Deutsche Volkslieder

@jensen1
Ein sehr kluger und denkwürdiger Kommentar! Allerdings glaube ich nicht, dass es dir von dir genannte Kontinuität, angefangen im Kindergarten, geben muss. In diesem Faden sind ja schon ein paar Ansätze für die Arbeit in höheren Klassen genannt worden.
 
Im Kindergarten haben sie viele Kinder-CDs von Detlef Jöcker und ähnlichen Leuten, das meiste ist ziemlich übler, plärriger Mist und Kinder in diesem Alter sind nicht sehr kritisch, sie nehmen erstmal das was man ihnen vorsetzt und dann wollen sie nur noch das was sie kennen.
Inzwischen wird der üble, plärrige Mist bereits parodiert:





LG von Rheinkultur
 
Der Ansatz, dass man Volkslieder nicht singen könne weil die Nazis diese Lieder gesungen haben, ist ein Totschlagargument. Wer eine solche Position vertritt, verlässt die Bodenständigkeit und begibt sich in den Bereich der Ideologie. Die Lieder konnten sich nicht wehren und sie haben auch keine "Schuld".
Und sie sind vielfach lange vor 1933 entstanden und die aus der "Bündischen Jugend" oder der "Wandervogelbewegung" stammenden Autoren gehörten ab 1933 selbst zu den Verfolgten. Sicherlich spielt bei der Quellenlage aus der Frühzeit der Tonträgerindustrie der Umstand eine Rolle, dass es für Militärmusik einen großen Markt gab und das verwendete Instrumentarium den eingeschränkten technischen Möglichkeiten der seinerzeit neuen Medien entgegenkam. Wenn es von Liedern wie "Jenseits des Tales" kaum Aufnahmen vor 1933 gibt, bedeutet das ja keineswegs, dass diese nicht eine (ideologisch ganz anders geartete) Rezeptionsgeschichte besitzen. Sie ist eben lediglich schlechter dokumentiert und bietet mehr Raum für Spekulationen und Fehldeutungen.

Weiter kommt man bei der Beschäftigung mit dem Volkslied im authentischeren Kontext, wenn man auf regionaler Ebene forscht. Recht gut dokumentiert ist beispielsweise das Liedgut aus dem Erzgebirge, dessen bekanntester Vertreter Anton Günther zu Lebzeiten bereits viele seiner Lieder selbst auf Schellackplatten aufnahm:



LG von Rheinkultur
 
@Rheinkultur
Wobei der Begriff „Vaterlandslied“ ja auch schon darauf hinweist, dass da eine ideologische Vereinnahmung stattgefunden hat, denn der Begriff wurde maßgeblich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingesetzt, einer Zeit des aufblühenden Nationalismus und Imperialismus.
 
Ich habe gestern auch das erzgebirgische Feierabendlied bei YouTube gefunden. Unter vielen veschiedenen Darbietungen gibt es eine mit vier Frauenstimmen, in der die eigentümliche Harmonik sehr gekonnt und reizvoll zum Ausdruck kommt.
 
Wenn es von Liedern wie "Jenseits des Tales" kaum Aufnahmen vor 1933 gibt, bedeutet das ja keineswegs, dass diese nicht eine (ideologisch ganz anders geartete) Rezeptionsgeschichte besitzen.
Bei dem Lied ist es wohl noch einfach. Jenseits des Tales standen ihre Zelte, erste notierte Melodie von 1818 steht da.

http://www.deutscheslied.com/de/sea...srch_Quelle=&Zeitalter=&MelodyYear=&TextYear=

Nicht mit Heino, doch der hat es ebenfalls gesungen.

View: https://www.youtube.com/watch?v=oa3ng1GyUeU
 
@Rheinkultur
Wobei der Begriff „Vaterlandslied“ ja auch schon darauf hinweist, dass da eine ideologische Vereinnahmung stattgefunden hat, denn der Begriff wurde maßgeblich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingesetzt, einer Zeit des aufblühenden Nationalismus und Imperialismus.
Interessant ist der Wechsel von einem positiven zu einem negativen Beigeschmack, wenn der Begriff "Vaterland" gebraucht wird. Die missbräuchliche Nutzung entsprechender Begriffe durch totalitäre Ideologien, um den eigenen ideologischen Standort gegen andere Standorte auszuspielen, ist bis in die Gegenwart zu beobachten - unvoreingenommenes Aussprechen ist kaum mehr möglich, ohne dass sofort wieder zu irgendeiner Schublade herübergeschaut wird.

