As Time Goes By

Von daher, lieber fisherman, korrigiere ich meine Feststellung: Seit Ablauf der Übergangsfrist ist die Schreibung "Platitüde" nicht nur obsolet, sondern sogar falsch.

Das ist, mit Verlaub, wirklich kompletter Unfug. Die Reformen von 2004 und 2006, die
von der KMK und dem von ihr eingerichteten Rat für Rechtschreibung
vorgenommen wurden, haben vielmehr gerade bei Fremdwörtern in hoher
Zahl gleichberechtigte Varianten zugelassen. Sogar das
Online-Wörterbuch elexiko des IDS sieht sich daher genötigt,
Platitüde
als "Variante in alter Rechtschreibung" und nicht als
"veraltet" oder "obsolet" zu kennzeichnen; die Schreibung wird damit
als in Schulen und Behörden zulässig gekennzeichnet. Das ist um so
bemerkenswerter, als das IDS und die Duden-Redaktion bis heute das
ideologische Hauptquartier der Reformbefürworter sind. Daß der Duden
durch gelbe Hinterlegung der von ihm favorisierten Varianten
suggeriert, das seien die "richtigen", steht in expliziten Gegensatz
zu den Wünschen des Rechtschreibrats. Wie aber schon gesagt, kommt
dem Duden keinerlei amtliche Funktion zu.

Es ist niemandem vorzuwerfen, wenn er von dieser entlegenen Materie
nichts versteht. Erstaunlich ist aber, wenn jemand unter Berufung auf
einen obsoleten Duden von 2001 (es folgten danach zwei weitere Reformen,
die Neuausgaben nach sich zogen) und gegen leicht zugängliche Evidenz
(z.B die Online-Dokumentationen von Ickler, aber auch der WP-Artikel
'Reform der deutschen Rechtschreibung von 1996', vgl. unten abgedrucktes
Zitat) seine beschränkten Einsichten als Wahrheiten in die Welt hinausposaunt.


"In Folge der Rechtschreibreform und ihrer verschiedenen
Nachänderungen erhöhte sich die Anzahl der möglichen Schreibvarianten
deutlich. Dies war von den für die Reform verantwortlichen Gremien,
zuletzt auch vom Rat für deutsche Rechtschreibung, durchaus so
gewollt. Der allgemeine Schreibgebrauch sollte weiterhin beobachtet
und dann als Grundlage für eventuelle weitere Festlegungen
herangezogen werden. Duden und Wahrig sind allerdings darauf bedacht,
dabei die Entwicklung in bestimmte Richtungen zu steuern - entgegen
der Intention des Rates. Zu diesem Zweck sind im Duden (24. Auflage)
die empfohlenen Schreibweisen deutlich gelb unterlegt."
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das ist wirklich kompletter Unfug. Die Reformen von 2004 und 2006, die
von der KMK und dem von ihr eingerichteten Rat für Rechtschreibung
vorgenommen wurden, haben vielmehr gerade bei Fremdwörtern in hoher
Zahl gleichberechtigte Varianten zugelassen. Sogar das
Online-Wörterbuch elexiko des IDS sieht sich daher genötigt,
Platitüde
als "Variante in alter Rechtschreibung" und nicht als
"veraltet" oder "obsolet" zu kennzeichnen; die Schreibung wird damit
als in Schulen und Behörden zulässig gekennzeichnet.

Wenn "Platitüde" nunmehr an offizieller Stelle als "Variante in alter Rechtschreibung" und damit als zulässig für Behörden und Schulen gekennzeichnet ist, nehme ich hiermit meine Aussage zurück bezüglich falscher Schreibung nach der Rechtschreibreform.

Ich bezog mein Wissen aus dem Duden von 2001, wonach "Platitüde" als alte Schreibung und demnach als nicht mehr zulässig nach Ablauf der Übergangsfrist gekennzeichnet war. Allerdings, weil auf die inzwischen nicht mehr aktuelle Ausgabe hingewiesen wurde: zumindest im Online-Duden ist "Platitüde" ebenfalls nicht als "Variante in alter Rechtschreibung" und damit als zulässig dargestellt, sondern als "frühere Schreibung". Unter "früherer Schreibung" würde ich keine zulässige Schreibung vermuten. Aber wie ich hier gelernt habe, stellt der Duden offenbar auch nicht die Referenz dar für die Handhabung der Rechtschreibung.

