Bach

Es gibt ein sehr einfaches Rezept, die Vollkommenheit Bach´scher Musik darzustellen:
Hört man ein Chopinnocturne als midi-Datei, rollen sich einem die Fußnägel hoch.
Ha, genau! Gut beschrieben! Genau so klingt für mich vieles von dem "Klavier-Bach". :-D
Dabei spüre ich eine gaanz leichte Ahnung von der Genialität, die dahinter steckt, ähnlich dem Gefühl, wenn man als Ahnungsloser einer Schachpartie zuschaut.
Ich kann damit sehr gut leben. Man muss als Hobbyklimperer nicht alles durchdringen, verstehen, mögen. Man darf Schach und Bach getrost langweilig finden.
 
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Ich bin der felsenfesten Meinung, dass auch bei einem Chopin-Nocturne kein Ton zuviel ist! Ich fühle mich gerade genötigt, Partei für die Perlen der Romantik zu ergreifen! :004:

Andras Schiff sieht das genauso (https://www.tagblatt.ch/kultur/ich-habe-viel-mehr-fussball-gespielt-ld.1045538):

"(Bekannt wurden Sie zunächst als überragender Interpret der Musik von Bach, mit dem Sie noch heute jeden Tag beginnen. Geht diese Liebe auf ihre Kindstage zurück?

Ja. Bach war ohnehin der erste Komponist, der Top-Stücke geschrieben hat, die man im normalen Klavierunterricht für Kinder verwenden kann. Aber ein Schlüsselerlebnis war die Begegnung mit dem Cembalisten George Malcolm. Meine Familie hatte Verwandte in England, und da hatte ich ihn kennen gelernt, weil ich ihm an seinen Cembalo-Abenden die Noten umblätterte. Malcolm war eine grosse Inspiration für mich, er hat mir zum Beispiel gezeigt, wie man Spielweisen auf dem Cembalo auf den modernen Flügel übertragen kann.

Mit dem an Bach geschulten Sinn für Polyfonie legten Sie später innere Stimmen bei Beethoven, Schubert oder Schumann frei und spielen so stilkundig wie kaum ein anderer ein Repertoire bis hin zur Moderne. Sehen Sie sich in Zeiten der Spezialisten als universalen Pianisten?

Nein, ich spiele zum Beispiel nicht die typische Virtuosenliteratur eines Liszt oder Rachmaninow.

Warum?

An der Virtuosenliteratur stört mich der Mangel an Ökonomie, die Vielrederei – im Gegensatz etwa zu Chopin, wo keine Note zu viel ist. Liszts h-Moll-Sonate ist zwar fantastisch komponiert, aber die spiele ich nicht, weil andere das viel besser können."

Liebe Grüße :)

chiarina
 
Also für mich sind die Klavierwerke auch eher was zum Spielen als zum hören.

Wenn ich etwas von Bach spiele, dann verstehe ich, warum den so viele gerne spielen ;-)

Vorm Klavier habe ich schon Chorwerke von Bach aufgeführt.
Die höre ich mir auch gerne an.
 
Ich glaube nicht, dass die spätere Musikentwicklung im eigentlichen Sinn einen Fortschritt darstellt, es wäre der falsche Begriff. Die spätere Musik ist nur anders. Die Romantiker schreien ständig "ICH", wo Bach das nicht nötig hat.

Das Wort "Fortschritt" verbietet sich bei Kunst sowieso. Allerdings ist erst seit Rameau anerkannt, dass Musik Emotionen wecken kann. Wer die sucht, wird sich im Barock nicht wohl fühlen.
 
Zuletzt bearbeitet:
man könnte googeln… Affekte... Affektenlehre… Bach... - - gut möglich, dass man das dann ein wenig anders sieht ;-)
Das ist schon richtig.
Allerdings: im Barock ging es in erster Linie um das ZEIGEN von Emotionen im Sinne einer Deixis, als eine Form von Darstellung einer allgemeinen, überzeitlichen, umfassend menschlichen, oder auch göttlichen Verfasstheit.
Das Vorrecht der Romantik war eine präfreudianische Selbstanalyse oder schon ein Ausgeliefertsein an die je eigene Psyche. Eine universelle Affektenlehre wäre in der Romantik unmöglich gewesen.
 
