Alte Flügel von 1900-1930: Vor- und Nachteile?

Wenn du dir unbedingt einen Flügel mit Wiener Mechanik kaufen möchtest, dann mach es.
Nee will ich nicht. Frage ist nur, wenn so ein "Zosse" angeboten wird und gut klingt, ob das dann nicht eine Überlegung wert sei.
Ein weiterer Grund gegen die Wiener Mechanik ist, dass solche Instrumente deutlich weniger Wiederverkaufswert haben, die meisten Wiener Flügel dürften inzwischen so gut wie unverkäuflich sein, von ein paar Sonderfällen (Bösendorfer, Ehrbar, ....) abgesehen.

Ich verstehe was Du meinst. Ist halt ein Dilemma, das man für sich persönlich lösen muß - kauf ich gleich für "die Ewigkeit" und wieviel will/kann ich jetzt dafür springen lassen, oder fängt man "erstmal mit irgendwas" an, und schau dann mal wie und in welche Richtung man sich entwickelt und was einem dann dereinst für "die Ewigkeit" über den Weg läuft.
Für den "ersten Versuch" ist so ein oller Wiener Zosse daher in der Tat wahrscheinlich keine sooo gute Wahl.

Heute am Wegesrand ein Schild von einem Klavierbauer. U-Törn gemacht und mal vorbeigeschaut um mal zu fragen wie's bei ihm mit Wartung und Stimmung von Wienern ausschaut. Hat er's Gesicht verzogen... wat wiener Mechanik... ehrlich?... ne, ist nicht sooo meins, hab aber nen Kollegen der sich da besser auskennt.

Hat mir dann 2 Flügel gezeigt, die er gerade zu stehen und in Arbeit hat bzw schon fertig.
Quasi alles neu und chico, Hämmer- und sonstige Filze, Rahmen, Saiten, Auslösung etc. alles auf neu gereinigt oder erneuert, reguliert und intoniert.
Einen 160cm Feurich, klingt super schön und warm, soll so um und bei 18K kosten und einen 150cm Schimmel auch sehr schön, so um die 14K. Jeweils mit Potential noch mal deutlich am Preis zu drehen, wie er durchblicken lies.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die obigen Aussagen kommen vermutlich aus dem Munde von Klavierspielern, die (ausschließlich) mit modernden Mechaniken sozialisiert wurden.
Nein, ich wurde, als ich Klavierunterricht zu nehmen begann, tatsächlich eine Zeitlang auf einem Hofmann-Stutzflügel mit Wiener Mechanik unterrichtet.

Der Großteil der klassischen Literatur wurde ja auch zu Zeiten der Wiener Mechanik und deren Vorgängern geschrieben.
Ja, aber Ende des 18. Jahrhunderts bzw. zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Wiener Mechanik in den Hammerflügeln noch feingliedrig und leicht gebaut, mit einer entsprechenden Spielart.

Prellzungenmechanik.JPG
 
Und ich finde 85 Tasten schon mehr als unübersichtlich und verwirrend, 88 müssen es daher wirklich nicht sein, wenn's weniger sind, dann kommen auch alle öfter mal dran - less is more

Wenn Du von Dir selbst wüsstest, dass Du nie im Leben etwas anderes als Barock und frühe Klassik spielen würdest, könntest Du so denken. :004:

Genauso sieht es mit Spezialmechaniken aus. Bleib beim Gängigen. Was nützt es Dir, wenn Du persönlich gut damit zurecht kommst, aber niemanden in Deinem Umkreis findest, der diese Mechanik wirklich gut und routiniert regulieren kann?

Da geht es nämlich schon los! Ich habe einen 100jährigen 190er Blüthner mit Patentmechanik. Find mal jemanden, der sich damit wirklich auskennt...

Nota bene, das Instrument klingt phantastisch, und die Mechanik spielt sich angenehm, aber ich fürchte mich jetzt schon vor dem Augenblick, wenn sie mal wieder "ernstlich" reguliert werden müsste. Ich kannte zwei Klavierbauer, die sich damit gut auskannten – beide sind verstorben.
Ich habe auch noch ein Klavier mit einer unüblichen Mechanik (Kastner-Wehlau). Wenn man so etwas eh da stehen hat, muss man auch irgendwie damit umgehen. Aber wenn man noch herumzieht und "übliche" Alternativen hat, sollte man nicht ausgerechnet das nehmen, wo jeder KB erst mal stutzt und die Backen aufbläst.

