Alter Steinway-restaurieren?

  • Ersteller des Themas tastenliesl
  • Erstellungsdatum

T

tastenliesl

Dabei seit
11. Jan. 2010
Beiträge
3
Reaktionen
0
Hallo zusammen,

ich hätte eine Frage an die Klavierbauer hier im Forum-
mein Traum ist in Erfüllung gegangen, denn der Steinway meiner Schwiegereltern durfte in unsere Wohnung ziehen. Leider ist das gute Stück schon etwas älter (Modell M170 von Anfang 50er Jahre), wurde lange nicht gestimmt und kaum gespielt. Das hört man und vor allem merkt man es auch beim Spielen. Die mittleren Tonlagen sind recht dumpf, wie in Watte, die höheren dafür eher metallisch. Am störendsten ist aber, dass eine ausgewogene Dynamik kaum möglich ist, vor allem bei leisen, schnelleren Stellen, hier kommt entweder gar kein Ton oder er "knallt" gleich raus - damit gibt es dann insgesamt so ein undurchsichtiges Gewuschele (wobei ich gar nicht abstreiten will, dass das nicht auch am Spieler liegen kann...)
Ich habe jetzt mal einen Sachverständigen von einer Steinway-Reparaturwerkstatt draufschauen lassen- und er schlägt eine Reparatur von so ziemlich allem vor, inkl Ersatz der Hämmer, neuer Saiten und Reparatur eines Risses im Resonanzboden. Das Ganze würde in einer Steinway-Fachwerkstatt durchgeführt werden, sicher sehr fachmännisch, aber eben auch mit den entsprechenden Preisen, die leider den Füllungstaind unserer Portokassen etwas überschreiten (Kostenvoranschlag ca 14.000 Euro!).
Daher meine Frage: ist nicht auch mit etwas weniger Aufwand (zB Hammerköpfe nur abziehen, Mechanik regulieren) ein erfreuliches Ergebnis machbar? Wie dringend muss ein Riss im Resonanzboden repariert werden?
Und, rein theoretisch, würde sich eine so umfangreiche Reparatur überhaupt lohnen? Kann man damit den typischen Steinway-Klang und das Spielgefühl wiederherstellen? Oder investiert man da nicht lieber irgendwann mal in ein neueres Modell?

Vielen Dank für eure Hilfe!
 
Und, rein theoretisch, würde sich eine so umfangreiche Reparatur überhaupt lohnen? Kann man damit den typischen Steinway-Klang und das Spielgefühl wiederherstellen? Oder investiert man da nicht lieber irgendwann mal in ein neueres Modell?

Um Himmels willen. Wenn S&S 14.000 veranschlagt, ist das auch preiswerter zu machen - und dann hast Du einen richtig tollen M aus den 50ern. Was kostet ein neuer M? 70 TEUR? Die Reparatur lohnt auf jeden Fall - solange der Reso-Boden nicht total im A... ist.

Bis auf den Riss hatte ich die gleichen Probleme bei meinem zwar jüngeren, aber dafür total plattgeklopften F44. Hier siehst Du die Renovierung: http://www.youtube.com/watch?v=6dXUgPVjnD0.

Jetzt ist der Flügel ein Traum! (bitte - der Klang bei YT entspricht überhaupt nicht der Realität!!!)


Ach ja: Liesl, herzlich willkommen hier!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
tastenlies, eins mal vorneweg:

Durch entsprechende fachmännische akustische Sanierung darfst du einen erstklassigen Steinway-Sound und vor allem auch Spielgefühl nach der Sanierung erwarten.

Weiterhin, es geht garantiert auch preislich günstiger ohne große Qualitätseinbußen, wenn überhaupt. Mein S&S, Model O Bj. 1935 wurde für ca. 10T€ akustisch komplett saniert - neue Saiten, neue Mechanik, Resonanzbodenaufarbeitung, neue Stifte oder wie der Kram heißt, und Neuintonation natürlich. Schreibe mir eine PM, wenn du willst, dann gebe ich dir die Adresse und Tel.-Nr. der Werkstatt. Höre dir einfach mal bei einem S&S-Pianohaus ein akustisch sanierten Flügel an und spiel darauf. Das hatte ich damals gemacht bei Döll/Hannover. Danach fiel die Entscheidung.

