Am-F-C-G = vi-iV-I-V?

nicht dass es dich ergrimmt, aber dieser "Rheingold-Akkord" hat in seinem Kontext leitmotivische Funktion, wird im Verlauf des gesamten Nibelungenrings also als thematisch (eben für das Rheingold) wahrgenommen - der Name ist also nicht ganz grundlos. Ähnlich ist es ja auch mit dem "Chopinakkord", der oft genug schon bei Mozart, Haydn und Beethoven auftaucht ;)

Mal eine blöde Frage, bin theoretisch echt nicht bewandert: Ich kenne den berühmten Tristan-Akkord aber Rheingold- und Chopinakkord kenne ich nicht. Gibt es noch andere nach Musikern oder Stücken benannte Akkorde die man kennen sollte?
 
Gibt es noch andere nach Musikern oder Stücken benannte Akkorde die man kennen sollte?
ja, es gibt ein paar - z.B. noch den "mystischen Akkord" von Skrjabin c-fis-b-e-a-d (-g)

der "Chopinakkord" ist ein D7 mit Sextvorhalt, z.B. g-f-h-e - der Name kommt, weil Chopin solche Akkorde auffallend oft verwendete

der Rheingoldakkord ist der typische Anfangsklang eines Leitmotivs, das sich durch alle vier Opern des Nibelungenrings zieht

der Tristanakkord f-h-dis-gis hat ebenfalls seinen Platz in einem wiedererkennbaren typischen Leitmotiv, seine Besonderheit ist aber, dass er in einen Septimakkord "aufgelöst" wird und dass er vieldeutig ist.

jedenfalls sind diese Akkorde (und Akkordfolgen) derart bekannt, dass man sie lieber umgehen sollte (ich denke da an Bruckner, der sich beim komponieren fragte: "wagnerlt´s?", dann änderte und zufrieden konstatierte: "jetzt wagnerlt´s nimmer") :)

übrigens gibt es noch mehr auffallende Akkorde und Akkordfolgen, die einen eigenen Namen erhalte haben, aber die alle aufzuzählen dürfte unnötig sein (sie sind sozusagen exotisch, man käme von allein nicht darauf, sowas zu machen)
 
Wenn ich mich nicht verrechnet habe, stehen bei Cmaj7 die Töne im Verhältnis 8:10:12:15. Der Basston der solche Partialtöne hat müsste dann drei Oktaven tiefer liegen.

Um das nachzuvollziehen musst du überhaupt nicht großartig rumrechnen. Wer die Obertonreihe kennt, der weiß, dass ein einzelner Ton aus der Oktave, Quinte etc besteht (im Prinzip kommt der ganze Durdreiklang vor) und das in einer bestimmten Reihenfolge, was einige Obertöne präsenter macht als die anderen. Da die Quinte "direkt" den zweiten Oberton darstellt, wird sie oft vom Ohr vervollständigt. Die Terz in einem Cmaj7 beinhaltet also auch das h (maj7), da es die Quinte ist.
 
Um das nachzuvollziehen musst du überhaupt nicht großartig rumrechnen. Wer die Obertonreihe kennt, der weiß, dass ein einzelner Ton aus der Oktave, Quinte etc besteht (im Prinzip kommt der ganze Durdreiklang vor) und das in einer bestimmten Reihenfolge, was einige Obertöne präsenter macht als die anderen. Da die Quinte "direkt" den zweiten Oberton darstellt, wird sie oft vom Ohr vervollständigt. Die Terz in einem Cmaj7 beinhaltet also auch das h (maj7), da es die Quinte ist.
Ja, der Dur kommt als Verhältnis 4:5:6 bei reiner Stimmung vor. Beim Moll wird die Interpretation mit den Obertönen schwierig, weshalb ich mich von Oberton-Erklärungen verabschiedete und das Intervall im Verhältnis zum Grundton betrachte. Dann ließe sich die kleine Terz als "um ein enger geschnürte" große Terz sehen, wobei die große Terz mit 5:4 dermaßen gerade und einfach ist, dass 6:5 als in der Nähe liegendes Teiltonverhältnis noch als Terz-ähnlich erkannt wird, aber eingeschnürt klingt und den Dreiklang trübt. Allerdings weiß ich nicht, inwieweit solche Erklärungsversuche zutreffen.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass wir modale Tonleitern gewohnt sind wo zwangsläufig Dreiklänge auch im Moll vorkommen und wir diese deshalb als tonleitereigene Dreiklänge auch als harmonisch stabil und nicht auflösungsbedürftig wahrnehmen, obwohl das Obertonspektrum des einzelnen Molldreiklangs keine befriedigende Erklärung des harmonisch akzeptablen Klangs liefert.
 
