Ziel: Jugend Musiziert - realistisch?

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Porzellan

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17. Mai 2010
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Hallo liebe Klavierspieler und -spielerinnen!

Ich bin keine Anfängerin, sondern eine Wiedereinsteigerin. ;)

Nach 6/7 Jahren Klavierunterricht, in denen ich auch relativ viel gelernt habe, musste ich aufgrund von Krankheit 2,5 Jahre pausieren. Habe in der Zeit auch nur sehr wenig gespielt (1 Jahr fast gar nicht). Jetzt habe ich seit 2 Monaten wieder Unterricht.
Ich setze mir immer ganz gerne Ziele, so möchte ich jetzt im Winter an Jugend Musiziert teilnehmen - ist ja wieder Solowertung für Klavier. Habe ich auch die beiden vergangenen Male gemacht (1. Platz auf Regionalebene - zu jung für eine Weiterleitung und 2. Platz auf Regionalebene, wobei ich schon 3 Monate vorher aufgehört habe zu spielen). Ist es unrealistisch, teilnehmen zu wollen und einen 1. Platz auf Regionalebene anzusteuern (würde mir schon reichen)? Dazu muss ich sagen, dass das Technische mir eher wenige Probleme bereitet, ich bin mir aber nicht sicher, inwieweit ich mit der Gestaltung an andere, erfahrenere Jugendliche herankomme.
Ich klimpere eigentlich den ganzen Tag, aber wirklich üben tue ich höchstens eine Stunde und auch nicht so oft. Allerdings ist das ja das kleinste Problem, denke ich... Ich bin irgendwie total aus der Übung gekommen. Bevor ich aufgehört habe, habe ich zuletzt von Weber die Aufforderung zum Tanz gespielt. Jetzt bin ich davon um Welten entfernt, vor allem in der Interpretation/Gestaltung.
Wie komme ich da wieder gut rein (und vor allem auch schnell), habt ihr vielleicht Tipps?
 
Mein Tipp lautet:

Erkenne, daß es nicht "Technik" auf der einen Seite und "Gestaltung" auf der anderen Seite gibt.

"Gestaltung" IST Technik.

Jede Bewegung, um einen Ton zu erzeugen, muß aus einem Klang-Gestaltungswillen heraus erfolgen. Ansonsten ist es einfach nur leeres Gedudel oder Gymnastik.

Jeder Lehrer, der Dir sagt: "Lern' mal erstmal 'die Noten zu spielen', zum 'Ausdruck' kommen wir später" ist ein schlechter Lehrer, und Du solltest unbedingt wechseln.

Das ist ungefähr so, als wenn man im Deutschunterricht erstmal lernen würde, irgendwie virtuose Sätze aus Wörtern zusammenzusetzen anstatt sinnvolle Aufsätze zu schreiben, bei denen Grammatik und Stil aus dem erwächst, was man sagen will. (Und daraus, daß man überhaupt etwas zu sagen hat.)

LG,
Hasenbein
 
Ist es unrealistisch, teilnehmen zu wollen und einen 1. Platz auf Regionalebene anzusteuern (würde mir schon reichen)?



Dazu muss ich sagen, dass das Technische mir eher wenige Probleme bereitet, ich bin mir aber nicht sicher, inwieweit ich mit der Gestaltung an andere, erfahrenere Jugendliche herankomme.
Ich klimpere eigentlich den ganzen Tag, aber wirklich üben tue ich höchstens eine Stunde und auch nicht so oft. Allerdings ist das ja das kleinste Problem, denke ich... Ich bin irgendwie total aus der Übung gekommen. Bevor ich aufgehört habe, habe ich zuletzt von Weber die Aufforderung zum Tanz gespielt. Jetzt bin ich davon um Welten entfernt, vor allem in der Interpretation/Gestaltung.
Wie komme ich da wieder gut rein (und vor allem auch schnell), habt ihr vielleicht Tipps?


Liebe Porzellan (was für ein schöner Nickname ;) ),


wie toll, dass du jetzt wieder Teit zum Üben finden kannst und dabei auch ganz klare Wünsche und Ziele hast! Hoffentlich hast du deine Krankheit überwunden/im Griff!!!

Klar kannst du bei "Jugend musiziert" mitmachen. Die Frage ist nur, mit welchem Hintergrund. Bist du im Winter in der höchsten Altersstufe oder noch eins drunter? In der höchsten Altersklasse sind nämlich die Anforderungen und das Niveau in der Regel ganz schön hoch - je nach Region ist es nicht mehr so einfach einen ersten Preis zu bekommen.

Wenn du also mit dem Ziel hinfahren würdest, einen ersten Preis zu bekommen, du ihn aber letztendlich nicht bekommst, was dann? Geh mal vom Schlimmsten aus und nimm an, du bekommst gar nichts, wie geht es dir dann? Brichst du dann zusammen, zweifelst total an dir und rührst womöglich keine Taste mehr an, oder sagst du:"Ich habe alles getan, was in meiner Macht stand. Ich habe mich nach meiner schweren Krankheit wieder gefangen, habe wieder geübt, habe vieles gelernt, habe mich weiterentwickelt, bin glücklich, wieder Klavier spielen zu können, bin innerhalb von einem halben Jahr von null auf 100 gekommen, ich habe viel geleistet. Okay, es hat nicht zu einem Preis gereicht, aber das war es mir trotzdem wert!"

