Beethoven op. 13 ("pathétique")

Stilblüte

Super-Moderator
Mod
Dabei seit
21. Jan. 2007
Beiträge
11.406
Reaktionen
16.997
Wie verhält es sich mit der mysteriösen Wiederholung der Exposition im 1. Satz - was spricht dafür, den Grave-Teil ebenfalls zu wiederholen?

.marcus. hat ein paar Aufnahmen angehört und festgestellt, dass der Großteil der Pianisten ihn nicht wiederholen.
Ich habe eine kurze Analyse von András Schiff gehört, der erklärte, er würde den Grave-Teil unbedingt wiederholen, weil Motive daraus später wieder auftreten. Das ist für mich aber kein Argument, die Schlussfolgerung finde ich nicht stimmig. Ist schön und gut, wenn da Motive wiederkehren, aber warum sollte ich das dann wiederholen?
Er sagt, man soll diesen Teil nicht als Einleitung verstehen, sondern als Teil des Themas... hm...

Ich würde dafür plädieren, den Grave-Teil nicht zu wiederholen. Dafür spricht aus den Noten, dass nach dem Grave-Teil immerhin ein Doppelstrich kommt und außerdem offenbar in der Erstausgabe das Wiederholungszeichen erst beim Allegro con Brio angesetzt war.
Ich finde auch, dass der Grave-Teil zu lang ist, um ihn nochmal ganz zu wiederholen, das passt nicht so richtig, meiner momentanen Auffassung nach.
Dafür würde sprechen, dass es das Spielen in Bezug auf die Ausdauer eindeutig erleichtert :D

Sonstige Meinungen oder Quellen?
 

die Einleitung wiederholen, sonst fehlt es erstens der wiederholten Exposition an Gewicht, zweitens würden die Akkorde am Ende der ersten exposition klanglich und bzgl. des Efekt ins Leere fallen - - kurzum: ich meine (!), Schiff sieht das richtig

ob wahr oder falsch: wenn die Akkorde am ersten Ende der Exposition wieder in den tiefen fp c-Moll Akkord der Einleitung fallen, so wirkt das zwingender - - und zudem ist die Einleitung so unsäglich schön, dass sie von einer Wiederholung gewiß nicht abgenutzt wird.
 
Man hört bei der Einleitung sehr oft, dass Pianisten sehr frei mit der Tempogestaltung umgehen. Das ist für mich nicht schlüssig. Gerade dieser Teil muss sehr im Metrum gespielt werden, da er quasi das Schicksal ausdrückt, das unweigerlich fortschreitet.

Die Einleitung ist praktisch ein Statement, das durch eine Wiederholung auch nicht eindringlicher wird, eher an Bedeutung verliert. Aus diesem Grund tät ich den Teil nicht wiederholen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Es ist mir ein bisschen peinlich, aber ich habe es überhaupt noch nie in Erwägung gezogen, die Einleitung zu wiederholen. In meiner Henle-Ausgabe von 1975 ist der Wiederholungsstrich ganz klar vorm Allegro. Wie ist das denn in der neueren Ausgabe und in der UE?

Ich finde die Idee einer Wiederholung aber nicht schlecht - der Grave-Teil würde beim zweiten Mal ganz anders klingen/wirken als beim ersten.

Viele Grüße

chiarina
 
Ich finde die Idee einer Wiederholung aber nicht schlecht - der Grave-Teil würde beim zweiten Mal ganz anders klingen/wirken als beim ersten.

Es bleibt nur zu konstatieren, dass man schlicht nicht weiß, wo Beethoven den Beginn der Wiederholung der Exposition haben wollte - ich erinnere mich, dass Joachim Kaiser in seinem Buch Beethovens Klaviersonaten und ihre Interpreten im Essay über op.13 sehr ausführlich und erhellend diese Problematik darstellt. Hugo Riemann war für das Wiederholen, andere dagegen - z.B. Serkin hat das Grave wiederholt.
(wäre ich daheim, könnt ich´s zitieren)

ich bin für wiederholen, mache das auch - aber mein einziger "Grund" ist, dass es mir gefällt, wenn im 1. Satz infolge dieser Wiederholung viermal Grave zu hören ist (zweimal der lange c-Moll Beginn, einmal die g-Moll / e-Moll Variante, einmal die Variante mit der Akkordaussparung (was für expressive Pausen!!!)) - - und jedes Grave absolut streng im Takt

wie auch immer: das Buch von Kaiser ist außerordentlich lesenswert, ganz besonders der op.13 Essay!!

