Erfahrungsaustausch Spätberufene

Ich war auch immer furchtbar nervös beim Vorspielen am Anfang der Stunde... Nicht wegen meiner KL, sondern wegen des Drucks, den ich mir selber machte. Man will ja als Erwachsener zeigen, dass man pflichtbewusst geübt hat und was man daheim konnte.

Jetzt nach zwei Jahren Unterricht wird es langsam besser und ich bin meist nur noch leicht nervös oder gar nicht mehr. Mein Hauptproblem war, dass ich vor lauter Stress oft den Atmen anhielt und eine Art Tunnelblick entwickelte - sprich eine eingeschränkte periphäre Sicht bekam und es entsprechend auch mental schwierig bis unmöglich wurde, die Übersicht über all die Dinge zu behalten, auf die es beim Klavierspiel ja ankommt.

Entsprechend hilft es schon mal, gleich beim ersten Takt den Fokus auf das ruhige Atmen zu legen anstatt möglichst perfekt vorzuspielen. So nach dem Motto: "Ich atme schön und ruhig und spiele nebenbei etwas Klavier".

Der Stress liess auch nach, weil ich mich mit der Zeit daran gewöhnte, beim Vorspiel halt nur 80% dessen zeigen zu können, was ich daheim kann. Klavierlehrer können ja auch mit den 80% arbeiten und Fortschritte beurteilen.
 
Entsprechend hilft es schon mal, gleich beim ersten Takt den Fokus auf das ruhige Atmen zu legen anstatt möglichst perfekt vorzuspielen. So nach dem Motto: "Ich atme schön und ruhig und spiele nebenbei etwas Klavier".

Mir hilft ein Kaugummi oder ein Bonbon obwohl es unhöflich ist. :030:

Wenn dann die "Hausaufgabe" vorgespielt und "erledigt" ist, dann kann ich ihm alles vorspielen und bin völlig angsfrei und ungestresst. :026: Man ist schon irgendwie komisch...:015:
 
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Ich war auch immer furchtbar nervös beim Vorspielen am Anfang der Stunde... Nicht wegen meiner KL, sondern wegen des Drucks, den ich mir selber machte. Man will ja als Erwachsener zeigen, dass man pflichtbewusst geübt hat und was man daheim konnte.

Ja, ich denke auch, dass das die Hauptursache ist. Allerdings zeigt es auch, dass bei den Stücken doch auch noch einige Unsicherheit herrscht, sonst würde es einem nicht so schnell raushauen. Zumindest lerne ich langsaml besser bei Fehlern einfach weiterzuspielen, noch nicht immer, z.B. beim Totalblackout schwierig, aber bei verspielern komme ich schon besser weiter.
 
Wenn dann die "Hausaufgabe" vorgespielt und "erledigt" ist, dann kann ich ihm alles vorspielen und bin völlig angsfrei und ungestresst. :026: Man ist schon irgendwie komisch...

Oh ja, neue Übungen oder vom Blatt das neue Stück anspielen macht mir gar nichts aus, dabei sind das doch die Unbekannten. Vom Singen kenne ich diese Probleme so gar nicht aus dem Unterricht.
 
Ganz normal. Man sollte auch am Unterrichtstag nicht üben (einspielen, langsam bzw. mental üben geht). Und schon gar nicht erwarten, dass sich das Geübte am selben Tag noch auszahlt...

Eigentlich hatte ich die Stücke mehr oder weniger nur mal durchgespielt. Das sich das Geübte erst setzen muss ist klar.

Nachdem mein KL mit mir diese eine Stelle (die mehrfach vorkommt) noch mal ausgiebig durchgegangen ist, klappt das ganze Stück jetzt ganz gut. Ein(e) KL ist doch einfach unersätzlich.
 
Ich kann vor wildfremden Menschen eine Rede frei halten, ich hab in Schülerkonzerten Solis gesungen, fühle mich auf der Bühne wohl und im Unterricht Komplettversagen.[...]Verstehe das einer wer will

Mir ergeht es exakt genauso, wie einige schrieben. Die Zutaten dieser Psychosoße sind vielfältig, und sie werden individuell gewiss nicht völlig identisch sein.

Panik vor dem möglichen Versagen zieht das reale Versagen an wie ein Obstkuchen die Wespen. :022:

Man hat sich so viel Mühe gegeben und so viel Fleiß reingesteckt, man möchte es zeigen und wenigstens ein zufriedenes Gesicht bei der Lehrkraft verursachen. In solchen Situationen fühlt man sich wieder wie das Kind, das man einst war: Bestrebt, dasjenige besonders gut zu machen, das einem extrem am Herzen liegt, gleichzeitig aber unsouverän und abhängig von den Reaktionen der Schicksalslenker (damals: Eltern, Lehrer). Instinktiv spürt man das, schämt sich oder ist verärgert, dass man überhaupt noch einmal solche infantilen Gefühle entwickelt (Hallo, man ist schließlich erwachsen und hat in den vergangenen Jahrzehnten Leistung und Erfolg erbracht!!! :028:).

Meistens wirkt der Gewöhnungseffekt. Man erlebt etwas immer wieder, stellt fest, man darf Fehler machen, wird dadurch vertrauensvoller gegenüber sich selbst und kann die Leistung wirklich abrufen.

Es gab und gibt Profikünstler, die trotz bedeutender Karriere und nachgewiesenem Erfolg ihre Versagensängste kaum abzulegen vermochten. Meine Gesangslehrerin erzählte von einem der beeindruckendsten italienischen Tenöre (Corelli), der hinter den Kulissen (angeblich) von seiner Frau Richtung Bühne geprügelt werden musste. Sicher anekdotesk übertrieben – wollte nur ausdrücken: Eine erfolgreiche Performance bedeutet nicht, dass mitunter auch manche große Künstler immer wieder realer Versagensängste niederringen müssen, unbemerkt vom Publikum.