Wenn der Flügel aus den 50-er Jahren ist, und nicht so irre viel bespielt wurde, vielleicht muß es nicht gleich eine komplett neue Mechanik sein, vielleicht reicht eine Neubefilzung oder gar ein Abschleifen der Hammerköpfe mit Nachintonation. Vielleicht muß es ja auch nicht unbedingt ein neuer Saitenbezug sein?

Die akustische Auswirkung von Rissen im Resonanzboden werden auch oft überschätzt. Allerdings, wenn der Resonanzboden statt konvex gewölbt, durchhängt wie ein altes Sofa, hat das wohl schon stärkere akustische Auswirkungen. Mein Klavierstimmer sagte, dass sowas früher oder später bei allen alten Flügeln passiert. Das kann man aber wieder tiptop richten, dass der Resonanzboden in amtlicher Spannung ist.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich bin kein Klavierbauer, aber nach allem, was ich bis jetzt gehört und gespielt habe, ist gerade Steinway prädestiniert für eine Restauration. Die meisten und vor allem wichtigsten technischen Entwicklungen von Steinway liegen schon ziemlich lange zurück, so dass man auch bei älteren Instrumenten bei professioneller Restauration im Grunde ein Instrument erhält, dass durchaus mit einem neuen mithalten kann. Das ist z.B. bei Bechstein ganz anders.
Empfohlen werden dafür natürlich S&S Originalteile und S&S-Spezialisten. Wie weit das Geschäftemacherei ist, kann ich nicht beurteilen. Ich denke aber, dass genau das den hohen Preis ausmacht.
 
Vielleicht meint er, dass insofern ein neues nicht mit einem restaurierten Instrument mithalten kann...?;)

Das bedarf aber einer Erklärung.

Für mich gibt es nur zwei Möglichkeiten wie man das verstehen kann:

Die meisten und vor allem wichtigsten technischen Entwicklungen von Steinway liegen schon ziemlich lange zurück ………. Das ist z.B. bei Bechstein ganz anders.

A: Die meisten Erfindungen von C.Bechstein liegen in der näheren Vergangenheit und die alten kann man vergessen.

oder

so dass man auch bei älteren Instrumenten bei professioneller Restauration im Grunde ein Instrument erhält, dass durchaus mit einem neuen mithalten kann. Das ist z.B. bei Bechstein ganz anders.

B: Die älteren C.Bechstein Instrumente können nach einer prof. Restauration nicht mit einem neuen mithalten.
 
Empfohlen werden dafür natürlich S&S Originalteile und S&S-Spezialisten. Wie weit das Geschäftemacherei ist, kann ich nicht beurteilen. Ich denke aber, dass genau das den hohen Preis ausmacht.

Nach den Informationen, die ich von meinem Klavierbauer erhielt (die können natürlich falsch sein), baut Steinway wie auch Bechstein Mechaniken der Fa. Renner ein (die natürlich speziell designed sind bzgl. Hammerköpfen, Filzen etc. entsprechend den Klavierhersteller-Vorgaben). D.h., man würde bei einer Mechanik sowieso nicht eine von "Steinway" oder "Bechstein" einbauen, sondern eine Mechanik von Renner, die für Bechstein oder eine. die für Steinway geeignet ist. Vielleicht kann dies einer der Klavierbauer hier bestätigen oder widerlegen, ob dem wirklich so ist?

Wenn dem so ist, geht es dann ja "nur" noch darum, diese Mechanik amtlich zu justieren, und - vor allem - amtlich zu intonieren. Diese Aufgabe würde ich auch nur Leuten übertragen, die tagein, tagaus nix weiter machen als intonieren und regulieren. Aber ob das unbedingt ein Intonateur von Steinway sein muß?

