Barpianist Hotel - wieviel verlangen?

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karderin

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24. Jan. 2010
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Hallo! Habe evtl. die Möglichkeit fix in einem 5 Sterne Luxushotel (in Österreich) auf regelmäßiger Basis Barpiano zu spielen (etwa 3-5 mal die Woche).

Was würdet ihr denn da pro Stunde verlangen? Es wären dann etwa 15 Stunden die woche - kann ich da 40€ pro Stunde verlangen oder ist das übezogen?

Lg karderin :)
 
Hallo karderin,

Wenn Du fix angestellt bist und das Hotel Deine Krankenversicherung, Pensions- und Sozialversicherung sowie Unterkunft und Verpflegung zahlt wären 40 OK. Andernfalls würde ich nicht unter 100 spielen...

Willst Du mit Fetzen vom Kik oder von der Caritas dort auftreten?
Guck mal die Zimmerpreise...
Glaub nicht, dass Du genommen wirst, WEIL Du billiger bist. Du musst gut sein - das ist das Kriterium!

LG
Michael
 
Habe evtl. die Möglichkeit fix in einem 5 Sterne Luxushotel (in Österreich) auf regelmäßiger Basis Barpiano zu spielen (etwa 3-5 mal die Woche). Was würdet ihr denn da pro Stunde verlangen? Es wären dann etwa 15 Stunden die woche - kann ich da 40€ pro Stunde verlangen oder ist das übezogen?
Liebe karderin,

melde mich vor dem Hintergrund zu Wort, selbst viele Jahre lang als "professioneller Unterhaltungspianist" in den Bereichen Hotellerie, Gastronomie und Eventbranche (Messen, Kongresse etc.) gearbeitet zu haben. "Piano-Livemusik" ist als Begriff eher positiv besetzt als die Bezeichnung "Barpianist" für jemanden, der einst in irgendwelchen Rotlicht-Kaschemmen Animiermusik zu klimpern hatte... .;)

@klaviermacher hat recht mit seinem Hinweis, dass es auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis auf allen Seiten ankommt und nicht darauf, möglichst billig zu sein. Wo die Anfahrtswege lang und die Lebenshaltungskosten hoch sind, hat das Phantom "Billigheimer aus dem Ostblock" längst viel von seinem Schrecken verloren - auch diese müssen Preise nehmen, von denen man noch einigermaßen leben kann.

Was wird erwartet vom Profianbieter? Ein breitgefächertes Repertoire aus den Bereichen Klassik - Salonmusik - Ragtime - Caféhaus-Musik - Swing - Evergreens deutsch und international - Jazz-Standards - Blues - Pop-Balladen - Soul - Softrock bis hin zu Titeln aus den aktuellen Charts, perfekt auf das Publikum und die Atmosphäre abzustimmen: Dezent und unaufdringlich zum Dinner, beschwingter, sobald die Stimmung lebhafter wird - und ein fetziger Boogie an der Bar darf es auch mal sein, wenn das versammelte Topmanagement des XY-Konzerns nach erfolgreichen Geschäftsabschlüssen so richtig super drauf ist. Und zwar alles souverän und völlig entspannt und ohne hochgeklapptes Notenpult, um den angespannten Gesichtsausdruck dahinter verstecken zu können.:D Natürlich sollte man auch gängige Wunschtitel parat haben und aus exotischen Ländern stammende Gäste mit ein paar heimatlichen Klängen freudig überraschen können.

Jeder qualifizierte F&B-Manager eines solchen Hauses weiß, dass solche Meister ihres Fachs auch marktkonforme Preise nehmen können. Bei 3 bis 5 Einsatztagen pro Woche könnte schon ein Arbeitnehmerverhältnis vorliegen - vor allem, wenn die weiteren Tätigkeiten in Umfang und Verdienst nicht unternehmerspezifisch dimensioniert sind (unterschiedliche Tätigkeiten für unterschiedliche Auftraggeber). Auf selbständiger Basis könnte man für einen kompletten Abenddienst wohl schon 400 € ansetzen - bei Verhandlungen in jedem Fall zusätzliche Kosten (Anfahrt, Parkhaus etc.) in einen Inklusivpreis einarbeiten. Wer auffallend billig daherkommt, erweckt mancherorts begründete Zweifel an seiner Professionalität - Erfahrung, positive Ausstrahlung und ein gepflegtes Auftreten sind wichtige Faktoren und werden von seriösen Geschäftspartnern in der Regel adäquat honoriert. Ein gut vorbereiteter Seiteneinstieg hat durchaus Aussicht auf Erfolg.:klavier:

LG von Rheinkultur
 
Naja, die Realität sieht schon etwas anders aus - gefragt ist eher das Schaffen einer angenehmen Atmosphäre, in der die Zuhörenden unangestrengt lauschen können und die Unterhaltungen gesprächiger Naturen keinesfalls beeinträchtigt werden. Konzertieren oder so ist da einfach nicht angesagt.