Das eigene Vaterland lieben und die Vaterländer der anderen ebenso achten und wertschätzen, sollte doch ein praktikabler gemeinsamer Nenner sein:



Dies scheint in der gelebten Praxis des alltäglichen Miteinanders leider nur ein Wunsch geblieben zu sein.

LG von Rheinkultur
 
Bei dem Lied ist es wohl noch einfach. Jenseits des Tales standen ihre Zelte, erste notierte Melodie von 1818 steht da.

http://www.deutscheslied.com/de/sea...srch_Quelle=&Zeitalter=&MelodyYear=&TextYear=
Aber gerade diese Liste bestätigt den Eindruck, dass praktisch alle Quellen (bis auf eine von 1932) ab 1933 auf den Markt kamen, also eine Rezeption ohne die Verbindung zu den zwölf "tausendjährigen" Jahren kaum existiert. Dazu muss aber klar sein, dass eine Verbreitung von Volksliedern ohne Schriftform lange vor der ersten Fixierung durch irgendeinen Tonsetzer erfolgte. Deshalb ist oft nicht einmal die verbindliche Einigung auf einen bestimmten Autor (oder gar auf ein bestimmtes Entstehungsdatum) möglich.

LG von Rheinkultur
 

erste notierte Melodie von 1818 steht da.
Offensichtlich ein Schreibfehler, zumal praktisch alle Quellen auf eine erste schriftliche Aufzeichnung in oder um 1920 hinweisen - allenfalls 1918 könnte gemeint sein. Aufnahme in erste Liedersammlungen und vergleichbare Publikationen erfolgte wohl anno 1932. Immerhin wäre damit ein knappes Abqualifizieren als typisches "Nazilied" auszuschließen.

Frühe und rare Stummfilmdokumente (der Tonfilm verbreitete sich erst ab 1930) jener Zeit:



Audioaufnahmen aus der gleichen Zeit im kommerziellen Sinne existieren offensichtlich so gut wie gar keine, Amateuraufnahmen (sofern erfolgt) scheinen kaum die folgenden Jahrzehnte überdauert zu haben und eine musikwissenschaftliche Erforschung steckte allenfalls in den Kinderschuhen und erfolgte eher als musikethnologische Besonderheit, um regionale oder gar lokale Dialekte vereinzelt zu erfassen und zu kultivieren (ebenfalls selten). Sicherlich ging dies einher mit einer Geringschätzung von Mundarten, deren Gebrauch man untrennbar mit wenig gebildeten Bevölkerungsschichten verbunden sah. Inzwischen hat sich dieser Trend umgekehrt: während viele Lehrer einst vorzugsweise die Hochsprache vermittelten, sind oft gerade Vertreter dieser Berufsgruppe in den letzten Jahrzehnten wieder bemüht, Interesse an Dialekten und Mundarten zu wecken. Viele Laienchöre haben übrigens in diesem Bereich auch ein Betätigungsfeld gefunden - und das keineswegs nur zu ihrem Nachteil. Auch hier spreche ich als Chorleiter einmal mehr aus Erfahrung. An manchen Schulen entstanden sogar Mundart-Arbeitsgemeinschaften unter fachkundiger Anleitung - demnach keine Domäne mehr exklusiv für steinalte Wackelgreise, mit deren Ableben wohl auch der Tod für die allermeisten Dialekte gekommen sein dürfte. Dachte man sich wohl lange Zeit, aber Totgesagte bleiben mitunter doch länger am Leben. Sogar die musikalische Avantgarde hielt sich diverse Hintertüren offen: http://wp.hebelbund.de/wp-content/uploads/2015/10/jahresschrift58.pdf

