alter Steinway - Reparieren oder verkaufen?

S

sunmiguel

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26. Nov. 2009
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Hallo, liebe Klavierfreunde,

ich hatte mich vor ein paar Monaten hier im Forum schon einmal vorgestellt. Nachdem ich eine ziemlich stressvolle Zeit mit Hausumbau und Renovierung hinter mir gebracht habe, ist jetzt endlich die Zeit gekommen mich mal etwas ernsthafter mit dem Klavierspielen zu beschäftigen. (Wird auch Zeit, denn die Zeit läuft mit 38 Jahren wohl schon langsam davon...)

Jetzt stehe ich allerdings vor einer schweren Entscheidung und würde mal gerne eure Meinung hören. Vor allem auch mal von den Pianisten unter euch und nicht nur von Technikern.

Also, unser Steinway, Modell New York, S-155, Baujahr 1959 in Nussbaum ist wohl doch nicht so gut in Schuss wie wir das vermutet hatten. Ich habe mittlerweile schon verschiedene Klavierbauer hiergehabt, auch der Michael hat den alten schon an einem Tag ganz fantastisch in Schuss gebracht. Allerdings wären - um einen optimalen Klang herauszuholen - doch neue Hämmer, neue Dämpferfilze und neue Saiten fällig, plus Kleinigkeiten, wie Hammerröllchen, Stiele und Kapseln, Hammerfilze, Steckerleisten erneuern, Spielgewicht verbessern usw. also sozusagen eine technische Generalüberholung. Das beste Angebot das ich von einem Klavierbauer aus Bonn habe, der auch mit amerikanischen Steinways gearbeitet hat, kommt auf 6000-7000 Euro.

Die Klavierlehrerin unserer Tochter, eine nicht ganz unbekannte Konzertpianistin, tendiert eher dazu, uns zu raten, den Flügel zu verkaufen und uns etwas neues, wie z.B. einen kleinen Boston Flügel anzuschaffen. Der würde uns hier 16000 Euro kosten. Sie meint, man könnte den Steinway vielleicht klanglich wieder gut herstellen, aber das Spielgefühl wird nie vergleichbar mit einem neuen Steinway, oder sogar einem neuen Boston sein. Mir persönlich ist das Spielgefühl auch sehr wichtig.

Was denkt Ihr darüber? Kann ich einen alten Steinway wieder so restaurieren lassen, dass er nicht nur toll klingt sondern sich auch so spielt? D.h. dass ich gut Pianissimo spielen kann, die Tastatur so schön "knackig" wie bei nem B oder C modell ist und auch die Töne einheitlich "kommen". (Ich weiss nicht wie ich ein Spielgefühl beschreiben soll aber ich hoffe ihr versteht mich)

Grundsätzlich also, meine Frage:

1. verkaufen und neu kaufen.

2. Restaurieren und behalten,

oder (kommt auf die Wertsteigerung an), vielleicht sogar

3. restaurieren und dann verkaufen?


Ich rechne so mit ca. 8000 Euro unrestauriert, wenn er technisch top ist, vielleicht 14000, und wenn er auch noch schön lackiert wird, neue Tastaturbeläge und ne neue Gussplatte bekommt (was wohl noch mal 3000-4000 Euro kosten wird) dann vielleicht 17-18000 Euro

Liege ich da ungefähr richtig?

So dann vielen Dank schon mal für eure Antworten. Viele Grüsse.


Michael
 
Das geht ja ganz schön durcheinander. Also: der Boston kommt in hundert Jahren nicht an den Steinway ran - tät ich gleich ausschließen.
Vielleicht hat dein Steinway teilweise restauriert den hohen Wert. Ob Du ihn dafür loskriegst ist eine andere Frage. Ich bin klar für ordentlich restaurieren und dann ein Leben lang Freude dran haben.
 
Um ein bisschen Ordnung in das Durcheinander zu bringen. Es geht im Prinzip darum, dass meine Klavierlehrerin sagt, sie hätte noch kein restauriertes Instrument mit einem einem neuen Flügel gleichwertigen Spielgefühl gespielt.

Das ist halt die Perspektive eines Konzertpianisten der am Mozarteum studiert hat und jeden Tag 6 - 8 Stunden übt und mich würde halt konkret zu dem Punkt eure Meinung interessieren, vielleicht auch gerade die Meinung eines anderen Konzertpianisten.

Ich weiss das beste wäre wohl, sich einen renovierten S-155 mal anzschauen, aber da habe ich bei mir in der Gegend noch keinen gefunden...
 
Was für Deine Lehrerin gilt, muss ja nicht zwangsläufig für Dich gelten. Oder willst Du Konzertpianist werden? Wenn Dein Steinway noch halbwegs in Ordnung ist, würde ich dabei bleiben und ihn herrichten lassen.
 
Was für Deine Lehrerin gilt, muss ja nicht zwangsläufig für Dich gelten. Oder willst Du Konzertpianist werden? Wenn Dein Steinway noch halbwegs in Ordnung ist, würde ich dabei bleiben und ihn herrichten lassen.

Nein aber es geht ja auch um meine Tochter, dass sie von Anfang an das richtige Spielgefühl entwickelt und wer weiss - bei uns in der Familie gibt es mehrere Berufsmusiker - welche Richtung sie in Zukunft gehen möchte.
 
Seismograf der Gefühle

Hallo sunmiguel,

direkt zu deinen drei Fragen:
- Behalt den Flügel, wenn du ihn liebst.
- Verkauf ihn, wenn du dich öfters und zunehmend dabei ertappst, den Flügel als einen materialisierten Geldbetrag zu betrachten.
- Falls letzteres zutreffen sollte: verkauf ihn bedachtsam, aber zügig. Und mach nicht erst lange mit Überholungen herum, falls du die doch überwiegend als finanzielle Wertkalkulation im Hinterkopf hast.