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Statt rumzurechnen und sich mit der Physik der Obertonreihe zu beschäftigen und auf diese Weise allerhöchstens kognitive Einsichten in die Zusammenhänge zu bekommen (die vielleicht aber immer noch falsch sind), solltet Ihr lieber den zweckmäßigen, der Sache angemessenen Weg beschreiten:

Nämlich sich mit Harmonik und Polyphonie der europäischen Musik der letzten Jahrhunderte hörend (!!!), analysierend, lesend auseinanderzusetzen und dadurch die Entwicklung der Hörgewohnheiten wirklich nachzuempfinden und damit auch wirklich zu verinnerlichen, warum der und der Ton in der und der musikalischen Stilistik / Epoche als spannungsreich oder nicht empfunden wird.

Meiner Meinung kann, wer z.B. nicht hören kann, was in einem Mozart-Stück im Vergleich zur damaligen Zeit spannungsreich und besonders ist (sondern z.B. sagt: "Wieso, für mich klingt das alles nach konsonanter alter Musik -gimme Herbie Hancock!"), auch Jazzharmonien nicht wirklich verstehen. Er ist, wenn er sich selber in Jazz versucht, wie ein Computernutzer, der sich für computerkompetent hält, weil er Word und Excel bedienen kann, weiß, was "Strg-V" bedeutet und sogar in der Systemsteuerung einigermaßen durchblickt. Dabei ist er gegenüber den echten Computerbescheidwissern, die programmieren und / oder die Hardware genau kennen, ein absoluter DAU.

LG,
Hasenbein
 
Naja, solches Herumgerechne bringt mir schon ein gewisses Verständnis, wobei ich beim Lesen der Jazz Inventions von Bill Cunliffe mit solchen Ansätzen natürlich nicht weiterkomme. Erst das Hören und selbstspielen bringt mir die Sache näher. Mir ist klar, dass ich Jahrzehnte Jazz und Jahrhunderte abendländische Musik nicht mit der Obertonreihe und Quintenstapelung erkläre, zumal sich die Frage der Konsonanz ohnehin nur im historischen Kontext klären lässt.


Mal eine blöde Frage, bin theoretisch echt nicht bewandert: Ich kenne den berühmten Tristan-Akkord aber Rheingold- und Chopinakkord kenne ich nicht. Gibt es noch andere nach Musikern oder Stücken benannte Akkorde die man kennen sollte?
Ich kannte nicht mal diese Akkorde – und hatte keine Ahnung, dass Fünfklänge sinnvoll verwendet werden.
 
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Naja, solches Herumgerechne bringt mir schon ein gewisses Verständnis, wobei ich beim Lesen der Jazz Inventions von Bill Cunliffe mit solchen Ansätzen natürlich nicht weiterkomme. Erst das Hören und selbstspielen bringt mir die Sache näher. Mir ist klar, dass ich Jahrzehnte Jazz und Jahrhunderte abendländische Musik nicht mit der Obertonreihe und Quintenstapelung erkläre, zumal sich die Frage der Konsonanz ohnehin nur im historischen Kontext klären lässt.

Der springende Punkt ist folgender:
Dem Verständnis zur MUSIK selbst bringt es dich nicht näher. Oder verstehst du auf einmal, dass die maj7 keine Leittonfunktion besitzt, nur weil du es dir mathematisch herleiten kannst?
Der Grund für das Verständnis ist nebensächlich. Ich erinnerte mich daran auch nur, weil es da auch eine kleine Diskussion mit meinem Dozenten gab. Tatsache ist aber auch, dass genauso derselbe Klang, den man grade einzeln betrachtet, in einem anderen Kontext eine andere Funktion einnehmen könnte; Und da musst du einfach hinhören... Mit Verhältnisse zwischen den Tönen hat das nichts zu tun.
 
Ja, es ist völlig witzlos, zu wissen, daß der Leitton Leitton ist o.ä.

Man muß es hören (und zwar sozusagen als reflexhafte Reaktion, als innerlich gefühlten Drang), daß der Leitton sich nach oben auflösen will. Sonst hat man eigentlich noch gar nichts verstanden.

Das ist ganz ähnlich, wie man als Jazzspieler reflexhaft wahrnehmen muß, wenn ein Akkord nicht zum Umfeld dazupaßt (z.B. ein zu spannungsarmer Akkord inmitten von lauter optionstonangereicherten Klängen).

