Buch: Mastering the Scales and Arpeggios

  • Ersteller des Themas Wiedereinsteiger123
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Könnt ihr bitte noch was schreiben zur Progression in den Übungen von Busoni, Cortot und Brahms, an welches Niveau sie sich jeweils richten und in welcher Reihenfolge ihr damit arbeiten würdet?
Busoni & Brahms
setzen beide schon recht "hoch" an, vereinfacht gesagt sollte man da manuell schon ziemlich fortgeschritten sein - aber verständig ausgewählte Brahmsübungen und ein paar der Skalenübungen von Busoni sind in vielerlei Hinsicht auch für weniger fortgeschrittene Spieler sehr nützlich (man wird da in Bewegungsabläufe eingeführt, die man sich anhand von Anfängerliteratur nicht vorstellen kann, die aber harmonische Zusammenhänge explizit auf der Klaviatur klar machen und die Orientierung auf den Tasten (das sich zuhause fühlen im Terrain von Tasten-Tonarten, Akkordfortschreitungen, Doppelgriffen, Arpeggien) immens verbessern.) Allerdings kann man beide Sammlungen nicht als eine progressiv fortschreitende "Klavierschule" verstehen, sondern vielmehr als Kompendien bezüglich spezieller manueller Anforderungen. Und darin liegt ihr großer Wert - auch für wenig fortgeschrittene Spieler, die hier z.B. praktisch-sinnvolle Bewegungsmuster bei Skalen, Chromatik, Doppelgriffen erkennen lernen können.
eine der Skalenübungen von Busoni basiert auf Liszts Studien: man soll jede Tonleiter mit stur demselben fünf-Fingersatz auf beide Hände abwechselnd verteilt spielen (!!!) und das durchaus schnell - z.B. A-Dur: linke Hand a-h-cis-d-e rechte Hand fis-gis-a-h-cis linke Hand d-e-fis-gis-a --- @Wiedereinsteiger123 anhand dieses Beispiels könntest du dir selber Gedanken darüber machen, ob und was diese Übung zur Harmonik und zum tonleiternerkennen beiträgt
(diese Übung kann man übrigens auch prima mit der r.H. allein 12345-12345-12345 und mit der l.H. allein 54321-54321-54321 spielen!)

Cortot
kann ebenfalls nicht als progressiv fortschreitende "Klavierschule" aufgefasst werden - aber hier findet man viele alternative Fingersätze*) und man findet ein paar exzellente Koordinationsübungen

=> für noch nicht fortgeschrittene Spieler sollte eine Auswahl an passenden Übungsmustern von einer versierten Lehrkraft, ggf. auch etwas erleichtert im Vergleich zum Original, vorgeschlagen werden

...die technischen Studien von Liszt
Doppelgriffe, Skalen**), Akkorde, Tremoli, Oktaven hat es dort zuhauf, und man lernt den Bewegungsmotor dieser Techniken, wenn man die entsprechenden Studien begriffen hat - leider wird da kaum was von Liszt erklärt... ohne Anleitung im Unterricht wird man mit diesem monströsen Kompendium wenig Freude haben --- trotzdem halte ich sie bzgl. der genannten Spielfiguren für exzellente Trainingseinheiten

Cortot, Brahms, Liszt, Busoni sind - ich sage es noch mal ganz deutlich - alles andere als Anfängerübungen - - aber trotzdem enthalten sie, vernünftig ausgewählt, auch für Anfänger enorm hilfreiche Übungs- und Bewegungsmuster. Übrigens finden sich dort auch Übungen zum leidigen Problem, wie man unterschiedliche gleichzeitige Anschläge ausführen kann (man kennt ja die Anfängerklage, wie man dann rechts laut und links leise hinkriegen soll)

Wer guten Unterricht und keine "klavierideologischen" Vorurteile (a la ich lern´ das alles lieber und besser an schönen Stücken) hat, dem nützt die Beschäftigung mit variantenreichen (!!) Bewegungsmustern immens: die Übungszeit an Repertoirestücken verkürzt sich enorm, je mehr Bewegungsmuster "man schon drauf hat" - und parallel zum üben schwieriger Stellen macht man sich die eigene Aufgabe leichter, wenn man das entsprechende manuelle Problem an diesen Übungen löst und die so gefundene variantenreichere Fähigkeit dann auf die schwierige Stelle anwendet.
(natürlich gibt es auch manuelle Spezialprobleme, die dort nicht vorhanden sind - aber das ist dann Zeugs, was ohnedies nur in den Ultrabrechern a la Petrouchka, Tannhäuser oder "Elefantenkonzert" vorkommt)