LG von Rheinkultur
 
Was die Volkslieder betrifft, scheint mir ein Problem zu sein, dass ein erheblicher Teil von ihnen gar keine Volkslieder im landläufigen, durch die Romantik geprägten Sinne sind, sondern Erfindungen oder wenigstens Bearbeitungen der Romantik und des Biedermeier

Eben. Allerdings muss man wohl auch sagen, dass diejenigen dieser Bearbeitungen oder Erfindungen, welche Stimmungen oder oft schon weitverbreitete Texte und/oder Melodieteile/-varianten besonders gelungen aufgriffen und in eine feste Form brachten, dann doch oft genug tatsächlich zu deutschen (und nicht mehr nur regionalen) Volksliedern mit einem festen Text und einer festen Melodie wurden, z.B. Wenn alle Brünnlein fließen oder Alle Jahre wieder oder Guten Abend, gut' Nacht oder auch schon früher, etwa in der Renaissance, deutsche Tenorlieder wie Innsbruck, ich muss dich lassen oder, als geistliches Volkslied im Tenorliedstil, Wach auf, Du deutsches Land.

Die reichhaltigste und lebendigste Tradition echter deutschsprachiger Volksmusik findet man bekanntermaßen im Alpenraum, mündlich überliefert, aber mit den ersten notierten Hirtenliedern ("Kuhreihen") schon in der Mitte des 16. Jh (*).

Ich meine also, wenn die Schüler in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern nicht Wenn alle Brünnlein fließen singen wollen, dann sollte man es einmal damit versuchen: ;-)





Als Einstieg für den Musikunterricht:
https://www.stretta-music.com/fanderl-die-liederbogen-des-wastl-fanderl-nr-345477.html

(*) Kolportiert wurde im 18. Jh. die Behauptung, Schweizern in fremden Diensten sei es bei Todesstrafe verboten, den Kuhreihen zu singen oder zu spielen, um Desertion aus Heimweh zu verhindern:
https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/017439/2010-03-31/
 
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Ich meine also, wenn die Schüler in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern nicht Wenn alle Brünnlein fließen singen wollen, dann sollte man es einmal damit versuchen: ;-)

:010::010::010:

Es gibt auch Volkslieder auf Platt, ist ja nicht so, dass wir nichts eigenes haben, und die werden auch immer noch gesungen. Der Klassiker schlechthin.


View: https://youtu.be/FaohjZlCX4g

Und das hab ich früher im Schulchor immer gerne gesungen.;-)

(Der Text ist aber ehrlich gesagt, ganz schön fies für Vegetarier/Veganer und steht deshalb wahrscheinlich auch inzwischen auf dem Index, weil nicht mehr politisch korrekt.):007:


View: https://youtu.be/5BZcW3QLAJo
 
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Offensichtlich ein Schreibfehler, zumal praktisch alle Quellen auf eine erste schriftliche Aufzeichnung in oder um 1920 hinweisen - allenfalls 1918 könnte gemeint sein.
Ja, wird ein Fehler sein. Wandervogel wird bei dieser Jahresangabe erwähnt und der Verein wurde erst später gegründet, hätte mir gestern eigentlich auffallen müssen. Genauer um 1896, wie ich gerade las. Gehe zumindest davon aus, dass dieser Verein gemeint ist.

Die nachfolgenden Angaben kommen mir sicherer vor, wobei die "Die Balladen und ritterlichen Lieder" gebraucht noch erhältlich sind.
Der im Stil einer Volksballade verfasste Originaltext von Börries von Münchhausen (1874 bis 1945) erschien 1907 in seiner Sammlung Die Balladen und ritterlichen Lieder.

https://deutschelieder.wordpress.com/2015/08/03/boerries-von-muenchhausen-jenseits-des-tales/


Und das hab ich früher im Schulchor immer gerne gesungen.
Das vom "Herrn Pastor sien Kauh" haben wir auch gesungen, aber nicht im Chor. Einfach so irgendwie in der Schulzeit. Höre ich heute noch gern.
 
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Schaut man in anderer Richtung, beim Country oder Folk spielt das Alter ebenfalls keine Rolle, sonst würde ja nichts Neues mehr entstehen. Was gut ist, das bleibt erhalten und Neues kommt hinzu.