Hat doch keinen Sinn, sich Spezialprobleme ins Haus zu holen, solange man unproblematische Alternativen hat.

fragen wie's bei ihm mit Wartung und Stimmung von Wienern ausschaut. Hat er's Gesicht verzogen... wat wiener Mechanik... ehrlich?... ne, ist nicht sooo meins, hab aber nen Kollegen der sich da besser auskennt.

Wenn sie ehrlich sind, geben sie es immerhin zu. Gut so!!! Wenn man Glück hat, kennen sie jemanden, der sich damit angeblich auskennt. Irgendwo im deutschsprachigen Raum wird man immer irgendjemanden finden, der sie toll hinbekommt. Derjenige sitzt aber vielleicht > 500 km weit weg. Tu dir das doch nicht an.

Und über das "Kraftmeiertum" heutiger Aufführungspraxis bzw. Klangerwartungen kann man ja durchaus auch unterschiedlicher Meinung sein.
Nur mal so in den Raum geworfen.

Jenseits der "Geschmacksfragen" handelst Du Dir mit unüblichen Spezialmechaniken ganz reale Probleme ein. Lass die Finger davon. Du willst fröhlich losspielen und nicht erst Klavierbauer mit Spezialqualifikation suchen.
 
@Barratt
Genauso sieht es mit Spezialmechaniken aus. Bleib beim Gängigen. Was nützt es Dir, wenn Du persönlich gut damit zurecht kommst, aber niemanden in Deinem Umkreis findest, der diese Mechanik wirklich gut und routiniert regulieren kann?

Hat doch keinen Sinn, sich Spezialprobleme ins Haus zu holen, solange man unproblematische Alternativen hat.
Jenseits der "Geschmacksfragen" handelst Du Dir mit unüblichen Spezialmechaniken ganz reale Probleme ein. Lass die Finger davon. Du willst fröhlich losspielen und nicht erst Klavierbauer mit Spezialqualifikation suchen.
Sir! Yes, Sir...! Wiener Mechanik von der Optionsliste steichen, Sir! :030:
...
Erledigt, Sir! Wiener Mechanik von Liste gestrichen, Sir! :023:
Bitte um Erlaubnis wegzutreten, Sir! :005:
 
Zuletzt bearbeitet:
In wie weit kann man einen Flügel zwischen eher leichter und etwas schweren Spielbarkeit regulieren ? Oder ist das im Prinzip "angeboren.

Gleiche Frage, in welchen Umfang läßt sich der Klang von eher hell/brillant in Richtung warm intonieren?
Hintergrund: ein Seiler der sich angenehm leicht spielt, aber für mein Geschmack etwas zu brillant klingt vs. ein Blüthner, der sehr harmonisch klingt, aber im Vergleich sich etwas schwerer spielt.

Und für die Einschätzung, was überarbeitete Teile ca. gekostet haben mögen oder auf einen zu kämen wenn man das machen lassen wollte, habe ihr für typische Arbeiten (z.B. Überarbeitung Mechanik, neue Saiten und vllt. Wirbel, Hammerköpfe und was typischerweise vllt. noch gerne mal anfallen mag (Bj. 1910/1935 - keine Wiener Mechaniken :005:), und für die Optik 'ne neue Lackierung) mal ne Größenordnung?
 
Zuletzt bearbeitet:
Keiner wird Dir diese Fragen seriöserweise beantworten können; der Rahmen dafür dürfte irgendwo zwischen 2.000 und 20.000 EUR liegen.

Pro-Tipp: Einfach mal einen Profi kommen lassen und einen Kostenvoranschlag in Auftrag geben, alles andere ist Kaffeesatzleserei.
 
Geht nicht darum das auf‘n Punkt in Mark und Pfennig für ein konkretes Instrument zu benennen, sondern um eine ungefähre Größenordnung, um den erbachten oder vllt. notwendigen Aufwand für angebotene Exemplare gaaaanz grob einzuschätzen.

Soll ein Flügel z.B. 10K kosten und da ist dies und das gemacht... aha, wurde also bummelig Summe x reingesteckt. Soll einer 5K kosten und es wäre wünschenswert oder notwendig in absehbarer Zeit dies und das machen zu lassen.... aha, kämen vllt. bummelig 3K dazu.
Kann man dann abschätzen, ob man gleich die 10K investiert oder der für 5K es auch erstmal tut und wenn‘s schöner werden soll mal nochmal 3K investiert.

Kostet also z.B. ein Satz Saiten, keine Ahnung, 200€ oder 1.000 € etc.
Das es da sicher noch Varianzen abhängig von unterschiedlichen Qualitäten gibt ist klar, aber so pi x Daumen als Richtschnur.
 