Und die Saiten werden bestimmt auch nicht von Steinway oder Bechstein gefertigt, sondern irgendwoher bezogen?
 

Nach den Informationen, die ich von meinem Klavierbauer erhielt (die können natürlich falsch sein), baut Steinway wie auch Bechstein Mechaniken der Fa. Renner ein (die natürlich speziell designed sind bzgl. Hammerköpfen, Filzen etc. entsprechend den Klavierhersteller-Vorgaben). D.h., man würde bei einer Mechanik sowieso nicht eine von "Steinway" oder "Bechstein" einbauen, sondern eine Mechanik von Renner, die für Bechstein oder eine. die für Steinway geeignet ist. Vielleicht kann dies einer der Klavierbauer hier bestätigen oder widerlegen, ob dem wirklich so ist?

Wenn dem so ist, geht es dann ja "nur" noch darum, diese Mechanik amtlich zu justieren, und - vor allem - amtlich zu intonieren. Diese Aufgabe würde ich auch nur Leuten übertragen, die tagein, tagaus nix weiter machen als intonieren und regulieren. Aber ob das unbedingt ein Intonateur von Steinway sein muß?

Und die Saiten werden bestimmt auch nicht von Steinway oder Bechstein gefertigt, sondern irgendwoher bezogen?

Hallo Mindenblues,

Deinem Post ist nichts mehr hinzuzufügen. Genau so verhält es sich.:cool:

LG
Michael
 
Naja, nicht ganz.
Die Mechanikteile kommen wie schon geschrieben meist von Renner.
Diese werden dort in Auftrag der jeweiligen Firmen hergestellt. Nun bekommt aber nicht jeder Händler bzw. Stimmer jedes Teil. Vorallem bei den Original Steinway Hammerköpfen wirds für nicht S&S Händler schwer.
Ausserdem werden die S&S Mechanikteile vor Versand/ Einbau (vom Werk in Hamburg, nicht von Renner) schon auf Genauigkeit und Qualität geprüft. So etwas gibt es in anderen Werken eigentlich nicht. Damit wird also Garantiert das nur die besten Teile auch verwendet werden.

Die Saiten werden aber direkt in den Werken gefertigt. Was nicht heißen soll das z.B. ein "Heller" Bass schlechter ist als einer direkt aus dem jeweiligen Werk.

Meine Meinung zum Thema, auch wenn ich da natürlich total befangen bin:
Meinen Audi bringe ich auch in eine Vertragswerkstatt!
 
Hallo,
vielen Dank erst einmal für die zahlreichen hilfreichen Kommentare! So wie sich das anhört, habe ich ja durchaus mit einer nicht kompletten Restauration auch gute Chancen auf eine deutliche Verbesserung (@ fisherman: schöne Doku, das tolle Ergebnis nehm ich dir ab!).
Uebrigens bin ich und auch die Werkstatt in der Schweiz, was vielleicht diese Kosten auch miterklärt (leider)...
Werd jetzt nächste Woche mal die Werkstatt anschauen, um mich vom vorher-nachher live zu überzeugen, und nochmal ein paar Reparaturalternativen besprechen- vielleicht reicht ja im Moment ein Hämmerabziehen und Regulation der Mechanik. Der Riss ist glaube ich nicht sehr ausgeprägt, auf jeden Fall hält die Stimmung und man sieht ihn kaum. Vielleicht kann man ihn auch irgendwann später reparieren...? Wenn der Flügel im Moment nicht in die Werkstatt muss, wäre schon viel gewonnen, nachdem er grad erst in den 2. Stock gehievt worden ist...
 
Nach meinen Informationen hat die Firma Steinway die meisten Entwicklungen in ihren frühen Jahren gemacht und so sehr früh einen extrem hohen Entwicklungsstandard erreicht. Ein gut restaurierter B Flügel aus den 20ern kommt deshalb technisch und auch klanglich - abgesehen von individuellen Unterschieden - einem neuen B sehr nahe.
Bei Bechstein wurde der neue B Flügel erst vor zwei Jahren entwickelt und unterscheidet sich schon allein beim Anschlag deutlich von seinem Vorgänger (ich konnte sogar zwei neue miteinander vergleichen). Wenn ich dann einen Bechstein B aus den 20ern nehme, habe ich im Grunde ein ganz anderes Fabrikat (was nicht heißt das es schlechter ist). Das liegt sicher auch daran, dass Bechstein öfter die Produktionsverfahren und -orte verändert hat als Steinway.
 