Das ist ein großes Manko des deutschen Musikmarkts.In den USA gibt es fließende Übergänge zwischen Country und "Songs-mit-Charterfolg". Dieses Element fehlt bei uns.

Hierzulande gäbe es als Äquivalent zur gut etablierten US Country-Szene allenfalls die "volkstümliche Musik", die zwar angeblich auch über einen riesigen Markt verfügt, aber bei ihren Nicht-Fans zu heftiger Aversion führt. Allein schon das "volkstümliche" Setting verursacht bei mir eine unerklärliche somatische Reaktion. Sie 100%ig nichts mit ****** zu tun. Manchmal ist ****** unschuldig. :021:

Kinder in diesem Alter sind nicht sehr kritisch, sie nehmen erstmal das was man ihnen vorsetzt und dann wollen sie nur noch das was sie kennen[... ]Bildung bedeutet für mich, wenn ich in der Position des Lehrers bin, dass ich eine Tür aufmache. Ich zeige Dinge, die die Kinder vielleicht nicht von sich aus suchen würden, oder die ihnen niemand vorsetzt. Wir alle wissen, dass Musik interessanter wird und man mehr darin findet, desto mehr man darüber weiß und sich damit beschäftigt. Man ist geprägt durch seine Sozialisation und hört die Dinge, die man da auf dem Weg so mit bekommt, was überhaupt nicht ausschließt, dass man andere Dinge auch schön finden könnte, wenn man den Weg dahin finden oder jemand einen Zugang ermöglichen würde.

:super: :super::super: Leider wird seit Jahrzehnten die breite Allgemeinbildung abgewertet zugunsten von Fertigkeiten, die zwar banal sind, aber die "man tatsächlich braucht".

"Steuererklärung statt Stoffwechsel"

Der Ansatz, dass man Volkslieder nicht singen könne weil die Nazis diese Lieder gesungen haben, ist ein Totschlagargument. Wer eine solche Position vertritt, verlässt die Bodenständigkeit und begibt sich in den Bereich der Ideologie. Die Lieder konnten sich nicht wehren und sie haben auch keine "Schuld".[...]Sollen vernünftige Menschen den Schreihälsen das Feld überlassen?

Aber da sind wir doch längst. Vernünftige Menschen gehen einer geregelten Arbeit nach, pflegen in ihrer knappen Freizeit ein Hobby oder eine Familie und haben überhaupt nicht die Zeit oder die voyeuristische Muße, um Shitstorms zu entfesseln, zu befeuern oder auch nur zu beobachten.

Die Arbeit mit Euler-Diagrammen ist einem seit der Grundschule vertraut.

Gegeben seien zwei disjunkte Mengen:
Menge A = die Guten
Menge B = die Anderen = verdächtig oder schuldig.
A ⊄ B
A ∩ B = ∅
Die Mächtigkeit von B > A
Die Macht A > B.
Selbstreferenzialität von A: Was richtig, falsch, gut oder böse ist, wird von Menge A definiert. Die Zugehörigkeit zu Menge A wird definiert durch allzeitige Bekenntnispflicht zur Menge A.

Ein Verdächtiger (Menge B) macht eine "falsche" Bemerkung.
  • Die daueralarmierten Gnesioguten aus Menge A stürzen aus den Sträuchern und entfesseln den ritualisierten Entrüstungswettkampf.
  • Die epikletische Energie der Wutwellen wird in die Verwertungslogik medialer Durchlauferhitzer eingespeist => Kettenreaktion k = 1 + β
  • Es wird erwartet, dass der Pönitent rechtzeitig vor dem Runaway bußfertig vor dem Ordal der Empörungsindustrie erscheint (Tagesschau / heute-Journal) und sich der Feuerprobe des Blitzlichtgewitters unterwirft = demütig "zurückrudert".
  • Erst aufgrund der normativen Homilie der Offiziellguten ("Nachrichten"-ModeratorInnen) erfahren die "vernünftigen Menschen" gleichermaßen ex post davon, was die Konsenstruppe aus Menge A zum Skandal erklärte, und worin überhaupt der Skandalwert liege.
  • Solchermaßen ex cathedra belehrt, entwickelt der Normalmensch ein sicheres Gespür dafür, was er besser mal nicht äußert.
Das Große Ritual auf der Großen Bühne findet seine Entsprechungen auf allen Ebenen, wo ein oder mehrere Elemente der Menge A vertreten sind.