Gruß, Rolf
 
Es ist mir ein bisschen peinlich, aber ich habe es überhaupt noch nie in Erwägung gezogen, die Einleitung zu wiederholen. In meiner Henle-Ausgabe von 1975 ist der Wiederholungsstrich ganz klar vorm Allegro.

Ich wußte das auch noch nicht.
Ich habe eine Ausgabe von Breikopf&Härtel (1980) aus der DDR (wir waren damals mit der Gewerkschaft dort) und da steht auch klar ein Wiederholungsstrich vor dem Allegro und ein kritischer Bericht fehlt da völlig.

Mir fällt aber etwas ein aus der Zeit als ich die Pathétique die ersten Male gehört hatte. Ich fragte mich immer wieso Beethoven hier die erste Grave-Variante so kurz macht, das ist doch schade, zumal es ja eine zeitlang dauert bis sich das Flair breit gemacht hat und gleichzeitig der erste Grave-Teil schon so "lange" her ist...
Später verschwand dieser Eindruck vollständig. Gewöhnungssache?

Umso interessanter finde ich jetzt die Möglichkeit dass man den ersten Grave-Teil noch einmal dazwischenschieben kann. :)

Man hört bei der Einleitung sehr oft, dass Pianisten sehr frei mit der Tempogestaltung umgehen. Das ist für mich nicht schlüssig. Gerade dieser Teil muss sehr im Metrum gespielt werden, da er quasi das Schicksal ausdrückt, das unweigerlich fortschreitet.

Dito!
Mich erinnert der Teil immer an ein riesiges Denkmal eines heroischen Helden (Napoleon) und das steht nun einmal stramm da :)

(Und danach zieht Napoleon dann in den Befreiungskrieg. :D)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das Manuskript dieser Sonate ist übrigens verloren. Die Erstausgabe setzt das Wiederholungszeichen am Beginn des Allegro con brio.

Ich würde das Grave trotzdem wiederholen.

lg marcus
 
Die Autographe der frühen Beethovensonaten sind ja leider bis op.22 alle verschollen. :-?
 
Ist praktisch dieselbe Diskussion, wie wir sie neulich schon einmal in bezug auf die zweite Chopin-Sonate hatten. ;)
(HIER ab ca. #42)
 
Ist praktisch dieselbe Diskussion, wie wir sie neulich schon einmal in bezug auf die zweite Chopin-Sonate hatten. ;)

...ja, die Welt ist schon verwunderlich, ja seltsam und absunderlich: praktisch dieselbe Diskussion, obwohl´s weder praktisch noch faktisch dieselben Sonaten sind... :D :D ja speziell im Bereich des Praktischen wird man faktisch erhebliche Unterschiede feststellen können...

...so, und nun Hand aufs Herz und nirgends nachschlagen, sondern in die Noten schauen und nachdenken: wo wird in der Exposition Material aus dem Grave verwendet?
 

- Bereits die Melodie der rechten Hand am Anfang des Allegro di molto erinnert an das Grave-Thema; sozusagen eine acceleration desselben mit zwischen-Zielführung (im Grave brauchts ja mehrere Anläufe).
Aber der Verlauf ist ein ähnlicher. Takt 4 währe dann analog zu Takt 26 oder 27 f.
- Gemeinsam ist auch das mehrfache "neu ansetzen", was im Graveteil am Anfang, im Allegro-Teil ab Takt 35 zu finden ist
- Seitenthema ist ähnlich dem Grave-Thema (ich glaube, das habe ich noch von András Schiff in Erinnerung, zumindest irgendeine Ähnlichkeit benennt er in seiner kurzen Analyse)
- ähnlich aufgebaut: Der Teil ab 89, auch dort brauchts zwei Anläufe und es schraubt sich bis Takt 113 nach oben, von wo es wieder zurückläuft.