Ich spiele gerade als absoluter Anfänger das Prälduium c dur.
Es ist eine Ohrwurm, wahrlich.
Aber dass in einem so scheinbar leicht spielbaren Stück (ich rede vom Notendrücken) so viel Know how und so viel Ideen stecken können, fasziniert mich immer wieder.
Um die Harmonielehre kennenzulernen, für mich als Anfänger, ein ideales Stück, da das Drücken recht einfach geht, man sich also sehr schnell der Interpretation, mein Lehrer bringt mich da hoffentlich auf Vordermann, widmen kann.
Die anderen Bachstücke sind auch nicht so meines, alles mit Gesang sowieso nicht, obgleich mein Vater, Sänger und Chorleiter, voll auf ihn schwört.
 
Allerdings ist erst seit Rameau anerkannt, dass Musik Emotionen wecken kann.
Na was für ein Glück, dass die mittelalterlichen Minnesänger und Troubadoure davon nichts wussten, bevor sie mit Gesang und Klang die edlen Damen umgarnten und verführten.
[...]
(so) dass ich für immer glücklich bin.
Küsste er mich? Wohl tausendmal!
Tandaradei,
seht, wie rot mir ist der Mund.

https://de.wikipedia.org/wiki/Under_der_linden
Ich würde mir denken, dass sich mit Musik Emotionen wecken lassen, wurde bereits von den alten Griechen anerkannt.
 
Ich finde viele Stücke einfach langweilig
Ich bin baff. Ich hätte nicht gedacht, daß einen Bach anöden kann. Das ist nicht wertend gemeint, denn prinzipiell gilt: De gustibus non est disputandum.
Aber Bach? Fad?
Wenn ich am Abend Bach spiele oder höre, kann ich nicht einschlafen. Dann klingt seine Musik in mir weiter, und die ist so aufregend, daß ich hellwach bin. Sollte ich mein restliches Leben lang nur einen einzigen Komponisten hören oder spielen dürfen, würde ich mich für Bach entscheiden.
Seine Musik ist so rein und wahr wie mathematische Zusammenhänge - aber nicht so trocken, sie berührt mich emotional tief. Viele seiner Kompositionen sind zum Weinen schön, auch wenn sie nichts Trauriges haben. Ja, viele (auch sehr einfache) Stücke empfinde ich als Jubellieder an die Schöpfung.
Bach zieht einen hinein in das Gewebe seiner Stimmen - ein wahres "Tantra", das "Gewebe der Welt".
Er gibt mir das Gefühl, mir trotz meiner bedeutungslosen Winzigkeit einen Blick auf die Schönheit des Absoluten zu ermöglichen.
Ich lerne gerade die Inventionen 6 und 14 - himmlisch!

Ich hoffe, Dich damit nicht zu beleidigen, aber ich drücke Dir wirklich Daumen, daß die Bach´sche Musik ihr Füllhorn möglichst bald auch über Dich ausschüttet. Du wirst es genießen!
Mit herzlichen Grüßen,
Gabi
 

Ich hätte nicht gedacht, daß einen Bach anöden kann.
Der Musikgeschmack wird doch in Kindheit und Jugend geformt und verändert sich später zwar noch, jedoch langsamer oder weniger. Von allen Bachbegeisterten wäre es in diesem Zusammenhang interessant zu erfahren, ob diese bereits mit der Musik von Bach in der Kindheit und Jugend in Berührung kamen. Ich nicht, zumindest nicht bewusst und mir ergeht es ähnlich wie einigen anderen hier. Anöden nicht, doch es gibt für mich schönere Musik.
 
Von allen Bachbegeisterten wäre es in diesem Zusammenhang interessant zu erfahren, ob diese bereits mit der Musik von Bach in der Kindheit und Jugend in Berührung kamen. Ich nicht, zumindest nicht bewusst und mir ergeht es ähnlich wie einigen anderen hier. Anöden nicht, doch es gibt für mich schönere Musik.