Also gut, dann wünsche ich weiterhin noch schöne "Plattitüden", oder "Platituden" oder sogar noch "Platitüden".:)
 
Da an der Sprachenfront gerade Waffenruhe einzukehren scheint :p nutze ich die Gelegenheit auf das Eingangsthema zurückzukommen:

Denn ich habe neulich im Radio eine Vorabkritik zu dieser CD gehört, die am 14.1. erscheinen soll.

Die Künstlerin Nadine Germann steht mit ihren gerade mal 30 Jahren ja ausserhalb des Verdachtes Rio aus einer spätachtundsechziger Nostalgie heraus zu verehren - stattdessen brachte die biographische Nähe sie wohl auf die Idee den alten Songs neues Leben einzuhauchen.

Soweit man aus den Hörschnippseln bei amazon heraushören kann braucht man zumindest nicht fürchten, einen zeitgeistkonformen weichgespülten "Rio light" zu erhalten, sondern eher Musik mit Ecken und Kanten, die den Texten gerecht werden.

Just my two cents
LG Monaco
 

Nun, lassen wir doch mal gut sein, denn die Frage ist ja nun hinreichend
geklärt.

Vielleicht sind aber noch ein paar Sätze zur Hintergrundsinformation
nützlich:

1. In der Kaiserzeit gab es tatsächlich ein "Duden-Privileg", weil
u.a. Rivalitäten zwischen den Akademien das Zustandekommen eines
nationalen Wörterbuchprojekts verhinderten. Dieses Privileg ist
natürlich längst perdu, dennoch suggeriert der Dudenverlag sein
Fortbestehen mit dem (juristisch unanfechtbaren) Werbespruch "ihr
maßgeblicher Ratgeber in Zweifelsfällen" ("maßgeblich", nicht:
"amtlich".

2. Auch der "Führer" hatte eine Rechtschreibreform initiiert (1944),
die wegen des Krieges nicht ausgeführt wurde und die natürlich
ideologisch motiviert war.

3. Die aktuelle Rechtschreibreform teilt mit jener die ideologische
Motivation: diesmal ging es um die Durchsetzung eines linken, von der
GEW und einigen Lehrerverbänden getragenen `emanzipatorischen'
Projekts, nämlich um die Befreiung unterprivilegierter Kinder aus den
Klauen konservativer Lehrer, welche der Elitesprache verpflichtet
seien. Ziele waren u.a. die radikale phonetische Schreibung (der keiser isst opst,
der apt al im bot
) und die radikale Klein- und Getrenntschreibung.
Auf die Idee, die aufzubringenden Mittel stattdessen in Förderunterricht für
benachteiligte Kinder zu investieren und im übrigen die Gewichtigung
der Rechtschreibung bei der Notenbildung herabzusetzen, kam man nicht.

4. Diese ideologische Motivation führte unvermeidlich zu einem
Zielkonflikt mit der herkömmlichen Aufgabe eines derartigen
Wörterbuchs, nämlich den aktuellen Sprachgebrauch zu dokumentieren und
als Orientierungshilfe zur Verfügung zu stellen. Denn nun wurden
Dinge verordnet, die der aktuellen Sprachentwicklung einfach
entgegenliefen, z.B. weite Bereiche der Getrenntschreibung. Ein
Kompositum wie "wohlverdient" reflektiert, daß die beiden Wörter
im Empfinden der Sprachgemeinschaft zu einem Begriff zusammengewachsen
sind. Wenn daher, um einen berühmten Fall anzuführen, ein
SZ-Redakteur in einer Rezension von W. Kaiser den Schlußsatz "der
Preis ist wohlverdient" zu "wohl verdient" unwandelte, handelte er
damit kontra-intuitiv und verwandelte das Lob fast in eine
Beleidigung. Als Folge dieses Konflikts und unter politischem Druck
der Kultusminister, die endlich Ruhe an der Rechtschreibfront haben
wollten, nahm man solche Dinge im Laufe der 2000er Jahre
scheibchenweise zurück, ohne aber eine Überarbeitung des
zugrundeliegenden Regelwerks anzugehen. Die aktuellen Wörterbücher
widersprechen daher oft ihren eigenen Regeln.