Hab sicher alles mögliche übersehen, aber ich verstehe schon, dass der Anfang wichtig ist.
Ich versteh trotzdem nicht, warum das eine Wiederholung rechtfertigt - es behauptet ja keiner, dass der Anfang ein extra-Stück ist.
Nur sowas wie eine Coda, nur halt am Anfang... :D

Sicher könnt ich mich damit anfreunden, das zu wiederholen, aber ich möchte auch alle Winkel beleuchtet haben und mich damit auseinadergesetzt haben. Mein erster Eindruck war halt, dass das Grave nicht mehr in die angelaufene Sonate hineinpasst.
Mich erinnert der Satz an einen sehr düsteren, aufbrausenden Menschen, der ständig zwischen brodelnder Ruhe und Ausrastern schwankt, dann mal wehmütig wird und sich wieder düster auf seinen Stuhl setzt.
Und der Grave-Teil ist mir in der Vorstellung ein bisschen zu lange der düsteren Überlegung, so geduldig ist der Charakter nicht :cool:
 
Was fühlt ihr euch denn so aufgescheucht? :eek: War doch bloß ein einfacher Querverweis auf eine ähnliche Diskussion. Ich wollte doch nicht sagen, dass es deshalb nichts mehr zu diskutieren gäbe.

Vielleicht hätte ich schreiben sollen: "ähnliche Disskussion".

:rolleyes:

Grüße von
Fips
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Vielleicht hätte ich schreiben sollen: "ähliche Disskussion".

:rolleyes:

ob ählich oder ähnlich - verständlicher wird der Verweis auf Chopins b-Moll Sonate nicht, welche nebenbei im ersten Satz nicht mehrmals die Grave Einleitung interpoliert...

@Stilblüte:
warum passt am Ende der wiederholten, also zweiten Exposition das Grave in g-Moll und e-Moll? etwa nur, weil´s da steht? :)
warum passt am Ende der ersten Exposition das Grave in c-Moll auf einmal nicht? etwa nur, weil die Ausgaben unentschieden sind?

ganz ehrlich: wem eine Wiederholung des ersten Grave nicht behagt, der müsste doch auch ebensolche Einwände gegen die späteren Interpolierungen haben - - man sehe:
Grave - Exposition I (DD vermindert - D7)
(t) Grave - Exposition II (DD vermindert)
(g-Moll) Grave - kurze Durchführung plus Reprise
Grave - Coda
diese Proportionen sind durchaus ok

zudem enden beide Expositionen mit dicken ganztaktigen Akkorden, an welche sich harmonisch und klanglich problemlos der lange fp-Akkord des jeweiligen Grave anschließt.

ferner wird, nach dreimaligem Hören des Grave mit dem Effekt des vollgriffigen Mollakkords am Beginn danach (weil man dran gewöhnt wurde) die efektvolle Auslassung im letzten Grave umso verständlicher - - und gerade diese Auslassung ist übrigens der Grund dafür, jedes Grave streng im Takt un rhythmisch präzise zu spielen (denn sonst schnallt man die Pausen im letzten nicht)

Gruß, Rolf
 
Was ich mich hier noch Frage :

1) der Autograph ist verschollen
2) die Erstausgabe zeigt deutlich das Wiederholungszeichen zu Beginn des Allegro di molte e con brio

Warum hat Beethoven hier nicht protestiert?
Gibt es noch andere Ausgaben die was konträres berichten? (wie z.B. bei Chopins zweiter Sonate :))
Oder Briefe?
 
Sicher wird der Satz bei wiederholtem Grave nicht schlechter. Und es gibt auch Gründe das zu tun,, wie rolf ja dargelegt hat.

Allerdings sind wir auch Sklaven unserer(Hör-)Gewohnheiten.

Rolf hört nach dem Ende der Expostion nach dem FF Akkord G7 zwingend den fp c-moll Akkord und ich begreife diese Akkorde als Spannung für den sich anschliessenden Start des Allegro con brio.

Ein weiterer Punkt scheint mir dafür zu sprechen, das erste Grave nicht zu wiederholen:

Betrachtet man Beethovens Kompositionsweise genau, so scheint sich ein Prinzip der ständigen Verdichtung des Materials zu ereignen. Insofern erscheinen mir die kürzeren Grave-Teile als natürlicher und ich vermute, dass es Beethoven so gemeint hat.

Ich bin noch in einem anderen Punkt verschiedener Meinung und der betrifft das absolute im Takt spielen des Grave Teils. Ich sehe dieses Grave als dreigeteilt und zwar den ersten Teil als rhapsodisch incl. takt 4 -

anschliessend die nächsten 4 Takte als neues Thema, welches im genauen Tempo gespielt werden soll und dann wieder ab Takt 9 wieder freie Phantasie.

