Wolfgang Amadeus (?) Mozart

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Mikifan

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Ich setzte mal wieder auf eure Hilfe :)

"Der Mozart" wurde ja auf den Namen "Johannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart" getauft.
Trotzdem ist immer die Rede von "Wolfgang Amadeus Mozart".
Warum nennt man ihn / nannte er sich auch noch Amadeus?
Was hat es mit diesem Namen auf sich?

Vielen Dank für schnelle Antworten,

Miki
 
Theophilus = griechisch (eigentlich Theophilos)

Amadeus = lateinisch

"Liebe Gott"

LG,
Hasenbein
 
(1) Theophilus = griechisch (eigentlich Theophilos)

(2) Amadeus = lateinisch

"Liebe Gott"

Zu (2) ja, zu (1) nein: hier ist das Vorderglied theo- Dativ- oder Genitivkomplement zum Adjektiv bzw. Substantiv philos, also "(dem) Gott lieb" bzw. "Liebling Gottes".

Er hat sich also durch die Übersetzung unwillentlich umgetauft, sozusagen von "Gottlieb" in "Fürchtegott".

(Natürlich war er es nicht selber, sondern Amadeus dürfte eine christlich-antike Lehnprägung sein.)

Grüße,

Friedrich
 
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Vielen Dank für eure beiden Antworten. :)

Ihr seid einfach super ;)

Liebe Grüßem
MMiki
 
Vielen Dank, das wusste ich auch noch nicht.
 
Zu (2) ja, zu (1) nein: hier ist das Vorderglied theo- Dativ- oder Genitivkomplement zum Verbalabstraktum philos, also "(dem) Gott lieb" bzw. "Liebling Gottes".

Er hat sich also durch die Übersetzung unwillentlich umgetauft, sozusagen von "Gottlieb" in "Fürchtegott".
Hallo Friedrich,

Deine Erklärung zu "Theophilus" habe ich verstanden, aber kannst du bitte noch ein paar Worte zu "Amadeus" sagen? Ich verstehe noch nicht, warum Amadeus "Fürchtegott" meint. Sind nicht die Worte "amare" = lieben und "deus" = Gott enthalten?

lieben Dank

marcus
 
Deine Erklärung zu "Theophilus" habe ich verstanden, aber kannst du bitte noch ein paar Worte zu "Amadeus" sagen? Ich verstehe noch nicht, warum Amadeus "Fürchtegott" meint. Sind nicht die Worte "amare" = lieben und "deus" = Gott enthalten?

Ich denke, Friedrich ging es nicht um "fürchten" vs. "lieben", sondern nur darum, mit existierenden Namen den Unterschied zu illustrieren, ob die Liebe von Gott ausgeht (Theophilus) oder vom Menschen (Amadeus). Oder?

P.S: Für werdende Eltern kann das hier ja auch als kleine Namensfundgrube dienen. Kombinationen wie Kevin Fürchtegott Kröger drücken (ganz abgesehen vom reizvollen Klang und Silbenrhythmus) sowohl Zukunftsgewandheit als auch Traditionsbewusstsein aus und halten dem Nachwuchs somit alle Möglichkeiten offen ;)
 
Ich denke, Friedrich ging es nicht um "fürchten" vs. "lieben", sondern nur darum, mit existierenden Namen den Unterschied zu illustrieren, ob die Liebe von Gott ausgeht (Theophilus) oder vom Menschen (Amadeus). Oder?
Achso! Ok, jetzt versteh ich den Unterschied :)

Bei Gottlieb hätte ich nicht so recht sagen kann, wer da wen liebt. Habe gerade gegoogelt und da scheint es auch keine Klarheit zu geben

Zitat von vorname.com:
» lat. Variante = Amadeus (Deus amat. "Gott liebt" oder "von Gott geliebt")
Zitat von baby-vornamen.de:
Zitat von beliebte-vornamen.de:
Aus dem Althochdeutschen. Bedeutung: got = „Gott“ und leiba = „Erbe“. Oder Neubildung aus dem 18. Jahrhundert: „der Gott lieb hat“ oder „hab Gott lieb!“

Ich finde das Thema gerade sehr interessant. :)
 
Hihi, ich hätte mir ja nicht träumen lassen, daß sich hier mal jemand für Wortbildung interessieren könnte. Also selber schuld, wenn jetzt ein länglicher Exkurs folgt.