Zuletzt bearbeitet:
Geht nicht darum das auf‘n Punkt in Mark und Pfennig für ein konkretes Instrument zu benennen, sondern um eine ungefähre Größenordnung.

Nur mal als Hausnummer ohne Anspruch auf Vergleichbarkeit:

Neubesaitung inkl. Aliquote, Reso-Ausspanen, Patentmechanik durchregulieren, Korpus (NUR Korpus) neu polyestrieren (zu diesem Zweck das Instrument nach X transportieren und wieder zurück) + "ein paar andere Kleinigkeiten" bei einem 190er Blüthner betrug im Jahr 2013 ~ 12.000 €

Schwierig genau zu beziffern, weil das Instrument bei dem Händler in Kommission stand und irgendeinen Grundwert besaß, der zwischen dem Eigentümer und dem Hndler ausgedealt wurde, mir aber unbekannt ist.

Dann kamen noch einmal ca. 2.500 € fürs "Zauberhaft-Machen" von Micha dazu.


P.S. Wie wenig das auszusagen hat, zeigt das Beispiel des 190er-Försters aus 1927: Der wurde nur konservativ auf "einwandfrei bespielbar / klingend" bearbeitet. Keine neuen Saiten, neuen Hämmerchen o.ä. (sollte alles gemacht werden, leider verstarb der Klavierbauer). Ergab Kosten von ca. 4.000 €.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du hättest ja auch schreiben können: Sie lagen mir zu Füßen .

Klar, hätte ich, aber ich wollte mögliches Kopfkino vermeiden.
;-) :-D

Manchmal denke ich dran, wie er wohl bei mir geklungen hätte.

Wundervoll!


waren bei Deinem Repertoir leider kontraproduktiv.

Ach Mensch, das war ein schönes Treffen in Wien.

Daran denke ich auch gerne und mit Wehmut zurück.
 

Nur mal als Hausnummer ohne Anspruch auf Vergleichbarkeit:

Neubesaitung inkl. Aliquote, Reso-Ausspanen, Patentmechanik durchregulieren, Korpus (NUR Korpus) neu polyestrieren [...] + "ein paar andere Kleinigkeiten" bei einem 190er Blüthner betrug im Jahr 2013 ~ 12.000 €.
Na, wenn ich das dann doch mal zum Vergleich nehme, und ich zum vergleichbaren Preis einen rundrum sorglos 30ige Jahre 170cm Blüthner, Gußrahmen und Gehäuse neu lackiert, neuen Saiten und Wirbel, überarbeiteter Mechanik etc. , und schönen, harmonischen ins Warme gehenden Klang bekommen könnte, könnt mal wohl nix allzu verkehrt machen.
 
Na, wenn ich das dann doch mal zum Vergleich nehme, und ich zum vergleichbaren Preis einen rundrum sorglos 30ige Jahre 170cm Blüthner, Gußrahmen und Gehäuse neu lackiert, neuen Saiten und Wirbel, überarbeiteter Mechanik etc. , und schönen, harmonischen ins Warme gehenden Klang bekommen könnte, könnt mal wohl nix allzu verkehrt machen.

Da kann man sogar ziemlich alles falsch machen, was man auch nur verkehrt machen kann. Als Laie mag es Dir nicht auffallen, aber ein Fachmann wird schnell merken, ob es gut oder nicht gut gemacht wurde.

Nur mal so als Beispiel: Mein oller Steinway wurde Ende 70er Jahre neu besaitet - aber die Agraffen nicht ausgetauscht.

Bei der nächsten Reparatur wurde dann:

* Mechanik ausgebaut, gereinigt
* Neue Hammerstiele und -köpfe original Steinway
* 4 neue Baßsaiten
* Mechanik und Dämpfer neu regulieren
* Lyra zerlegen, Verschiebung anpassen, Pedalführung fetten und einrichten
* Hammerköpfe intonieren
* Tastatur neu ausgewichten und regulieren

Das Ergebnis der letzten, 7000 EUR teuren Reparatur:

* Hammerköpfe hatten falsche Größe, waren zu schwer
* Mechanik hatte ein Abgewicht bis zu 66g
* Hammerkopfschwänzchen der "original Steinway" Hämmer passten nicht zu den alten Fängern
* Die Anschlagslinie der Hammerköpfe im Diskant stimmte nicht
* Durch das neue Ausgewichten der Klaviatur sind erhebliche Schäden an den Tasten entstanden.