Nur wenn du das zweite von dir sagen könntest, würde ich es machen. Dann kann der Wettbewerb ein Anreiz für dich sein, dich wieder intensiv mit dem Klavierspielen zu beschäftigen. Du könntest also das Ziel für dich nutzen. Du kannst ja auch mit deinem Klavierlehrer (was sagt der denn dazu?!) eine Stückauswahl treffen (muss leider jetzt schon sein, sonst ist es zu spät), üben und später eine Entscheidung fällen.

Zu deiner zweiten Frage habe ich das Gefühl, dass du die Lösung eigentlich schon weißt bzw. in dir trägst. Du hast sie nämlich in deinem Post geschrieben :) :

Du schreibst, dass du eher im Moment rumklimperst und gar nicht so richtig übst. Kann es sein, dass du dich im Moment etwas ziellos fühlst und nicht recht weisst, was genau du eigentlich pianistisch willst? Ich kann mir auch vorstellen, dass es nicht ganz so einfach ist für dich, den Anschluss an früheres Spiel zu finden. Es klappt alles nicht so wie früher, was tun?

Ich finde toll, dass du so zielorientiert bist und in dieser Lage den Weg nach vorne ergreifst, hier postest, evtl. bei Jugend musiziert mitmachen willst etc.
Diese Klarheit und Zielstrebigkeit könntest du auch dafür nutzen, dir beim Klavierspielen klare Ziele zu setzen.

Du hörst und weißt, dass deine Gestaltungsfähigkeit im Moment nicht das ist, was du gerne hättest. Also könnte genau das dein Ziel sein, wenn du das wirklich willst.

Als erstes solltest du wissen, welche Stücke du spielen willst, ob mit Jugend musiziert oder ohne. Dein Klavierlehrer wird dir sicher gute Tipps geben können und mit dir zusammen eine Auswahl treffen, wenn er das nicht schon längst getan hat.

Dann könntest du dir sagen, dass du die nächste Zeit nur noch sehr begrenzt "klimpern" darfst ;) (sagen wir mal höchstens eine halbe Stunde pro Tag). Geklimper hat nämlich nur einen sehr geringen Gestaltungswillen und der Klavierton ist dementsprechend flach - von Interpretation und großer Bandbreite von Gestaltungsmöglichkeiten ganz zu schweigen. Und wenn du gerade dieses lernen willst, ist klimpern leider kontraproduktiv!

Stattdessen würde ich mich an eine Entdeckungsreise machen - was für herrliche Klänge und spannende Klangverläufe/-geschichten sind in den Stücken versteckt, die du jetzt spielst. Deine Ziele können sein:

1) Die Entdeckung des Klangverlaufs

- setze dich mit dem Notentext in eine gemütliche Ecke und schaue ihn dir genau an. Was kannst du erkennen? Welche dynamischen Verläufe hat der Komponist hineingeschrieben? Gibt es Tempoangaben? Wieviele Stimmen gibt es und sind sie alle gleich wichtig oder eher nicht? Sind im Notenbild Steigerungen zu erkennen? Welche Melodieverläufe gibt es? Wie ist die Form? Was für einen Charakter vermutest du? .........


2) am Klavier: die Entdeckung der verschiedenen Stimmen

- spiele nicht nur die Hände einzeln, sondern wirklich jede einzelne Stimme. Entdecke den Verlauf einer Bassstimme, entdecke Melodien, phrasiere sie, entdecke welche Klangfarben entstehen, wenn Akkorde sich mit Bass- oder Melodietönen mischen - höre und geniesse. Übe also jede Stimme einzeln und kombiniere sie dann miteinander.

3) Dynamik, Artikulation, Klang .....

- die Dinge, die du schon bei Punkt 1 entdeckt hast, können nun nach und nach realisiert werden. Wenn du anfängst, alles langsam zusammen zu spielen, kannst du versuchen, nicht so schnell wie möglich alles technisch drauf zu haben, sondern dir mehr Zeit zum Hören zu lassen (evtl. auch mal Augen schliessen). Was willst du als Interpretin mit diesem Stück aussagen? Was will deiner Meinung nach der Komponist? Versuche, das Werk in allen Facetten zu ergründen, nimm dir aber nie zuviel auf einmal vor! Man kann sich nur zuhören, wenn man entspannt ist.

Mit deinem Lehrer an deiner Seite kannst du das locker schaffen! Ich habe gesagt, dass ich das Gefühl habe, du trägst die Lösung in dir, weil du selbst von Geklimper und wenigem Üben gesprochen hast. Es klang für mich so, als sei dir bewußt, dass das nicht zu einem Ziel, was dir vorschwebt, führen kann. Also möchte ich dir Mut machen, wieder richtig Klavier zu spielen und zu üben!!! Halte durch, auch wenn's am Anfang mal eine Durststrecke gibt. Du scheinst ja sehr begabt zu sein, also kann es nur super werden!

Viele liebe Grüße - hör auf dich und dein Gefühl

chiarina
 

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