Zunächst einmal die Wortbedeutungen: (1) lat. 'amare' hat einen viel weiteren Umfang als dt. `lieben', es ist einfach `jemand mögen'. `Amo te' sagt der Altmeister Cicero x-mal in seinen Briefen zu Bekannten, ohne sich damit als schwul zu outen. (2) Dt. `fürchten' hat die Verengung auf `Angst haben' erst sehr spät erfahren; vom Althochdeutschen bis zum Ende des 19. Jh. ist es daneben gleich lat. `vereri' = `jemand verehren'.Psalm 61, 6 in der Lutherübersetzung etwa lautet

denn du, gott, hörest meine gelübde, du belohnest die wol, die deinen namen fürchten.

`Fürchte-gott' war also zum Zeitpunkt seiner Bildung eine adäquate Übersetzungsmöglichkeit von `Ama-deus'.

Zum andern die Frage der Diathese (`wer liebt wen?') von philos. Völlig richtig sagst du, Marcus, daß viele Verbalabstrakta ambig zwischen aktivem und passivem Gebrauch sind, wenngleich das Deutsche hier im Gegensatz zu älteren Sprachen formal meist mittels Präposition differenziert: 'Elternliebe ist das Fundament der Kindererziehung' (~ die Eltern lieben), `Elternliebe gehörte zu den Tugenden von Häschen klein' (~ Liebe zu den Eltern: die Eltern werden geliebt); dagegen lat. ist beides `amor parentum'. Aber es gibt Ausnahmen, und zu ihnen gehören die hier in Rede stehenden griech. bzw. lat. Bildungen:

(1) theo-philos ist ein Kompositum aus einem substantivischen Vorderglied `Gott' und einem entweder adjektivischen oder ebenfalls substantivischen Hinterglied `lieb' bzw. `Liebling, Freund', das vom selben Stamm wie das Verb philein `lieben' abgeleitet ist. Bei der ersten Analyse ist 'philos' ein passives Adjektiv und dem dem theo- liegt ein Dativ zugrunde (`to: theo: philos = `dem Gott lieb'; den `:' verwende ich hier als Längungszeichen), bei der zweiten ist 'philos' substantiviert und dem theo- liegt ein ein Genitiv (`tou theou philos' = `des Gottes Liebling', letztlich also eine Possessivkonstruktion) zugrunde; genau läßt sich das nicht sagen, weil bei der Komposition in beiden Fällen derselbe Stamm theo- verwendet wird. In beiden Fällen bezeichnet aber der `philos' eine Person, die Patiens des zugrundeliegenden Verbs sein muß; also ist theo-philos ein patientives ("passives") Verbalabstraktum.

(2) ama-deus dagegen besteht tatsächlich aus einem verbalen (!) Vorderglied, dem Stamm ama- zu amare, und einem substantivischen Hinterglied, das Patiens zu amare ist. Das Kompositum ist somit Nominalisierung entweder des zugrundeliegenden Satzes `(Marcus) amat deum' oder von`deus (a Marco) amatur' (in der Wortbildung nennt man derlei ein `verbales Rektionskompositum'). Eine Interpretation `Marcus wird von Gott geliebt' allerdings scheidet da aus (es sei denn, man erläßt sie per Gemeinderatsbeschluß, was durchaus belegt ist, wie ja die Theologen überhaupt sehr "gut" in Volksethymologie sind). Es kommt aber noch etwas hinzu, was nun die passive Interpretation `deus a Marco amatur' wenig wahrscheinlich macht. Schauen wir uns mal andere `verbale Rektionskomposita' an: belli-ger (`Krieg-führer'), signi-fer (`Fahnen-träger'), agri-cola (`Feld-besteller'), luci-fugus (`Licht-Scheuer'): was fällt auf? Der verbale Bestandteil ist bei diesem Typ im Lateinischen (anders als im Griechischen, vgl. z.B. philo-sophos) immer hinten, was die unmarkierte Verbendstellung im lat. Aussagesatz wiederspiegelt. Das ama- steht demgegenüber vorn. Frontstellung eines Verbs ist im Lat. durch bestimmte pragmatische Bedingungen motiviert, z.B. wenn das Verb den Fokus trägt. Das tut es u.a., wenn das Verb im Imperativ steht, Womit wir zu einer zugrundeliegenden Bedeutung `liebe Gott' oder, frühneuhochdeutsch gesagt, eben `fürchte Gott' kämen. Eine passive Interpretation `werde von Gott geliebt' ist sinnlos, da ein Imperativ die Kontrolle des Angesprochenen über den Verbalvorgang voraussetzt. Ama-deus ist also ein agentives ("aktives") Verbalabstraktum.