Ich bin relativ spät mit Bach in Berührung gekommen, war da etwa 15 und spielte schon 4 Jahre Klavier (mit eineinhalb Jahren Unterbrechung) und davor 2 Jahre Orgel. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern: ich war bei einer Freundin, die ein Heft mit einfachen Stücken hatte, ua das G-dur und g-moll Menuett aus dem Notenbüchlein, dem C-dur Präludium und der Aria der Goldberg-Variationen. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich diese Stücke vom Blatt spielen und in der nächsten Klavierstunde meinte ich zu meinem KL, dass ich Bach spielen wolle, da ich die Vermutung hatte, dass der was drauf habe. Als erstes bekam ich das italienische Konzert, dann französische und englische Suiten, WTC und zur Krönung die Goldberg-Variationen. Ich habe von dem ersten Kontakt an bis zum Ende meines Klavierunterrichts mindestens immer an einem Bach-Stück gearbeitet :-). Bach hat mich vom ersten Moment fasziniert und gefangen genommen und je mehr ich von ihm gespielt habe, desto mehr hat sich das verfestigt. Ich mag sehr viel, spiele wahnsinnig gerne Beethoven, Schumann, Brahms und Mozart hab ich zB bereits mit 7 Jahren lieben gelernt, ist auch ein sehr besonderes Verhältnis. Aber bei keinem leuchten meine Augen so wie bei Bach!
 
Als Kind und Jugendlicher habe ich mir gerne 'Play Bach' von Jacques Loussier angehört, weil ich seine 'Verjazzung' seinerzeit fetziger fand als das Original. Aber irgendwann habe ich mich intensiver den Originalen gewidmet und ab diesem Zeitpunkt fand ich Jacques Loussier fad.
 
Von allen Bachbegeisterten wäre es in diesem Zusammenhang interessant zu erfahren, ob diese bereits mit der Musik von Bach in der Kindheit und Jugend in Berührung kamen. Ich nicht, zumindest nicht bewusst und mir ergeht es ähnlich wie einigen anderen hier. Anöden nicht, doch es gibt für mich schönere Musik.

Zu Hause gab's hauptsächlich Queen, Beatles, Schlager (das Original).
Aber ich war seit der 5. Klasse im Schulchor und dann als Bass im gemischten Chor.

Wahrscheinlich bin ich deshalb Bach gewohnt ;-)
 
Ich bin relativ spät mit Bach in Berührung gekommen, war da etwa 15 und spielte schon 4 Jahre Klavier (mit eineinhalb Jahren Unterbrechung) und davor 2 Jahre Orgel.
Ich war noch älter - sicherlich schon 20.
Und mein Kontakt erfolgte nicht über das Spielen, sondern das Anhören.
In meiner Kindheit habe ich von meiner Mutter, die gut Klavier spielen konnte, vor allem Liszt und Beethoven gehört, sowie diverse Romantiker. Bach hat sie überhaupt nicht gespielt.
In meinem eigenen Klavierunterricht habe ich nie Bach gespielt (wahrscheinlich war meine arme Klavierlehrerin der Meinung, wer nicht übt, braucht sich nicht an Bach zu vergreifen).
Aber als ich mir Bach angehört habe, war ich auf Anhieb hingerissen. Mein "Erstkontakt" waren die Goldberg-Variationen. Wahnsinn.

Bach hat mich vom ersten Moment fasziniert und gefangen genommen und je mehr ich von ihm gespielt habe, desto mehr hat sich das verfestigt. Ich mag sehr viel, spiele wahnsinnig gerne Beethoven, Schumann, Brahms und Mozart hab ich zB bereits mit 7 Jahren lieben gelernt, ist auch ein sehr besonderes Verhältnis. Aber bei keinem leuchten meine Augen so wie bei Bach!
Genau. Dem kann ich nichts hinzufügen.
 