Und der Weg dahin ist nicht, erst Theoriebücher zu wälzen, sondern die Phänomene bewußt hörend zu erfahren und daraus dann Schlußfolgerungen zu ziehen.

LG,
Hasenbein
 
Ach so: Man lese mal Ernst Tochs "Die gestaltenden Kräfte der Musik"! Sehr lohnendes Buch!

U.a. bringt er darin Beispiele aus berühmten Kompositionen, wo ein, isoliert stehend, an sich völlig konsonanter Klang in einem bestimmten Kontext auf einmal spannungsreich und auflösungsbedürftig klingt.
 
Der springende Punkt ist folgender:
Dem Verständnis zur MUSIK selbst bringt es dich nicht näher. Oder verstehst du auf einmal, dass die maj7 keine Leittonfunktion besitzt, nur weil du es dir mathematisch herleiten kannst?
Ja.

Cmaj7 bauscht einen nicht gespielten Basston in seinem Obertonspektrum auf, alle Töne des Akkords führen auf einen gemeinsamen Punkt der zudem durch das C (nur in einer anderen Oktave) deutlich wird. Der Leitton wird dann von uns anders gedeutet. Ich finde es interessant, herauszufinden, wie das Gehirn den Höreindruck der vieldeutig interpretierbaren Töne auswertet.

Die starke Strebewirkung vom Dominantseptakkord zur Tonika kann ich mit Obertönen allerdings nicht erklären, hier ergeben Hasenbeins angesprochene Stimmenführungsregeln offenbar wesentlich mehr Sinn.

Der Grund für das Verständnis ist nebensächlich. Ich erinnerte mich daran auch nur, weil es da auch eine kleine Diskussion mit meinem Dozenten gab. Tatsache ist aber auch, dass genauso derselbe Klang, den man grade einzeln betrachtet, in einem anderen Kontext eine andere Funktion einnehmen könnte; Und da musst du einfach hinhören... Mit Verhältnisse zwischen den Tönen hat das nichts zu tun.
Den Grund, warum ich in einem Zusammenhang dieses und in einem anderen Zusammenhang jenes höre, finde ich interessant.

Das Problem von einem Anfänger wie mir (Klavierspiel-Unterricht seit Mai 2011) ist sicherlich, mit wenig Wissen und magerer Praxiserfahrung vorschnell zu Schlüssen zu gelangen welche den wichtigen Kontext übersehen.
 
Ja, es ist völlig witzlos, zu wissen, daß der Leitton Leitton ist o.ä.

Man muß es hören (und zwar sozusagen als reflexhafte Reaktion, als innerlich gefühlten Drang), daß der Leitton sich nach oben auflösen will. Sonst hat man eigentlich noch gar nichts verstanden.
Dur und Moll erkannte ich nach Gefühl in der Melodie bevor ich überhaupt Dreiklänge kannte, rein aus Erfahrung "das nennt man Dur", "das nennt man Moll". Dass man ein Lied in unterschiedlichen Tonarten spielen kann war keine Neuheit, da wir in der Familie zwei Flöten hatten, eine in f' und eine in c''.

Im Alter von etwa 12 Jahren hatte ich ein paar Monate Akkorderonunterricht an einer Musikschule. Am Akkordeon faszinierte mich der Wohlklang von c''-g'-c'' sowie die Melodie-abschließende Wirkung dieser Tonfolge.

Als ich später mal was vom Leitton las (ohne dass angegeben war was das genau ist) war mir klar dass damit in C-Dur H gemeint sein muss. Alle diese Sachen fand und finde ich so interessant, weil sie eine bestimmte, wiederholbare Wahrnehmung erzeugen. Mein Interesse an dem Warum resultiert aus der starken sinnlichen Wahrnehmung.


Ach so: Man lese mal Ernst Tochs "Die gestaltenden Kräfte der Musik"! Sehr lohnendes Buch!

U.a. bringt er darin Beispiele aus berühmten Kompositionen, wo ein, isoliert stehend, an sich völlig konsonanter Klang in einem bestimmten Kontext auf einmal spannungsreich und auflösungsbedürftig klingt.
Laut Beschreibung geht es auch um Kontrapunkte und Formen. Von kontrapunktischer Stimmenführung habe ich mal was gehört, ohne es im Ansatz verstanden zu haben; "Form" klingt im Zusammenhang nach Gestaltentheorie; das Buch richtet sich vermutlich an Fortgeschrittene?
 
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das Buch richtet sich vermutlich an Fortgeschrittene?

Wer verstehen WILL, wird auch verstehen (wenn auch vielleicht einige Vorarbeit oder zusätzliche Verständnisarbeit erforderlich sein wird).