Kurz zusammengefaßt: es ist so, wie pianovirus oben geschrieben hat. Ende der philologischen Pedanterie; wünsche trotzdem allerseits ein gutes neues Jahr voller Gottesfürchtigkeit.

Friedrich


PS. ich habe gerade gesehen, daß es einen WP-Artikel zu Amadeus gibt. An dem ist richtig die Erklärung als Kompositum aus Imperativ + Akkusativobjekt; falsch ist der Anschluß an den griech. Typ phere-oikos, wo im Vorderglied im Gegensatz zur Annahme des Autors kein Imperativ vorliegt, sondern eine durch -e- erweiterte Wurzel pher- (`tragen'), ein ganz geläufiger Bildungstyp (`haus-tragend', ähnlich phere-nikos `siegbringend', phere-pteros `flügeltragend' etc.), der in jeder Schulgrammatik steht.
 
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Herzlichen Dank für deine Ausführungen! Ich hoffe, du lässt uns noch öfter in den Genuss solcher lehrreichen Exkurse kommen.
 

Lieber Friedrich,

`Fürchte-gott' war also zum Zeitpunkt seiner Bildung eine adäquate Übersetzungsmöglichkeit von `Ama-deus'.

kaum zu glauben, was es alles gibt. Deine Ausführungen zur Erklärung des Namens und dessen Entstehung lesen sich ja wie ein Kriminalroman. Den Satz "Amadeus - von Gott geliebt" kenne ich seit Urzeiten, und die seltsame Unvereinbarkeit wer nun wen liebt...

Ich weiß nicht, ob Du Lust auf weitere Erläuterungen hast...?

(1) Der Spruch "ums der Gerlinde zu sagen", als Verballhornung von "gelinde gesagt", wie nennt sich das mit Fachbegriff?

(2) der Ausdruck "jemand Kompetentes"
Wie ist das zu erklären? "Kompetentes" großgeschrieben als "substantiviertes Adjektiv" ? Die Endung "-es": ist das ein verkappter Genitiv oder Neutrum, wenn Neutrum, dann wieso (ist "jemand" nicht eine Person?)

Sollte es Dich zuviel Zeit kosten, betrachte die Fragen einfach als nicht gestellt ;)

Schönen Gruß
Dreiklang
 
ja, da ist was dran- die deutsche Sprache bietet einige Kuriositäten.
 
Nun kenne wir den Unterschied zwischen Amadeus und Theophilus, aber die Frage, warum aus dem Theophilus ein Amadeus wurde, ist noch offen.

M.E. muß man zur Klärung die anderen beiden Vornamen hinzuziehen: Johannes Chrysostomos. Beim googeln nach diesen Namen stößt man auf einen Heiligen, Johannes von Antiochia (* 349 oder 344 in Antiochia am Orontes; † 14. September 407 in Comana Pontica), welcher Erzbischof von Konstantinopel war und als einer der größten christlichen Prediger gilt . Im 6. Jahrhundert wurde ihm der Beiname Chrysostomos (griech.: „Goldmund“) gegeben, unter dem er heute bekannt ist. In den östlich-orthodoxen Kirchen wird er seit dem 10. Jahrhundert als einer der drei heiligen Hierarchen verehrt, zusammen mit Basilius dem Großen und Gregor von Nazianz. Für das westliche Christentum ist er einer der vier Kirchenlehrer des Ostens (zusammen mit Athanasius von Alexandria, und den erwähnten Basilius und Gregor).
Er wurde als Asket verehrt und war für seine Begabung in der öffentlichen Rede ... bekannt ... (Wikipedia)

Die Mozarts werden sich bei der Wahl dieser Vornamen etwas gedacht haben.