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*) z.B. für Terzen- und Sextenskalen jeweils mehrere unterschiedliche Fingersätze
**) verblüffenderweise finden sich bei den systematisch aufgereihten Skalen sowohl weniger praktikable Regelfingersätze als auch bessere "modernere" (siehe Busoni) - das liegt vermutlich daran, dass Liszt selber noch mit älteren Bewegungsmustern bei Czerny gelernt hatte und erst etwas später seine eigene neue Spieltechnik entwickelte
 
Besten Dank, rolf! Dann werde ich darüber bei Gelegenheit mal mit meinem Lehrer sprechen.
 
Wer guten Unterricht und keine "klavierideologischen" Vorurteile (a la ich lern´ das alles lieber und besser an schönen Stücken) hat...
Seitenhieb verstanden, trotzdem muss man ihn der Richtigkeit halber strengstens zurückweisen. Mein Lehrer hat den ganzen Tonleiterkrempel in seiner Jugend durchgeackert, war mit 26 Professor, hat Jahrzehntelang Pianisten ausgebildet und macht den ganzen Kram im Unterricht nicht. Als Praktiker, der die komplette Literatur beherrscht ist er sicherlich weit von "klavierideologischen Vorurteilen" entfernt.

Soll jeder machen, wie er meint. Ich persönlich bin aber heilfroh, daß ich einen Lehrer mit Verstand erwischt habe und das üben kann, was angesagt ist, statt stumpfen Drills. Diese positive Erfahrung schien es mir wert, hier weitergegeben zu werden. Ich kenne nämlich auch die andere Seite.
 
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Dass man Tonleiterübungen automatisch mit "Drill" gleichsetzt, ist schade und wird der Sache m.E. nicht gerecht. Man kann da richtig viel Spaß dabei haben und es auch mit Spaß vermitteln. Unterricht ist nicht nur schwarz-weiß "gut" oder "schlecht".
 
Soll jeder machen, wie er meint. Ich persönlich bin aber heilfroh, daß ich einen Lehrer mit Verstand erwischt habe und das üben kann, was angesagt ist, statt stumpfen Drills. Diese positive Erfahrung schien es mir wert, hier weiterzugeben. Ich kenne nämlich auch die andere Seite.

Haben Deiner Meinung nach Klavierlehrer nur dann Verstand, wenn sie auf jegliche Art von theoretischen und praktischen Übungen verzichten und statt dessen den Schüler das lernen lassen, was diesem am besten gefällt. Also, wenn der Schüler - besonders der Anfänger-Schüler - praktisch den Unterricht gestaltet und nicht der Lehrer?

Nachdenkliche Grüße

Terri
 
Haben Deiner Meinung nach Klavierlehrer nur dann Verstand, wenn sie auf jegliche Art von theoretischen und praktischen Übungen verzichten
Ich habe sowas nie behauptet und bin auch nicht drauf, mich jetzt zu streiten. Wie gesagt: mache jeder, wie er will. Wir machen jede Menge praktische Übungen, die wir aus den Stücken entwickeln und in Theorie bin ich den meisten Pianisten wohl deutlich überlegen (hab ich übrigens auch von meinem verehrten Lehrer gelernt).

Ja, nachdenken tut vor dem Schreiben gut.
 
Ich freue mich über eine Diskussion dieser Frage, aber würde mir - wenn ich darf - wünschen, dass diese sachlich bleibt und nicht wie in so vielen anderen Themen ins Aggressive abdriftet.
 
Mein Lehrer hat den ganzen Tonleiterkrempel in seiner Jugend durchgeackert, war mit 26 Professor ...

und in Theorie bin ich den meisten Pianisten wohl deutlich überlegen

Aha. Du hast den totalen Durchblick, was die Notwendigkeit (oder Nicht-Notwendigkeit) des Skalenübens angeht, Dein Lehrer ist die Koryphäe schlechthin und in Theorie macht Dir ohnehin niemand was vor. Aber in Deinem ersten Beitrag vor ein paar Tagen fragst Du:

ich habe mich hier angemeldet um mal eine wichtige Frage zu stellen. Es geht nämlich um die Elise des Herrn Beethoven ... Wie soll man es mit dem Tempo halten, wenn es nach F-Dur geht (bzw. ist das ja eine endlose Subdominante in c-dur)? Ich meine, daß das völlig übertrieben schnell klingt, besonders, wenn noch die 32tel nachher dazukommen.