Hi just listen,

leider kann ich Dir nicht ganz folgen.

Bei Bechstein wurde der neue B Flügel erst vor zwei Jahren entwickelt und unterscheidet sich schon allein beim Anschlag deutlich von seinem Vorgänger

Meinst Du damit, dass C.Bechstein seinen Modell B von ca. 1900 – 2008 unverändert gebaut hat???

Wenn ich dann einen Bechstein B aus den 20ern nehme, habe ich im Grunde ein ganz anderes Fabrikat (was nicht heißt das es schlechter ist).

Was meinst Du mit „ein ganz anderes Fabrikat"?

Das liegt sicher auch daran, dass Bechstein öfter die Produktionsverfahren und -orte verändert hat als Steinway.

Bechstein war doch von 1853 -1992 in Berlin ansässig und sind dann an ihren jetzigen Standort gewechselt. Oder?

Nach meinen Informationen hat die Firma Steinway die meisten Entwicklungen in ihren frühen Jahren gemacht und so sehr früh einen extrem hohen Entwicklungsstandard erreicht......

….. Bei Bechstein wurde der neue B Flügel erst vor zwei Jahren entwickelt und unterscheidet sich schon allein beim Anschlag deutlich von seinem Vorgänger

Welche technische Unterschiede meinst Du denn??

_________________
Axels
 
Er meint, dass S&S schon Jahrzente nichts geändert hat und deswegen ein S&S Flügel aus 20er sich von einem modernen eigentlich nicht unterschiedet.
Weil S&S vor 80 Jahren auf der selben technischen Ebene war als heute.
Bechstein hat sich in gegenteil die ganze Zeit weiterentwickelt und deswegen kann man einen Bechstein aus den 20er nicht mit einem modernen vergleichen.

Falls ich es falsch kapiert habe zahlt Just Listen einen Dom Perignon für alle! :D :D :D
 
Aber der Steinwaycharakter muss sich auch geändert haben, wenn man nur an die Brandanschläge auf Hamburg im 2. Weltkrieg denkt.

Damit ist der Charakter mehr in Richtung New York gewechselt und die Produktion in Hamburg stagnierte für einige Zeit. Hamburg wurde genauso stark, wenn nicht sogar noch schlimmer, getroffen wie das Bechsteinwerk in Berlin. Das "Glück", welches Steinway hatte, war der Zweitproduktionsstandort in New York.

Aber ich kann mich auch irren. So würde ich das jedenfalls erklären.
 
Naja.
Ein Klaviermacher mit dem ich vor kurzem über S&S gesprochen habe, hat gemeit, dass S&S seit 50 Jahren die selben Instrumente Produziert und eigentlich keine echte Entwicklung gemacht hat... Und ich muss es auch zugeben, ich habe zwar nicht 100 S&S gespielt, hatte aber schon die Gelegenheit verschiedene Epochen zu probieren, und die Instrumente die jünger als 100 Jahre sind, klingen und lassen sich so wie neue spielen... man merkt halt, dass sie alt sind...

lg
emmanuel
 
.....Das "Glück", welches Steinway hatte, war der Zweitproduktionsstandort in New York......

Das Glück das Steinway hatte war nicht nur der 2 Standort New York, sondern eine zur Zeit der Bombardierung schon fast fertig gestellte 2 Fabrik in Hamburg. In der auch heute noch die Produktion ist.

Konstruktionstechnisch hat sich übrigens bei Steinway wirklich sehr sehr wenig getan (zum Glück), allerdings in der Art der Herstellung wurde schon einiges Modernisiert.
 

Zurück
Top Bottom