Generalbass: verminderter Akkord oder ja?

  • Ersteller Ersteller Flint
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das grundsätzliche Problem von Kalenderspruchweisheiten...
ist, daß man sie in Harmonie-Klausuren bei "weisen Lehrern" befolgen muss, auch wenn man genügend Belegstellen für das Gegenteil vorweisen kann. Vermindert-rein ist bei Bach wirklich nicht sooo spezial. Auch "richtige" Quinten kommen vor, wenn die Stimmen unterschiedliche Funktion haben - z.B. die Kombination aus Vorwegnahme re-do in der Melodie und Dominant-Septimdurchgang in einer Mittelstimme.
Die "Mozartquinten" kommen schon in BWV 999 in den Außenstimmen vor. Quiz: welcher Takt?
 
Vermindert-rein ist bei Bach wirklich nicht sooo spezial.
Jein. Meist findet man sie in entschärfter Form, bei der eine Stimme einen (unbetonten) Durchgang hat. In homophon-akkordischer Form gibt es sie dann doch sehr selten.
 
Wenn du es nicht schnell findest, bestätigt es vielleicht meine Vermutung, dass sowas wirklich sehr selten ist…
Ich habe nicht behauptet, dass parallele Fortschreitungen, gleich in welcher Stimmkombination und wahrscheinlich in den Außenstimmen am seltensten, mehr als ein nur sehr gelegentliches Phänomen sind.
Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass auch und gerade einige ganz große Komponisten da weit weniger schulmäßig streng waren, als der gemeine Tonsatzlehrer. Was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass sich Parallelen so wunderbar finden und anstreichen lassen, nach dem Motto: eine Parallele in den Mittelstimmen ist Note 2, in den Außenstimmen ergibt Note 3+.

Hier nun das Beispiel für Parallelen in den Außenstimmen (das eingeschobene Achtel ändert nichts an der deutlichen Hörbarkeit der Quinten):

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Hier gibt sich Bach durch den Oktavsprung im Bass merkbar Mühe, die Quinten zu kaschieren
 

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das eingeschobene Achtel ändert nichts an der deutlichen Hörbarkeit der Quinten
In diesem Fall schon, weil der dadurch entstehende Septakkord ein eigenes Gewicht hat; die Gegenbewegung wird dadurch klar wahrgenommen. Ohne das e im Bass wäre die Stelle bei Bach undenkbar.
 
In diesem Fall schon, weil der dadurch entstehende Septakkord ein eigenes Gewicht hat; die Gegenbewegung wird dadurch klar wahrgenommen. Ohne das e im Bass wäre die Stelle bei Bach undenkbar.
Das sind Akzentparallelen wie aus dem Lehrbuch und würden in jedem Tonsatzunterricht angestrichen werden.
 
Das sind Akzentparallelen wie aus dem Lehrbuch und würden in jedem Tonsatzunterricht angestrichen werden.
In meinem Tonsatzunterricht wurde sowas evt. diskutiert, aber nicht als Fehler angestrichen. Das harmonische Tempo bewegt sich schon auf dem letzten Viertel des Vortaktes in Achteln, deshalb höre ich hier einen klaren Harmoniewechsel G-Dur/e-Moll 7 (der Trugschluss verhindert, dass man das e im Bass bereits mithört), was die Akzentparallele quasi ungeschehen macht. Etwas ganz anderes wäre es, hätte Bach anstelle von g-e eine Antizipation g-fis notiert oder auch g-h.
 
In meinem Tonsatzunterricht wurde sowas evt. diskutiert, aber nicht als Fehler angestrichen. Das harmonische Tempo bewegt sich schon auf dem letzten Viertel des Vortaktes in Achteln, deshalb höre ich hier einen klaren Harmoniewechsel G-Dur/e-Moll 7 (der Trugschluss verhindert, dass man das e im Bass bereits mithört), was die Akzentparallele quasi ungeschehen macht. Etwas ganz anderes wäre es, hätte Bach anstelle von g-e eine Antizipation g-fis notiert oder auch g-h.
Nur der metrische Impuls bleibt, wenn man es nicht sehr langsam macht, auf den Vierteln und man muss das e ziemlich hervorheben, damit es genügend Gewicht bekommt.
 
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Liebe Profis, hier habe ich einen Generalbass:

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m.E. muss der Akkord auf der zweiten Halben in Takt 3 (also der Septakkord) ein e enthalten und kein eb, wie laut Vorzeichnung vorgesehen. Ist das richtig und kann man das Auflösungszeichen hier getrost weglassen?

"Getrost" wohl nicht, aber es scheint sich um eine historische Quelle zu handeln. Da muss man auf dem Schirm haben, dass in alten Ausgaben eben oft Zahlen/Vorzeichen fehlen. Je früher, desto öfter. Schau dir die Canzonen von Frescobaldi an, wo oft nicht mal eine 6 steht. Manches bleibt dann auch mehrdeutig.
Ich habe mal Aufnahmeprüfung für Schulmusik gemacht und bekam eine Violinsonate von Händel. Das konnte ich tatsächlich einigermaßen. Irgendwann unterbrach einer der Prüfer: "Da müssen Sie 56 spielen." "Naja, da steht 6 und das habe ich gespielt." "Lassen Sie mal sehen....Tatsächlich, aber das versteht sich doch von selbst." Eh, Alter...Es ist eine Aufnahmeprüfung, ich sehe den Kram zum ersten Mal und spiele das ganz passabel vom Blatt.
 

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