Abteilung Geier-Stutzflug! Obwohl ich gut vorbereitet war, bin ich beim heutigen Konzert abgestürzt. Ich habe meine Melodie mit Karacho gegen die Wand gesetzt.[...]Während eines Konzertes konnte ich das nicht kompensieren. Diese Spielroutine habe ich noch nicht.

Dafür hast Du etwas Wichtiges gelernt: Vorspiel versemmeln und TROTZDEM weiterleben. Der Worst case passiert, aber hernach passiert ... nichts. Man möchte (selbst) sterben, aber von Anderen wird man überhaupt nicht sanktioniert (Ausschluss aus dem sozialen Gefüge, Foltertod o. ä.). Im Gegenteil, andere Konzertteilnehmer sind Dir ein Stück weit dankbar, dass es Dir und nicht ihnen passiert ist.

Du hast jetzt die wertvolle Chance, dieses Erlebnis zu verarbeiten und daran zu wachsen. Diese Chance haben diejenigen nicht, die sich gar nicht erst trauen, sich an einem Vorspiel zu beteiligen. :024:


P.S. Und trotzdem ... Es ist mir unerklärlich, wieso man gelassen ins Rigorosum marschiert, wo es wirklich "drauf ankommt", aber bei einem simplen Vorspiel blackoutgefährdet ist. :014:
 
Nehmt Ihr denn regelmäßig an Vorspielen teil? Ich habe mich gerade erfolgreich gedrückt. Na gut nach den 3 Monaten Unterricht hätte bestimmt auch niemand mein Geklimper hören wollen....noch dazu wäre es mir bestimmt so wie samea gegangen...:008:
 
Also ich war noch nie bei einem Vorspiel dabei:022:.
Aber ich glaube ich bin ganz froh drum.
An Weihnachten habe ich vor meiner Familie ein paar Lieder vorzuspielen... Und da werde ich schon nervös sein...:krank:
 

Nehmt Ihr denn regelmäßig an Vorspielen teil? Ich habe mich gerade erfolgreich gedrückt. Na gut nach den 3 Monaten Unterricht hätte bestimmt auch niemand mein Geklimper hören wollen....noch dazu wäre es mir bestimmt so wie samea gegangen...

Ich habe gerade von meiner Gesangslehrerin erfahren, dass an der Musikschule, an der ich sowohl Gesangs- als auch Klavierunterricht nehme, in der letzten Woche vor Weihnachten immer Vorspiel- und Vorsingwoche ist. Und alle Lehrer dazu aufgefordert sind, ihre Schüler zu motivieren, daran teilzunehmen, egal wie lange sie dabei sind.:017:
Da kam natürlich auch die Frage, ob ich das mache. Mein KL hat davon noch nichts gesagt, aber das darf er auch hübsch bleiben lassen, denn auch ich habe erst seit Anfang September Unterricht.:007:

Das blöde ist nur, dass den Lehrkräften untersagt ist, in der Woche zu unterrichten. :-(

Ich habe im Dezember noch 3 Auftritte mit dem Chor und eigentlich nicht große Lust mir noch einen Termin reinzuwürgen. Auf der anderen Seite habe ich gestern in meinen Noten das Ave Maria von Vavilov (Caccini) wiederentdeckt und das täte mich dann doch auch wiederum mächtig reizen. :konfus:


View: https://youtu.be/a3SQmI1I9i0
 
habe ich gestern in meinen Noten das Ave Maria von Vavilov (Caccini) wiederentdeckt und das täte mich dann doch auch wiederum mächtig reizen.
Nimm es Dir für nächstes Jahr vor. Wenn Du das in der kurzen Zeit - hallo, wann ist Weihnachten? - vorspielreif bekommen würdest (was die Stressresistenz mit einschließt), wäre das schon sehr außergewöhnlich.
 
Nimm es Dir für nächstes Jahr vor. Wenn Du das in der kurzen Zeit - hallo, wann ist Weihnachten? - vorspielreif bekommen würdest (was die Stressresistenz mit einschließt), wäre das schon sehr außergewöhnlich.

Ich habe das schon gesungen (allerdings im Ensemble) , es wäre also kein neu lernen, aber intensives auffrischen ist schon nötig.
 
Nehmt Ihr denn regelmäßig an Vorspielen teil?
Bisher zweimal. Beide Male habe ich mich im Vorfeld (und besonders am Abend vorher) gefragt, warum ich mir das antue. Und beide Male war ich hinterher froh, es gemacht zu haben, auch wenn es - wie letztes Mal - nicht besonders lief.

Meine Erlebnisse beim ersten Konzert (mein Lehrer nennt es tatsächlich lieber Konzert als Vorspiel) habe ich in einem anderen Faden schon mal geschildert.
 
Ja was mich tatsächlich auch reizen würde wäre der Austausch mit anderen Klavierspielern( neben meiner Klavierlehrerin natürlich). Ich komme leider aus einer eher Unmusikalischen Familie. Wobei so kann man es nicht sagen. Ich denke musikalisch sind viele, aber keiner hat ein Instrument erlernt. Sehr schade!
Wenn ich etwas vorspiele bekomme ich zwar Anerkennung, jedoch merke ich dass keiner meine Liebe zur klassischen Musik teilt. Ich würde mich gerne austauschen oder Kontakte knüpfen um etwas gemeinsam zu spielen. Das fehlt mir momentan manchmal. Mein Mann ist Schlagzeuger, das harmoniert ja auch nicht so wirklich mit dem Klavier
 

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