Die Reparatur dieser Reparatur hat noch einmal 6000 EUR gekostet und das war ausschließlich für die Mechanik. Akustikanlage, Dämpfung und Äußeres blieben unberührt:

* Neue Hebeglieder
* Neue Piloten, passend zu den neuen Hebegliedern
* Neue Fänger
* Polieren sämtlicher Stifte
* Abschleifen der Wangen der Hämmer, um sie schmaler und leichter zu machen
* Neuausrichtung der Anschlagslinie mit Umleimen von 42 Hammerköpfen
* Neue Druckstoffstreifen
* Vollständiges Intonieren sämtlicher Hammerköpfe

Du siehst, für insgesamt 13k EUR Reparaturen. Und jetzt setz das mal in Relation zu einem 90 Jahre alten Instrument, bei dem angeblich alles gemacht wurde und das genausoviel kostet wie meine letzten beiden Reparaturen zusammen...
 
@OE1FEU, wie alt ist Dein Steinway?
 
öhm....ja..hmm :022:
Klingt ja gruselig. Dann doch vielleicht einen um kleineres Geld im Originalzustand, an dem, soweit bekannt, noch nix (falsch) gemacht wurde?

Wenn der erste Reparateur für 6K da offenbar so einen Murks gemacht hat, müßte man bei dem doch mal mit der Kostennote der Reparatur seiner Reparatur, und dem nachdrücklichen Ansinnen er möge das mal geflissentlich übernehmen, vorstellig werden.

Also ich glaube ja erstmal an das Gute im Menschen. Wenn ein Händler einen alten Flügel zum Refit an einen Klavierbauer gibt, würde ich erstmal unterstellen wollen, daß der ordentliche, solide Arbeit leistet.:007:

Wenn seine Kisten hinterher kompletter Murks sind, wäre sein Geschäft ziemlich schnell tot.
Gibt ja auch 1 Jahr Gewährleistung. Nach dem heimischen akklimatisieren holt man sich doch sowieso noch mal einem (am besten dann anerkannt qualifizierten) Klavierbauer/-stimmer zum nachstimmen, und der schaut dem guten Stück bei der Gelegenheit noch mal kritisch unter die Haube.
Wenn da dann grober Pfusch auffällt, muß man mit dem Händler mal ein problemorientiertes Gespräch führen.
Vorm Kauf natürlich nochmal nachfragen wer da daran gearbeitet hat, was genau gemacht wurde und sich so ne Art Zertifikat oder ähnliches ausstellen lassen oder zumindest im Kaufvertrag auflisten was gemacht wurde.
Oder so ähnlich.
 
Dann doch vielleicht einen um kleineres Geld im Originalzustand, an dem, soweit bekannt, noch nix (falsch) gemacht wurde?

Das wäre genau der Weg, den ich heute gehen würde.

Damals ist vieles schiefgelaufen, u.a. dass es keine richtige Übernahme beim damaligen Besitzer gab, weil der dann bereits im Ausland war und dort einen neueren B-Flügel hatte, so dass der 'renovierte' dann einfach 5 Jahre ungenutzt in der Ecke stand, also nix mit Gewährleistung.

Allerdings ist es im konkreten Fall für mich dann auch wiederum ein Glücksfall gewesen, ein so vermurkstes Intrument zu bekommen, denn dadurch habe ich eine Reihe von interessanten Klavierbauern kennengelernt, durch die Begutachtung, durch die Reparatur und viele Diskussionen über das Instrument. Und so bin ich dann nach und nach in eine neue Welt reingerutscht, die mir dann auch eine neue berufliche Perspektive bot, insofern hat sich das dann doch wieder gelohnt, mal den gesamten Prozess der Reparatur durch einen Experten zu begleiten.
 
Man kann Flügel Baujahr 1900 - 1930 nicht einfach pauschal werten, der Erhaltungszustand kann sehr verschiedentlich ausfallen. Zu beachten wäre vielleicht, daß in diesem Zeitraum verschiedene Mechaniken verbaut wurden. Alte Bösendorfer sind zum Beispiel sehr oft mit einer Wiener Mechanik (Prellmechanik) ausgestattet, welche nicht repetiert. Bei Blüthner hingegen wurde die sogenannte Patentmechanik verwendet, welche für heutige Verhältnisse ein ungewohntes Spielgefühl ergeben. Dies sind nur mal so 2 Beispiele der gängigsten Mechaniken aus diesem Zeitraum. Auch erwesen sich einige Mechaniken dieser Zeit, als nicht sehr regulierungsfreundlich, da statt Piloten Wippen verwendet wurden (Schwander) und sich nach diesem Alter die Schrauben kaum noch bewegen lassen.
 

Zurück
Top Bottom