Nun stelle man sich das Entsetzen des gestrengen Vaters Leopold vor, als sich herausstellte, daß das Wolferl zwar offensichtlich mit besonderen Gaben gesegnet war, so daß man wohl annehmen mochte, Gott liebe ihn, aber welch lästerliche Reden kamen aus dem "Goldmunde"? :-x

Da wird der verzweifelte Leopold eben ausgerufen haben: Fürchte Gott! Man war gerade in Italien, deshalb wurde Amadeus und nicht Fürchtegott daraus.

Das Wolferl, welches den Unterschied zwischen seinem Vater und Gott noch nicht so deutlich ausmachen konnte, fürchtete seitdem zeitlebens den Vater, sogar noch nach dessen Tod, welchem Umstand wir den spektakulären Auftritt des Komturs in Don Giovanni verdanken.

Da sieht man es: Die halbe Biografie steckt schon in den Vornamen. Man sollte sich schon überlegen, was alles passieren kann, wenn man seinem Kind so viele Vornamen gibt ... :D:D:D

LG Klavieroma
 
Nun stelle man sich das Entsetzen des gestrengen Vaters Leopold vor, als sich herausstellte, daß das Wolferl zwar offensichtlich mit besonderen Gaben gesegnet war, so daß man wohl annehmen mochte, Gott liebe ihn, aber welch lästerliche Reden kamen aus dem "Goldmunde"? :-x

Da wird der verzweifelte Leopold eben ausgerufen haben: Fürchte Gott! Man war gerade in Italien, deshalb wurde Amadeus und nicht Fürchtegott daraus.

Eine hübsche Spekulation, Klavieroma! Sie setzt allerdings voraus, daß Papa Mozart etymologisch so sattelfest war, daß ihm der semantische Unterschied klar war, was für eine Epoche, die fast 100 Jahre vor dem Beginn der historischen Sprachwissenschaft liegt, füglich bezweifelt werden darf.

Ganz bestimmt keine Ahnung davon hatte man zu den Zeiten, für die der Name zum ersten Mal gut bezeugt ist, nämlich das 11. Jahrhundert, als das Haus Savoyen seine Vorliebe für den Namen entwickelte (der erste Amadeus, 1048-56, leitet eine ganze Kette von Amadei ein). Damals wußte man ganz sicher nicht mehr, als daß Amadeus eine rohe Entsprechung zu Theophilus ist, denn vor 1453 gilt im Westen der eherne Grundsatz "Graeca sunt, non leguntur", frei paraphrasiert "was schert uns der ganze Griechenkram".

Im übrigen:

Die Mozarts werden sich bei der Wahl dieser Vornamen etwas gedacht haben.
Gewiß - was man sich halt traditionell in Zeiten gedacht hat, als Eltern die Namen ihrer Kinder noch nicht bei RTL bezogen: Johannes Chrystomos ist der Heilige des Geburtstages, Wolfgang ist ein Name aus der Familie der Mutter (ein Onkel hieß Wolfgang Nikolaus Pertl) , Theophil ist der Name des Paten Johann Theophilus Pergmayr.

Grüße,

Friedrich
 
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Zu diesem Thema - aber auch dazu, wann wer welche Variente der Namen benutzt hat - gab es Ende letzten Jahres einen sehr aufschlussreichen Artikel in der "Welt am Sonntag".Hyp

Dankeschön für den Link. Über das Motiv der Umbenennung gibt der Artikel aber keine Auskunft. Die Reisen nach Italien und nach Paris scheiden dafür wohl aus, denn in beiden Sprachen gibt es eine eingebürgerte Variante von Theophilus (Teofilo bzw. Théophile).
 

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