Man höre sich gute Aufnahmen an. Fast immer werden die letzten Takte der verkürzten Graveteile deutlich verzögert, was für mich Sinn macht.

es ist doch ein Reiz darin, den Wechsel zwischen quasi freier Gestaltung der Graves und dem quasi maschinellen Teil des allegro con brio gegenüber zu setzen.

Die jeweiligen Fermaten auf den letzten Akkorden am Ende der Exposition und der Reprise scheinen das doch noch zu verstärken.

Auf diese Weise erhält der Schluss mit seinem kompromisslosen Tempo und den schroffen Schlussakkorden genau die Wirkung, die beabsichtigt ist.

C-moll scheint ja eine Tonart, die mit dem Schicksal zu tun hat, wie andere bereits schrieben. Aber hier werden verschiedene Seiten gezeigt. Der mit dem Schicksal Hadernde und das Schicksal selbst, dem man nicht entrinnen kann.

Insofern ist der Grave Teil jeweils aus der Sicht des dem Schicksal unterworfenen Menschen gedacht und der Brio teil mit seinem Vorwärtsdrang das Schicksal selbst.

So versteht sich meiner Meinung nach der Schluss des Satzes wesentlich besser. Am Schluss fegt das Schicksal alles Klagen und Flehen hinweg und zeigt seine Macht.

Schnell, gründlich und kompromisslos. Ohne jede Chance einer Erwiderung.

Und hier liegt für mich der Hauptgrund, den ersten Graveteil nicht zu wiederholen. Der menschliche Anteil am Satz bekäme zu grosses Gewicht . Aber die Hauptaussage des Satzes verstehe ich als Geworfensein ins Schicksal und das sollte das grössere Gewicht bzw den grösseren Anteil haben.
 
So versteht sich meiner Meinung nach der Schluss des Satzes wesentlich besser. Am Schluss fegt das Schicksal alles Klagen und Flehen hinweg und zeigt seine Macht.

Schnell, gründlich und kompromisslos. Ohne jede Chance einer Erwiderung.

Und hier liegt für mich der Hauptgrund, den ersten Graveteil nicht zu wiederholen. Der menschliche Anteil am Satz bekäme zu grosses Gewicht . Aber die Hauptaussage des Satzes verstehe ich als Geworfensein ins Schicksal und das sollte das grössere Gewicht bzw den grösseren Anteil haben.

Hallo,

das alles sind sehr interessante Gedanken, der Sonate einen quasi szenischen Sinngehalt (eine "Handlung" oder "Geschichte") zu geben.

Ich will das keinesfalls zerpflücken oder gar verneinen - im Gegenteil, ich finde solche Entscheidungen völlig richtig - - es gibt bei guter Musik ja immer mehrere parallel, gleichwertige "Inszenierungen".

Was ich mich bzgl. des con brio frage: wie ist das mit dem opernhaften Duett des Seitenthemas und den beinahe fröhlichen, in jedem Fall aber lebendigen Passagen der Schlußgruppe? Stehen die auch noch für das unerbittliche Schicksal, oder wird dieses in Deiner Sicht lediglich vom Hauptthema symbolisiert?

Ich neige eher dazu, den düsteren fp-Akkorden des Grave und ihren Pendents im Allegro (die ganztaktigen Akkorde) die Bühnenrolle des unerbittlichen Schicksals zu geben, während alle melodischen Abläufe quasi der Mensch sind - und typisch für Beethoven: das trotzige Aufbegehren gegen dieses Schicksal: mit dem gehetzten Hauptthema (welches in der Reprise ja sogar zu einer sequenzierten Hymne wird), mit dem Opernduett des Seitenthemas, mit der con moto Lebendigkeit der Schlußgruppen - - und patsch, haut das Schicksal immer wieder drauf: am Ende gar in lapidaren staccato Schlägen.

nochmals: nicht mißverstehen - ich stelle eine alternative Deutung vor.

Gruß, Rolf
 
Oh,

solche Beiträge verstehe ich nicht miss sondern finde sie im Gegenteil äusserst interessant und anregend. Zu diesen Duetten innerhalb des Brio wollte ich auch was schreiben aber es schien mir dann der Beitrag zu unübersichtlich.

Könntest du bei Gelegenheit noch etwas zu meiner Ansicht sagen, die Graveteile eben nicht so rhythmisch genau zu spielen sondern freier.

Deine Deutung sollte auf jeden Fall genauer untersucht werden. Allerdings denke ich, dass der Schluss mit dem Hinwegwischen des Haderns eher meine Version untersützt.