In dem Buch sind Notenbeispiele aus bekannten Stücken; man kann sich die CDs mit der Musik kaufen, ggf. noch Partituren besorgen, und die Beispiele nachhören und Tochs Beobachtungen nachvollziehen.
 
Ich glaube, jetzt herausgefunden zu haben wie diese Folge zu deuten ist: Am-F-C-G.

Diese Progression ist keine Neuheit, wenn man sich die Akkorde in gängigen Songs ansieht. Transponiert zu C-Dur sind zum Beispiel C-Am-F-G geläufig, oder auch C-F-Am-G. Zwar werden die gleichen Akkorde genutzt, aber in einer anderen Reihenfolge. Extrem oft findet man auch C-G-Am-F.

C-G-Am-F entspricht in den ersten drei Akkorden dem Kanon in D von Pachelbel. Man könnte von einer verkürzten Kanon-Akkordfolge sprechen, wobei die Zahl der Takte von 8 auf 4 und die Zahl der unterschiedlichen Akkorde von 5 auf 4 reduziert ist.

Aus funktionsharmonischer Sicht beginnt man mit der Tonika, bestätigt sie mit der Dominante, bestätigt sie erneut mit der Mollparallele und spielt dann die Subdominante damit alle sieben tonleitereigenen Töne in den Akkorden mal vorkommen und schließt mit dem nächsten Akkord, wieder Tonika, die plagale Kadenz.

Beginnt man diese Folge mit Am und spielt sie in der Reihenfolge weiter ab, hat man Am-F-C-G. Man beginnt also mit der Mollparallele, geht zur Subdominante der Tonika und klettert ein paar mal die Quinten hoch, um dann trugschlüssig wieder die Parallele zu spielen.

Jedenfalls ist die Akkordfolge nicht neu, sondern einfach die 08/15-Folge nur eben mit einem anderen Startpunkt.
 
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Sag mal, hallo, McFly, jemand zu Hause?

Ich hab es doch schon auf Seite 1 des Threads hinreichend erklärt! Und auch, daß man eben nicht einfach sagen kann, daß C-Dur die Tonika ist!

Was soll dieses Posting?
 
Die Ableitung dieser Progression von Pachelbel bzw. einer daraus abgeleiteten Pop-Akkordfolge wurde bislang nicht erklärt, nur das Tonika-Konzept. Bei dieser Folge erscheint es mir jetzt sinnvoll, die Funktionen von C-Dur aus zu betrachten auch wenn man mit dessen Mollparallele beginnt und endet. Oder andersherum, dass die Funktionen außer Tonika jeweils in der Durparallele gespielt werden. Soweit ich weiß, sind zumindest im Pop III und VII keine gebräuchlichen Akkorde, so dass man statt i-VI-III-VII lieber vi-V-I-IV notiert.

edit: Auch das Enya-Lied in "Die Gefährten", nach Gandalfs Absturz nutzt diese Progression. Hier höre ich den zweiten Akkord (VI) als klar subdominantisch und V als Dominante, I als Parallele. Obwohl 3/4 der Akkorde in Dur sind, zieht sich aber eine Mollstimmung durch das Lied.
 
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Es lässt mir keine Ruh. In einer Neo-Riemann-Interpretation könnte man behaupten, dass sich die Funktion einer Stufe von 1 bis 8 mit Molltonika genau rückwärts zur Dur-Funktion (ebenfalls bis 8 durchgezählt) sehen lässt.

Das hieße, Am-F-C-G, gezählt von A aus 1-6-3-7, wäre in Dur-Stufen 'umgerechnet' folgendermaßen zu deuten: 1-3-6-2.

Also Tonika, Gegenklang, Parallelklang, Doppeldominante. Das entspräche immerhin grob meinem Hörempfinden.

In riemannscher Sichtweise wären Stufen 2 und 3 nur die Parallen von 4 und 5. Darauf reduziert, hätte man 1-5-6-4. Also die extrem typische I-V-vi-IV-Folge.

Die Frage ist natürlich, was das Jonglieren mit Zahlen bringt. Wenn man lange genug dies nach da schiebt oder mal was rückwärts liest, kann man von jeder Sache zu jeder Sache kommen ohne dass ein echter Zusammenhang besteht.

edit: Inzwischen halte die oben gezeigte Herleitung für weitgehenden Mumpitz. Die ganze Akkordfolge wäre wesentlich einfache zu deuten als vi-IV-I-V, wobei vi als Parallele zu I Tonika-Charakter hat.
 
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