Dulce bellum inexpertis.

P.S. Ich sehe gerade, der Name des Schicklgruber-Abkömmlings ist indiziert. :021: Passt herrlich zum Thema.
 
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Das klingt nicht sentimental, es klingt eher so, als hätte man Dich in der Schulzeit nicht mit deutschen Volkslieder jagen können.
Zu deutschen Volksliedern hatte ich bisher keine emotionale Bindung, auch als Kind nicht. Es gibt nur ein deutsches Volkslied, das genug musikalische (melodische) Qualität hat, um mich emotional zu berühren, und das ist „Zogen einst fünf wilde Schwäne“.

Ich war und bin beeindruckt von anderen europäischen Volksmusik-Kulturen aufgrund deren musikalischer Vielfalt: die spanische, die irische, die ungarische und die russische Volksmusik.

Bei deutschen Volksliedern geht es mir vor allem um die verstandesmäßige Verantwortung, sie nicht aussterben zu lassen. Wie gesagt, emotional verbindet mich damit nichts. Dafür ist diese Musik in der Regel zu einfach strukturiert. (Wobei es auch Ausnahmen gibt wie z.B. den bayrischen Zwiefachen.)
 
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Kommt vielleicht dadurch das deutsche Volksmusik im Fernsehen gerne mit Bayeren verwechselt wird.
Wenn ich diese Jodelmusik höre und die Musiker sehe denen Das Grinsen ins Gesicht getackert worden ist. Da kann man ich gar nicht soviel essen wie ich ko... könnte.
Wenn du einen Ami nach Deutschland fragst kommt gleich die Lederhose, ist genau so wenn ein Deutscher Holland sagt und damit die ganze Niederlande meint, obwohl Holland nur eine Provinz ist.
 
Kommt vielleicht dadurch das deutsche Volksmusik im Fernsehen gerne mit Bayeren verwechselt wird.
Wenn ich diese Jodelmusik höre und die Musiker sehe denen Das Grinsen ins Gesicht getackert worden ist. Da kann man ich gar nicht soviel essen wie ich ko... könnte.
Wenn du einen Ami nach Deutschland fragst kommt gleich die Lederhose, ist genau so wenn ein Deutscher Holland sagt und damit die ganze Niederlande meint, obwohl Holland nur eine Provinz ist.
Damit sind wir bei der Frage angekommen, was denn überhaupt „deutsch“ ist. Der Ostfriese hat mit den Niederländern mehr Gemeinsamkeiten als mit den Schwaben, die Bayern mehr mit den Österreichern als mit den Nordfriesen, die wiederum mehr kulturelle Ähnlichkeit Ähnlichkeit mit den Dänen haben als mit den Sachsen.

Um dieses Problem der Kulturdefinition zu lösen, bietet sich der Begriff der Transkulturalität an, der besagt, dass die kulturelle Welt eines jeden Menschen aus verschiedenen kulturellen Einflüssen besteht und entsteht. Dementsprechend wäre ein Norddeutscher Jodler mit der bayrischen bzw. österreichischen Kultur stärker verbunden als ein Münchner, der nur Hip-Hop hört. Dieser wiederum ist mit der städtischen Subkultur der USA verbunden.

Fazit: Jegliche kulturelle Definitionen und scheinbaren Identitäten unter dem Paradigma einer Gruppenzugehörigkeit sind (heutzutage, im Gegensatz zu früheren Zeiten) nur Konstrukte, die mit der Lebenswirklichkeit der meisten Menschen nur noch wenig oder gar nichts zu tun haben.

Vielleicht ist auch dies ein Grund dafür, dass das authentische deutsche Volkslied als identitätsstiftender Kultur-Bestandteil nicht mehr relevant ist.
 

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