Der Musikgeschmack wird doch in Kindheit und Jugend geformt und verändert sich später zwar noch, jedoch langsamer oder weniger. Von allen Bachbegeisterten wäre es in diesem Zusammenhang interessant zu erfahren, ob diese bereits mit der Musik von Bach in der Kindheit und Jugend in Berührung kamen.

Hmm, wenn es so wäre, müsste ich zu den grössten Bachfans gehören, was nun aber keineswegs so ist und was ich auch nie war. Was aber wohl weniger mit Bach selbst zu tun hat, als mit Barockmusik allgemein, zu der ich nur schwer Zugang finde. Vielleicht heute sogar weniger als früher. Da hörte ich z.B. die brandenburgischen Konzerte immer mal ganz gerne, im Moment empfinde ich die einfach nur als nervig.

Was aber nun nicht heisst, dass ich Bach ganz und garnicht mag. Da gibt es schon eine ganze Reihe wunderbarer Werke. Wie es der Zufall so will, höre ich die letzten Tage hauptsächlich Bach. Angefangen hat es ganz harmlos mit einer Schumann CD, auf der sich auch dessen "Bearbeitung" der Chaconne aus BWV1004 befand. Die hat mich völlig überwältigt. Daraufhin machte ich mich auf die Suche nach dem Original, hörte das in x verschiedenen Aufnahmen, dann dasselbe mit der Busoni Bearbeitung für Klavier. Von letzterer habe ich gar ein ganzes Dutzend in meiner Sammlung entdeckt. Die habe ich also schon oft gehört - ohne dass sie mich bisher beeindruckt hätte. Ganz anders jetzt. Es ist schon eine merkwürdige Sache mit dem Musikgeschmack :konfus:

Gerade in diesem Moment habe ich mit viel Freude die Aufnahme von Bernd Glemser mit diversen Bearbeitungen auf den Ohren:


View: https://www.youtube.com/watch?v=-DmT2AZAbeo&list=OLAK5uy_m4U2tJ80A1GHopssgo6gWlZGO0Gt0XHvw&index=1


Im übrigen fand ich auch bis ins frühe Erwachsenenalter das Klavier als ein absolut scheussliches Instrument... :015:
 
Die sind doch (angeblich) als Einschlafhilfe komponiert worden!

Weil man sich beim Üben/Spielen so konzentrieren muss, dass man nach ein paar Stunden intellektuell ausgelaugt ist? :005:

Meine uneingeschränkte Hochachtung gilt denjenigen, die die Goldbergvariationen komplett und auswendig vortragen können.

Er gehört zur Hygiene unseres Berufs, also unverzichtbar. Das ist wie Zähneputzen.

Interessantes Zitat. Ich empfinde es auch so. Hat irgendwas (Be-)Reinigendes an sich.



@Monique.

Niemand zwingt einen, Bach "toll" zu finden. :super: Jeder ist vollkommen frei, seinen eigenen Musikgeschmack zu entwickeln und auszutoben. Viele Menschen mögen Vieles nicht. So what. Es gibt ja wahrhaftig genug Auswahl.

Nur: "Langweilig" ist seine Musik wirklich nicht.
 
Bach hat mich schon immer begleitet - sei es zu Hause (musikbegeisterte Eltern, drei Klavier lernende ältere Schwestern) im Kirchenchor, im Schulchor, im Klavierunterricht (ab dem 7. Lebensjahr) oder später, mit ca. 14 Jahren, an der (Kirchen-)Orgel. Bach war immer dabei und auch jetzt mit 40 Jahren, nach 20 musikalisch sehr „ruhigen“ Jahren, gibt es immer noch und wieder Neues zu entdecken und - mit sehr viel Freude - zu lernen. :026: :-)
Gegenbeispiel: meine Schwiegermutter liebt klassische Musik, ist auch damit groß geworden, kennt viel und spielt selbst Klavier, kann aber mit Bach nichts anfangen. Ich freue mich immer, bei ihr am wohlklingenden Flügel spielen zu dürfen, bevorzugt aber ohne Bach. ;-)
 
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