Aber ich sehe das durchaus als offen an. Es gibt für vieles unterschiedliche Deutungen.
 
Könntest du bei Gelegenheit noch etwas zu meiner Ansicht sagen, die Graveteile eben nicht so rhythmisch genau zu spielen sondern freier.

im einleitenden Grave gibt es einen raschen Lauf in der rechten Hand (wendet sich über B7 nach Es-Dur), den man gerne am Ende etwas dehnen darf (das widerspricht der deklamatorischen Gestik in keiner Weise) - - aber insgesamt sollte der Puls aller Grave-Teile wiedererkennbar und möglichst gleich sein, denn sonst wirken die Pausen, welche die schicksalshaften Akkorde ersetzen, nicht. Kurzum muss dieser Puls erkennbar für die Hörer sein - wenn er das ist, dann sind ein paar Freiheiten durchaus erlaubt (z.B. etwas ritardando bei der Wendung nach e-Moll zu Beginn der Durchführung, etwas warten auf der grandiosen Dissonanz vor der Coda usw.)

Der lapidare Schluß: da patscht das Schicksal alles mit der Fliegenklatsche (mal salopp formuliert)
 
C-moll scheint ja eine Tonart, die mit dem Schicksal zu tun hat, wie andere bereits schrieben. Aber hier werden verschiedene Seiten gezeigt. Der mit dem Schicksal Hadernde und das Schicksal selbst, dem man nicht entrinnen kann.
Insofern ist der Grave Teil jeweils aus der Sicht des dem Schicksal unterworfenen Menschen gedacht und der Brio teil mit seinem Vorwärtsdrang das Schicksal selbst.

das unterstrichene halte ich auch für plausibel - aber mit dem fett markierten mag ich mich nicht anfreunden...

nein, das Schicksal soll auf einmal "schnell, gründlich und kompromisslos" sein - ja genügt denn kompromisslos bzw. unerbittlich nicht?

Wenn sämtliche Bestandteile des Allegro di molto e con brio das Schicksal darstellen, wie Du schreibst, dann wirkt das auf mich so, als säßen die Nornen nicht mehr Schicksalsfäden spinnend unter der Weltesche, sondern würden stattdessen im ICE durch die Lande sausen, locker aller Erynnien und Walküren überholend :D

Wenn der (gewiß nicht grundlos) auf Beethovens´sches c-Moll gemünzte Topos von der Gegenüberstellung des aufbegehrenden Individuums mit dem unerbittlichen Schicksal dem kompletten Kopfsatz der großen pathetischen Sonate op.13 als Folie unterlegt werden soll, dann wird man bei einem Könner wie Beethoven nicht erwarten müssen, dass er es plan und plump als Grave = Individuum, Allegro = sausendes Schicksal schwarzweiß malt. Dieser innere Kontrast ist sowohl im Grave, als auch im Allegro vorhanden - und das ist nun auch kein Wunder, denn sonst machte ja die klassische Themenkontrastierung des Sonatensatzes hier keinen inhaltlichen Sinn (oder wandelt sich das grimm sausende Schicksal plötzlich im Seitenthema?...)

Diskutieren kann man, wo man sowohl im Grave als auch im Allegro Schicksal und Mensch/Individuum lokalisieren will - aber eine Reduktion auf den Kontrast Grave contra Allegro greift zu kurz, zumal diese Reduktion die Kontraste innerhalb des Grave und die Kontraste innerhalb des Allegro nicht plausibel macht.

Vorschlag:
"Schicksal" im Grave
- die fp Akkorde
- die ff dazwischenfahrenden Akkorde
"Schicksal" im Allegro
- die Akkorde am Ende der Exposition
- die harmonische Verdüsterung in der Durchführung
- die höhnisch kichernde Trillerstelle als "Gelächter der Erynnien"
- die Akkorde am Ende der Reprise
- die Akkordschläge der Coda
alles andere ist der individuelle/menschliche Part, der sich gegen das Schicksal melodisch klagend (im Grave) und kämpferisch aufbegehrend (Hauptthema des Allegro, welches in der Reprise gar zur Hymne wird) wendet, ebenso das lyrische Duett (wie schön das Leben doch sein könnte) und der scheinbare Sieg über das Schicksal (die beinahe zuversichtlichen Passagen der Schlußgruppen)

Gruß, Rolf
 

Ähnliche Themen


Zurück
Top Bottom