5. Daß es soweit gekommen ist, hat auch damit zu tun, daß die
Hauptverfachter der Reform die wichtigsten Fachleute aus der Sprachwissenschaft
im Laufe der Jahre aus den Gremien hinausgemobt haben; man kann Namen wie
Ickler, Munske und Eisenberg ergoogeln und dazu näheres finden.

6. Mit alldem ist nicht gesagt, daß man nicht mit guten Gründen für
eine Rechtschreibform, auch eine 'linke', sein könnte. Die Holländer etwa haben sie schon
vor dem Krieg gemacht, um ihre Orthographie möglichst phonetisch zu
halten, was ihnen so lustige Dinge wie die Doppelvokale ("aanbinden")
beschert hat. Aber eine solche Reform muß sprachwissenschaftlich
und nicht ideologisch basiert sein.

Zum Einstieg in die Materie empfehle ich
http://www.vernuenftig-schreiben.de/dokumente/ickler_regelungsgewalt.pdf
mit dem einschränkenden Hinweis, daß es sich um die Arbeit eines
Reformgegners handelt.
 
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Friedrich, irgendwann kriegst Du das Bundesverdienstkreuz für Erwachsenenbildung! Danke.
 
Et tu, Brute?:p
 
Der heißt nur A-170 (ich würde Mercedes verklagen!:D). Aber die Agraffen aus dem Phoenix-Paket sollten schon sein (Ausschwingzeit). Vielleicht auch noch das Elfenbein. Den Rest , wie z.B. die pppp-Einrichtung (6.000,-???) brauch ich auch nicht - bzw. kann es nicht bewerten. In der Ausstellung war ja keiner mit Carbon-Resoboden.
 
„Er plustert sein Gefieder auf und steht in Hab-Acht-Stellung,
wenn die Rechtschreibkommission mal wieder an der Orthographie rumfummelt.
Zwitschert empört, wenn andere den Firlefanz nicht mitmachen.“
Das ist vollendeter Quatsch. Wie man meiner Schreibweise unschwer entnehmen kann, mache ich den Firlefanz gar nicht mit. Mit deiner Anmerkung, daß "Plattitüde" eine falsche Schreibweise sei, ging's doch um ganz etwas anderes, nämlich eine Auseinandersetzung auf Nebenschauplätze zu verlegen; der 'Fehler' war einfach zu willkommen, um ihn nicht mit bissigen Kommentaren auszuschlachten. Mir die "Plattitüde" anzukreiden, war nur leider ein Lapsus – da hast du halt Pech gehabt und ich Glück.
Auch dir wird es gegeben sein, über gelegentliche Schreibfehler großmütig hinwegzusehen, sonst dürftest du im Kampf gegen Schreibfehler in diesem Forum kaum noch in den Schlaf finden; außerdem solltest du dann deine eigenen Beiträge sorgfältiger Korrektur lesen: Im Beitrag https://www.clavio.de/forum/182198-post121.html hast du zwar inzwischen die "Atmospères" korrigiert, aber man findet dort neben der "Wahrnnehmung" immer noch die "Repitition". Wir vertippen uns alle mal, selbst dir unterlaufen offensichtlich gelegentlich Falschschreibungen von Fremdwörtern – niemandem, der sich ansonsten halbwegs Mühe gibt, ist das anzukreiden. Wollte ich das tun, vielleicht hätte ich dann Pech und du Glück, und die "Repitition" ist nachweislich irgendeine alte Schreibweise oder etymologisch begründbar?
 
'n Abend, Kernbeisser!

Mir die "Plattitüde" anzukreiden, war nur leider ein Lapsus –
da hast du halt Pech gehabt und ich Glück.

Verstehe ich nicht - das mußt Du mir erklären. Nicht ich habe den Begriff
in seiner meschuggenen Schreibweise benutzt und die Schreibweise
per Verweis auf den Rechtschreibrat zu rechtfertigen versucht.

...ging's doch um ganz etwas anderes, nämlich eine Auseinandersetzung
auf Nebenschauplätze zu verlegen; der 'Fehler' war einfach zu willkommen,
um ihn nicht mit bissigen Kommentaren auszuschlachten.

Es fügt sich alles so schön zusammen: Stephans Neujahrsgruß,
den zu verunstalten Du um Deiner Selbstdarstellung willen für nötig befunden hast
(Du hättest ja einfach schweigen können), Dein moquanter Kommentar zu Rio Reiser,
Deine Ferndiagnosne über Chiarina, die Du überhaupt nicht kennst,
zuguterletzt Dein Beckmesserischer Auftritt mir gegenüber.

