ich weiß, die Aufnahme taugt nichts. scheiß Qualität, zu nah am Klavier, blödes Rauschen, paar mal verhaspelt (das schieb ich auf die Kamera) usw usw.
Wer auf Einspielungen in kompromisslos guter Klangqualität besteht, geht vermutlich in ein professionelles Studio und konzentriert sich dort allein auf exzellentes Spielen. Halb so schlimm: Die Tonqualität verstellt trotz ihrer Limitierungen nicht den Blick auf das, was sich am Spiel noch optimieren lässt - und das ist ja die eigentliche Frage. Die klanglichen Charakteristika der meisten historischen Aufnahmen sind vielfach keineswegs wohlgefällig - aber würde daraufhin jemand Aufnahmen von Rubinstein, Horowitz & Co. nur deshalb ablehnen, weil da Rauschen und Verzerrungen wahrzunehmen sind? Viele stört es eher, wenn die erwartete Patina zwanghaft abgetragen wird.
kann mir jemand einen Tipp geben, wie ich die Oberstimme im zweiten Thema ( bei ungefähr 0:28 ) besser rausbringen kann?
Überlegung: Wie ist diese Oberstimme denn aufgebaut? Es gibt nicht nur zwei Ebenen mit Haupt- und Nebenstimme, sondern drei: Die markierten Töne, deren Oktavierung und die die Akkordgestalt definierenden beiden Fülltöne. Diese Elemente sind auf jeder Zählzeit präsent, aber nicht zeitgleich, sondern in schneller Abfolge hintereinander. Kannst Du diese Viertongruppen als Akkord so simultan spielen, dass man diese unterschiedliche Wertigkeit hören kann?
Gibt es da vielleicht irgend eine geeignete Übung für diese Stelle (langsam spielen bringt da irgendwie überhaupt nichts).
Eine bestimmte Übung nicht, eher ein Verständnis im oben beschriebenen Kontext. Dabei mal das Tempo reduzieren kann sinnvoll sein. Mit den Akkordbrechungen der linken Hand lassen sich die drei Ebenen abwechselnd koppeln: Die markierten Töne - deren Ober- bzw. Unteroktavierung - die harmonischen Fülltöne; dabei beobachten, was mit der Gewichtung dieser Töne innerhalb der Hand inklusive Handgelenk dann passiert.
Denn das passt zum Gesamteindruck von Deiner Interpretation: Pianistisch dem Stück absolut gewachsen, aber einiges fällt ein wenig unter den Tisch, was eine differenzierte Betrachtung verdient hätte. Sicherlich empfiehlt sich auch ein Blick auf den Pedalgebrauch - das Stück ist fast durchgängig zweistimmig angelegt, dabei aber mehrschichtig, so dass allem virtuosem Empfinden entgegen dennoch Transparenz und Durchhörbarkeit herrschen sollte. Diese Aufgabe ist nicht ohne, aber Du kannst sie mit Deinen pianistischen Mitteln meistern.
Alles Gute und frohes Schaffen wünscht
mit LG Rheinkultur