Wie passt das zusammen?

Nix für ungut!
 
Ich bin ich ein wenig verwundert: Einzelne Noten ohne Stück auf die Tasten bringen ("Ja, das ist ein C") - das lernt man von Anfang an ohne zu murren.
Aber Notengruppen (in Form von (gebrochenen) Akkorden, Skalen) werden dann hinterfragt und als Drill abgestuft. Wo ist da der Sinn?
 
Mir liegen auch Stücke mit schnellen Läufen.:super:

Mir leider nicht:cry2:. Es rächt sich später, wenn man diese Technik-Übungen in der Grundlagen-Ausbildung nie gemacht hat. Das muss ich z.B. immer wieder feststellen, wenn ich mich beispielsweise an Transkriptionen mit beidhändigen schnellen Läufen über mehrere Oktaven von Oscar Peterson wage:cry:.
 

Notengruppen (in Form von (gebrochenen) Akkorden, Skalen)...
kommen in jedem zweiten Stück vor und werden in diesem Zusammenhang selbstverständlich auch geübt.

werden dann hinterfragt und als Drill abgestuft.
Kann sein, von mir jedenfalls nicht.

würde mir ... wünschen, dass diese nicht ... ins Aggressive abdriftet.
Deshalb halte ich mich auch desweiteren raus. Wie (schon mehrfach!) gesagt: jeder übe, wie er möchte. Ich dachte, die Diskussion vielleicht um eine Sicht abseits des Mainstreams bereichern zu können. Aber offenbar fühlt sich da manch einer mächtig auf den Schlips getreten, wenn man seine bequemen Gewohnheiten hinterfragt. Wir kennen ja die drei Hauptargumente der Denkfaulen:

1. "das machen wir schon immer so"
2. "das haben wir noch nie so gemacht"
3. "da könnte ja jeder kommen"

Besonders erhellend ist immer Argument nr. 3. Da weiß man gleich, wo der Hammer hängt und wer am Set was zu melden hat. ;-)
 
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die vier Kompendien zu manuellen Problemen, die ich genannt hatte, stammen nicht von Eseln wie Hanon oder Steibelt & Co., sie stammen von Liszt, Brahms, Busoni und Cortot - - - falls du, was ich nicht glauben will, diesen vier Jungs "stumpfen Drill" zu propagieren nachweisen kannst, dann bin ich sehr auf den Nachweis gespannt...

Liszt, Brahms und Busoni verstanden alle drei nicht nur eine Menge vom komponieren (das dürfte ja allgemein bekannt genug sein), sondern auch vom klavierspielen: sie bereicherten und erweiterten in ihrer Zeit die Spieltechnik. Da ist es durchaus interessant und lehrreich, deren Zusammenfassungen ihrer innovativen Techniken zum üben zu verwenden.

Vielleicht überlegst du dir das noch mal und nimmst dann vielleicht ein wenig Abstand von der pauschalen und etwas vorschnell-unreflektierten Abklanzelung dieser Sammlungen ;-)

Um spaßeshalber auch ein wenig zu polemisieren: man kann natürlich akribisch übend dahin gelangen, dass man Chopins op.25 Nr.6 leidlich hinkriegt; und dann kann man stolz darauf sein, die vielen schnellen Terzen dieser Etüde spielen zu können - lästigerweise aber kann man, selbst wenn man diese Etüde geschafft hat, allein deswegen die chromatischen großen Terzen in Liszts Rigoletto oder Skrjabins Terzenetüde sowie die Terzenskalen in Brahms´ B-Dur Konzert noch nicht automatisch hinlegen (das ist ärgerlich, aber diese Erfahrung machen viele, die davon überzeigt sind, nach Chopins Terzenetüde für alle Terzen gewappnet zu sein ((in diesem Fall, der oft vorkommt, hat man den manuellen Sinn dieser Etüde übrigens nicht verstanden))) - - - so gesehen kann man darauf kommen, dass die von Liszt, Brahms und Busoni (und auch von Cortot) zusammengestellten Bewegungsmuster (in diesem Fall für Terzen aller Art) durchaus hilfreich sind. Und das ganz ohne stumpfen Drill, sondern stattdessen mit Verstand und Interesse :-)

