusetzen.

Während beim Hörgenuss das Gesamtwerk mit seiner Gesamtaussage an einem vorbeirauscht

Das muß absolut nicht zwingend so sein.

Aber klare Vorteile der Arbeit mit der Partitur sind:

- ich kann von mir behaupten, die Komposition genauer, und viel besser, zu kennen
- ich kann die Strukturen, das musikalische Handwerk einer Komposition, besser verstehen, nachvollziehen und beurteilen.
- ich sehe und erkenne Dinge und Zusammenhänge in der Komposition, die mir beim bloßen Hören vielleicht verborgen bleiben könnten
- ich erweitere mein Wissen über Kompositionstechnik

Dennoch gibt es einen Aspekt beim bloßen Hören von Musik, der erstaunlich ist: die unterbewußte Analyse...

Ein Komponist packt Ideen, Entwicklungen, usw. in seine Komposition. Auch wenn man diese u.U. nicht beim Hören voll rational durchblickt - unterbewußt kann man sie wahrnehmen. Die Komposition wirkt - schlüssig, spannend, unterhaltend, fesselnd, abwechslungsreich. Man will nicht abbrechen, man will zu jedem Augenblick wissen, wie es weitergeht, was als nächstes kommt, bis zum meist alles auflösenden Ende.

Das ist eine Frucht der durchdachten geistigen Arbeit, und des musikalischen Genius, des Komponisten. Und ein Interpret sollte es verstehen, all das geeignet ausdrücken zu können - damit es der Hörer wiederum ungetrübt erleben kann.

Das heißt, auch wenn ich ein Musikwerk nicht vollkommen rational durchschaut habe, so kann ich es trotzdem vollauf "genießen" und auskosten, und mich von ihm willig und gerne tragen lassen. Mich darin "hineinfallen" lassen. Zumindest, wenn Komposition bzw. Interpret keine zu dollen "Kapriolen" schlagen.

Trotzdem: genießt man strenggenommen nicht die Komposition - sondern "nur" eine konkrete Interpretation davon.

Und eine Komposition anhand der Partitur gedanklich zu zerlegen, sich ihre Elemente anzusehen, ihren gedanklich-künstlerischen Aufbau nachzuvollziehen: kann ebenfalls eine genußvolle Arbeit sein.

---

@DonBos: volle Zustimmung.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Dreiklang, Meister der Worthülse, ich weiß zwar nicht, was du uns sagen willst,
aber eine Frage brennt mir unter den schmutzigen Fingernägeln:

Hast du beim Schreiben das METRONOM mitlaufen?
 
Mein lieber Ulli,

ich sehe mir Deine störenden und substanzlosen Zwischenrufe ja nun schon eine ganze Zeit lang an. Meinst Du nicht, daß der überwiegende Teil der interessierten Forenleser auf diese getrost lieber verzichten würde...? ;)

Viele Grüße ;)
3K ;)
 
Mein lieber Ulli,

ich sehe mir Deine störenden und substanzlosen Zwischenrufe ja nun schon eine ganze Zeit lang an. Meinst Du nicht, daß der überwiegende Teil der interessierten Forenleser auf diese getrost lieber verzichten würde...? ;)

Viele Grüße ;)
3K ;)

Wie ist das mit dem Glashaus und den Steinen, lieber Dreiklang?

gubu,
der auch gern mal substanzlos dazwischenruft...;)
 
...das ist mehr als erstaunlich - wie manifestiert sich denn diese spektakuläre Analysesorte? wird sie auf der klassischen Couch gesprächstherapeutisch seziert?

Eine bessere "Bezeichnung" dafür ist mir bislang nicht eingefallen...;)

---

Edit für die Leser: es folgen nun keine weiteren Sachbeiträge mehr, nur seitenweise Spam.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Sehr geehrter Herr Dscholli,

Was solln die Vertraulichkeiten? Auf meiner letzten Analytikersitzung wurde mir empfohlen, dergleichen nicht mehr zu dulden!

Ja, wie kommts nur, dass mir das Metronom beim Lesen quasi vorm innern Aug herumschwebte? Gibts Parallelen, heimliche Verbindungen? Ist das Resultat in Schrift und Musik gleichermaßen mehr künstlich denn künstlerisch? Angehäufte Noten führen halt auch nicht immer zu Musik...

SIe wissen schon, mein lieber Dscholli!

Gruß aus der Anstalt

Klavirus
 
Sehr geehrter Herr Dscholli,

Was solln die Vertraulichkeiten? Auf meiner letzten Analytikersitzung wurde mir empfohlen, dergleichen nicht mehr zu dulden!

Ja, wie kommts nur, dass mir das Metronom beim Lesen quasi vorm innern Aug herumschwebte? Gibts Parallelen, heimliche Verbindungen? Ist das Resultat in Schrift und Musik gleichermaßen mehr künstlich denn künstlerisch? Angehäufte Noten führen halt auch nicht immer zu Musik...

SIe wissen schon, mein lieber Dscholli!

Gruß aus der Anstalt

Klavirus


Es gilt als außerordentlich unhöflich, Fragen mit Gegenfragen
zu befragen - hat man Ihnen das auf Ihrer letzen Analytikersitzung
vorenthalten? Ich rate dringend zum Analytikerwechsel!

Ihr lieber Dscholli
 
Es gilt als außerordentlich unhöflich, Fragen mit Gegenfragen
zu befragen - hat man Ihnen das auf Ihrer letzen Analytikersitzung
vorenthalten? Ich rate dringend zum Analytikerwechsel!

Ihr lieber Dscholli

Hochverehrter lieber Dscholli,

In echt jetze? Der Analytiker ist dann wohl Kacke, is ja eigentlich Jodelschullehrer. Dann kannich wohl wieder Dscholli zu Dir sachn?
Isch könnt aber mal bei Wiki reinguggen, da steht auch immer alles drinne.


Gruß aus Absurdistan

Dein lieber Klavirus
 
Es gilt als außerordentlich unhöflich, Fragen mit Gegenfragen
zu befragen - hat man Ihnen das auf Ihrer letzen Analytikersitzung
vorenthalten? Ich rate dringend zum Analytikerwechsel!

Ihr lieber Dscholli
Dazu der gespielte Witzzzz des Tages - fiel Fergnügen (ff)!

Dem Leiter der Prüfungskommission reißt bei einer mündlichen Prüfung nun endgültig der Geduldsfaden: "Herr Müller, es reicht mir jetzt so langsam! Wie kommen Sie eigentlich dazu, auf jede Prüfungsfrage immer mit einer Gegenfrage zu antworten?" - "Tue ich das etwa?"...

LG von Rheinkultur
 
Liebster Schnulli,

Da binsch aber itze froh, dass mir und wieder verstehn, ne?

ps.: is nu voll OT, abber wie issen das: Gehörte Absurdistan ehemals zur UdSSR?

Nich so direkt, eigentlich entwuchs einer ehemals hamudistanischen Kolonie (weißt schon, das liegt zwischen Iran und Persien). Später von Mafiabossen aufgekauft, die Einwohner sind seitdem Sklaven.

Touristische Grüße
von der Grenze

Onkel Georg
 
NIx Bush, dichtest mir ein e ran: Onkel Georg, kannste nich lesen Pfeife?

(Nachzulesen bei Bernhards Auslöschung)

Gruß aus dem Nichts

Tante Frieda
 

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