Auch dir wird es gegeben sein, über gelegentliche Schreibfehler großmütig hinwegzusehen,
sonst dürftest du im Kampf gegen Schreibfehler in diesem Forum kaum noch in den Schlaf finden...

Ich finde kaum Schlaf - aber Dich dafür als Ursache in Erwägung zu ziehen,
wär zuviel der Ehre.

Wenn Du übrigens ein Anhänger der alten Rechtschreibung bist - geschieht das Kleinschreiben
der Anredepronomina bei Dir vorsätzlich und korrespondiert mit dem Fehlen von Anrede und Gruß?
In schönem Kontrast zu Deinem sonst so distinguierten Auftreten -
ein Ausdruck Deiner Geringschätzung?

Gruß, Gomez
 
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Zitat von Gomez de Riquet:
Wenn das der Führer wüßte!

Nun, lassen wir doch mal gut sein,
denn die Frage ist ja nun hinreichend geklärt.

Wenn man davon absieht, daß der Löschtrupp wieder unterwegs war
und meine Replik auf Mindenblues' letzten Beitrag hat verschwinden lassen.
Ich hatte Mindenblues nur gefragt, ob sein Dauerlachkrampf jetzt beendet sei,
weil die inkriminierte Schreibweise

nunmehr an offizieller Stelle als "Variante in alter Rechtschreibung"
und damit als zulässig für Behörden und Schulen gekennzeichnet ist

und hatte ihn mit sanfter Ironie darauf hingewiesen,
daß in puncto Orthographie vom Privatbürger kein Gesetzesgehorsam verlangt wird.

Was ist daran nun anstößig?

Wenn das die Rechtschreibkommission wüßte!

.
 
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anstößig ist hier lediglich zweierlei:
1. mit Sturheit die exzellenten Erklärungen von sla019 über weite Strcken hin nicht wahrzunehmen
2. den Faden mit der Aufnahme von pppetc in pseudotriumphaler Manier a la ätschi, du spielst ja flache Schlagerchen zu kontaminieren

...was das Löschen betrifft: nimm´s wie das kapriziöse Wetter... im einen Dorf verhagelt´s die Ernte, im anderen nicht, und keiner weiß, warum :rolleyes:
 
...
und hatte ihn mit sanfter Ironie darauf hingewiesen, daß in puncto Orthographie
vom Privatbürger kein Gesetzesgehorsam verlangt wird.

Was ist daran nun anstößig?

Also zumindest ich fand an der Nachricht gar nix anstößiges, und habe mich über das Löschen auch gewundert.
Und wollte auch eigentlich darauf antworten und zugeben, dass mir das Lachen tatsächlich erstmal etwas vergangen war, weil ich zu sicher von etwas überzeugt war, was eben doch keine gesicherte Erkenntnis meinerseits war. Hatte nur deshalb nicht geantwortet, weil zwischenzeitlich eine Nachricht zum Themenfaden kam, was ich dann auch nicht mehr durch Off-Topic stören wollte.
 
Also zumindest ich fand an der Nachricht gar nix anstößiges,
und habe mich über das Löschen auch gewundert.

Vielen Dank für die Information, Mindenblues!

Dann kann man ja nicht einmal sagen,
daß Dimo in vorauseilendem Gehorsam gehandelt hat.

Was motiviert ihn - außer daß er pppetc und mir nicht sehr zugetan ist
und die Hand schon in Mausnähe hält, sobald er Beiträge von uns liest?

Könntest Du, Dimo, zur Lösung des Rätsels beitragen?

.
 
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Danke, Friedrich! Der Text ist sehr informativ. Ich hab die ganze Sache mit der neuen Rechtschreibung ja nur indirekt mitbekommen, weil ich 1996 noch ganz andere Sorgen hatte :D

Man kann zweifellos auch heute noch ganz andere Sorgen haben ;). Aber immerhin lehrt doch ein Blick in diese Geschichte, welches Beziehungsgeflecht zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sogar auf einem so entlegenen Gebiet existiert.

Schöne Grüße,

Friedrich
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hi, pppetc, was würdest Du ohne Youtube machen?
 
hier ist ja tatsächlich der hardcoretalk los :D
Gefaellt-Mir-Facebook.gif
 

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