Solche Gedanken wie in diesem Comedy-Beitrag sind mir mal bei einer Begegnung mit einem Restaurantgast gekommen: Abgetragene Jeansklamotten, Schweißgeruch, Bierfahne, nimmt direkt neben dem Flügel Platz, auf den er wichtigtuerisch zwei D-Mark Trinkgeld ablegt. Während des Spielens textet er mich mit Weisheiten zu, die niemanden interessieren: Ich machte auf ihn ja einen so intelligenten Eindruck, deshalb verrate er nur mir, dass man zur Zeit unbedingt in SAP-Aktien investieren solle. Er habe jetzt mal wieder mit Gewinn verkauft und fliege dank seines Spekulationsgewinns nach Thailand - klar, wegen der Mädels natürlich, aaaaaaaber er schaue immer genau hin, ob die auch wirklich schon achtzehn sind; und die zwanzig Packungen Kondome müßten ja wohl für die drei Wochen in Pattaya reichen... - da muss man sich schon ziemlich zusammenreißen, um nicht so auszurasten wie in dem Video. Das Ende vom Lied war übrigens, dass eine Woche später der SAP-Aktienkurs plötzlich steil in den Keller gegangen ist...:D:D:D
 
Immerhin hast Du ihm aufmerksam zugehört, oder stand diese Aktie bei Dir generell auf Beobachtung? :)
 
Immerhin hast Du ihm aufmerksam zugehört, oder stand diese Aktie bei Dir generell auf Beobachtung? :)
Außer Zuhören blieb mir ja nichts anderes übrig - oder hast Du schon mal einen Pianisten gesehen, der während des Spielens den Flügel spazierenfährt, um irgendwelchen unliebsamen Zuhörern aus dem Weg zu gehen? SAP-Aktienkurs beobachten, wozu? Bethelarme Musiker haben sowieso kein Geld für Aktien - obwohl dieses Jahr finanziell besser lief: Endlich kann ich mir einen neuen Pullover kaufen! Was mit dem restlichen Geld ist? Ja, das kriege ich von meiner Tante dazu...!:D

P.S., die erste zum Thema "Musik in Bewegung": Warum marschieren Dudelsackspieler immer während des Spielens? Ist doch klar: Bewegliche Ziele sind schwerer zu treffen...!:D

P.S., die zweite zum Thema "Bethelarme Musiker": Dieses Attribut entstammt einem Titel der "Lokalmatadore" - Qualitätspunkrock aus Mülheim/Ruhr; zu hören nach "Whatever you want, whatever you like" (Cover nach Status Quo): http://www.youtube.com/watch?v=x7NDlOpJmY0:D

LG von Rheinkultur
 
ich hab lange Zeit als Hotel und Barpianist gearbeitet, man kann recht gut damit verdienen sofern man durch die Musik den Umsatz steigert. Es ist allerdings nicht ganz unanstrengend, der eigene Musikgeschmack hat da völlig in den Hintergrund zu treten, man muß spielen was die Gäste hören wollen und auf keinen Fall zu laut; ansich richtige dynamische Akzente sollten besser ignoriert werden. Leider sagen die Gäste einem nur selten was sie zu hören wünschen, das muß man selbst herausfinden zum Beispiel an Hand wie auf verschiedene Stücke reagiert wird - hier ist eine feine Beobachtungsgabe von Nöten. Man sollte alle Richtungen in seinem Repertoire haben, und zwar auswendig. Was sich auch nicht so gut macht ist nach jedem Stück zu pausieren, besser improvisiert man eine Überleitung zum nächsten Stück. Längere Pausen ab 10 Minuten sollten nach 20 - 30 Minuten Spielzeit erfolgen, je nach Wunsch des Gastwirtes.
Eine gewisse Trinkfestigkeit ist ebenfalls nicht von Nachteil, Gäste möchten öfter gern dem Pianisten ein Glas Wein oder auch mal einen Weinbrand spendieren und auch mal mit dem Pianisten anstoßen.

Viele Grüße

Styx
 
Eine gewisse Trinkfestigkeit ist ebenfalls nicht von Nachteil, Gäste möchten öfter gern dem Pianisten ein Glas Wein oder auch mal einen Weinbrand spendieren und auch mal mit dem Pianisten anstoßen.
Mit alkoholischen Getränken wäre ich etwas vorsichtig. Koordination, feinmotorische Sicherheit, Timing leiden in jedem Falle. Bei klassischer Literatur macht sich das besonders schnell bemerkbar - aber auch Jazz-Standards und Popballaden verraten bald den gestiegenen Alkoholgehalt des Pianistenbluts. Irgendwann reichen improvisatorische Schummeleien nicht mehr aus, um die häufiger werdenden Fehlgriffe zu verdecken. Das Klischee, dass sich so ein Whiskyglas auf dem Flügel gut macht, mag irgendwann im Zeitalter Dean Martins oder Frank Sinatras entstanden sein - werbewirksam ist es nicht unbedingt, übrigens auch nicht für die Auftraggeberseite, wo angetrunkene Musiker (während des Dienstes!) nicht gerne gesehen werden. Es wird überall respektiert, wenn der Pianist mit Mineralwasser zuprostet. Für ein gutes Betriebsklima nicht undienlich ist es auch, mitzudenken und seinen Getränkewunsch nicht dann anzumelden, wenn das Servicepersonal gerade unter Zeitdruck den Hauptgang für die zweihundert geladenen Gäste aufträgt.

Mancherorts wird übrigens der Kognakschwenker auf dem Flügel nicht mit Hochprozentigem, sondern mit ein paar Geldscheinen zum "Anfüttern" gefüllt, damit die Gäste dem ansonsten vom Verhungern bedrohten Künstler gnädig ein angemessenes Trinkgeld zukommen lassen. Die Außenwirkung ist ungefähr so positiv wie diese, die von dem Unterteller oder der Dessertschale auf der Kaufhaus-Toilette ausgeht: Noch tiefer in der Hierarchie des öffentlichen Ansehens stehen nur noch die Berufsbettler in der Bahnhofshalle oder Fußgängerzone. Gute Pianisten können angemessene Honorare und Gagen berechnen - und den zum Dank für die Erfüllung des Musikwunsches (zum fünften Mal "As Time Goes By") diskret in die Sakkotasche geschobene Zwanzig-Euro-Schein darf man natürlich ruhig annehmen. Eine schöne Geste wird von einem Londoner Pianistenkollegen berichtet, der auf dem Flügel einen Aufsteller stehen hat mit dem Wortlaut "No drinks please - tip the bar man!"

LG von Rheinkultur
 

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