Ich will damit keinesfalls sagen, dass man z.B. alle Terzenstellen der Klavierliteratur schwupps kann, wenn man stumpfsinnig die entsprechenden Liszt-Brahms-Busoni Übungen paukt - wenn man sich aber mit Verstand mit diesen Übungen parallel zum Repertorie-lernen befasst (dazu sind sie da: zum erkennen und variieren von Bewegungsmustern, die dann auch entsprechend gekonnt sein wollen), dann erleichtert man sich das üben. Ich will auch keinesfalls dazu anregen, alle diese Übungen jahrelang zu trainieren: das wäre völlig falsch und kontraproduktiv (und würde nur zeigen, dass man die Übungen nicht kapiert hat).

Sämtliche Skalen, Doppelgriffe, Akkorde, Tremoli, Kadenzen etc. sind spieltechnisch betrachtet triviales, aber leider nicht automatisch leicht ausführbares Basiszeugs, Grundlagenkönnen. Wenn diese spieltechnische Basis vorhanden ist, minimiert sich die Übungszeit enorm. Letztlich ist es wurscht, wie man dazu gelangt, über diese Basisfähigkeiten zu verfügen. Liszt, Brahms und Busoni hielten es für hilfreich, Kompendien zum Erwerb dieser Basis zusammenzustellen. Ich denke nicht, dass die drei damit völlig fehl gingen. Und deswegen empfehle ich einen verständigen Gebrauch dieser Kompendien.
 
1. Chopins Terzenetüde für alle Terzen gewappnet zu sein ((in diesem Fall, der oft vorkommt, hat man den manuellen Sinn dieser Etüde übrigens nicht verstanden))) - - - so gesehen kann man darauf kommen,
2. dass die von Liszt, Brahms und Busoni (und auch von Cortot) zusammengestellten Bewegungsmuster (in diesem Fall für Terzen aller Art) durchaus hilfreich sind.

Zunächst danke für Deine Ausführungen! Darf ich mal einhaken:
1. Was ist der "manuelle Sinn" der Terzenetüde?
2. Da ich mit Terzen noch Schwierigkeiten habe: Ich würde mich freuen über einen konkreten Hinweis hinsichtlich der genannten Zusammenstellungen (Bewegungsmuster für Terzen aller Art). Vor allem Cortot, gern aber auch von den anderen Herren.

Ich würde das Thema gern
vertiefen.
(falls dies bereits in einem anderen Thread dargelegt wurde, würde ein Link dorthin selbstverständlich ausreichen)
 
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Lizst hat eine Schülerin auch mal vier Tage bei "Hirsebrei und Milch" eingesperrt, nachdem sie sich geweigert hatte, Terz/Quart/Quintenläufe zu üben und geglaubt hatte, sie könne sich mit ihrem Charme herauswinden. Die ersten beiden Tage hätte sie "gebockt" und sich dann Tag und Nacht an die Arbeit gemacht. Am Ende der vier Tage hatte sie die Aufgabe zu Liszts Zufriedenheit gelöst und durfte wieder aus dem "Gefängnis" herauskommen. Der Meister war ganz stolz auf sich, was die Kraft von "Hirsebrei und gewöhnlicher Kuhmilch" bewirken könne. Das nur als Anekdote am Rande, inhaltlich kann ich zur Diskussion nichts beitragen. ;-)
 
Ich würde mir gerne mal eine der Sammlungen anschaffen. Ist eine besonders zu empfehlen? Ich schwanke zwischen Liszt , Brahms und Cortot.
 
Ich hatte früher auch Lehrer die auf Hanon & Etüden verzichtet haben. Meine jetzige Klaiverlehrerin hat mir als erstes Hanon in die Hand gedrückt- mit der Aufgabe einen vollen, gleichmäßigen Klavierklang hinzukriegen. Jetzt, nach einem halben Jahr, geht das so halbwegs. Hätte ich an Stücken nicht so schnell gelernt - wenn der zu spielenden Stoff einfach ist läßt es sich leichter auf den Klang konzentrieren.
So, und jetzt gehts unter die Dusche und dann beginne ich den Sonntag wie üblich: eine halbe Stunde Hanon. Evtl. unterlegt von den Glocken der nahen jesuitenkirche (über deren Klangentfaltung schon mein Ex-Nachbar Schumann kräftig brieflich schimpfte).
 

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