Ansonsten: was joe sagt, unterstütze ich weitgehend. Mag sein, dass ein neuer Boston für täglich stundenlanges hartes Training in der nüchternen Übezelle oder in dem profipianistischen Arbeitswohnzimmer gegenüber einem 50Jahre alten S-155 die klügere Wahl ist. Aber es gibt ja noch andere Aspekte, die viel Spaß machen.

Gruß
Martin
PianoCandle


... und aus Krach wird Klang
 
Nein aber es geht ja auch um meine Tochter, dass sie von Anfang an das richtige Spielgefühl entwickelt und wer weiss - bei uns in der Familie gibt es mehrere Berufsmusiker - welche Richtung sie in Zukunft gehen möchte.

Dann ist die Antwort auf Deine Frage doch einfach: Wenn Deine Tochter ambitioniert Klavier spielt und es hauptsächlich um die optimale Förderung Deiner Tochter geht, lass sie doch entscheiden, nachdem sie genügend Erfahrung mit unterschiedlichen Flügeln erworben hat.
(Die Entscheidung muss ja nicht sofort getroffen werden, Euer Steinway-Flügel ist ja vorläufig zum Üben geeignet. Lasst Euch Zeit und probiert verschiedene neue und restaurierte Flügel im Vergleich aus.)

P.S. Ich glaube übrigens nicht, dass es der pianistischen Entwicklung schadet, noch ein paar Monate auf einem von Michael regulierten älteren Steinway-Flügel spielen zu "müssen" - auch wenn dieses Instrument nicht ganz perfekt ist.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich würde nur eben kenen Boston Flügel kaufen, weil man dabei nur für den Namen "by Steinway" bezahlt. Boston Flügel werden von KAWAI produziert und unterscheiden sich klanglich und spieltechnisch nur minimalst. Du kannst also ruhig ein Kawai kaufen, nur kommt dieser Flügel dann deutlich billiger.
 
Die Fertigung von Boston-Flügeln bei Kawai heißt nicht, dass Kawai-Flügel gleichwertig mit Boston-Flügeln sind. Die Fertigung dort verursacht sicher niedrigere Kosten, doch gibt es bei den Instrumenten Unterschiede, beispielsweise bei den verwendeten Materialien der Mechanik.
 
Ich wurde in die KAWAI-Fabrik in Japan eingeladen und habe mir dort auch die Boston-Flügel und-Klaviere angeschaut - also besser als die original KAWAI sind die Boston meiner Meinung nach bestimmt nicht.
Da wäre ja KAWAI schön doof, ein Fremdfabrikat besser zu machen als die eigenen.
 
Ja vielen Dank für all die Gedanken, ich denke ich bin auf jeden Fall einen Schritt weiter. Auch wenn ich noch keine Lösung für das finanzielle Problem einer evtl. Restaurierung gefunden habe, werde ich den Steinway auf jeden Fall behalten.

@clavifilius: Es gibt da halt noch die zwei Dinge die echt stören, (der Michael war ja nur einen Tag hier) und das sind die Dämpfer, die jedes mal zzzzzttt...bumm machen (meine Frau meint ich bräuchte ja gar kein Schlagzeug zur Begleitung :) ) und die schwergängige Tastatur.

Zum Thema Boston-Kawai - seltsam. Ich habe vor gut zwei Jahren mal einen Kawai Flügel gespielt, neben einem Schimmel und habe mir gedacht, so etwas würde ich mir nie und nimmer zulegen. Der Boston stand neben ein paar grossen Steinways und hat (auch nach der Meinung unserer Klavierlehrerin) ein gar nicht sooo schlechtes Bild abgegeben.

Aber schon alleine der Aspekt Wertverlust beim Kauf eines neuen Bostons ist ja irre...jetzt wurde gerade auf Ebay ein 10 Jahre alter 1,80m Boston Flügel für 7000 Euro verkauft.

http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.dll?ViewItem&&item=330458176796&ssPageName=ADME:B:WNA:DE:1120

Ich meine, so viel würde ich für meinen Steinway wohl auch nicht mehr bekommen, aber er gehört halt uns und ich muss ihn nicht als "materialisierten Geldbetrag" sehen, wie Pianocandle so schön sagt. Wenn ich einen neuen kaufen würde, würde ich mich wohl jeden Tag daran erinnern wieviel Wert er mittlerweile verloren hat.

Ja und Boston hin oder her, eine richtige Boston Fangemeinde scheint es hier wohl nicht zu geben...

Also vielen Dank an alle!

Michael
 

Hallo,

ich war gestern in Hamamatsu in der Kawaifabrik und habe die Fertigung (auch der Boston Instrumente, die aber nicht sehr zahlreich vorhanden sind) gesehen. War sehr interessant zu sehen, wie das organisiert ist und sich die Anmerkungen der Mitarbeiter zu hören.

Heute war ich auch noch in Kakegawa bei Yamaha in der neuen Fabrik. Wahnsinn, was die Roboter da alles machen und wie viele Leute da arbeiten.

Beide Firmen haben kleine Museen mit sehr alten Instrumenten aus der Anfangszeit.

Auf dem Fuji waren wir dann auch noch auf dem Rückweg nach Tokyo.

Ja bei den Materialien der Mechanik gibt es natürlich Unterschiede. Das haben sie mir auch gezeigt.

Shigeru

Die Fertigung von Boston-Flügeln bei Kawai heißt nicht, dass Kawai-Flügel gleichwertig mit Boston-Flügeln sind. Die Fertigung dort verursacht sicher niedrigere Kosten, doch gibt es bei den Instrumenten Unterschiede, beispielsweise bei den verwendeten Materialien der Mechanik.
 

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